Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-105381/14/Le/Ha

Linz, 25.05.1998

VwSen-105381/14/Le/Ha Linz, am 25. Mai 1998 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch die 9. Kammer (Vorsitzender: Dr. Bleier, Beisitzer: Mag. Kisch, Berichter: Dr. Leitgeb) über die Berufung des Ing. Stefan F, G, L, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. Franz E, R, W, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 20.3.1998, VerkR96-6657-1997/Mr, soweit sie sich gegen den zweiten Spruchabschnitt richtet, wegen Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung und Verkündung zu Recht erkannt:

Der Berufung wird, soweit sie sich gegen die Schuld richtet, keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis im zweiten Spruchabschnitt diesbezüglich bestätigt. Der Berufung wird jedoch, soweit sie sich gegen die Strafe richtet, Folge gegeben; die zum zweiten Tatvorwurf verhängte Geldstrafe wird auf 13.000 S,   die Ersatzfreiheitsstrafe wird auf 12 Tage herabgesetzt.

Der Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens ermäßigt sich sohin auf 1.300 S. Ein Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens entfällt.

Rechtsgrundlage: Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl.Nr. 51/1991, iVm §§ 24, 19, 44a, 51 Abs.1, 51c und 51e Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, BGBl.Nr. 52 idgF. Zu II.: § 64 und 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 20.3.1998 wurde über den nunmehrigen Berufungswerber (im folgenden kurz: Bw) wegen Übertretung des § 5 Abs.1 der Straßenverkehrsordnung 1960 (im folgenden kurz: StVO) eine Geldstrafe in Höhe von 15.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 13 Tagen) verhängt; gleichzeitig wurde er zum Ersatz der Verfahrenskosten in Höhe von 10 % der verhängten Strafe verpflichtet.

Im einzelnen wurde ihm vorgeworfen, er habe am 28.4.1997 um 1.45 Uhr in Linz auf der W bis gegenüber zum Haus Nr. 43 in Richtung stadtauswärts den PKW gelenkt, wobei er sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befand. In der Begründung dazu wurde im wesentlichen ausgeführt, daß die Verwaltungsübertretung aufgrund einer Anzeige der Bundespolizeidirektion L zur Last gelegt worden sei. Die Rechtfertigung des Beschuldigten, daß aufgrund eines von ihm verwendeten Inhalationssprays und der zu kurzen Zeitspanne zwischen Alkoholkonsum und Absolvierung des Alkomattestes das Meßergebnis verfälscht worden sie, führte die Erstbehörde aus, daß aufgrund der Aussage des Polizeibeamten feststeht, daß die Richtlinien für das Einschreiten der Organe der Straßenaufsicht und für die Verwendung des Alkomaten genauestens eingehalten worden sind. Auch habe der Beschuldigte weder bei der Aufforderung zum Alkomattest noch bei der Befragung hinsichtlich der Einnahme von Medikamenten Angaben hinsichtlich einer allfälligen Verwendung eines Inhalationssprays gemacht. Nach einer Darlegung der Rechtslage wurden die Gründe der Beweiswürdigung dargelegt und die Strafbemessung begründet. Dabei wurde eine einschlägige Vorstrafe als straferschwerend angenommen.

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung vom 27.3.1998, mit der schlüssig beantragt wird, das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen. Zur Begründung verwies der Bw auf seine Vorstellung vom 22.7.1997 und seine Stellungnahme vom 1.8.1997.

3. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat die Berufung und den zugrundeliegenden Verwaltungsakt dem unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt; eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen.

3.1. Zur vollständigen Klärung der Sachlage wurde für 25. Mai 1998 eine öffentliche mündliche Verhandlung anberaumt und an diesem Tage auch durchgeführt. An dieser Verhandlung nahmen der Berufungswerber sowie sein Rechtsanwalt teil; die belangte Behörde hat sich entschuldigt. Anläßlich dieser Verhandlung wurde der die Amtshandlung führende Polizeibeamte RevInsp. Oliver S als Zeuge befragt.

Weiters wurde darauf eingegangen, daß der Bw mit Schriftsatz vom 30.4.1998 dem unabhängigen Verwaltungssenat mitgeteilt hat, daß das von ihm verwendete Medikament "Physeomint" heiße und von der Fa. E. Koch, Biologische Arzneimittel, Herrenstraße 2, 4020 Linz, hergestellt werde. Diese Anfrage war dem amtsärztlichen Dienst beim Amt der oö. Landesregierung zur fachlichen Stellungnahme vorgelegt worden und wurde die daraufhin erstattete Stellungnahme der Amtsärztin vollinhaltlich verlesen.

3.2. Der Bw gab an, von 18.00 Uhr des 27. April 1997 bis kurz vor 1.45 Uhr des 28. April 1997 im Chinarestaurant am B gewesen zu sein. Er habe dort 3 Halbe Radler und 2 Seiterl Bier getrunken und sich fahrtauglich gefühlt. Unmittelbar nach dem Einsteigen in seinen PKW habe er zwei Tropfen des Physiomint-Öls genommen, die er direkt auf die Zunge geträufelt hat. Nach 100 m sei er von der Polizei aufgehalten worden und nach einer Personen- und Fahrzeugkontrolle zum Wachzimmer Neue Heimat mitgenommen worden. Dort habe er den Alkomattest abgelegt, wobei er angab, nach Vorliegen des Ergebnisses immer wieder beteuert zu haben, daß er sich das Ergebnis nicht erklären könne. Er sei auch auf die Möglichkeit hingewiesen worden, daß es ihm freistehe, sich einer Blutunter-suchung in einem Krankenhaus zu unterziehen.

Der amtshandelnde Polizeibeamte gab als Zeuge an, daß der Bw während der gesamten Amtshandlung sehr ruhig und höflich war, daß er aber Alkoholgeruch aus dem Mund wahrgenommen habe und den Bw deshalb zum Alkotest aufgefordert hat. Er gab auch an, daß der Alkomattest ordnungsgemäß durchgeführt wurde, wobei zwischen der Anhaltung und der Durchführung des Alkomattestes mehr als 15 Minuten vergangen waren. Dies könne er deshalb so genau sagen, da er zu Beginn jeder Amtshandlung auf die Uhr blicke. Während der Amtshandlung habe der Bw keinerlei Medikamente udgl. zu sich genommen, wobei er ständig unter Aufsicht gewesen sei. Nach Vorliegen des positiven Alkomattestes hätte er den Probanden über die Möglichkeit der Blutabnahme in einem Krankenhaus mehrmals belehrt. Die Frage, ob er ein Medikament eingenommen hatte, habe der Bw verneint.

4. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Im Verwaltungsstrafverfahren steht den Parteien gemäß § 51 Abs.1 VStG das Recht der Berufung an den unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat. Daraus ergibt sich die Zuständigkeit des Oö. Verwaltungssenates.

Da eine Geldstrafe über 10.000 S verhängt wurde, ist für die Durchführung dieses Verfahrens die Zuständigkeit der Kammer gegeben (§ 51c VStG).

4.2. Bei der Würdigung der aufgenommenen Beweise kam der unabhängige Verwaltungssenat zum Ergebnis, daß die behauptete Einnahme der Tropfen eine Schutzbehauptung ist. Für diese Annahme spricht, daß der Bw während der gesamten Amtshandlung, und zwar weder vor der Beatmung des Alkomaten noch nach dem Vorliegen des Ergebnisses, den Polizeibeamten nicht auf die Einnahme dieses Mittels aufmerksam gemacht hat. Dabei war er ausdrücklich gefragt worden, ob er Medikamente eingenommen hätte, was er verneint hat. Es entspricht auch nicht der allgemeinen Lebenserfahrung, daß jemand, der mit einem positiven Alkomatergebnis konfrontiert wird, dies ohne weiteres hinnimmt, anstatt sofort auf ein eingenommenes Medikament hinzuweisen. Schließlich hat sich der Bw diesbezüglich auch insofern widersprochen, als er im erstinstanzlichen Verfahren immer die Verwendung eines "Sprays" bzw. "Inhalationssprays" behauptet und erst in der mündlichen Berufungsverhandlung angegeben hat, daß es sich nicht um einen Spray, sondern um Tropfen gehandelt hätte.

Es ist daher davon auszugehen, daß der Bw diese Tropfen nicht genommen hat und somit der Alkomattest ordnungsgemäß durchgeführt wurde und ein verwertbares Ergebnis, nämlich einen Atemalkoholgehalt von 0,63 mg/l Atemluft erbracht hat.

Aber selbst dann, wenn man der Verantwortung des Bw folgen würde, daß er tatsächlich 2 Tropfen dieses Physiomint-Öls beim Einsteigen in das Kraftfahrzeug zu sich genommen hat, wäre diese Menge viel zu gering, um den Alkomaten beeinflussen zu können. Dabei ist zu berücksichtigen, daß in diesen Tropfen maximal 5 % Alkohol enthalten sind, daß der Bw nur 2 Tropfen davon genommen hat und eine Zeitspanne von mehr als 15 Minuten zwischen der Einnahme der Tropfen und der Durchführung des Alkomattestes vergangen ist. Damit ist davon auszugehen, daß der Bw tatsächlich in alkoholbeeinträchtigtem Zustand sein Kraftfahrzeug gelenkt hat.

4.3. Hinsichtlich des Verschuldens bestimmt § 5 Abs.1 VStG, daß dann, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten genügt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandlung gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Diese gesetzliche Schuldvermutung trifft sohin bei den sogenannten "Ungehorsamsdelikten" zu. Bei den Ungehorsamsdelikten - die die meisten Verwaltungsdelikte darstellen - besteht das Tatbild in einem bloßen Verhalten ohne Merkmal eines Erfolges. Bereits die Nichtbefolgung eines gesetzlichen Gebotes oder Verbotes genügt zur Strafbarkeit; ein (schädlicher) Erfolg muß dabei nicht eingetreten sein. Da die Strafbestimmung des § 99 Abs.1 StVO hinischtlich des Verschuldens keine vom § 5 Abs.1 VStG abweichende Regelung trifft, lag zumindest die Schuldform der Fahrlässigkeit vor, weshalb auch die subjektive Schuldseite verwirklicht ist.

4.4. Bei der Strafbemessung ging die Erstbehörde vom Vorliegen einer einschlägigen Vorstrafe aus. Da diese zwischenzeitig getilgt ist, fiel ein Erschwerungsgrund weg, weshalb die Strafe herabzusetzen war. Als straferschwerend mußte aber der hohe Grad der Alkoholisierung berücksichtigt werden. Strafmildernd war lediglich das relativ geringe Einkommen. Der Milderungsgrund der absoluten Unbescholtenheit kam dem Bw nicht zugute, da er bereits eine Reihe von Vorstrafen im Bereich des Straßenverkehrsrechtes und Kraftfahrrechtes aufzuweisen hat, wobei diese allerdings nicht einschlägig sind. Berücksichtigung fand weiters, daß sich das Vermögen und die Verbindlichkeiten des Bw in etwa aufheben und daß ihn keine Sorgepflichten treffen. Aus spezialpräventiven Gründen erscheint die Verhängung einer Strafe in der Höhe von 13.000 S ausreichend, um den Bw von weiteren Übertretungen der gleichen schädlichen Art abzuhalten.

Zu II.:

Gemäß § 64 Abs.1 VStG ist in jedem Straferkenntnis auszusprechen, daß der Bestrafte einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu leisten hat. Dieser Beitrag ist nach § 64 Abs.2 VStG mit 10% der verhängten Strafe zu bemessen. Da durch die gegenständliche Berufungsentscheidung die verhängte Strafe herabgesetzt wurde, war auch der Kostenbeitrag zum Strafverfahren der ersten Instanz entsprechend anzupassen. Die Kosten des Berufungsverfahrens waren gemäß § 65 VStG dem Bw nicht aufzuerlegen, weil der Berufung zumindest teilweise Folge gegeben wurde.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungs-gerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Dr. B l e i e r Beschlagwortung: Physiomint-Tropfen; Tropfen; Alkomat

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