Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-105926/13/Ur/Ka

Linz, 07.12.1999

VwSen-105926/13/Ur/Ka Linz, am 7. Dezember 1999

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 6. Kammer (Vorsitzende: Dr. Klempt, Berichter: Dr. Fragner, Beisitzer: Dr. Langeder) über die Berufung des Herrn B vertreten durch Dr. P, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 22.10.1998, VerkR96-12551-1998-Ro, betreffend Übertretung des § 5 Abs.2 iVm § 99 Abs.1 lit.b StVO 1960, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 22.9.1999 zu Recht erkannt:

I. Die Berufung wird in der Schuldfrage als unbegründet abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis insofern bestätigt. Im Strafausspruch wird die Geldstrafe auf den Betrag von 14.000,00 Schilling (entspricht 1.017,42 Euro) und die gemäß § 16 Abs.1 und 2 festzusetzende Ersatzfreiheitsstrafe auf 250 Stunden herabgesetzt.

II. Der Berufungswerber hat im erstinstanzlichen Verfahren einen Kostenbeitrag von 1.400,00 Schilling (entspricht 101,74 Euro) zu zahlen. Im Berufungsverfahren entfällt die Verpflichtung zur Leistung eines weiteren Kostenbeitrages.

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 16, 19, 20 und 24 VStG.

zu II.: § 64 Abs.1 und 2 VStG.

Entscheidungsgründe:

I.1. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn hat mit dem in der Präambel zitierten Straferkenntnis über den Berufungswerber (Bw) wegen Übertretung des § 5 Abs.2 StVO 1960 gemäß § 99 Abs.1 lit.b leg.cit. eine Geldstrafe von 22.000 S (EFS 16 Tage) verhängt, weil er am 9.8. 1998, um 7.20 Uhr, den Kombi, Marke VW Golf, Kennzeichen , auf der G, in Richtung Bauerding, bis zur Kreuzung mit der Altheimer Bundesstraße 148, bei Strkm.22,0 gelenkt hat und sich am 9.8.1998, um 8.36 Uhr, im Krankenhaus Braunau am Inn, gegenüber einem besonders geschulten und von der Behörde hiezu ermächtigten Organ der Straßenaufsicht, einem Gendarmeriebeamten, geweigert hat, die Atemluft mittels Alkomat auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen, obwohl auf Grund von Alkoholisierungsmerkmalen vermutet werden konnte, dass er sich bei angeführter Fahrt in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden hat.

Ferner wurde gemäß § 64 VStG ein Kostenbeitrag in Höhe von 10 % der verhängten Geldstrafe vorgeschrieben.

I.2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig durch den ausgewiesenen Vertreter bei der Strafbehörde eingebrachte Berufung. Die BH Braunau am Inn - als nunmehr belangte Behörde - legte das Rechtsmittel samt bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vor, der, weil im gegenständlichen Spruchpunkt eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch die nach der Geschäftsverteilung zuständige Kammer entscheidet (§ 51c zweiter Satz VStG).

I.3. Bereits im erstinstanzlichen Verfahren brachte der Bw vor, er habe den zum Alkotest auffordernden Beamten sofort mitgeteilt, dass er ein zweites Alkotestergebnis wegen starker Kopfschmerzen und Nasenbluten - aufgrund des vorangegangenen Unfalles - nicht zustande gebracht habe. Dies sei aktenkundig. Somit wären die Beamten zu einem Vorgehen nach § 5 Abs.5 Z2 StVO verpflichtet gewesen, da er sonst keine Chance gehabt hätte, seine mangelnde Alkoholisierung zu beweisen. Dies sei auch deswegen unerlässlich gewesen, da der Proband nach § 5 Abs.8 StVO eine Blutabnahme nur verlangen könne, wenn er angebe, eine Untersuchung nach § 5 Abs.5 Z2 StVO habe eine Alkoholbeeinträchtigung ergeben, was jedoch gegenständlich nicht der Fall gewesen sei. Selbst wenn alle vernommenen Zeugen die Ansicht vertreten, er sei zur Durchführung eines ordnungsgemäßen Alkotests in der Lage gewesen, sei dies kein Beweis dafür, dass dies tatsächlich so gewesen sei, weil das diesbezügliche Vermögen bzw Unvermögen von vielen subjektiven Faktoren abhängig sei, welche einer Objektivierung in Form einer Beweisführung nicht zugänglich seien. Gerade der Gesetzeswortlaut "Aus der in der Person des Probanden gelegenen Gründen" zeige augenscheinlich, dass es dabei um subjektive Umstände gehe und der Gesetzestext sogar eine Auslegung dahingehend zulasse, dass die Veranlassung zur Durchführung einer klinischen Untersuchung durch den Beamten auch dann vorzunehmen sei, wenn der Proband bekannt gebe, den Alkotest nicht durchführen zu wollen. Würde man den Passus "nicht möglich war" aber restriktiv so auslegen, dass damit ein physisches Unvermögen gemeint sei, so sei eine Vorgangsweise nach § 5 Abs.5 Z2 StVO jedenfalls dann geboten, wenn der Proband angebe, er habe den Test nicht (besser) durchführen können und dies mit Schmerzen begründet. Keiner der vernommenen Zeugen hätten ihm jedoch abgesprochen, Schmerzen verspürt zu haben. Nicht einmal die vernommenen Ärzte hätten in ihren Ausführungen widersprochen, dass seine damaligen Schmerzen so intensiv gewesen seien, dass er eine kräftige Beblasung des Alkomaten nicht habe durchführen können. Bereits im erstinstanzlichen Verfahren habe er Fotos des beschädigten PKW vorgelegt. Er habe mit dem Kopf die Windschutzscheibe durchstoßen, womit die enormen Kopfschmerzen erklärbar seien. Es bedürfe daher keines Beweises durch ihn, dass er zur Ablegung eines Alkotests physisch nicht in der Lage gewesen sei. Dies sei schon mit dem vor der Gendarmerie getätigten Vorbringen glaubhaft gemacht worden, sodass ihn an der ihm zur Last gelegten Verwaltungsübertretung kein Verschulden treffe. Desweiteren erachte er sich auch durch die Anwendung verfassungswidriger Bestimmungen verletzt, nämlich jener des letzten Satzes des § 5 Abs.2 StVO sowie des Passus "seine Atemluft auf Alkoholgehalt oder" in der Bestimmung des § 99 Abs.1 lit.b StVO. Denn aus Art. 90 Abs.2 B-VG sei ableitbar, dass auch im Verwaltungsstrafverfahren das Verbot bestehe, sich nicht selbst beschuldigen zu müssen und der Beschuldigte weder zu einer aktiven Mitwirkung an der eigenen Überführung oder Sachverhaltsfeststellung gezwungen werden dürfe, noch zu selbstbelastenden Angaben. Durch die Aufforderung zur Durchführung des Alkotests sei er aber zu einer aktiven Mitwirkung aufgefordert worden, Beweise gegen sich selbst zu liefern und folglich als Prozessobjekt und nicht als Prozesssubjekt behandelt worden. Zudem dürfe ein Zeuge nach § 49 AVG die Aussage teilweise oder zur Gänze verweigern, wenn er sich dadurch der Gefahr einer strafrechtlichen Verfolgung aussetze. Gegenständlich sei er aber unter Strafsanktion zur Mitwirkung an der Feststellung des Alkoholisierungsgrades gezwungen worden, weswegen ihm ein inhaltlich dem Zeugnisverweigerungsrecht entsprechendes Entschlagungsrecht nicht (?) zugestanden sei. Dieses Entschlagungsrecht der Zeugen gelte auch im Fall der Gefahr einer verwaltungsstrafrechtlichen Maßnahme. Aufgrund dieser Bedenken habe auch der VfGH die damals einfachgesetzliche Bestimmung (bzw eines Teiles) des § 103 Abs.2 KFG als verfassungswidrig aufgehoben, was den Gesetzgeber dazu veranlasst hat, diese Bestimmung in Verfassungsrang zu erheben. Zudem sei auch die Bestimmung des § 5 Abs.6 StVO samt der bezughabenden Strafnorm des § 99 Abs.1 lit.c StVO im Verfassungsrang. Deswegen vertrete er die Rechtsansicht, dass auch der letzte Satz des § 5 Abs.2 StVO sowie der genannte Passus des § 99 Abs.1 lit.b StVO in Verfassungsrang stehen müssten, um ihm in tauglicher Form verpflichten zu können, Beweise gegen sich selbst zu liefern.

Weiters gehe die Erstbehörde unrichtigerweise offenkundig davon aus, dass auf den gegenständlichen Vorfall bereits die StVO in der 20. Novelle anzuwenden sei. Diese Rechtsansicht werde unter Berufung auf einen Zeitungsartikel nicht geteilt.

Abschließend weist der Bw darauf hin, dass er zur Tatzeit Jugendlicher war und die gesetzliche Mindeststrafe auf die Hälfte reduziert werden müsste.

Er beantrage daher die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung, die Aufhebung des Straferkenntnisses und die Verfahrenseinstellung; in eventu die Herabsetzung der Geldstrafe auf 10.000 S.

I.4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat am 22.9.1999 eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung abgehalten. Der Vertreter des Bw hat darin auf seine bisherige Rechtsansicht verwiesen und einen ergänzenden Berufungsschriftsatz vorgelegt, der zum Akt genommen wurde. Insbesondere brachte der Vertreter des Bw neuerlich vor, dass sein Mandant sowohl zum Tatzeitpunkt als auch noch zum Zeitpunkt der Erlassung des erstinstanzlichen Straferkenntnisses minderjährig gewesen sei (§ 4 Abs.2 VStG) und eine Geldstrafe von 14.000 S angemessen wäre.

Der Vertreter der belangten Behörde beantragte die Bestätigung des erstinstanzlichen Straferkenntnisses zumindest in der Schuldfrage.

I.5. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

Unstrittig ist, dass der Bw am Tattag um ca. 7.20 Uhr näher bezeichneten PKW gelenkt und einen Verkehrsunfall verursacht hat. Hiebei erlitt er einen Nasenbeinbruch, Rissquetschwunden am Nasenrücken und bestand der Verdacht auf ein Schädel-Hirntrauma 1. Grades. Am Unfallort wurden sowohl vom Notarzt (Dr. Hl) als auch von RI. M (GP A) Alkoholisierungssymptome festgestellt. Auf Befragen des Notarztes (Dr. H) bejahte dieser bereits - trotz der Verletzungen - die Möglichkeit eines Alkomattestes. Nach Einlieferung in die Unfallambulanz des Krankenhauses Braunau wurde der Bw zunächst von der Turnusärztin Dr. D behandelt, die ebenfalls Alkoholisierungssymptome feststellte und attestierte, dass aus medizinischen Gründen - die Mundatmung war nicht behindert - eine Alkomatuntersuchung durchgeführt werden konnte. Noch im Krankenhaus wurde der Bw von GI K (GPK B) zur Alkomatuntersuchung aufgefordert. Auf den ersten Fehlversuch (8.26 Uhr) folgte eine einzige gültige Messung (8.28 Uhr), die eine Atemluftalkoholkonzentration von 0,76 mg/l ergab. Danach folgten vier weitere Fehlversuche. Ein gültiges Messpaar kam nicht zustande. Der Bw war sowohl zum Unfallzeitpunkt als auch zum Zeitpunkt der Aufforderung ansprechbar, voll dispositions- und diskretionsfähig.

Der oa Sachverhalt ergibt sich zweifelsfrei aus den zeugenschaftlichen Einvernahmen von GI K und Dr. D anlässlich der mündlichen Verhandlung und befindet sich in Übereinstimmung mit der Aktenlage.

Rechtliche Beurteilung:

Vorweg ist festzuhalten, dass im Berufungsfall die bezughabenden Bestimmungen idF der 20. StVO-Novelle, BGBl.Nr I 92/1998, zur Anwendung kommen, da der Tattag (9.8.1998) nach Inkrafttreten (22.7.1998) der 20. StVO Novelle gelegen ist. Dies erklärt sich wie folgt:

§ 103 Abs.2c StVO 1960 idF. Der 20. StVO-Novelle lautet:

"Dieses Bundesgesetz, BGBl. I Nr.92/1998, ausgenommen § 95 Abs.1b und 1c, tritt mit xx. xxxxxxxx 1998 in Kraft, § 95 Abs.1b und 1c, in der Fassung BGBl. I Nr.92/1998, tritt in den einzelnen Ländern mit dem Inkrafttreten des entsprechenden Landesgesetzes, frühestens jedoch mit xx. xxxxxxxx 1998 in Kraft; die Zuständigkeit zur Ausübung des Verwaltungsstrafrechtes für die bis zum Inkrafttreten des jeweils entsprechenden Landesgesetzes begangenen Übertretungen richtet sich nach den bisherigen Vorschriften."

§ 103 Abs.2d leg.cit. (Verfassungsbestimmung) normiert:

"§ 5 Abs.6 in der Fassung BGBl. I Nr.92/1998 tritt mit xx.xxxxxxxx 1998 in Kraft."

Das zugegebenermaßen legistische Novum, den Tag des Inkrafttretens mit "xx.xxxxxxxx" zu bezeichnen, ändert nichts an der Verfassungsbestimmung des § 49 Abs.1 B-VG, wonach die verbindende Kraft von Bundesgesetzen, wenn nicht ausdrücklich anderes bestimmt ist, nach Ablauf des Tages der Kundmachung beginnt; dies ist der 22.7.1998 (vgl. Messiner, StVO idF der 20. StVO-Novelle, 10., überarbeitete und aktualisierte Auflage S.1443, RZ 4a)

Gemäß § 5 Abs.2 StVO 1960 sind Organe des amtsärztlichen Dienstes oder besonders geschulte und von der Behörde hiezu ermächtigte Organe der Straßenaufsicht berechtigt, jederzeit die Atemluft von Personen, die ein Fahrzeug lenken, in Betrieb nehmen oder zu lenken oder in Betrieb zu nehmen versuchen, auf Alkoholgehalt zu untersuchen. Sie sind außerdem berechtigt, die Atemluft von Personen, die verdächtig sind, in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand

1. ein Fahrzeug gelenkt zu haben oder

2. als Fußgänger einen Verkehrsunfall verursacht zu haben,

auf Alkoholgehalt zu untersuchen. Wer zu einer Untersuchung der Atemluft aufgefordert wird, hat sich dieser zu unterziehen.

Gemäß § 5 Abs.5 StVO 1960 idF. Der 20. Novelle sind die Organe der Straßenaufsicht weiters berechtigt, Personen, von denen vermutet werden kann, dass sie sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befinden, zum Zweck der Feststellung des Grades der Beeinträchtigung durch Alkohol zu einem im öffentlichen Sanitätsdienst stehenden oder bei einer Bundespolizeibehörde tätigen Arzt oder zum diensthabenden Arzt einer öffentlichen Krankenanstalt zu bringen, sofern eine Untersuchung gemäß Abs.2

1. keinen den gesetzlichen Grenzwert gemäß Abs.1 erreichenden Alkoholgehalt ergeben hat oder

2. aus in der Person des Probanden gelegenen Gründen nicht möglich war.

Wer zum Zweck der Feststellung des Grades der Beeinträchtigung durch Alkohol zu einem Arzt gebracht wird, hat sich einer Untersuchung durch diesen zu unterziehen.

Unter der medizinischen [Un]Möglichkeit, die Atemluftprobe durchzuführen, sind physiologische Gründe wie zB Zustand nach Schädelfraktur (vgl. VwGH Erkenntnis vom 16.9.1981, 81/03/0045) oder atemphysiologische Schwierigkeiten (Erk. vom 15.2.1984, 83/03/0130) zu verstehen. Die Mundatmung war jedoch - wie die Zeugin Dr. D in der mündlichen Verhandlung attestierte - trotz der Verletzungen am Nasenrücken und Blutkrusten in der Nase - nicht behindert. Zudem wurde der Alkomattest erst nach dem Nähen der Rissquetschwunde auf der Nase vorgenommen (vgl. Protokoll zur mündlichen Verhandlung vom 22.9.1999 Seite 4). Der Antrag des in der mündlichen Verhandlung vertretenen Bw auf Einholung eines medizinischen Amtssachverständigengutachtens zum Beweis dafür, dass aufgrund des verkrusteten Blutes in der Nase zumindest die Nasenatmung beeinträchtigt war und aufgrund der erlittenen Verletzungen (insbesondere aufgrund des Schädel-Hirntraumas 1) eine ordnungsgemäße Bedienung des Alkomaten nicht möglich gewesen sei, war daher - weil es auf ihn nicht mehr ankam - abzuweisen. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich folgt den glaubwürdigen und fachlich fundierten Aussagen der Turnusärztin Dr. D, zumal einem Turnusarzt zugemutet werden kann, dass er aufgrund des Verletzungsgrades fachkundig beurteilen kann, ob die Mundatmung beeinträchtigt war oder nicht und der Bw somit eine Atemluftprobe ablegen konnte oder nicht. Der Bw ist daher mit der in seiner Berufungsschrift vertretenen Ansicht völlig im Recht, dass es keines Beweises seitens des Beschuldigten bedürfe, dass er zur Ablegung eines Alkomattestes nicht in der Lage gewesen sei, denn es obliegt der Behörde - und nicht dem Beschuldigten - den Sachverhalt von Amts wegen festzustellen und die Art und Reihenfolge der Beweise zu bestimmen (Offizialprinzip; vgl. Walter-Mayer, Grundriss des österreichischen Verwaltungsverfahrensrechtes, 6. Auflage S 130 ff). Im übrigen hätte der Bw die Möglichkeit gehabt, selbst ein Gegengutachten beizubringen. Dass der Bw Kopfschmerzen verspürte bzw an der Nase blutete wird nicht in Abrede gestellt. Ein Unvermögen, den Alkomattest durchzuführen wurde dadurch jedoch nicht begründet, da keine Hinweise einer mangelnden Dispositions- bzw. Diskretionsfähigkeit vorlagen. Das vom Bw behauptete "Vermögen bzw. Unvermögen", den Alkomattest durchführen zu können ist durchaus von subjektiven Faktoren (Verletzungsgrad) abhängig, die jedoch fachkundig objektiviert und der Beweisführung zugrundegelegt wurden. Dass eine gesetzliche Verpflichtung besteht, eine klinische Untersuchung durchzuführen, kann dem Gesetzeswortlaut des § 5 Abs.5 StVO nicht entnommen werden (arg. "Die Organe der Straßenaufsicht sind weiters berechtigt ......."). Der Argumentation des Bw, dass nach § 5 Abs.8 StVO der Proband eine Blutabnahme nur verlangen könne, wenn er angebe, es habe eine Untersuchung nach § 5 Abs.2 StVO eine Alkoholbeeinträchtigung ergeben, war nicht weiter entgegenzutreten, da sich aus der Aktenlage eindeutig ergibt, dass der Bw im Zuge der gesamten Amtshandlung keine Blutabnahme verlangte.

Die Ausführungen in der Berufungsschrift hinsichtlich § 49 AVG (Zeugnisverweigerungsrecht) erscheinen dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich unverständlich bzw nicht im Zusammenhang mit dem Berufungsfall zu stehen, da der Bw im gesamten Verwaltungsstrafverfahren als Beschuldigter und nicht als Zeuge (Bezeugung welcher Tatsachen?) angesprochen wurde.

Die Berufung war daher in der Schuldfrage abzuweisen.

Verfassungsrechtliche Darlegungen:

Nach Ansicht des Verfassungsgerichtshofes steht eine Gesetzesbestimmung mit dem Grundsatz des Anklageprinzips dann nicht im Einklang, wenn sie den (im Verwaltungsstrafverfahren oder in einem Stadium vor Einleitung eines Strafverfahrens) Beschuldigten unter Strafsanktion zwingt, ein Geständnis seines strafbaren Verhaltens abzulegen.

In dem Erkenntnis VfSlg.9950 hat der VfGH den letzten Halbsatz der Bestimmung des § 103 Abs.2 KFG ua mit der Begründung aufgehoben, dass die wahrheitsgetreue Antwort des Zulassungsbesitzers, er selbst sei Lenker zur fraglichen Zeit gewesen, zwar nicht unmittelbar ein Geständnis darstellt, doch nicht zu übersehen ist, dass das Vorliegen des angelasteten objektiven Tatbestandes oftmals kaum zu widerlegen sein wird und die sodann platzgreifende Umkehr der Beweislast gemäß § 5 Abs.1 zweiter Satz VStG den Beschuldigten zumindest in eine aussichtslose Situation bringt. Dadurch bewirkt der Zulassungsbesitzer durch seine Antwort, dass er zum Beschuldigten (Objekt) des Verfahrens wird.

Diese Judikatur ist auf den vorliegenden Sachverhalt nicht übertragbar. Hierbei übersieht der Bw, dass die Aufforderung zur Alkomatuntersuchung gemäß § 5 Abs.2 StVO 1960 kein Geständnis der Alkoholisierung bzw eine Selbstbezichtigung der Alkoholisierung präsumiert. Eine derartige Argumentationslinie würde jedem Probanden automatisch eine Alkoholbeeinträchtigung unterstellen. Die Alkomatuntersuchung zwingt also den Beschuldigten keineswegs ein Geständnis - das, - wie der Bw meint - einer Überführung auf Grund eines positiven Messergebnisses gleichkommt - abzulegen. Vielmehr hätte auch eine Nicht- oder Minderalkoholisierung festgestellt werden können, womit der Proband sich eben nicht "selbst belastet oder selbst überführt hätte" und nicht als "Prozessobjekt" behandelt worden wäre. Zudem räumt der Gesetzgeber in § 5 Abs.8 StVO 1960 in der zum Tatzeitpunkt maßgebenden Fassung der 20. StVO-Novelle dem Probanden die Möglichkeit einer freiwilligen Blutuntersuchung ein, um so gegebenenfalls auch die vom Beschuldigten selbst beigebrachten Beweismittel im Rahmen der freien Beweiswürdigung zusätzlich im Verwaltungsstrafverfahren berücksichtigen zu können. Im Gegensatz zu oa. Judikatur des VfGH zu § 103 Abs.2 KFG wird der Beschuldigte - auch im Falle eines positiven Alkomattestes - daher keineswegs in eine aussichtslose Situation gebracht, sondern es steht dem Beschuldigten die Möglichkeit offen, ein gleichwertiges (zusätzliches) Beweismittel zu erbringen.

Zudem ist es dem (einfachen) Gesetzgeber von Verfassung wegen - außer im Falle eines Exzesses (worin sollte dieser im gegebenen Fall liegen?) - durch den Gleichheitsgrundsatz nicht verwehrt, seine politischen Zielvorstellungen (diese dürften dem Bw hinlänglich bekannt sein; .... Verkehrssicherheit, strikte Bestrafung alkoholisierter Lenker, die erfahrungsgemäß die Ursache schwerster Verkehrsunfälle sind etc) auf die ihm geeignet erscheinende Art zu verfolgen (vgl. ua. VfGH vom 26.2.1999, B 544/97). Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat daher keine Zweifel an der Verfassungskonformität der Bestimmungen der §§ 5 Abs.2 und 99 Abs.1 lit.b StVO. Weiters stehen die im ergänzenden Schriftsatz vorgebrachten Überlegungen ua. zu § 5 Abs.8 idF der 19. und der 20. Novelle, zu §§ 5 Abs.4b StVO 1960 und zu 5 Abs.7 StVO idF vor der 19. StVO-Novelle in keinem zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit dem Berufungsfall, der sich ausschließlich auf eine Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs.2 StVO iVm der Bestrafung nach § 99 Abs.1 lit.b StVO 1960 idF der 20. StVO-Novelle bezieht.

Strafbemessung:

Die Strafe ist nach den Kriterien des § 19 VStG zu bemessen. Neben dem Unrechts- und Schuldgehalt der Übertretung, den Erschwerungs- und Milderungsgründen sind die sozialen und wirtschaftlichen Verhältnisse zu berücksichtigen.

Laut Aktenlage erhält der Bw eine Lehrlingsentschädigung von 7.000 S, ist vermögenslos und hat keine Sorgepflichten. Als straferschwerend wirkt eine nicht getilgte einschlägige Vorstrafe gemäß § 99 Abs.1 lit.a StVO 1960 aus dem Jahr 1997. Zu Recht weist der Bw auf die Anwendbarkeit des § 20 VStG hin, da er zum Tatzeitpunkt noch Jugendlicher war. Die Geld- bzw. Ersatzfreiheitsstrafe war daher entsprechend zu reduzieren.

Bei einem Strafrahmen von 16.000 S bis 80.000 S (§ 99 Abs.1 lit.b StVO 1960) ist die verhängte Strafe unter Berücksichtigung der sozialen und wirtschaftlichen Verhältnisse schuldangemessen und dem Unrechtsgehalt der Tat angepasst. Aus spezialpräventiven Gründen kommt eine weitere Herabsetzung nicht in Betracht.

Aus diesen Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.

zu II. Die Kostenentscheidung ist gesetzlich begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500,00 Schilling (entspricht 181,68 Euro) zu entrichten.

Dr. K l e m p t

Beachte:

Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgelehnt;

VfGH vom 28.06.2000, Zl.: B 1/00.

Beachte:

Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgewiesen; VwGH vom 28.01.2000, Zl.: 2000/02/0004

 

 

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