Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-105958/4/Fra/Ka

Linz, 19.01.1999

VwSen-105958/4/Fra/Ka Linz, am 19. Jänner 1999 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Fragner über die Berufung des Herrn B, gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Steyr vom 24.9.1998, Zl. S 5981/ST/97, betreffend Übertretung des § 103 Abs.1 Z1 KFG 1967 iVm § 4 Abs.4 KDV 1967, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird stattgegeben. Das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt; der Berufungswerber hat keine Beiträge zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens zu zahlen. Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24 und 45 Abs.1 Z1 VStG; § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bundespolizeidirektion Steyr hat mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis über den Berufungswerber (Bw) wegen Übertretung des § 103 Abs.1 Z1 KFG 1967 iVm § 4 Abs.4 KDV 1967 gemäß § 134 Abs.1 KFG 1967 eine Geldstrafe von 2.000 S (EFS 48 Stunden) verhängt, weil er, wie am 31.7.1997 in der Zeit von 17.38 Uhr bis 17.40 in Steyr, beim Haus Schaumbergerstraße Nr.2 festgestellt wurde, als Zulassungsbesitzer des KFZ mit dem pol. Kennzeichen nicht dafür gesorgt hat, daß das KFZ den kraftfahrrechtlichen Bestimmungen entspricht, weil sich beim Außenreifen der 2. Achse links die Lauffläche an zwei Stellen auf einer Länge von jeweils ca. 10 cm (Tiefe etwa 2 cm), sich beim Außenreifen der 3. Achse links die Lauffläche an einer auf einer Länge von ca. 10 cm (Tiefe etwa 3 cm) und sich beim Innenreifen der 3. Achse links, an drei Stellen auf einer Länge von jeweils 5 cm (Tiefe etwa 2 cm) ablöste, wobei diese Mängel mit freiem Auge sichtbar waren. Ferner wurde gemäß § 64 VStG ein Kostenbeitrag in Höhe von 10 % der verhängten Geldstrafe vorgeschrieben. 2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig durch den ausgewiesenen Vertreter bei der Strafbehörde eingebrachte Berufung. Die Bundespolizeidirektion Steyr - als nunmehr belangte Behörde - sah sich zu einer Berufungsvorentscheidung nicht veranlaßt und legte das Rechtsmittel samt bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vor, der, weil eine 10.000 S nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied entscheidet (§ 51c VStG). 3.1. Der Bw bringt im wesentlichen vor:

Unter dem Aspekt der Mangelhaftigkeit des Verfahrens infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften argumentiert der Bw, daß er in der Stellungnahme vom 7.5.1998 die Einvernahme eines Sachverständigen des Amtes der Oö. Landesregierung zur Frage beantragt habe, ob bei der Überprüfung am 10.9.1997 gemäß § 56 Abs.1 KFG 1967 geringfügige, nicht die Funktionsfähigkeit der Reifen beeinträchtigende Ablösungen bestanden haben. Weiters habe er die nochmalige Befragung des Zeugen zur Frage beantragt, ob zum Zeitpunkt der Beanstandung am 31.7.1997 und am Tage der Überprüfung am 10.9.1997 am LKW dieselben Reifen montiert waren. Diesen Beweisanträgen ist die Behörde nicht nachgekommen, obwohl nach Auffassung des Bw die Durchführung dieser Beweise seine Darstellung, es haben keine die Funktionsfähigkeit der Reifen beeinträchtigenden Ablösungen bestanden, untermauert hätte. Das Ermittlungsverfahren sei daher mangelhaft geblieben. Unter dem Aspekt der Rechtswidrigkeit des Inhaltes bringt der Bw vor, daß er bereits in seiner Stellungnahme vom 7.5.1998 argumentiert habe, daß gemäß einem Gutachten des deutschen TÜV kaltbesohlte LKW-Reifen - die überprüften LKW-Reifen waren kalt besohlt - Ablösungen, teilweise über den gesamten Umfang aufweisen können und es dadurch mit Sicherheit nicht zu einem Ausfall des Reifens oder einem gefährlichen Defekt komme. Daraus ergebe sich jedenfalls, daß geringfügige Ablösungen an runderneuerten Reifen die Funktionsfähigkeit der Reifen nicht beeinträchtigen können. Da von den Sicherheitswachebeamten auch keine Ablösungen bis zum Unterbau des Reifens festgestellt worden sind, sei davon auszugehen, daß die Reifen den Vorschriften des KDV entsprochen haben. Was die Ablösungen am Reifen der Marke "Fulda", zweite Achse links außen betrifft, stehe fest, daß dieser Reifen ohne Luft war - ein Umstand, der vom Fahrzeughalter nicht vor Fahrtantritt hätte festgestellt werden können - sodaß ihm auch die durch das Fahren auf einer kurzen Strecke mit einem Reifen ohne Luft entstandenen Ablösungen nicht zum Vorwurf gemacht werden können. Die Einzelgenehmigung des ggstl. LKW´s erfolgte erwiesenermaßen am 14.7.1997, die Überprüfung, bei welcher die Reifen beanstandet wurden, am 31.7.1997, also zwei Wochen später. Es sei daher davon auszugehen, daß bei der Einzelgenehmigung am 14.7.1997 die Reifen den gesetzlichen Vorschriften entsprochen haben und sich nicht innerhalb von 14 Tagen derartig gravierende Änderungen ergeben können. Völlig unlogisch wäre es - wie die Behörde vermeint - daß innerhalb dieser 14 Tage die Reifen ausgewechselt worden seien und "schlechtere" Reifen angebracht worden sind. Aus Sicht des Bw sei daher davon auszugehen, daß allenfalls vorhandene Ablösungen die Verkehrssicherheit der Reifen nicht beeinträchtigt haben und daher deshalb weder bei der Überprüfung am 14.7.1997, noch bei der Überprüfung am 10.9.1997 beanstandet wurden, und daß diese Überprüfungen jeweils von einem Fachmann vorgenommen worden sind, während die beiden Sicherheitswachebeamten lediglich den Zustand der Reifen beschrieben haben, ohne in der Lage zu sein, die Verkehrssicherheit, insbesondere im Hinblick auf § 4 Abs.4 KDV zu beurteilen. Ein Verstoß gegen die ihm angelastete Bestimmung liege daher nicht vor, weshalb der Bw den Antrag stellt, seiner Berufung Folge zu geben, das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

3.2. Aufgrund der Berufungsausführungen hat der Oö. Verwaltungssenat ein Gutachten zu der Frage eingeholt, ob die von den Sicherheitswachebeamten festgestellten Ablösungen zwangsläufig bis zum Unterbau reichten und ob es richtig ist, daß kaltbesohlte Reifen, wenn sie Ablösungen teilweise über den gesamten Umfang aufweisen, nicht ausfallen oder deren Funktionsfähigkeit beeinträchtigen. Aufgrund des Ersuchens des Oö. Verwaltungssenates hat Herr Ing. I vom Amt der Oö. Landesregierung, Abteilung Maschinen- und Elektrotechnik, in seinem Gutachten vom 11.1.1999 festgestellt, daß bei der Runderneuerung von LKW-Reifen die Reifenlauffläche bis auf eine ausreichend dicke Gummischicht über der Karkasse (Unterbau) abgefräst und ein neues Reifenlaufband aufgezogen wird. Wie sich nun bei zahlreichen Kontrollen und Überprüfungen derartiger Reifen herausstellte, kommt es - wie im ggstl. Fall - sehr häufig aufgrund der hohen Belastung zu leichten, außen liegenden Ablösungen der Reifenlauffläche, was die Verkehrs- und Betriebssicherheit der Fahrzeuge aber nicht sonderlich beeinflußt. Diese leichten Ablösungen erfolgen meistens außen an der Verbindungsstelle zwischen neu aufgezogenem Reifenlaufband und dem Grundmaterial des Reifens, weshalb gesagt werden kann, daß in der Regel an der Stelle, wo sich das Reifenlaufband leicht ablöst, produktionsbedingt noch eine ausreichend starke Gummischicht über der Karkasse vorhanden bleibt und daher eine derartige Beschädigung nicht zwangsläufig bis zum Unterbau (Karkasse) des Reifens reicht. Unter Zugrundelegung dieses Gutachtens kann nicht mit der für ein Verwaltungsstrafverfahren erforderlichen Sicherheit festgestellt werden, daß der Bw den ihm zur Last gelegten Tatbestand erfüllt hat, weil § 4 Abs.4 KDV fordert, daß die Reifen keine mit freiem Auge sichtbaren bis zum Unterbau des Reifens reichenden Ablösungen des Laufbandes oder der Seitenbänder aufweisen dürfen. Der Sachverständige stellte zudem fest, daß aus technischer Sicht bei den festgestellten Ablösungen die Funktionsfähigkeit der Reifen nicht derartig beeinträchtigt gewesen sein dürfte, sodaß die Verkehrs- und Betriebssicherheit des Fahrzeuges nicht mehr gegeben war. Aus den genannten Gründen war spruchgemäß zu entscheiden. 4. Die Kostenentscheidung ist gesetzlich begründet. Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten. Dr. F r a g n e r

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