Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-105960/4/Sch/Rd

Linz, 08.03.1999

VwSen-105960/4/Sch/Rd Linz, am 8. März 1999 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Schön über die Berufung des H vom 28. August 1998, vertreten durch Rechtsanwalt, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 14. August 1998, VerkR96-2465-1997-Len, wegen Übertretungen des GGSt, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren eingestellt.

II. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlagen: zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 und 45 Abs.1 Z2 VStG. zu II.: §§ 64ff VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.: 1. Die Bezirkshauptmannschaft Freistadt hat mit Straferkenntnis vom 14. August 1998, VerkR96-2465-1997-Len, über Herrn H, wegen der Verwaltungsübertretungen gemäß 1) § 32 Abs.3 GGSt, 2) § 32 Abs.3 GGSt und 3) § 32 Abs.1 Z3 GGSt Geldstrafen von 1) 1.000 S, 2) 1.000 S und 3) 1.000 S sowie für den Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen von 1) bis 3) 12 Stunden verhängt, weil er, wie am 12. Mai 1997 um 17.10 Uhr bei der Grenzkontrollstelle Wullowitz im Zuge der B 125 Prager Straße festgestellt wurde, als Lenker des Tankkraftfahrzeuges mit dem Kennzeichen und dem Sattelanhänger Gefahrgut in Form von 23.840 kg Eisentrichlorid Lösung der Klasse 8 Ziffer 5 lit.c ADR UN-Nr. 2582 befördert habe und 1) als Lenker dieser Beförderungseinheit bei der Beförderung kein gemäß Rn 2002 Abs.3 iVm Rn 10381 Abs.1 lit.a ADR vorgesehenes Begleitpapier mitgeführt und den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes auf deren Verlangen zur Überprüfung auch nicht ausgehändigt habe, da im Beförderungspapier die Bezeichnung des Gutes einschließlich der Kennzeichnungsnummer des Stoffes fehlten bzw falsch angegeben waren ("Eisentrisulfat Lösung, UN-Nr. 2833"). 2) Habe er als Lenker bei dieser Beförderung das in Rn 10381 Abs.2 lit.c ADR angeführte Begleitpapier, nämlich die schriftliche Weisung gemäß Rn 10385 ADR, nicht mitgeführt und den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes auf deren Verlangen zur Überprüfung auch nicht ausgehändigt (in der mitgeführten und vorgelegten schriftlichen Weisung sei die Bezeichnung des Gefahrgutes und die Kennzeichnungsnummer [UN-Nr.] falsch gewesen ["Eisentrisulfat Lösung UN-Nr. 2833"]). 3) Schließlich habe er das oa Kraftfahrzeug in Betrieb genommen und bis zum Tatort gelenkt, obwohl er sich als Lenker dieser Beförderungseinheit - trotzdem dies zumutbar gewesen sei - nicht davon überzeugt habe, daß die Beförderungseinheit den hiefür in Betracht kommenden Vorschriften entspricht, da an dieser nicht die gemäß Rn 10500 ADR vorgeschriebenen rechteckigen, rückstrahlenden und orangefarbenen Tafeln - versehen mit den Kennzeichnungsnummern, die im Anhang B 5 für jeden in Tanks oder Tankabteilen beförderten Stoff vorgeschrieben sind - deutlich sichtbar angebracht gewesen seien. Es sei nämlich in der unteren Zeile der orangefarbenen Tafeln die Kennzeichnungsnummer für das beförderte Gefahrgut mit "2833" angegeben gewesen.

Überdies wurde der Berufungswerber zu einem Kostenbeitrag zum Verfahren in der Höhe von insgesamt 300 S verpflichtet.

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Berufungswerber rechtzeitig Berufung erhoben. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht und die Berufung vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung erwies sich als nicht erforderlich (§ 51e Abs.2 VStG).

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat folgendes erwogen:

Die Berufungsbehörde hat in mehreren einschlägigen Entscheidungen die Rechtsansicht vertreten, daß die Bestimmung des § 32 Abs.3 GGSt ("... dem ADR entsprechend mitzuführen ...") bei der bei Pflichten begründenden Verwaltungsvorschriften gebotenen restriktiven Auslegung so verstanden werden kann, daß hiebei nicht der Inhalt der Papiere, sondern der eigentliche Mitführvorgang gemeint ist. Für diese Auslegung spricht etwa die auf Seite 74 in "Grundtner-Stratil, Beförderung gefährlicher Güter auf der Straße, 2. Auflage" zitierte Regierungsvorlage zu dieser Bestimmung, wo es heißt: "Die Begleitpapiere müssen sowohl im Interesse einer wirksamen Überwachung als auch zur Gewährleistung schneller Maßnahmen bei Zwischenfällen und Unfällen stets sofort greifbar sein ...".

Zwischenzeitig wurde das GGSt durch das Gefahrgutbeförderungsgesetz (GGBG) ersetzt, wobei im § 13 Abs.3 des letztgenannten Gesetzes eine andere Formulierung enthalten ist.

Unbeschadet dessen war beim gegebenen Sachverhalt noch folgendes zu erwägen:

Der Berufungswerber hatte zum Vorfallszeitpunkt als Lenker der beanstandeten Beförderungseinheit einen CMR-Frachtbrief mit den Vermerken "EISEN III SULFAT" sowie mit der Klassifizierung (Klasse 8 Ziffer 5 lit.c ADR) und eine Angabe über die Kennzeichnungsnummer der Gefahr und die UN-Nr. (80/2833) mitgeführt. Laut entsprechender Anzeige des Meldungslegers befanden sich diese Angaben auch auf dem mitgeführten Unfallmerkblatt. Die Kennzeichnung der Beförderungseinheit war mit "80/2833" erfolgt.

Der damals amtshandelnde Meldungsleger konnte im Anhang B Rn 250.000 des ADR allerdings einen Stoff mit der UN-Nr. 2833 nicht auffinden. Nach Rücksprache mit einem chemischen Sachverständigen des Amtes der Oö. Landesregierung wurde schließlich festgestellt, daß die zutreffende Bezeichnung "Eisentrichlorid Lösung, UN-Nr. 2582, Klasse 8 Ziffer 5 lit.c ADR" gewesen wäre.

Dieser Sachverhalt war sohin offenkundig erst dadurch zu ermitteln, daß der Meldungsleger im ADR Nachschau gehalten und auch noch dazu einen Sachverständigen beigezogen hat. Wenn nun die Erstbehörde vermeint, dem Lenker der Beförderungseinheit wäre es zumutbar gewesen, diese Diskrepanz zu erkennen, so kann diese Ansicht von der Berufungsbehörde nicht geteilt werden. Zum einen bildet der Umgang mit dem ADR selbst keinen Bestandteil der Gefahrgutlenkerausbildung und kann daher von einem Lenker auch nicht verlangt werden, daß er die in den Begleitpapieren angeführte Stoffnummer anhand des Anhanges B 5 des ADR überprüft. Zum anderen braucht ein Lenker auch nicht das Fachwissen eines Chemikers zu haben, welches wohl erforderlich ist, um eine Eisentrichloridlösung von einer Eisentrisulfatlösung zu unterscheiden. Dem Berufungswerber mußte daher angesichts der übergebenen und übereinstimmenden Papiere (Frachtbrief und Unfallmerkblatt) nicht auffallen, daß die Angaben darin nicht den Tatsachen entsprachen. Er konnte somit auch bei der Kennzeichnung der Beförderungseinheit diese Angaben zugrundelegen.

Ein näheres Eingehen auf die Berufung und auch auf den Umstand, daß die Angaben in den Kopien des CMR-Frachtbriefes laut Beilage zur Anzeige einerseits und laut Beilage zum Rechtsmittel andererseits inhaltlich nicht gänzlich übereinstimmen, konnte angesichts der obigen Erwägungen unterbleiben. Zu II.: Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

S c h ö n

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