Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-220850/51/Kon/Fb

Linz, 03.12.1996

VwSen-220850/51/Kon/Fb Linz, am 3. Dezember 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom 17.

November 1995, 95/02/0313, das Erkenntnis des unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 2. Mai 1995, VwSen-220850/7/Kon/Km, betreffend Einstellung eines Strafverfahrens wegen Übertretungen des KJBG (mitbeteiligte Partei: R H, A, L) wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufgehoben.

Aufgrund dieses aufhebenden Verwaltungsgerichtshoferkenntnisses hat der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich im fortgesetzten Verfahren über die Berufung des R H gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Krems vom 17.12.1993, Ge96-103-1993, betreffend Faktum 1) (Beschäftigung der Jugendlichen E L entgegen den Bestimmungen des § 17 Abs.2 KJBG) und Faktum 3) (Nichtführen von Aufzeichnungen gemäß § 26 Abs.1 KJBG), zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird hinsichtlich Faktum 1) Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II. Hinsichtlich Faktum 3) (Nichtführen von Aufzeichnungen gemäß § 26 Abs.1 KJBG) wird das Verwaltungsstrafverfahren mit der Feststellung eingestellt, daß Umstände vorliegen, die die Strafbarkeit aufheben.

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG iVm § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG und § 45 Abs.1 Z1 1. Fall VStG.

zu II.: § 45 Abs.1 Z2 2. Fall VStG.

Entscheidungsgründe:

zu I. und II.:

Das angefochtene Straferkenntnis enthält nachstehenden Schuld- und Strafausspruch:

"Als Arbeitgeber haben Sie es zu verantworten, daß am 23.9.1993 im Gastbetrieb in M, H 1. die Jugendliche E L, geb. 23.12.1975, um 22.20 Uhr mit dem Zubereiten von Kaffee, Einschenken von Getränken und Bedienen von Gästen beschäftigt worden ist; sowie 2. die Jugendliche L B, geb. 20.11.1976, um 22.30 Uhr mit dem Einschenken und Servieren von Getränken beschäftigt worden ist, obwohl Jugendliche über 16 Jahren im Gastgewerbe nur bis 22.00 Uhr beschäftigt werden dürfen.

3. Weiters wurde am 23.9.1993 vom Arbeitsinspektorat Wels festgestellt, daß keine Aufzeichnungen über die geleistete Arbeitszeit der Jugendlichen für September 1993 geführt wurden.

Dies ist eine Übertretung des § 26 Abs.1 KJBG, der vorschreibt, daß in jenem Betrieb, in dem Jugendliche beschäftigt werden, ein Verzeichnis der Jugendlichen zu führen ist.

Das Verzeichnis hat u.a. gemäß Ziffer 5, Aufzeichnung über die geleisteten Arbeitsstunden und deren Entlohnung zu enthalten.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

Zu 1.) u. 2.) § 17 (2) Kinder- und Jugendbeschäftigungsgesetz BGBl. 599/1987 idgF. BGBl. 257/1993 (KJBG) Zu 3.) § 26 (1) KJBG" Der Beschuldigte hat gegen dieses Straferkenntnis rechtzeitig mündlich Berufung erhoben und dabei zu Protokoll gegeben, daß Frau E L seine Schwägerin sei und sich bei ihm zu Besuch aufgehalten habe. Die Genannte hätte in seinem Gastbetrieb keine Arbeiten verrichtet.

Im Zusammenhang mit der Berufung wird aufgezeigt, daß der Beschuldigte am 2. Dezember 1996 vor dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich seine Berufung gegen das eingangs angeführte Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Krems, soweit es Faktum 2) betrifft (Beschäftigung der Jugendlichen L B entgegen den Bestimmungen des KJBG) zurückgezogen hat. Dadurch ist dieses Straferkenntnis, was Faktum 2) betrifft, in Rechtskraft erwachsen.

Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Gemäß § 1 Abs.1 KJBG gilt dieses Bundesgesetz für die Beschäftigung von Jugendlichen, die in einem Dienstverhältnis, in einem Lehr- oder sonstigen Ausbildungsverhältnis stehen.

Voraussetzung dafür, daß die Beschäftigung der Jugendlichen E L dem KJBG unterliegt, ist demnach, daß ein Dienstverhältnis im Sinne des § 1 Abs.1 KJBG vorliegt.

Das Vorliegen eines solchen Dienstverhältnisses ist aber keinesfalls als unter Beweis gestellt zu erachten. So ist eine zeugenschaftliche Vernehmung der Jugendlichen E L durch die belangte Behörde überhaupt unterblieben bzw wäre eine solche Befragung nicht mehr möglich gewesen, da die Jugendliche noch vor Einleitung des Verwaltungsstrafverfahrens, erfolgt durch die Strafverfügung vom 15.10.1993, Ge96-103-1993, das Bundesgebiet verlassen hat. Auch aus der zeugenschaftlichen Aussage der Jugendlichen L B vom 20.10.1993 gegenüber der belangten Behörde wie auch jener vom 3. Oktober 1996 gegenüber dem unabhängigen Verwaltungssenat, ergibt sich für den Beschuldigten nichts belastendes.

Als entlastend für den Beschuldigten war jedoch zu werten, daß er im zweiten Rechtsgang selbst die zeugenschaftliche Vernehmung der E L anbot und ermöglichte. Es ist hiezu anzumerken, daß Frau L aus Polen anreiste. Wenngleich die Befragung der E L als Auskunftsperson am 1.3.1996 vor dem unabhängigen Verwaltungssenat ohne Mitwirkung eines Dolmetschers für die polnische Sprache erfolgte und die Angaben der Frau L durch Frau H (Gattin des Beschuldigten) übersetzt wurden, erblickt der unabhängige Verwaltungssenat keinen Anlaß, die Richtigkeit der Angaben anzuzweifeln. Dies vor allem auch deshalb, weil sie spontan getätigt wurden und gemessen an den Erfahrungen des täglichen Lebens sich als durchaus glaubhaft erweisen. Demnach hat sich E L zum Tatzeitpunkt mit ihrem Verlobten J J - Genannter ist der Bruder der Frau H beim Beschuldigten zu Besuch aufgehalten. Zweck des Aufent haltes war, daß E L ihrer künftigen Schwägerin (Frau H, welche zu diesem Zeitpunkt schwanger war) in privat familiärem Rahmen bei der Arbeit unterstützt. Von Frau L wurde dabei bestritten, zum Tatzeitpunkt im Lokal des Beschuldigten an Gäste Getränke serviert zu haben.

Aufzuzeigen ist, daß die Amtspartei Arbeitsinspektorat Gelegenheit gehabt hätte, dieser Befragung beizuwohnen und auch Fragen an die Auskunftsperson L zu richten. Von dieser Gelegenheit wurde jedoch seitens des Arbeitsinspektorates kein Gebrauch gemacht. Das Ergebnis der Befragung wurde dem Arbeitsinspektorat mit Schriftsatz vom 1. März 1996, VwSen-220850/31/Kon/Fb, zur Kenntnis gebracht.

Aufgrund der vorliegenden Beweislage ist es dem unabhängigen Verwaltungssenat als Berufungsbehörde nicht möglich, das Vorliegen eines Dienstverhältnisses zwischen der Jugendlichen E L und dem Beschuldigten als ausreichend erwiesen anzunehmen, weshalb gemäß dem Grundsatz in dubio pro reo wie im Spruch zu entscheiden war.

Im ersten Rechtsgang wurde in Stattgebung der Berufung hinsichtlich Faktum 1) und 2) das Strafverfahren wegen jeweils nicht erwiesener Tat eingestellt. Hinsichtlich Faktum 3) (Nichtführen von Aufzeichnungen gemäß § 26 Abs.1 KJBG) ist dabei kein formeller Abspruch in der Berufungsentscheidung erfolgt.

Ein solcher hätte noch vor dem 23. September 1996 (Eintritt der Strafbarkeitsverjährung) erfolgen müssen. Da jedoch zwischen Faktum 2) und Faktum 3) ein enger inhaltlicher Zusammenhang besteht einerseits und die Ermittlung eines entscheidungsreifen Sachverhaltes zu Faktum 2) im fortgesetzten Verfahren vor dem 23.9.1996 nicht möglich war, andererseits, war bezüglich Faktum 3) das Strafverfahren spruchgemäß einzustellen.

Aufgrund der vorliegenden Berufungsentscheidungen ist der Beschuldigte von der Entrichtung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge betreffend das Strafverfahren wegen rechtswidriger Beschäftigung der Jugendlichen E L befreit.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Dr. K o n r a t h

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