Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-105987/13/BI/FB

Linz, 08.11.1999

VwSen-105987/13/BI/FB Linz, am 8. November 1999

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung der Frau I S, E, B, vertreten durch RA Dr. J M, S, P, vom 23. November 1998 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 5. November 1998, VerkR96-4223-1998, wegen Übertretung des Kraftfahrgesetzes 1967, aufgrund des Ergebnisses der am 29. Oktober 1999 durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren ohne Vorschreibung von Verfahrenskostenbeiträgen eingestellt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 45 Abs.1 Z2 1.Alt. und 66 VStG, § 9 VStG iVm §§ 103 Abs.1 Z1 iVm 24 Abs.4 und 7 und 134 Abs.1 KFG 1967

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen hat mit dem oben genannten Straferkenntnis über die Beschuldigte wegen der Verwaltungsübertretung gemäß § 9 VStG iVm §§ 103 Abs.1 Z.1, 24 Abs.4 und 7 und 134 Abs.1 KFG 1967 eine Geldstrafe von 2.000 S (60 Stunden EFS) verhängt, weil sie als das nach außen zur Vertretung berufene Organ (handelsrechtliche Geschäftsführerin) der Zulassungsbesitzerin, der Firma S Speditionsgesellschaft mbH, des Sattelzugfahrzeuges mit dem behördlichen Kennzeichen mit einem Eigengewicht von 6.840 kg, wie durch ein Straßenaufsichtsorgan bei der Anhaltung am 2. August 1998 um 22.00 Uhr im Gemeindegebiet von K auf der I auf Höhe des Strkms 31,65 festgestellt worden sei, nicht dafür gesorgt habe, dass das Fahrtenschreiber-Kontrollgerät der Marke Kienzle Nr.1318.27 einmal innerhalb zwei Jahren seit der letzten Prüfung am 23. November 1995 überprüft wurde, zumal laut Kontrollstreifen der Nr.06427395 das Kontrollgerät das Datum der letzten Prüfung mit 23. November 1995 aufgewiesen habe; sohin habe das oa Kraftfahrzeug auf der oa Fahrt den kraftfahrrechtlichen Vorschriften nicht entsprochen.

Gleichzeitig wurde ihr ein Verfahrenskostenbeitrag von 200 S auferlegt.

2. Dagegen hat die Rechtsmittelwerberin fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Am 29. Oktober 1999 wurde eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung in Anwesenheit des Parteienvertreters RA Dr. M, des Behördenvertreters Herrn W und der Zeugen RI G K und J L durchgeführt.

3. Die Rechtsmittelwerberin bestreitet im gesamten Verfahren ihre Verantwortlichkeit und macht geltend, sie habe den Werkstättenleiter J L zum verantwortlichen Beauftragten iSd § 9 Abs.2 VStG bestellt und dieser sei für alle technischen Belange den Fuhrpark, der überdies 600 Fahrzeuge umfasse, betreffend zuständig. Der Zeuge sei von der Erstinstanz aus nicht nachvollziehbaren Gründen nicht einvernommen worden. Selbst wenn sie selbst als Geschäftsführerin verantwortlich wäre, wäre angesichts der Größe des Fuhrparks wenn überhaupt ein Verschulden ihrerseits vorliege, nur ein minderer Grad des Versehens gegeben gewesen, sodass die Erteilung einer Ermahnung beantragt werde.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung, bei der beide Parteien gehört und die genannten Zeugen einvernommen wurden.

Der Meldungsleger gab an, er habe bei der Kontrolle des Sattelschleppers vom Lenker die Fahrzeugpapiere verlangt und auch eine Tachokontrolle durchgeführt. Er habe sich auch die Tachoscheibe im Fahrzeug angesehen und den Lenker darauf angesprochen, dass die Eichung bereits abgelaufen sei. Dieser habe ihm geantwortet, das sei offenbar in der Firma übersehen worden. Über ein eventuelles Zertifikat, das eine ordnungsgemäße Eichung dokumentiert hätte, sei nicht gesprochen worden. Er habe auch ein solches nicht ausdrücklich verlangt.

J L bestätigte bei seiner zeugenschaftlichen Einvernahme, er sei seit 14 Jahren als Werkstättenleiter bei der Fa S beschäftigt gewesen und seit 28. April 1999 in Pension. Die Rechtsmittelwerberin habe ihm damals von Anfang an die Verantwortung für den gesamten Fuhrpark und zwar für die technische Ausrüstung der Fahrzeuge und auch konkret für die Service-Überprüfungen übertragen. Die Vereinbarung habe er auch akzeptiert und seinen Arbeitsbereich danach eingerichtet. Nach dem von ihm entwickelten Kontrollsystem habe bei den Fahrzeugen alle 30.000 km, dh bei einer Jahreskilometerleistung von etwa 120.000 km drei- bis viermal im Jahr, ein Ölwechsel durchgeführt werden müssen, der gleich mit einem Check in der Werkstätte und einer Tacho-Überprüfung verbunden gewesen sei. Alle DAF-Werkstätten in Österreich seien über Fax ersucht worden, bei allen zum Ölwechsel oder zu einer Reparatur vorbeikommenden Firmen-LKW den Tacho zu prüfen, auch wenn die Eichung zB zwei Monate vor dem Ablaufen gewesen sei. Auch vor polizeilichen Überprüfungen habe er dem Lenker und dem Disponenten von einer angeordneten Tachoüberprüfung Mitteilung gemacht. Den gegenständlichen Fall könne er sich nur so vorstellen, dass bei einer Werkstätte eine Nachlässigkeit passiert sei oder das Zertifikat sei ohnehin vorhanden und nur der alte Kontrollstreifen noch angebracht gewesen. Er könne sich sonst fast nicht erklären, wieso die Frist hier 8 Monate übersehen worden sein sollte und warum der Lenker diesbezüglich nichts vorgewiesen habe. Er selbst sei von seinem damaligen Chef, Herrn G S, entsprechend kontrolliert und die entsprechenden Ordner angesehen worden.

Aus der Sicht des unabhängigen Verwaltungssenates besteht kein Anlass für Zweifel am Wahrheitsgehalt dieser Angaben. Der Zeuge L hat glaubwürdig bestätigt, die Stellung eines verantwortlichen Beauftragten bis 28. April 1999 innegehabt und auch ein entsprechendes Kontrollsystem aufgebaut zu haben.

In rechtlicher Hinsicht ist auf dieser Grundlage auszuführen:

Gemäß § 9 Abs.1 VStG ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen, Personengesellschaften des Handelsrechts oder eingetragene Erwerbsgesellschaften, sofern die Verwaltungsvorschriften nichts anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte (Abs.2) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.

Gemäß Abs.2 dieser Bestimmung sind die zur Vertretung nach außen Berufenen berechtigt und, soweit es sich zur Sicherstellung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit als erforderlich erweist, auf Verlangen der Behörde verpflichtet, aus ihrem Kreis eine oder mehrere Personen als verantwortliche Beauftragte zu bestellen, denen für das ganze Unternehmen oder für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens die Verantwortung für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften obliegt. Für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens können aber auch andere Personen zu verantwortlichen Beauftragten bestellt werden.

Die Rechtsmittelwerberin, die laut Firmenbuch handelsrechtliche Geschäftsführerin der S SpeditionsgesmbH ist, hat nach den unzweifelhaften Ergebnissen des Beweisverfahrens für die den Fuhrpark betreffenden technischen Angelegenheiten, nämlich die technische Ausstattung der Fahrzeuge und deren Kontrolle - dazu gehört auch die Wahrung der Fristen für die Überprüfung des Fahrtschreiber-Kontrollgeräts -, sohin für einen sachlich abgegrenzten Unternehmensbereich, die Verantwortung für die Einhaltung der diesen betreffenden Verwaltungsvorschriften dem im Unternehmen als Werkstättenleiter beschäftigt gewesenen Zeugen L rechtswirksam übertragen. Dieser hat sowohl die Übertragung der genau definierten Verantwortung durch die Rechtsmittelwerberin ebenso wie seine Zustimmung zu dieser Bestellung bestätigt, wenngleich er wegen der inzwischen verstrichenen Zeit nicht mehr sagen konnte, ob darüber auch ein Schriftstück existiert. Er hat auch glaubhaft ausgeführt, die Erstinstanz habe in den 14 Jahren seiner Funktion als Werkstättenleiter davon jedenfalls erfahren. Der unabhängige Verwaltungssenat gelangt daher zu der Auffassung, dass für den hier relevanten Zeitraum die Voraussetzungen des § 9 Abs.4 VStG vorlagen (vgl auch VwGH v 26. Mai 1999, 97/09/0111).

Daraus folgt aber, dass die Rechtsmittelwerberin von ihrer Verantwortung hinsichtlich der nicht rechtzeitigen Überprüfung des Fahrtschreiber-Kontrollgeräts durch die Bestellung des Zeugen zum verantwortlichen Beauftragten entbunden war. Sie hat daher die ihr zur Last gelegte Übertretung nicht begangen, weshalb gemäß § 45 Abs.1 Z2 1. Alt. VStG spruchgemäß zu entscheiden war. Verfahrenskostenbeiträge fallen dabei nicht an.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (181,68 Euro) zu entrichten.

Mag. Bissenberger

Beschlagwortung:

Beweisverfahren ergab Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten -> Rechtsmittelwerber ist Übertretung vorwerfbar -> Einstellung gemäß § 45 Abs.1 Z2 1. Alt. VStG.

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