Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-105993/9/Fra/Ka

Linz, 07.05.1999

VwSen-105993/9/Fra/Ka Linz, am 7. Mai 1999

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Fragner über die Berufung des Herrn B vertreten durch die Rechtsanwälte Dr. L, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn vom 16.11.1998, Zl.VerkR96-11739-1998-Kb, wegen Übertretung des § 16 Abs.2 lit.a StVO 1960, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 5. Mai 1999, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird stattgegeben. Das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt; der Berufungswerber hat keine Verfahrenskostenbeiträge zu zahlen.

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24 und 45 Abs.1 Z1 VStG; § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn hat mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis über den Berufungswerber (Bw) wegen Übertretung des § 16 Abs.2 lit.a StVO 1960 gemäß § 99 Abs.3 lit.a leg.cit. eine Geldstrafe von 1.000 S (EFS 48 Stunden) verhängt, weil er am 19.6.1998 um 18.15 Uhr als Lenker des Kombi mit dem behördlichen Kennzeichen auf der Altheimer Bundesstraße 148 in Richtung St. Peter am Hart fahrend im Bereich der Jahrsdorfer Kreuzung bei Strkm.30,578 im Gemeindegebiet von St. Peter am Hart ein mehrspuriges Kraftfahrzeug auf einer Straßenstrecke, die durch das Vorschriftszeichen "Überholen verboten" gekennzeichnet ist, verbotenerweise links überholt hat. Ferner wurde gemäß § 64 VStG ein Kostenbeitrag in Höhe von 10 % der verhängten Geldstrafe vorgeschrieben.

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig durch die ausgewiesenen Vertreter bei der Strafbehörde eingebrachte Berufung. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn - als nunmehr belangte Behörde - legte das Rechtsmittel samt bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vor, der, weil eine 10.000 S nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied entscheidet (§ 51c VStG).

3. Unter dem Aspekt der formellen Rechtswidrigkeit des angefochtenen Straferkenntnisses wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens bringt der Bw vor, daß die von ihm beantragte zeugenschaftliche Vernehmung des Beifahrers J, zum Beweise seiner in der Rechtfertigung vom 5.10.1998 und in der Stellungnahme vom 6.11.1998 dargetanen Verantwortung nicht durchgeführt wurde mit der Begründung, da nicht zu erwarten war, daß sich dadurch seine Verantwortung widerlegen ließe. Diese Vorgangsweise stelle einen gravierenden Verfahrensmangel dar, weil er durch die zeugenschaftliche Vernehmung des J seine Verantwortung hätte unter Beweis stellen können. Die Begründung der Strafbehörde stelle überdies einen unzulässigen Akt der vorweggreifenden Beweiswürdigung dar. Durch die zeugenschaftliche Vernehmung des J hätte sich ergeben, daß innerhalb des Bereiches, für den das Überholverbot verordnet war, kein Überholvorgang stattgefunden hat.

Ein weiterer Verfahrensmangel liege dadurch vor, daß die Behörde von der Durchführung eines Ortsaugenscheines, der von ihm zum Beweise der Richtigkeit seiner Verantwortung beantragt wurde, abgesehen habe. Er habe sich damit verantwortet, daß sich das Ende des Überholverbotes vom Standort des Meldungslegers 510 m bis 512 m entfernt befindet. Unter Hinweis darauf, daß vom erhebenden Beamten angeblich auf einer Wegstrecke von 442 m gemessen wurde, ergebe sich demnach, daß es ausgeschlossen ist, daß er zum Zeitpunkt des Überholbeginnes noch 20 m innerhalb des beschilderten Überholverbotes gewesen wäre. Die im Straferkenntnis enthaltene Begründung für die Nichtdurchführung dieses Ortsaugenscheines stelle wiederum einen Akt der unzulässigen vorgreifenden Beweiswürdigung dar, weil einerseits die Behörde ungeprüft die Angaben bzw am 7.10.1998 durchgeführten Messungen des Meldungslegers als fehlerfrei bezeichne, andererseits aber ungeprüft seine Verantwortung als unwahr darlege. Dadurch werden wiederum in einer rechtswidrigen Weise seine Verteidigungsrechte beschnitten. Auch mit seinem eigenen Fahrzeug sei er die in der Rechtfertigung genannte Wegstrecke zwischen Ende des Überholverbotes und Standort des Meldungslegers abgefahren und dabei eben zu obigen Entfernungen gekommen, die seiner Meinung nach der Richtigkeit entsprechen. In der Nichtdurchführung des Ortsaugenscheines liege daher ein wesentlicher Verfahrensmangel, gleiches gelte für die Nichteinholung eines Amtssachverständigengutachtens aus dem Kraftfahrwesen, bezüglich dessen auf das vorige Berufungsvorbringen verwiesen werde, zumal die jeweiligen Messungen bzw Standorte etc. im Zuge des Ortsaugenscheines durch einen Amtssachverständigen zu überprüfen gewesen wären.

Unter dem Aspekt der materiellen Rechtswidrigkeit wegen unrichtiger Beweiswürdigung und unrichtiger Sachverhaltsfeststellungen bringt der Bw vor, die Behörde stelle auf den Seiten 3 und 4 des angefochtenen Straferkenntnisses fest, daß am 7.10.1998 vom Meldungsleger unter Verwendung eines dienstlich zugewiesenen Meßrades der zum damaligen Zeitpunkt eingenommene Standort, der zum Tatzeitpunkt vom Meldungsleger festgestellte Tatort, die Wegstrecke zwischen dem Standort des Meldungslegers und dem Tatort und Beginn und Ende des gegenständlichen Überholverbotes gemessen wurde und sämtliche vom Meldungsleger vermessenen Standorte bzw Entfernungen mit dem am 19.6.1998 festgestellten Daten übereinstimmen. Es verwundere ihn nicht, wenn der Meldungsleger bei der Überprüfung seiner eigenen Angaben zum selben Ergebnis wie am 19.6.1998 komme. Es stelle jedoch eine unrichtige und mangelhafte Beweiswürdigung dar, wenn praktisch die Behörde hergehe und die Angaben des Meldungslegers durch diesen überprüfen lasse, und nicht durch die Behörde als erkennendes Organ. Die Behörde müßte selber diese Angaben überprüfen, dies durch entsprechende Beweisaufnahmen, oder durch eigene Überzeugung, nicht jedoch durch den Meldungsleger überprüfen lassen.

Er habe sich stets dahingehend verantwortet, daß zum Zeitpunkt des Fahrens auf der besagten Straße insgesamt drei Fahrzeuge hintereinander fuhren. Der vorausfahrende PKW sei dabei in der Folge vom 2. PKW, der vor ihm fuhr, noch innerhalb des Überholverbotes überholt worden. Nachdem dieser Überholvorgang abgeschlossen war und er sich auf Höhe des Verbotsendes befand, habe er, nachdem er den Blinker gesetzt hatte, mit dem Ausscheren begonnen, sohin mit dem Beginn des Überholmanövers. Mit dieser Verantwortung habe sich die Behörde überhaupt nicht auseinandergesetzt, wozu sie jedoch verpflichtet gewesen wäre, insbesondere was die Behauptung anlange, daß sich zwischen Meldungsleger und seinem Fahrzeug keine weiteren Fahrzeuge befunden haben.

Nochmals ausdrücklich darauf hinweisend, wonach er verdächtigt wurde, im Zuge des Überholmanövers auch eine Sperrlinie überfahren zu haben, könne nicht davon gesprochen werden, daß der Meldungsleger den Vorfall, so wie er es darzulegen versucht hat, genauestens beobachtet hat. Anderenfalls sei unerklärbar, wie es zu derart erheblichen Differenzen komme, die letztlich auch vom Meldungsleger eingestanden werden mußten, zumal er diesbezüglich keine Anzeigeerstattung vornahm. Auch gehe aus der zeugenschaftlichen Vernehmung des Meldungslegers nicht ein einziges Wort zum Vorwurf hervor, daß das vor ihm fahrende Fahrzeug im Zuge des Überholverbotes überholt hat. In der Rechtfertigung habe er ausdrücklich darauf Bezug genommen, eine Zeugenaussage dazu habe der Meldungsleger unterlassen, andererseits gehe aber die Behörde her und spreche den Meldungsleger als Zeugen uneingeschränkte Glaubwürdigkeit zu, was rücksichtlich seines Verhaltens am Vorfallstag jedoch zu relativieren sei.

Es sei daher davon auszugehen, daß einerseits aufgrund des Zweifelsgrundsatzes das Verfahren einzustellen gewesen wäre, andererseits er im Falle der Durchführung der von ihm angebotenen Beweise eindeutig seine Schuldlosigkeit hätte unter Beweis stellen können.

Der Bw stellt abschließend in seinem Vorbringen den ausdrücklichen Antrag, der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich möge seiner Berufung Folge geben, das angefochtene Straferkenntnis aufheben und nach allfälliger Beweiswiederholung oder -ergänzung das gegen ihn eingeleitete Verwaltungsstrafverfahren einstellen.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat aufgrund des Berufungsvorbringens am 5.5.1999 an Ort und Stelle eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung durchgeführt. Bei dieser Verhandlung wurde sowohl der Meldungsleger Rev.Insp. W, zeugenschaftlich einvernommen. Weiters wurde der Bw gehört.

Der Meldungsleger blieb bei der Berufungsverhandlung dabei, daß der Bw mit dem in Rede stehenden Kraftfahrzeug kurz vor Ende des gegenständlichen Überholverbotsbereiches überholt hat. Sowohl der Bw als auch der Zeuge J behaupteten, daß der Bw erst auf Höhe des Verbotsendes, nachdem er den Blinker gesetzt hatte, mit dem Überholmanöver begonnen hatte. Zu diesem Zeitpunkt fuhren drei Fahrzeuge hintereinander, der Bw war der Lenker des dritten Fahrzeuges. Das mittlere Fahrzeug, ein schwarzer Audi, habe bereits im Überholverbotsbereich einen weißen PKW überholt. Dieser wurde von einer Frau mittleren Alters gelenkt. Diese sei ganz am rechten Fahrbahnrand mit ca. 70 km/h gefahren. Schließlich habe der Bw dieses Fahrzeug ab Ende des gegenständlichen Überholverbotsbereiches überholt.

Es ist festzustellen, daß sich der Bw bereits im erstinstanzlichen Verfahren wie oben verantwortet hat. Der Meldungsleger fragte den Bw bei der Anhaltung, ob er wisse, warum er ihn anhalte. Der Bw vermutete, daß er etwas zu schnell gefahren sei. Der Meldungsleger hielt ihm jedoch vor, daß er die zulässige Geschwindigkeit eingehalten habe, daß er jedoch im Überholverbotsbereich überholt habe. Der Bw behauptete bei der Berufungsverhandlung, das ihm angebotene Organmandat wegen Verletzung des Überholverbotes von vornherein abgelehnt zu haben, weil er in diesem Bereich nicht überholt hat.

Aufgrund der aufgenommenen Beweise steht fest, daß der Meldungsleger zur Tatzeit einen PKW in einer Entfernung von 442 m gemessen hat. Die Geschwindigkeit dieses PKW´s betrug 96 km/h. Das Ende des hier relevanten Überholverbotszeichens befindet sich in einer Entfernung von 423 m. Der gemessene Überholvorgang fand somit rund 19 m vor dem Ende des Verbotsbereiches statt.

Dem Oö. Verwaltungssenat sind aufgrund des glaubwürdigen Auftretens des Bw und des Zeugen B bei der Berufungsverhandlung Zweifel darüber entstanden, ob tatsächlich der vom Bw gelenkte PKW vom Meldungsleger kurz vor Ende des Überholverbotsbereiches gemessen wurde. Wenn es nämlich so war, wie der Bw behauptet, daß noch im Überholverbotsbereich der vor ihm fahrende schwarze Audi einen weißen PKW überholt hat und sich vor diesen Fahrzeugen keine weiteren Fahrzeuge befanden, so stimmt dies mit der Feststellung des Meldungslegers überein, daß sich zum Zeitpunkt der Lasermessung zwischen dem gemessenen Fahrzeug und seinem Standort kein weiteres Fahrzeug befand. Als der Bw das vor ihm fahrende weiße Fahrzeug überholte, mußte sich zwischen seinem PKW und dem Standort des Meldungslegers der schwarze Audi befunden haben. Die Version des Bw ist gleichlautend und wurde bereits - siehe oben - im erstinstanzlichen Verfahren vorgebracht. Bereits bei der Anhaltung gab der Bw dem Meldungsleger gegenüber an, daß er erst nach dem Ende des Überholverbotes zum Überholen angesetzt hat. Der Bw gab zudem bei der Berufungsverhandlung durchaus glaubhaft an, daß, wenn er eine Übertretung gesetzt hätte, diese auch zugegeben hätte, er jedoch im gegenständlichen Fall 100 % von seiner Unschuld überzeugt sei.

Der Oö. Verwaltungssenat konnte daher aufgrund der aufgenommenen Beweise und deren Würdigung nicht mit der für ein Verwaltungsstrafverfahren erforderlichen Sicherheit von der Richtigkeit des Tatvorwurfes überzeugt werden, weshalb in Anwendung des Grundsatzes "in dubio pro reo" spruchgemäß entschieden wurde.

5. Die Kostenentscheidung ist gesetzlich begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Dr. F r a g n e r

 

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