Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-221024/28/Le/La

Linz, 14.11.1995

VwSen-221024/28/Le/La Linz, am 14. November 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Leitgeb über die Berufung des Arbeitsinspektorates für den 19. Aufsichtsbezirk, Dr.

Groß-Straße 26, 4600 Wels, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 13.6.1994, Ge96-1184-1993/Rb, mit dem ein Verwaltungsstrafverfahren gegen Frau H wegen Übertretungen nach dem Kinder- und Jugendlichenbeschäftigungsgesetz eingestellt worden war, unter Bindung an das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 9.6.1995, Zl. 95/02/0081-6, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben und der angefochtene Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen, mit dem das vom Arbeitsinspektorat beantragte Verwaltungsstrafverfahren eingestellt wurde, behoben.

II. Es ergeht aufgrund der Anzeige des Arbeitsinspektorates für den 19. Aufsichtsbezirk, Wels, vom 20.10.1993 folgendes Straferkenntnis:

Frau H, hat es als für die Einhaltung der Bestimmungen des Kinder- und Jugendlichenbeschäftigungsgesetzes verantwortliche Inhaberin des Gastgewerbebetriebes in zu verantworten, daß 1. die in ihrem Betrieb beschäftigte Jugendliche U geb. am, am 15.7.1993 9 Stunden, am 16.7.1993 9 Stunden, am 17.7.1993 9 Stunden, am 21.7.1993 9 Stunden, am 22.7.1993 9 Stunden, am 23.7.1993 9 Stunden, am 24.7.1993 9 Stunden, am 2.7.1993 8 Stunden 30 Minuten und am 3.7.1993 9 Stunden zu Arbeitsleistungen herangezogen wurde, obwohl die tägliche Arbeitszeit von Jugendlichen 8 Stunden nicht überschreiten darf; 2. die in ihrem Betrieb beschäftigte Jugendliche C geb. am, am 3.7.1993 8 Stunden 45 Minuten, am 8.7.1993 9 Stunden 20 Minuten, am 18.7.1993 9 Stunden, am 30.7.1993 9 Stunden, am 31.7.1993 9 Stunden, am 4.8.1993 9 Stunden, am 8.8.1993 9 Stunden, am 13.8.1993 8 Stunden 30 Minuten, am 15.8.1993 8 Stunden 30 Minuten und am 25.8.1993 9 Stunden 15 Minuten zu Arbeitsleistungen herangezogen wurde, obwohl die tägliche Arbeitszeit von Jugendlichen 8 Stunden nicht überschreiten darf; 3. die in ihrem Betrieb beschäftigte Jugendliche B geb. am, am 1.7.1993 8 Stunden 30 Minuten, am 2.7.1993 8 Stunden 30 Minuten, am 3.7.1993 8 Stunden 15 Minuten, am 4.7.1993 8 Stunden 15 Minuten, am 8.7.1993 9 Stunden, am 9.7.1993 9 Stunden, am 10.7.1993 9 Stunden, am 21.7.1993 9 Stunden, am 22.7.1993 9 Stunden, am 23.7.1993 9 Stunden, am 24.7.1993 9 Stunden und am 25.7.1993 9 Stunden zu Arbeitsleistungen herangezogen wurde, obwohl die tägliche Arbeitszeit von Jugendlichen 8 Stunden nicht überschreiten darf; 4. die in ihrem Betrieb beschäftigte Jugendliche B geb. am, in der Woche vom 19.

bis 25.7.1993 45 Stunden zu Arbeitsleistungen herangezogen wurde, obwohl die Wochenarbeitszeit von Jugendlichen 40 Stunden nicht überschreiten darf; 5. der in ihrem Betrieb beschäftigten Jugendlichen U, geb. am, anstatt einer ununterbrochenen Ruhezeit von mindestens 12 Stunden in der Nacht vom 1. auf 2.7.1993 lediglich 10 Stunden 30 Minuten, in der Nacht vom 11. auf 12.7.1993 lediglich 10 Stunden 30 Minuten, in der Nacht vom 16.

auf 17.7.1993 lediglich 11 Stunden, in der Nacht vom 21. auf 22.7.1993 lediglich 10 Stunden 30 Minuten, in der Nacht vom 22. auf 23.7.1993 lediglich 10 Stunden 30 Minuten, in der Nacht vom 23. auf 24.7.1993 lediglich 11 Stunden, in der Nacht vom 29. auf 30.7.1993 lediglich 10 Stunden 30 Minuten, in der Nacht vom 4. auf 5.8.1993 lediglich 10 Stunden 30 Minuten und in der Nacht vom 14. auf 15.8.1993 lediglich 11 Stunden an ununterbrochener Ruhezeit gewährt wurden; 6. der in ihrem Betrieb beschäftigten Jugendlichen C, geb. am, anstatt einer ununterbrochenen Ruhezeit von mindestens 12 Stunden in der Nacht vom 7. auf 8.7.1993 lediglich 11 Stunden, in der Nacht vom 17. auf 18.7.1993 lediglich 11 Stunden, in der Nacht vom 21. auf 22.7.1993 lediglich 11 Stunden, in der Nacht vom 22. auf 23.7.1993 lediglich 11 Stunden, in der Nacht vom 23.

auf 24.7.1993 lediglich 11 Stunden, in der Nacht vom 28. auf 29.7.1993 lediglich 11 Stunden, in der Nacht vom 29. auf 30.7.1993 lediglich 11 Stunden, in der Nacht vom 13. auf 14.8.1993 lediglich 10 Stunden 30 Minuten und in der Nacht vom 28. auf 29.8.1993 lediglich 11 Stunden an ununterbrochener Ruhezeit gewährt wurden; 7. der in ihrem Betrieb beschäftigten Jugendlichen B geb. am, anstatt einer ununterbrochenen Ruhezeit von mindestens 12 Stunden in der Nacht vom 3. auf 4.7.1993 lediglich 10 Stunden, in der Nacht vom 7. auf 8.7.1993 lediglich 10 Stunden 30 Minuten, in der Nacht vom 8. auf 9.7.1993 lediglich 10 Stunden 30 Minuten, in der Nacht vom 21. auf 22.7.1993 lediglich 10 Stunden 30 Minuten und in der Nacht vom 24. auf 25.7.1993 lediglich 9 Stunden 15 Minuten an ununterbrochener Ruhezeit gewährt wurden; 8. die in ihrem Betrieb beschäftigte Jugendliche C geb. am, am 3.7.1993 bis 22.00 Uhr, am 4.7.1993 bis 21.30 Uhr, am 7.7.1993 bis 22.00 Uhr, am 8.7.1993 bis 22.00 Uhr, am 9.7.1993 bis 22.00 Uhr, am 10.7.1993 bis 22.00 Uhr, am 16.7.1993 bis 22.00 Uhr, am 17.7.1993 bis 22.00 Uhr, am 18.7.1993 bis 21.00 Uhr am 21.7.1993 bis 22.00 Uhr und am 22.7.1993 bis 22.00 Uhr beschäftigt wurde, obwohl Jugendliche in der Zeit von 20.00 Uhr bis 6.00 Uhr nicht beschäftigt werden dürfen; 9. die in ihrem Betrieb beschäftigte Jugendliche C geb. am, ohne vorheriger rechtzeitiger Meldung an das Arbeitsinspektorat an den zwei aufeinanderfolgenden Sonntagen des 8.8.1993 und 15.8.1993 zu Arbeitsleistungen herangezogen wurde, obwohl im Gastgewerbe beschäftigte Jugendliche nur dann an zwei Sonntagen hintereinander beschäftigt werden dürfen, wenn unter Bedachtnahme auf die am 1.8.1992 in Kraft getretene Ergänzung zum Kollektivvertrag für das Gastgewerbe eine vorherige Meldung 14 Tage vor Beginn der Arbeit an das zuständige Arbeitsinspektorat gerichtet wurde; 10. der in ihrem Betrieb beschäftigten Jugendlichen C, geb. am, in der Woche vom 10. bis 12.7.1993 lediglich 25 Stunden Wochenfreizeit gewährt wurde, obwohl Jugendlichen wöchentlich eine ununterbrochene Freizeit von 43 Stunden zu gewähren ist; 11. dem in ihrem Betrieb beschäftigten Jugendlichen T, geb. am, in der Woche vom 24. bis 26.7.1993 lediglich 39 Stunden 30 Minuten, in der Woche vom 31.7.1993 bis 2.8.1993 lediglich 39 Stunden Wochenfreizeit gewährt wurde, obwohl Jugendlichen wöchentlich eine ununterbrochene Freizeit von 43 Stunden zu gewähren ist; 12. der in ihrem Betrieb beschäftigten Jugendlichen B geb. am, in der Woche vom 31.7. bis 2.8.1993 lediglich eine Wochenfreizeit von 34 Stunden 30 Minuten gewährt wurde, obwohl Jugendlichen wöchentlich eine ununterbrochene Freizeit von 43 Stunden zu gewähren ist; 13. der in ihrem Betrieb beschäftigten Jugendlichen B geb. am, in der Woche vom 2.

bis 8.8.1993 keine ununterbrochene wöchentliche Freizeit von zwei zusammenhängenden Kalendertagen gewährt wurde, obwohl Jugendliche im Gastgewerbe Anspruch auf eine ununterbrochene wöchentliche Freizeit von zwei zusammenhängenden Kalendertagen haben; 14. dem in ihrem Betrieb beschäftigten Jugendlichen T, geb. am, in der Woche vom 2.

bis 8.8.1993 keine ununterbrochene wöchentliche Freizeit von zwei zusammenhängenden Kalendertagen gewährt wurde, obwohl Jugendliche im Gastgewerbe Anspruch auf eine ununterbrochene wöchentliche Freizeit von zwei zusammenhängenden Kalendertagen haben; 15. die in ihrem Betrieb beschäftigte Jugendliche U geb. am 21.8.1976, am 2.7.1993 6 Stunden 30 Minuten, am 7.7.1993 6 Stunden, am 8.7.1993 5 Stunden 30 Minuten, am 9.7.1993 6 Stunden, am 12.7.1993 6 Stunden 15 Minuten, am 15.7.1993 6 Stunden 30 Minuten, am 21.7.1993 6 Stunden 30 Minuten, am 22.7.1993 5 Stunden 30 Minuten, am 1.8.1993 6 Stunden, am 2.8.1993 6 Stunden, am 4.8.1993 6 Stunden, am 5.8.1993 5 Stunden, am 6.8.1993 6 Stunden, am 11.8.1993 6 Stunden, am 15.8.1993 6 Stunden 30 Minuten, am 25.8.1993 5 Stunden, am 27.8.1993 5 Stunden 30 Minuten, am 28.8.1993 6 Stunden, am 29.8.1993 7 Stunden und am 30.8.1993 6 Stunden 30 Minuten zu ununterbrochenen Arbeitsleistungen herangezogen wurde, obwohl Jugendlichen nach einer Dauer der Arbeitszeit von mehr als 4 Stunden 30 Minuten eine Ruhepause von mindestens einer halben Stunde zu gewähren ist; 16. der in ihrem Betrieb beschäftigte Jugendliche T geb. am, am 14.7.1993 6 Stunden, am 18.7.1993 6 Stunden, am 28.7.1993 6 Stunden, am 30.7.1993 5 Stunden 30 Minuten, am 31.7.1993 6 Stunden, am 6.8.1993 6 Stunden, am 7.8.1993 5 Stunden 30 Minuten, am 9.8.1993 6 Stunden 30 Minuten, am 25.8.1993 5 Stunden 30 Minuten, am 26.8.1993 6 Stunden 30 Minuten und am 29.8.1993 5 Stunden 30 Minuten zu ununterbrochenen Arbeitsleistungen herangezogen wurde, obwohl Jugendlichen nach einer Dauer der Arbeitszeit von mehr als 4 Stunden 30 Minuten eine Ruhepause von mindestens einer halben Stunde zu gewähren ist; 17. die in ihrem Betrieb beschäftigte Jugendliche P geb. am, am 2.8.1993 5 Stunden 45 Minuten, am 5.8.1993 5 Stunden, am 6.8.1993 8 Stunden, am 7.8.1993 5 Stunden, am 8.8.1993 8 Stunden, am 9.8.1993 6 Stunden, am 12.8.1993 6 Stunden 30 Minuten, am 13.8.1993 6 Stunden 30 Minuten, am 14.8.1993 6 Stunden, am 25.8.1993 6 Stunden 30 Minuten, am 26.8.1993 5 Stunden 30 Minuten, am 28.8.1993 6 Stunden und am 29.8.1993 7 Stunden 15 Minuten zu ununterbrochenen Arbeitsleistungen herangezogen wurde, obwohl Jugendlichen nach einer Dauer der Arbeitszeit von mehr als 4 Stunden 30 Minuten eine Ruhepause von mindestens einer halben Stunde zu gewähren ist; 18. die in ihrem Betrieb beschäftigte Jugendliche C geb. am, am 1.7.1993 6 Stunden, am 5.7.1993 7 Stunden 15 Minuten, am 8.7.1993 5 Stunden 20 Minuten, am 12.7.1993 6 Stunden, am 18.7.1993 6 Stunden, am 30.7.1993 5 Stunden und am 29.8.1993 6 Stunden 30 Minuten zu ununterbrochenen Arbeitsleistungen herangezogen wurde, obwohl Jugendlichen nach einer Dauer der Arbeitszeit von mehr als 4 Stunden 30 Minuten eine Ruhepause von mindestens einer halben Stunde zu gewähren ist; 19. die in ihrem Betrieb beschäftigte Jugendliche B geb. am, am 1.7.1993 6 Stunden 30 Minuten, am 3.7.1993 5 Stunden, am 4.7.1993 8 Stunden 15 Minuten, am 8.7.1993 5 Stunden 45 Minuten, am 9.7.1993 6 Stunden 30 Minuten, am 10.7.1993 6 Stunden 15 Minuten, am 21.7.1993 6 Stunden 30 Minuten, am 22.7.1993 5 Stunden 30 Minuten, am 25.7.1993 7 Stunden 15 Minuten, am 26.7.1993 6 Stunden, am 29.7.1993 6 Stunden 45 Minuten, am 30.7.1993 6 Stunden, am 2.8.1993 6 Stunden 30 Minuten, am 4.8.1993 5 Stunden 30 Minuten, am 6.8.1993 6 Stunden, am 7.8.1993 6 Stunden 30 Minuten, am 8.8.1993 5 Stunden 30 Minuten, am 9.8.1993 5 Stunden 30 Minuten, am 12.8.1993 5 Stunden 30 Minuten, am 13.8.1993 6 Stunden 30 Minuten, am 26.8.1993 6 Stunden, am 27.8.1993 5 Stunden 30 Minuten und am 28.8.1993 6 Stunden 30 Minuten zu ununterbrochenen Arbeitsleistungen herangezogen wurde, obwohl Jugendlichen nach einer Dauer der Arbeitszeit von mehr als 4 Stunden 30 Minuten eine Ruhepause von mindestens einer halben Stunde zu gewähren ist.

Frau K hat daher folgende Rechtsvorschriften des Kinder- und Jugendlichenbeschäftigungsgesetzes (im folgenden kurz: KJBG) verletzt:

a) zu 1., 2. und 3.:

§ 11 Abs.1 erste Alternative KJBG, b) zu 4.:

§ 11 Abs.1 zweite Alternative KJBG; c) zu 5., 6. und 7.; § 16 KJBG; d) zu 8.:

§ 17 Abs.1 und Abs.2 KJBG; e) zu 9.:

§ 18 Abs.3 und 3a KJBG; f) zu 10., 11. und 12.:

§ 19 Abs.2 KJBG; g) zu 13. und 14.:

§ 19 Abs.3 KJBG und h) zu 15., 16., 17., 18. und 19.:

§ 15 Abs.1 KJBG.

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen werden über Frau K in Anwendung des § 30 erster Satz KJBG folgende Geldstrafen (Ersatzfreiheitsstrafen) verhängt:

a) zu 1. bis 3.:

je 3.000 S ds 9.000 S 30 Stunden b) zu 4.:

3.000 S 3.000 S 10 Stunden c) zu 5. bis 7.:

je 3.000 S 9.000 S 30 Stunden d) zu 8.:

3.000 S 3.000 S 10 Stunden e) zu 9.:

3.000 S 3.000 S 10 Stunden f) zu 10. bis 12.:

je 3.000 S 9.000 S 30 Stunden g) zu 13. und 14.:

je 3.000 S 6.000 S 20 Stunden h) zu 15. bis 19.:

je 3.000 S 15.000 S 30 Stunden 57.000 S 170 Stunden Weiters wird Frau K gemäß § 64 Abs.1 und 2 VStG verpflichtet, als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens 10 % der verhängten Strafe, ds 5.700 S, zu bezahlen.

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 23 Arbeitsinspektionsgesetz, BGBl. 27/1993; § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl.Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 51 Abs.2, 51c und 51e Abs.1 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG, BGBl. 52/1991 idgF.

zu II.: §§ 56, 58 AVG iVm §§ 24, 44 und 26 VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1.1. Am 20. Oktober 1993 erhob das Arbeitsinspektorat für den 19. Aufsichtsbezirk, Wels, Strafanzeige gemäß § 9 Abs.2 und Abs.3 letzter Satz des Arbeitsinspektionsgesetzes gegen Frau H, wegen Übertretungen des KJBG. Der Arbeitsinspektor Ing. F hatte bei einer Überprüfung der Arbeitszeitkarten festgestellt, daß insgesamt fünf Jugendliche zu ungesetzlichen Arbeitsleistungen herangezogen worden waren, wobei die im Spruch angeführten Verwaltungsübertretungen im einzelnen dargestellt wurden.

1.2. Die Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen leitete daraufhin mit Schreiben vom 16.12.1993 gegen Frau K ein Verwaltungsstrafverfahren ein, indem sie die Genannte zur mündlichen Verhandlung im Verwaltungsstrafverfahren lud.

Nach mehreren Terminverschiebungen fand die mündliche Verhandlung dann am 15.2.1994 statt. Bei dieser wurden Frau R und Frau U als Zeuginnen einvernommen; weiters wurden Herr W (= Ehegatte) sowie Herr W (= Sohn) zum Sachverhalt befragt. Auch der Verfasser der Anzeige nahm als Partei des Verwaltungsstrafverfahrens an der Verhandlung teil.

Nachdem in der Folge auch die übrigen beschäftigten Jugendlichen von der Behörde zeugenschaftlich einvernommen worden waren, kam die Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen zum Schluß, das eingeleitete Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG einzustellen. In der Begründung dazu wurde im wesentlichen ausgeführt, daß die Arbeitszeitkarten, die von den einzelnen Jugendlichen geführt wurden, nicht geeignet seien, sichere Aufschlüsse über die tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden zu geben. Insbesondere sei aus diesen Aufzeichnungen nicht ersichtlich, ob und in welchem Ausmaß die einzelnen Arbeitnehmer Überstunden geleistet haben und in welcher Höhe ihnen die geleisteten Überstunden vergütet wurden. Gleichfalls würden diese Aufzeichnungen nicht erkennen lassen, ob bzw. in welchem Umfang Ruhepausen und Ruhezeiten gewährt wurden. Diese Annahme gründe sich auf die Einsichtnahme in die als Beilage zur Strafanzeige des Arbeitsinspektorates angeschlossenen Arbeitszeitaufzeichnungen sowie auf die im wesentlichen gleichlautenden Aussagen der unter Wahrheitspflicht einvernommenen Jugendlichen als Zeugen, wonach die bezüglichen Aufzeichnungen nicht mit dem tatsächlichen Arbeitsbeginn in Übereinstimmung zu bringen wären, nachdem die Eintragungen regelmäßig das Anrichten des gemeinsamen Frühstücks sowie die Frühstückszeit selbst in zeitlicher Hinsicht nicht berücksichtigen würden. Gleichfalls hätten nach Aussage der einvernommenen Zeugen die den beschäftigten Jugendlichen gewährten Ruhepausen in den Aufzeichnungen keinen Niederschlag gefunden. Sämtliche Zeugenaussagen wären in ihrem Kern widerspruchslos geblieben, wie auch keine wegen des Beschäftigungsverhältnisses allfällig anzunehmende Abhängigkeit zur Beschuldigten die Glaubwürdigkeit der Aussagen einzuschränken vermochten, zumal die Zeugin R wie auch der Zeuge T im Zeitpunkt der Einvernahmen in keinem aufrechten Dienstverhältnis mehr standen.

Die Behörde wäre daher im Rahmen der freien Beweiswürdigung zu dem Ergebnis gekommen, daß die vom Arbeitsinspektorat als Beweis für die angezeigten Verwaltungsübertretungen ins Treffen geführten Aufzeichnungen keinen vollen Beweis für die tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden iSd § 26 Abs.1 Z5 KJBG zu liefern vermochten. Andererseits stelle der Gesetzgeber die Nichtbeachtung der Aufzeichnungspflicht durch den Arbeitgeber (gegenständlich § 26 Abs.1 Z5 KJBG und verweisend auf § 26 Abs.1 Arbeitszeitgesetz) unter eine eigenständige Strafsanktion. Diese Schlußfolgerungen würden auch dadurch erhärtet, daß die die materielle Beweiskraft der Aufzeichnungen bezüglich der tatsächlichen geleisteten Arbeitszeiten in Zweifel ziehenden Zeugenaussagen vom Arbeitsinspektorat im Rahmen des eingeräumten Parteiengehörs unbeanstandet blieben, und auch sonst im Rahmen der dem Arbeitsinspektorat zukommenden Mitwirkungspflicht keine sonstigen Beweise für die angezeigten Verwaltungsübertretungen geliefert worden wären. Somit konnte von der Behörde nicht mit der für eine Bestrafung notwendigen Sicherheit das Vorliegen der vorgeworfenen Verwaltungsübertretungen angenommen werden und war daher die Einstellung des Strafverfahrens zu verfügen.

2.1. Gegen diesen Bescheid richtete sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung des Arbeitsinspektorates für den 19.

Aufsichtsbezirk, Wels, vom 6. Juli 1994, mit der der Antrag gestellt wurde, den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 13. Juni 1994, Zl. Ge96-1184-1993/Rb, abzuändern und die Beschuldigte, wie in der Strafanzeige des Arbeitsinspektorats Wels vom 20. Oktober 1993, Zl.

2495/21-19/93, beantragt, zu bestrafen.

In der Begründung dazu wurde ausgeführt, daß dem Arbeitsinspektorat zwar Gelegenheit zur Abgabe einer Stellungnahme gegeben worden sei, daß dies jedoch deshalb eine Alibihandlung gewesen wäre, da dieses Schreiben und der Bescheid jeweils mit 13.6.1994 datiert waren.

In der Sache selbst wies das Arbeitsinspektorat darauf hin, daß Frau K vom Arbeitsinspektorat aufgefordert worden war, gemäß § 8 Abs.3 Arbeitsinspektionsgesetz 1993 (im folgenden kurz: ArbIG), die Arbeitszeitaufzeichnungen sämtlicher im Betrieb beschäftigter Arbeitnehmer für den Zeitraum 1. Juli bis 31. August 1993 an das Arbeitsinspektorat zu übersenden. Da es sich um einen eindeutigen Auftrag gehandelt hatte, mußte das Arbeitsinspektorat Wels von der Richtigkeit der Unterlagen und der Eintragungen ausgehen. Damit war davon auszugehen, daß die Eintragungen in den Arbeitszeitkarten als Arbeitszeit zu werten wären. Nach einem Hinweis auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, wonach die in den Stempelkarten aufscheinenden Zeiten jene Zeiten angeben, innerhalb deren sich der Arbeitnehmer im Verfügungsbereich des Arbeitgebers befinde, seinen Weisungen unterliege und sich zur Arbeit bereit halte, weshalb dieser Zeitraum als Arbeitszeit zu qualifizieren sei, zog das Arbeitsinspektorat den Schluß, daß es sich bei den Eintragungen in den vorgelegten Arbeitszeitkarten tatsächlich um Arbeitszeit gehandelt hätte. Von den Zeugen wäre angegeben worden, daß die Eintragungen in die Arbeitszeitkarten vor dem Verlassen des Personalzimmers in Richtung Küche bzw. Gaststätte erfolgten. Dies bedeute, daß sich die Arbeitnehmer in der Betriebsstätte und im Verfügungsbereich des Arbeitgebers befanden.

Aus den geführten Aufzeichnungen ließen sich auch die Ruhepausen und die Ruhezeiten, die Nachtruhe, die Sonn- und Feiertagsruhe sowie die Wochenfreizeit eindeutig erkennen. Zu den Ausführungen der Beschuldigten und der Zeugen, daß Pausen für das Einnehmen des Mittagessens, einer Jause oder eines Kaffees gewährt worden seien, die in den Aufzeichnungen keinen Niederschlag gefunden hätten, wurde wiederum auf die ständige Rechtsprechung des VwGH verwiesen. Danach treffe den Arbeitgeber im Verfahren eine erhöhte Mitwirkungspflicht, wenn er die Unrichtigkeit seiner eigenen Aufzeichnungen behaupte. Diese Verpflichtung habe die Beschuldigte nicht erfüllt, weil aus ihrem Vorbringen nicht zu entnehmen sei, welchen Arbeitnehmern an welchen Tagen und zu welchen Zeiten abweichend von den Aufzeichnungen Ruhepausen gewährt worden seien. Bei den genannten Pausen handle es sich überdies um keine Ruhepausen, weil die Nahrungsaufnahme am Arbeitsplatz während einer Arbeitsunterbrechung laut VwGH keine Ruhepause darstelle.

2.2. Die Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen hat den gesamten Verwaltungsakt dem unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt und im Vorlagebericht darauf hingewiesen, daß eine Berufungsvorentscheidung nicht ins Auge gefaßt worden sei. Die belangte Behörde verwies weiters darauf, daß die vorgelegten Arbeitszeitkarten keinen vollen Beweis über die geleisteten Arbeitsstunden zu erbringen vermögen. Aus diesen mangelhaften Aufzeichnungen könnten auch keine sicheren Rückschlüsse auf die Ruhepausen und die Ruhezeiten, die Nachtruhe, die Sonn- und Feiertagsruhe und die Wochenfreizeit abgeleitet werden. Zum Berufungsgrund, daß es sich bei der von der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen eingeräumten Gelegenheit zur Stellungnahme nur um eine "Alibihandlung" gehandelt hätte, weil die Aufforderung zur Stellungnahme sowie der angefochtene Bescheid jeweils vom 13.6.1994 datiert sind, gab die belangte Behörde an, daß ein Bescheidkonzept richtigerweise bereits am 13. Juni 1994 im Bewußtsein der regelmäßigen Nichtinanspruchnahme des Stellungnahmerechtes gemäß § 11 Abs.2 ArbIG durch das Arbeitsinspektorat erstellt wurde.

Diese Annahme hätte in der Folge im Schreiben des Arbeitsinspektorates vom 22.6.1994 ihre Rechtfertigung gefunden, sodaß keine vom Bescheidkonzept abweichenden Überlegungen notwendig erschienen und dieses daher als Grundlage für die Bescheiderlassung herangezogen werden konnte.

2.3. Der unabhängige Verwaltungssenat wies zunächst mit seinem Erkenntnis vom 29.12.1994, VwSen-221024/2/Le/La, diesen Antrag des Arbeitsinspektorates zurück mit der Begründung, daß der unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung über eine Berufung mit einem in dieser Ausdrücklichkeit formulierten Antrag funktionell nicht zuständig ist. In der Begründung wurde nach einem Hinweis auf die Rechtslage nach dem Bundes-Verfassungsgesetz 1929 ausgeführt, daß es nicht Aufgabe des unabhängigen Verwaltungssenates ist, - so wie vom Arbeitsinspektorat beantragt - als Strafverfolgungsbehörde erster Instanz tätig zu werden. Weiters wurde unter Hinweis auch auf Art.6 Abs.1 der Europäischen Menschenrechtskonvention darauf hingewiesen, daß der unabhängige Verwaltungssenat hingerichtet wurde, um über die Stichhaltigkeit der gegen einen Beschuldigten erhobenen strafrechtlichen Anklage zu entscheiden. Eine solche Anklage iSd Verfassungsvorschrift liege jedoch im Berufungsfall nicht vor, weil die Erstbehörde eben das Strafverfahren eingestellt hat. Unter Hinweis auf die Judikatur des Verfassungsgerichtshofes im Zusammenhang mit dem Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter wurde weiters ausgeführt, daß dieses Verfassungsrecht auch dann verletzt werde, wenn die Berufungsbehörde in einer Angelegenheit entscheide, die nicht Gegenstand der Entscheidung der Unterinstanz war bzw.

wenn durch die Übergehung der zuständigen Behörde erster Instanz der gesetzlich vorgesehene Instanzenzug unvollständig geblieben ist und durch eine solche unzulässige Verkürzung des Instanzenzuges die Rechtsverfolgungsmöglichkeit behindert wird.

2.4. Der Bundesminister für Arbeit und Soziales hat dieses Erkenntnis mit Beschwerde vom 28.2.1995 beim Verwaltungsgerichtshof angefochten, der mit Erkenntnis vom 9.6.1995, Zl. 95/02/0081-6, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben hat. In der Begründung führte der VwGH im wesentlichen aus, daß die Verpflichtung der Berufungsbehörde, immer in der Sache selbst zu entscheiden, hinsichtlich der Befugnis der Berufungsbehörde, den Spruch des bei ihr angefochtenen Bescheides abzuändern, vornehmlich und - anders als im Verwaltungsstrafverfahren - eine Absage an das Verbot einer "reformatio in peius" im administrativen Verwaltungsverfahren bedeute.

"Sache" des gegenständlichen Berufungsverfahrens sei nicht ausschließlich gewesen, ob die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens zu Recht erfolgte oder nicht sondern, ob die Mitbeteiligte (= Frau K) wegen der ihr angelasteten Verwaltungsübertretungen zu bestrafen war oder nicht, was im ersteren Fall zum Recht und zur Pflicht der Berufungsbehörde (= der unabhängige Verwaltungssenat) führen mußte, die Mitbeteiligte wegen der Verwaltungsübertretungen für schuldig zu befinden und zu bestrafen.

3.1. Der unabhängige Verwaltungssenat ist an dieses Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes gebunden. Er hat daher - wie eine Strafbehörde erster Instanz - ein Verwaltungsstrafverfahren unter Beiziehung aller Beteiligten durchgeführt.

3.2. Im Zuge des Verwaltungsstrafverfahrens wurde für 12.10.1995 eine mündliche Verhandlung anberaumt und an diesem Tage unter Beiziehung aller Verfahrensparteien durchgeführt.

Dabei wurden auch die im Tatzeitraum jugendlichen Arbeitnehmer U und C als Zeuginnen vernommen.

3.3. Folgender Sachverhalt steht daher als erwiesen fest:

Frau H im Tatzeitraum Juli und August 1993 in Gastgewerbebetrieb, in dem auch jugendliche Arbeitnehmer ausgebildet wurden. Die meisten der Arbeitnehmer wohnten im Hause, nämlich im ersten Stock. Der Gasthausbetrieb befand sich im Erdgeschoß. Das Arbeitsklima wurde von allen Zeugen als familiär beschrieben.

Das Ausfüllen der Arbeitszeitkarten geschah in der Form, daß die Arbeitszeitkarten von den Beschäftigten jeweils im Zimmer geführt wurden: Es wurde daher jene Zeit eingetragen, zu der die Beschäftigten das Zimmer in Richtung Arbeitsstätte verließen und wurde die Zeit der Rückkehr ebenfalls wieder erst im Zimmer in die Arbeitszeitkarte eingetragen. Der Ablauf des Arbeitsbeginnes am Morgen gestaltete sich im allgemeinen so, daß das Zimmer um ca.

8.30 Uhr in Richtung Arbeitsplatz verlassen wurde. Danach wurde zunächst das gemeinsame Frühstück hergerichtet, was etwa eine halbe Stunde in Anspruch nahm. Anschließend wurde gemeinsam gefrühstückt, wobei auch die Ehegatten K an diesem Frühstück teilnahmen. Dabei wurden zum Teil belanglose Gespräche, zum Teil Gespräche über die Arbeitsverrichtung des jeweiligen Tages geführt. Das Frühstück wurde im Gastzimmer, und zwar am "Stammtisch" eingenommen.

Anschließend gingen die Beschäftigten an ihre Arbeitsstelle.

Zu Mittag wurde das Mittagessen zu unregelmäßigen Zeitpunkten eingenommen, je nachdem, wann dies der Arbeitsanfall erlaubte. Gegessen wurde ebenfalls am "Stammtisch" im Gastzimmer, wenn dieser frei war, sonst in einem eigenen Nebenraum. Die Dauer des Mittagessens nahm etwa 15 bis 30 Minuten in Anspruch. Im Anschluß daran wurde die Arbeit beendet oder es wurde noch beim Aufräumen in der Küche und dergleichen geholfen. Anschließend hatten die Beschäftigten Ruhezeit. Bei der Nachmittagsarbeitszeit, die nach den Arbeitszeitkarten zwischen 17.00 Uhr und 18.00 Uhr begann, wurde wiederum der Zeitpunkt des Verlassens des Zimmers im 1. Stock als Beginn der Arbeitszeit eingetragen.

Allerdings begann dieser Abenddienst meist mit einer gemeinsamen Jause oder einer Kaffeepause. Erst dann, wenn die Gäste kamen, wurde der "Stammtisch" geräumt und die Arbeit begonnen. Während der Abendarbeitszeit gab es keine weitere Pause bis zum Ende der Arbeitszeit, das wiederum erst im Zimmer im 1. Stock eingetragen wurde.

Diese Form der Eintragung der Arbeitszeit in die Arbeitszeitkarten wurde nach Angaben der Zeuginnen von der Beschuldigten nie überprüft bzw. kritisiert; die Pausen wurden nicht extra eingetragen.

Die Richtigkeit der Eintragungen in die Arbeitszeitkarten wurde sohin bestätigt mit der Maßgabe, daß nach Ansicht des Vertreters der Beschuldigten sowie der befragten Zeuginnen der tatsächliche Arbeitsbeginn erst eine Stunde nach der Eintragung erfolgte und am Ende der vormittäglichen Arbeitszeit etwa 15 bis 30 Minuten Mittagspause zu berücksichtigen wären; auch der Beginn der Nachmittagsarbeitszeit sei nicht gleichzeitig mit der Eintragung zu sehen, weil hier zu Beginn verschieden lange Pausen erfolgten.

Hierüber hat der O.ö. Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Gemäß § 51 Abs.2 VStG bestimmen die Verwaltungsvorschriften, ob und inwieweit Verwaltungsbehörden Berufung erheben können.

Demgemäß bestimmt § 11 Abs.3 ArbIG, daß dem Arbeitsinspektorat das Recht der Berufung gegen Bescheide sowie des Einspruches gegen Strafverfügungen zusteht.

Damit konnte das Arbeitsinspektorat gegen die bescheidmäßig erfolgte Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens Berufung erheben.

4.2. Zur Beurteilung der vom Arbeitsinspektorat angezeigten Verwaltungsübertretungen ist zunächst zu klären, ob die Arbeitszeitkarten der einzelnen Arbeitnehmer, die dem unabhängigen Verwaltungssenat in Kopie zur Einsichtnahme vorlagen, die tatsächliche Arbeitszeit im Sinne des KJBG bzw. des Arbeitszeitgesetzes (im folgenden kurz: AZG) wiedergeben, wie dies das Arbeitsinspektorat behauptet hat, oder ob von der dort ausgewiesenen Arbeitszeit - im Sinne der Rechtfertigung der Beschuldigten - jeweils am Morgen 1 Stunde, zu Mittag 15 bis 30 Minuten und am Abend zu Arbeitsbeginn ebenfalls etwa eine halbe Stunde abgezogen werden müssen, weil zu diesen Zeiten die Beschäftigten das gemeinsame Frühstück hergerichtet und eingenommen bzw.

Mittag gegessen bzw. gejausnet oder Kaffee getrunken haben.

Es können dann daraus nicht nur die täglichen Arbeitszeiten, sondern alle weiteren vorgeworfenen Verwaltungsübertretungen aufgrund der Zeitangaben in den Arbeitszeitkarten errechnet werden.

Der Begriff der Arbeitszeit ist in § 2 AZG wie folgt definiert:

"§ 2 (1) Im Sinne diese Bundesgesetzes ist:

1. Arbeitszeit die Zeit vom Beginn bis zum Ende der Arbeit ohne die Ruhepausen; 2. Tagesarbeitszeit die Arbeitszeit innerhalb eines ununterbrochenen Zeitraumes von 24 Stunden; 3. Wochenarbeitszeit die Arbeitszeit innerhalb des Zeitraumes von Montag bis einschließlich Sonntag." § 10 Abs.1 KJBG definiert die Arbeitszeit wie folgt:

"Tägliche Arbeitszeit ist die Zeit vom Beginn bis zum Ende der Arbeit ohne Einrechnung der Ruhepausen (§ 15).

Wochenarbeitszeit ist die Arbeitszeit innerhalb des Zeitraumes von Montag bis einschließlich Sonntag." Aufgrund der weitgehenden Übereinstimmung dieser beiden Definitionen kann zur Auslegung des Begriffes "Arbeitszeit" die Judikatur des VwGH zu § 2 AZG zur näheren Definition des Begriffes "Arbeitszeit" im Sinne des KJBG herangezogen werden:

In dem vom Arbeitsinspektorat bereits zitierten Erkenntnis vom 14.1.1993, Zl. 92/18/0402-5, ist der Begriff der Arbeitszeit wie folgt erläutert: Im zugrundeliegenden Anlaßfall standen der Behörde die "Stempelkarten" der bezüglichen Arbeitnehmer zur Verfügung; der Arbeitgeber hatte sich damit verantwortet, daß diese Stempelkarten in der Regel nur angäben, von wann bis wann sich der betreffende Dienstnehmer auf dem Betriebsgelände befunden habe; der VwGH entgegnete, daß sich der Arbeitnehmer innerhalb dieses Zeitraumes im Verfügungsbereich des Arbeitgebers befinde, seinen Weisungen unterliege und sich zur Arbeit bereithalte, weshalb dieser Zeitraum als Arbeitszeit zu qualifizieren sei.

Auf den vorliegenden Anlaßfall umgelegt bedeutet dies, daß die einzelnen Arbeitnehmerinnen sich am Morgen bereits nach dem Verlassen des jeweils zugewiesenen Zimmers im 1. Stock bereits im Verfügungsbereich der Arbeitgeberin befanden, ihren Weisungen unterlagen und sich auch zur Arbeit bereithielten. Dies geht insbesonders daraus hervor, daß diese Arbeitnehmerinnen am Arbeitsplatz gemeinsam das Frühstück für alle herrichteten, wobei sie nicht nur für sich selbst das Frühstück zubereiteten, sondern auch für die Arbeitgeberin und deren Ehegatten, manchmal auch für deren Sohn. Dieses Zubereiten des Frühstücks gehört aber bereits wohl zur Arbeit von gastgewerblichem Küchen- und Servierpersonal. Weiters geht aus den Zeugenaussagen auch hervor, daß dabei auch über Arbeitseinteilung und andere betriebliche Belange gesprochen wurde. Diese Zeit kann daher nicht als Ruhepause bezeichnet werden, sondern gehört zur Arbeitszeit.

Desgleichen verhält es sich mit der Zeit, die für das Mittagessen zu veranschlagen ist, wobei hier noch dazukommt, daß dieses Mittagessen - auch nach Zeugenangaben - lediglich in jenen Zeiten eingenommen werden konnte, in denen gerade weniger zu tun war. Auch dabei befanden sich die Beschäftigten jeweils am Arbeitsplatz bzw. in unmittelbarer Nähe desselben.

Schließlich ist auch die am Abend vor Arbeitsbeginn gelegentlich gewährte Jausen- bzw. Kaffeepause im Lichte dieser Judikatur zu sehen, die ebenfalls nur angepaßt an den jeweiligen Arbeitsanfall konsumiert werden konnte, keinesfalls aber im vorhinein fix feststand.

Dafür, daß die in den Arbeitszeitkarten angeführten Aufzeichnungen tatsächlich die tatsächlich geleistete Arbeitszeit bedeuten, spricht auch, daß die Beschuldigte als Arbeitgeberin wohl die Bestimmungen des KJBG kennen mußte und daher hätte leicht nachrechnen können, daß mit dieser lockeren Form der Eintragung der Arbeitszeit offensichtlich die Bestimmungen des Gesetzes nicht eingehalten werden.

Diese Form der Handhabung der Arbeitszeitkarten ist auch deshalb unverständlich, weil die Arbeitgeberin, wenn man ihrer Rechtfertigung hinsichtlich der abzurechnenden Zeiten für Frühstück, Mittagessen und Jause Glauben schenkt, täglich 1 1/2 bis 2 Stunden Arbeitszeit "hergeschenkt" hätte. Selbst bei einem sehr familiären Betriebsklima erscheint eine derartige Handhabung der Arbeitszeit nicht plausibel.

Damit ist aber erwiesen, daß die angelasteten Verwaltungsübertretungen in objektiver Hinsicht als erfüllt anzusehen sind.

4.3. Da die Strafbestimmung des § 30 KJBG über das Verschulden nichts anderes bestimmt, genügt gemäß § 5 Abs.1 VStG zur Strafbarkeit des vorgeworfenen und oben bewiesenen Verhaltens Fahrlässigkeit. Gemäß § 5 Abs.1 zweiter Satz VStG ist Fahrlässigkeit bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Damit wird bei den sogenannten Ungehorsamsdelikten die Beweislast umgekehrt: Es liegt somit am Beschuldigten, seine Schuldlosigkeit an der ihm vorgeworfenen und objektiv festgestellten Verwaltungsübertretung glaubhaft zu machen.

Auch im vorliegenden Fall wurden Ungehorsamsdelikte verwirklicht, weil die gesetzlichen Gebote nicht eingehalten wurden. Die Beschuldigte hat ihre Entlastung damit darzulegen versucht, daß die Arbeitszeitkarten in Wahrheit nicht die geleisteten Arbeitsstunden wiedergegeben hätten, sondern daß in diesen Aufzeichnungen auch Zeiten enthalten gewesen wären, die als Ruhepausen bzw. Ruhezeiten anzusehen wären. Damit ist ihr jedoch die Entlastung nicht gelungen, weil ihre Verantwortung logisch nicht nachvollziehbar ist:

Sie war als Arbeitgeberin von Jugendlichen verpflichtet, sich auch ausreichende Kenntnisse über die Bestimmungen des KJBG zu verschaffen und dafür zu sorgen, daß diese Bestimmungen auch von den von ihr auszubildenden Jugendlichen eingehalten werden. Dazu wäre es auch erforderlich gewesen, daß sie die Führung der Arbeitszeitkarten überprüft, was sie aber - wie die Zeuginnen übereinstimmend ausgesagt haben - nie getan hat.

Bei einer derartigen Überprüfung hätte sie unschwer feststellen können, daß aufgrund der eingetragenen Arbeitszeit die Bestimmungen des KJBG über die tägliche Arbeitszeit, die Ruhepausen und Ruhezeiten usw. nicht eingehalten werden. Sie hätte sodann die Arbeitnehmerinnen entsprechend anweisen können, zB entweder die Arbeitszeitkarten unmittelbar am Arbeitsplatz zu führen und dort den echten Arbeitsbeginn einzutragen oder vorher fix bestimmte Zeiten als Arbeitsbeginn einzusetzen.

Wenn während der üblichen Arbeitszeit Pausen zur gemeinsamen Einnahme von Kaffee, Jause und dgl. gewährt werden, so mag dies zwar nach allgemeiner Lebenserfahrung durchaus auch für jugendliche Arbeitnehmer entspannend und motivierend wirken und einem guten Betriebsklima förderlich sein, doch genügt diese Vorgangsweise eben dann nicht dem Gesetz und den vom Arbeitsinspektorat und dem Verwaltungsgerichtshof daraus abgeleiteten Erfordernissen, wenn diese Zeiten nicht auch als Ruhezeiten in die Arbeitszeitkarten eingetragen werden.

Es muß daher davon ausgegangen werden, daß die Beschuldigte aus welchen Gründen immer diese Übertretungen des KJBG in Kauf genommen hat, weshalb ihr Verschulden in Form von Fahrlässigkeit vorzuwerfen ist.

5. Grundlage für die Bemessung der Strafe ist gemäß § 19 Abs.1 VStG stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Abs.2 leg.cit. bestimmt, daß überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen sind. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des StGB sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Das KJBG dient dem Schutz der Interessen von Jugendlichen, die in einem Dienstverhältnis, einem Lehr- oder sonstigem Ausbildungsverhältnis stehen. Es ist aus dem durchgeführten Ermittlungsverfahren nicht hervorgekommen, daß durch die obigen Verwaltungsübertretungen die Interessen der im Betrieb der Beschuldigten Beschäftigten geschädigt worden wären, zumal alle als Zeuginnen - und damit unter Wahrheitspflicht - vernommenen Arbeitnehmerinnen unisono ausgesagt haben, sich durch die Arbeit nicht überlastet gefühlt zu haben; vielmehr strichen alle das familiäre Klima im Gasthaus K hervor.

Diesem Milderungsgrund hatte das Arbeitsinspektorat lediglich den Erschwerungsgrund der einschlägigen Vorstrafe entgegenzuhalten.

Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse wurden bereits von der Erstbehörde festgestellt: Demnach verfügt die Beschuldigte über eine monatliche Pension in der Höhe von 6.672,50 S, hat keine Sorgepflichten und verfügt über kein weiteres Vermögen.

In Anbetracht dieser Umstände konnte daher mit der für den Wiederholungsfall vorgesehenen Mindestgeldstrafe in Höhe von jeweils 3.000 S das Auslangen gefunden werden, zumal auch wegen der mittlerweile eingetretenen Pensionierung der Beschuldigten - der spezialpräventive Effekt weggefallen ist.

Zum Strafantrag des Arbeitsinspektorates zu Ziffer 5. ist auszuführen, daß lediglich einmal gegen § 18 Abs.3a KJBG verstoßen wurde, nämlich hinsichtlich C am 8.8. und 15.8.1993. Es handelt sich daher um ein Delikt und nicht, wie im Strafantrag fälschlich angeführt, um drei Delikte, weshalb auch hier eine Reduzierung vorzunehmen war.

zu II.:

Gemäß § 64 Abs.1 VStG ist in jedem Straferkenntnis ...

auszusprechen, daß der Bestrafte einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu leisten hat.

Dieser Beitrag ist gemäß Abs.2 leg.cit. für das Verfahren erster Instanz mit 10 % der verhängten Strafe ... zu bemessen.

Da der unabhängige Verwaltungssenat im vorliegenden Fall als Strafbehörde erster Instanz erstmals eine Strafe zu verhängen hatte, war der Kostenbeitrag zum Strafverfahren mit 10 % der verhängten Strafe zu bemessen und nicht, wie sonst bei Verfahren vor dem unabhängigen Verwaltungssenat, mit 20 %.

Da eine Strafe von insgesamt 57.000 S verhängt wurde, beträgt der zu entrichtende Verfahrenskostenbeitrag 5.700 S.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. L e i t g e b

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