Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-106086/4/ und 106087/3/WEI/Bk

Linz, 30.08.1999

VwSen-106086/4/ und 106087/3/WEI/Bk Linz, am 30. August 1999

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 3. Kammer (Vorsitzender Dr. Fragner, Berichter Dr. Weiß, Beisitzerin Mag. Bissenberger) und durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß über die Berufung des M gegen Spruchteil I (Einzelmitglied) und gegen Spruchteil II (Kammer) des Straferkenntnisses der Bundespolizeidirektion Linz vom 4. Jänner 1999, Zl. III/S-19.187/98 1, wegen Verwaltungsübertretungen nach der Straßenverkehrsordnung 1960 - StVO (BGBl Nr. 159/1960, zuletzt geändert durch 20. StVO-Novelle BGBl I Nr. 92/1998) zu Recht erkannt:

I. Der Berufung gegen Spruchteil I wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis insofern aufgehoben und die bezughabenden Strafverfahren werden gemäß § 45 Abs 1 Z 1 und Z 3 VStG eingestellt.

Die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten der Strafverfahren zum Spruchteil I entfällt.

II. Die Berufung gegen Spruchteil II wird als unbegründet abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis insofern bestätigt.

Im Berufungsverfahren zum Spruchteil II hat der Berufungswerber einen weiteren Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von S 2.400,-- zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs 4 AVG 1991 iVm § 24 VStG 1991; §§ 64 ff VStG 1991.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde der Berufungswerber (Bw) wie folgt schuldig erkannt und bestraft:

"Sie haben, wie am 5.6.1998 um 00.50 Uhr in L stadtauswärts den PKW, Kennzeichen gelenkt und

Spruchteil I:

1) den Fahrstreifenwechsel nach links nicht so rechtzeitig angezeigt, dass sich andere Straßenbenützer auf den angezeigten Vorgang einstellen konnten, obwohl dadurch deren Gefährdung od. Behinderung möglich war,

2) das Fahrzeug nicht so weit rechts gelenkt, wie dies unter Bedachtnahme auf die Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs zumutbar und dies ohne Gefährdung od. Behinderung möglich war

Übertretene Rechtsvorschrift : §§ 1) 11 Abs. 1 StVO, 2) 7/1 StVO

Strafnorm : 1)2) § 99 Abs. 3 lit. a StVO

verhängte Geldstrafe : 1)2) je S 500,--

Ersatzfreiheitsstrafe : 1)2) je 18 Std.

Verfahrenskosten § 64 VStG : S 100,--

Spruchteil II:

bis F. nächst Haus Nr. 7 gelenkt, wobei aufgrund von Alkoholisierungssymptomen wie starker Alkoholgeruch der Atemluft, unsicherer Gang, gerötete Augenbindehäute die Vermutung bestand, Sie könnten sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden haben, und haben sich am 05.06.1998 um 01.11 Uhr in LINZ, F ggü einem besonders geschulten und von der Behörde hiezu ermächtigten Organ der Straßenaufsicht geweigert, Ihre Atemluft mittels Alkomat auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen.

Übertretene Rechtsvorschrift : § 5 Abs. 2 StVO

Strafnorm : § 99 Abs. 1 lit. b StVO n.d. 19. Novelle

verhängte Geldstrafe : S 12.000,--

Ersatzfreiheitsstrafe : 12 Tage

Verfahrenskosten § 64 VStG : S 1.200,--

Sie haben daher einen Gesamtbetrag von : S 14.300,--

zu leisten."

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis, das dem Bw zu Handen seines Rechtsvertreters am 4. Jänner 1999 zugestellt wurde, richtet sich die am 19. Jänner 1999 rechtzeitig eingebrachte Berufung vom 18. Jänner 1999, mit der die ersatzlose Aufhebung des Straferkenntnisses, in eventu eine Abmahnung oder eine mildere Strafe beantragt werden.

Begründend führt die Berufung dazu aus:

"1. Zunächst ist festzuhalten, daß eine entsprechende Verfolgungshandlung bezüglich des Spruchteils I. nicht stattgefunden hat.

2. Abgesehen davon hat der Berufungswerber den Fahrstreifenwechsel nach links ausreichend vorher angezeigt, sodaß keine Gefährdung des nachkommenden Verkehrs möglich war.

Richtig ist, daß der Berufungswerber nach links abgebogen ist, dies ausreichend vorher durch Blinkzeichen angegeben hat, und sich daher äußerst links einordnete. Darin kann kein Verstoß gegen das Rechtsfahrgebot erblickt werden. Dieser Vorwurf muß daher als Schikane bezeichnet werden.

Beweis: Einvernahme des Berufungswerbers

3. Der Berufungswerber ist, bevor er sich in seine Wohnung begab, niemals aufgefordert worden, seine Atemluft auf Alkoholgehalt überprüfen zu lassen.

Die Aufforderung über die Haussprechanlage kann nicht ernsthaft als Amtshandlung gewertet werden. Eine solche Aufforderung hätte in einer amtlichen Form zu erfolgen, und nicht über eine Gegensprechanlage, somit unpersönlich. Der Berufungswerber ist daher der Auffassung, daß schon rechtlich mangels korrekter Aufforderung eine Verweigerung der Überprüfung der Atemluft nicht vorliegen kann.

Abgesehen davon war er nicht alkoholisiert.

In diesem Zusammenhang sei auf die Stellungnahme vom 1.12.1998 des Strafaktes verwiesen. Die Sachverhaltsdarstellung und die übrigen Ausführungen werden, um unnötige Wiederholungen zu vermeiden, zum Berufungsvorbringen erklärt. Die zitierte Stellungnahme bildet einen integrierenden Bestandteil dieser Berufungsschrift. Gleiches gilt für die Stellungnahme zu Gz. Fe-841/98 der BPD Linz vom 1.12.1998.

Beweis: Akt S 19.187/98-1

Akt Fe-841/98 je der BPD Linz, deren Beischaffung beantragt wird

PV des Berufungswerbers

4. Der Berufungswerber stellt daher die

A N T R Ä G E :

Der Unabhängige Verwaltungssenat für Oberösterreich möge nach Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung

a) das angefochtene Straferkenntnis ersatzlos aufheben,

in eventu

b) erklären, daß mit einer Abmahnung das Auslangen gefunden werden kann;

in eventu

c) eine mildere Strafe verhängen."

Die bezogenen Stellungnahmen je vom 1. Dezember 1998 wurden der Berufung in Kopie angeschlossen.

2. Aus der Aktenlage ergibt sich der folgende wesentliche S a c h v e r h a l t :

2.1. Die belangte Behörde verweist im angefochtenen Straferkenntnis auf die eigene dienstliche Wahrnehmung zweier Kriminalbeamten sowie auf das durchgeführte strafbehördliche Ermittlungsverfahren und erachtet im Hinblick auf die gegebene Beweislage die zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen als zweifelsfrei erwiesen.

Nach den Feststellungen der belangten Strafbehörde lenkte der Bw am 5. Juni 1998 um 00.50 Uhr den PKW, Kennzeichen , auf der Frankstraße in Richtung L, Fahrtrichtung stadtauswärts, und hielt vor der Kreuzung Liebigstraße/Lastenstraße auf dem rechten Fahrstreifen wegen Rotlichts der VLSA an. Nach dem Umschalten auf Grünlicht habe er stark beschleunigt und sein Fahrzeug überraschend auf den linken Fahrstreifen gelenkt, ohne die Fahrtrichtungsänderung anzuzeigen, wodurch der von RI S auf dem linken Fahrstreifen gelenkte Funkwagen eine Notbremsung und ein Ausweichmanöver hätte durchführen müssen. In der Folge wäre der Bw in Schlangenlinie und häufig weit vom rechten Fahrbahnrand entfernt gefahren, wobei die beiden im Funkwagen befindlichen Kriminalbeamten diese auffällige Fahrweise bei der Nachfahrt hätten beobachten können. Der Bw bog schließlich in die F ab und stellte seinen PKW im Innenhof des Hauses F (W) ab. Die kurz danach eingetroffenen Kriminalbeamten, die sich mit Dienstausweis bzw Dienstkokarde auswiesen, kontrollierten in der Folge den Bw wegen seiner unsicheren Fahrweise und des Verdachts auf Alkoholbeeinträchtigung. Sie stellten Alkoholisierungssymptome wie Alkoholgeruch der Atemluft, unsicherer Gang und gerötete Augen fest und hätten daher mit Grund vermuten können, daß der Bw in alkoholbeeinträchtigtem Zustand ein Fahrzeug gelenkt hatte. Als der Bw bemerkte, daß uniformierte Polizeibeamte zur Durchführung des Alkotestes herbeigerufen wurden, habe er sich unter Zurücklassung seines Führerscheines entfernt und in seine Wohnung im Haus F begeben. Danach trafen die von den Kriminalbeamten angeforderten Sicherheitswachebeamten RI N und RI F ein und übernahmen die weitere Amtshandlung. Um 01.11 Uhr forderten diese Beamten, die sich als uniformierte Polizeibeamte zu erkennen gaben, den Bw über die Haussprechanlage zur Durchführung eines Atemalkoholtestes mehrmals auf. Der Bw habe über die Sprechanlage den Alkotest verweigert und dabei erklärt, "Ich blase nicht, Sie werden von meinem Anwalt hören". Die Polizeibeamten hätten die Amtshandlung beendet, nachdem der Bw über die rechtlichen Folgen aufgeklärt worden und weiterhin bei seiner Verweigerung geblieben wäre.

2.2. In der im erstbehördlichen Strafverfahren erstatteten Stellungnahme vom 1. Dezember 1998 behauptete der Bw, daß ihm der Führerschein von einem Kriminalbeamten in Zivil an seinem Privatparkplatz beim Hause F ohne Vorwarnung aus der Hand gerissen worden wäre. Er sei ihm dann zu einem PKW gefolgt, in dem sich eine weitere Person in Zivil befand. Der Beamte hätte dann zu seinem Kollegen gesagt : "Du! Paß auf, was Herr G jetzt sagt!" Der Bw hätte dann erneut versucht, den Führerschein zurückzubekommen sowie den Grund der Anhaltung und die Identität des Beamten zu erfahren. Hieraufhin habe der Beamte zu seinem Begleiter gesagt: "Rufe die Kollegen!" Nach weiteren vergeblichen Versuchen, den Grund für die Abnahme des Führerscheins zu erfahren, hätte der Bw erkannt, daß eine sinnvolle Konversation auf Grund der Ignoranz der Beamten nicht möglich war. Er habe sich daher zur Hauseingangstür und in weiterer Folge in seine Wohnung begeben.

Nach ca. 15 Minuten läutete es, worauf sich der Bw über die Sprechanlage mit seinem Namen meldete. Dabei habe er eine Stimme, "Polizei! machen Sie auf!", gehört. Auf Grund des merkwürdigen Verhaltens der Beamten hätte er sich verunsichert und bedroht gefühlt, weshalb er den Einlaß verweigerte. Da die Polizisten in der Folge immer wieder läuteten, teilte er ihnen mit, daß dies eine eklatante Störung seiner Privatsphäre wäre und daß sein kleiner Sohn durch das Läuten geweckt werden könnte. Er werde den Sachverhalt seinem Anwalt mitteilen. Die Beamten forderten ihn danach noch auf, einen Alkotest abzulegen. Dazu erklärte er seine grundsätzliche Bereitschaft, teilte aber mit, daß dies bis morgen warten könnte. Die Vorgangsweise der Beamten wäre dem Bw schikanös und provokant erschienen. Er hätte daher jegliche weitere Kooperation verweigert, zumal er sich bei der Beurteilung der gesamten Angelegenheit in rechtlicher Hinsicht überfordert fühlte. Am 5. Juni 1998 um 08.00 Uhr wäre er verständigt worden, daß er seinen Führerschein im Wachzimmer Schubertstraße abholen könnte.

Unter dem Aspekt der rechtlichen Beurteilung wird vorgebracht, daß der Bw nicht alkoholisiert gewesen und auch nicht getorkelt wäre. Damit hätten die Beamten versucht, die Einbehaltung des Führerscheines zu rechtfertigen. In der niederschriftlichen Zeugenaussage des BI M sei die wesentliche den Führerscheinentzug betreffende Passage durchgestrichen. Der Bw wäre nicht zum Alkotest aufgefordert worden, bevor er sich in seine Wohnung begab. Daher könne von keiner Verweigerung die Rede sein. Die Aufforderung über die Haussprechanlage könne nicht als Amtshandlung gewertet werden, weil eine Alkotestaufforderung in amtlicher Form und nicht über die Gegensprechanlage zu erfolgen habe.

In der im Entziehungsverfahren zu Fe-841/98 erstatteten Stellungnahme vom 1. Dezember 1998 wendet sich der Bw gegen den Ausschluß der aufschiebenden Wirkung beim Mandatsbescheid, den er für verfassungswidrig erachtet, weil es an einem effizienten Rechtsschutz mangle.

2.3. Im Maßnahmenbeschwerdeverfahren zu VwSen-420236-1998 und 420240-1998 schilderte der Bw den Vorfall vom 5. Juni 1998 in der öffentlichen Verhandlung vom 24. September 1998 ähnlich. Er brachte vor, daß ihm der Führerschein auf dem Parkplatz vor seiner Wohnung entrissen und nicht mehr ausgehändigt worden wäre. Nach vergeblichen Versuchen, den Führerschein zurückzubekommen, habe er sich in seine Wohnung begeben. Über die Haussprechanlage sei er in der Folge auch zur Durchführung eines Atemalkoholtestes aufgefordert worden. Er hätte aber entgegnet, daß er dazu erst am nächsten Morgen im Beisein eines Anwaltes bereit sein würde (vgl Verhandlungsprotokoll vom 24.9.1998, Seiten 3 f).

Der als Zeuge einvernommene Kriminalbeamte BI M berichtete, daß der Bw auf Grund seiner Fahrweise aufgefallen war und deshalb zur Rede gestellt werden sollte. Am Parkplatz vor der Wohnung des Bw habe der Kollege, ein dienstzugeteilter Sicherheitswachebeamter, seinen Dienstausweis und er die Polizeimarke gezeigt. Der Bw wäre vor seinem Wohnhaus aufgefordert worden, seinen Führerschein oder einen anderen Ausweis zur Feststellung seiner Identität vorzuweisen. Schimpfend habe er seinen Führerschein aufs Autodach geworfen. Da beim Bw auch Alkoholisierungssymptome wahrgenommen wurden, sollte er zum Atemalkoholtest aufgefordert werden, worüber er nach Angaben des Zeugen BI M auch dezidiert informiert worden wäre. Die weitere Amtshandlung sollte der angeforderten Funkstreife überlassen werden, weil sich der Bw zwischenzeitig entfernte und in seine Wohnung begab und die Zivilstreife einen anderen Einsatz hatte.

Die zur Durchführung des Alkotestes herbeigerufenen Sicherheitswachebeamten des Wachzimmers Schubertstraße trafen ein, nachdem sich der Bw bereits entfernt hatte. Die als Zeugin einvernommene RI Fl (vgl Verhandlungsprotokoll vom 24.9.1998, Seite 6) berichtete, daß sie nach Sachverhaltsschilderung durch die Kollegen mit dem Bw über die Gegensprechanlage Kontakt aufnahmen und ihn mehrmals zur Ablegung des Atemalkoholtests aufforderten. Er habe den Beamten zu verstehen gegeben, daß er der Aufforderung nicht entsprechen werde und daß sie von seinem Anwalt hören würden. Der Kollege hätte dann nochmals geläutet, um den Führerschein zurückzugeben. Der weiterhin nicht öffnende Bw wäre informiert worden, daß er den Führerschein am nächsten Morgen im Wachzimmer abholen könnte.

Mit Beschluß vom 25. September 1998, Zlen. VwSen-420236/18/Gf/Km und VwSen-420240/15/Gf/Km, wies der Oö. Verwaltungssenat die Maßnahmenbeschwerden des Bw mangels eines tauglichen Anfechtungsgegenstandes zurück, weil die Anwendung oder Androhung physischen Zwanges nicht erwiesen werden konnte. Die dagegen eingebrachte Bescheidbeschwerde wurde vom Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 27. Mai 1999, Zl. 99/11/0091-5, als unbegründet abgewiesen.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat nach Einsicht in die bezughabenden Verwaltungsakten unter Berücksichtigung des Berufungsvorbringens keinen ausreichenden Grund gefunden, eine Berufungsverhandlung durchzuführen, zumal der sich aus der Aktenlage ergebende entscheidungswesentliche Sachverhalt nicht substanziell bestritten wurde und durch das Vorbringen des Bw im wesentlichen bestätigt wurde. Die Berufung hat lediglich Rechtsfragen berührt.

Die belangte Strafbehörde hat unter Bezugnahme auf die im Verwaltungsstrafverfahren erstatteten Stellungnahmen des Bw im Ergebnis mit Recht angenommen, daß der Umstand der Verweigerung des Alkotests im Grunde nicht bestritten wurde. Sämtliche Polizeibeamte wurden im erstinstanzlichen Strafverfahren als Zeugen einvernommen. Sie bestätigten unter Wahrheitspflicht und ohne wesentliche Widersprüche den strafbehördlich angenommenen Sachverhalt. Die Berufung hat nichts vorgebracht, was die vollkommen schlüssige und überzeugende Beweiswürdigung der belangten Behörde in Frage stellen könnte.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Zum Spruchteil I:

Zum Tatvorwurf des nicht rechtzeitig angezeigten Fahrstreifenwechsels nach § 11 Abs 2 StVO - die Behörde hat § 11 Abs 1 StVO als verletzte Rechtsvorschrift bezeichnet, obwohl sie inhaltlich den § 11 Abs 2 StVO im Spruch wiedergab - und zum Tatvorwurf der Verletzung des Rechtsfahrgebotes nach § 7 Abs 1 StVO muß der Oö. Verwaltungssenat feststellen, daß die belangte Behörde im wesentlichen nur die verba legalia verwendet und keinerlei fallbezogene Konkretisierung vorgenommen hat. Eine solche Vorgangsweise stellt keinen tauglichen Tatvorwurf iSd § 44a Z 1 VStG dar. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu den Sprucherfordernissen nach dem § 44a Z 1 VStG ist die Tat so weit zu konkretisieren, daß eine eindeutige Zuordnung zu den Tatbestandsmerkmalen ermöglicht wird und die Identität der Tat unverwechselbar feststeht (stRsP seit den Erk verst Sen VwSlg 11466 A/1984 und VwSlg 11894 A/1985). Im Bescheidspruch sind alle wesentlichen Tatbestandsmerkmale anzuführen, die zur Individualisierung und Konkretisierung des inkriminierten Verhaltens notwendig sind. Eine Umschreibung der Tatbestandsmerkmale lediglich in der Begründung reicht im Verwaltungsstrafrecht nicht aus (vgl mwN Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. A, 1996, 971).

Die Tatumschreibung nach § 7 Abs 1 StVO erfordert konkrete Angaben über die verbotenerweise gewählte Fahrlinie (vgl etwa Messiner, StVO10, E 47 und E 50 zu § 7). Auch zur Änderung der Fahrtrichtung bzw des Fahrstreifens bedarf es konkreter Umschreibungen (vgl Messiner, StVO10, E 72 und E 79 zu § 11). Dem vorgelegten Verwaltungsstrafakt ist auch keine ausreichende Verfolgungshandlung der belangten Behörde zu entnehmen. Die der Ladung vom 16. Juni 1998 beigelegten Tatanlastungen verwenden nur die verba legalia. Ebensowenig geht im Zusammenhang mit der Ladung vom 29. Oktober 1998 und der anschließenden niederschriftlich am 10. November 1998 protokollierten Akteneinsicht der Wille der Strafbehörde hervor, den Bw wegen eines konkret ausgewählten Sachverhaltes zu verfolgen. Das Straferkenntnis vom 29. Dezember 1998, das in seiner Begründung als ausreichende Verfolgungshandlung anzusehen wäre, erging außerhalb der für die Verfolgungsverjährung maßgeblichen Sechsmonatefrist des § 31 Abs 1 und 2 VStG. Das erkennende Einzelmitglied hatte daher den Spruchteil I des angefochtenen Straferkenntnisses aufzuheben und die bezughabenden Strafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 und Z 3 VStG einzustellen.

4.2. Zum Spruchteil II:

4.2.1. Auf den gegenständlichen Sachverhalt ist die StVO 1960 idFd 19. Novelle BGBl Nr. 518/1994 anzuwenden. Die 20. StVO-Novelle BGBl I Nr. 92/1998 wurde am 21. Juli 1998 kundgemacht.

Gemäß § 5 Abs 2 StVO sind Organe des amtsärztlichen Dienstes oder besonders geschulte und von der Behörde hiezu ermächtigte Organe der Straßenaufsicht berechtigt, jederzeit die Atemluft von Personen, die ein Fahrzeug lenken, in Betrieb nehmen oder zu lenken oder in Betrieb zu nehmen versuchen, auf Alkoholgehalt zu untersuchen. Sie sind außerdem berechtigt, die Atemluft von Personen, die verdächtig sind, in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand

1.ein Fahrzeug gelenkt zu haben oder

2.als Fußgänger einen Verkehrsunfall verursacht zu haben,

auf Alkoholgehalt zu untersuchen. Wer zu einer Untersuchung der Atemluft aufgefordert wird, hat sich dieser zu unterziehen.

Gemäß § 99 Abs 1 lit b) StVO begeht eine Verwaltungsübertretung und ist nach dem Einleitungssatz mit einer Geldstrafe von S 8.000,-- bis S 50.000,--, im Fall der Uneinbringlichkeit mit Arrest von einer bis sechs Wochen, zu bestrafen,

wer sich bei Vorliegen der in § 5 bezeichneten Voraussetzungen weigert, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen oder sich vorführen zu lassen, oder sich bei Vorliegen der bezeichneten Voraussetzungen nicht der ärztlichen Untersuchung unterzieht.

Nach dem oben näher dargestellten Sachverhalt war davon auszugehen, daß die von der belangten Behörde festgestellten Alkoholisierungssymptome beim Bw vorlagen. Er fiel den Kriminalbeamten durch eine unsichere Fahrweise auf und entfernte sich vom Anhalteort vor seinem Wohnhaus F, als er bemerkte, daß Organe der Straßenaufsicht zur Durchführung einer Atemalkoholuntersuchung per Funk angefordert wurden. Beim Eintreffen der beiden Sicherheitswacheorgane des Wachzimmers Schubertstraße befand er sich bereits in seiner Wohnung, wo er in der Folge über die Haussprechanlage zum Atemalkoholtest aufgefordert wurde. Die belangte Strafbehörde ging mit Recht davon aus, daß für die Aufforderung zum Alkotest keine besondere Form vorgesehen ist, weshalb sie durchaus auch über eine Gegensprechanlage erfolgen kann. Sie muß nur hinreichend deutlich sein, wovon im gegenständlichen Fall auszugehen ist. Dem Bw war bewußt, daß er den Alkotest vor herbeigerufenen Polizeiorganen ablegen sollte. Das beweist schon seine Einlassung, daß er grundsätzlich zum Alkotest bereit gewesen wäre, dieser aber bis zum Morgen hätte warten können. Daß er sich rechtlich überfordert fühlte und die Sache vorher mit seinem Anwalt hätte besprechen wollen, ist kein Grund den Alkotest zu verweigern. Der Bw war nicht berechtigt, über den Zeitpunkt des Alkotestes zu disponieren. Er wäre vielmehr verpflichtet gewesen, der eindeutigen Aufforderung von RI F sofort nachzukommen. Durch seine Weigerung hat er die Verwaltungsübertretung nach dem § 5 Abs 2 iVm § 99 Abs 1 lit b) StVO begangen.

4.2.2. Bei der Strafbemessung ging die belangte Behörde mangels einer Angabe des Bw von einem monatlichen Nettoeinkommen von S 10.000,-- bei fehlenden Sorgepflichten aus. Dieser ohnehin geringen Einschätzung ist der Bw nicht entgegengetreten. Weder erschwerende noch mildernde Umstände sind bekannt geworden. Auch die erkennende Kammer des Oö. Verwaltungssenates hält die Geldstrafe von S 12.000,-- ebenso wie die festgesetzte Ersatzfreiheitsstrafe von 12 Tagen unter den gegebenen Umständen für tat- und schuldangemessen und in spezialpräventiver Hinsicht unbedingt erforderlich, um den Bw künftig zu rechtstreuem Verhalten zu bewegen. Es war daher auch der Strafausspruch zu bestätigen.

5. Bei diesem Ergebnis hatte der Bw gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG im Berufungsverfahren zum Spruchteil II einen weiteren Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von S 2.400,-- (20 % der Geldstrafe) zu leisten. In den Berufungsverfahren zum Spruchteil I entfiel gemäß § 66 Abs 1 VStG die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von S 2.500,-- zu entrichten.

Dr. F r a g n e r Dr. W e i ß

 

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