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VwSen-106144/16/BI/FB

Linz, 16.12.1999

VwSen-106144/16/BI/FB Linz, am 16. Dezember 1999

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung der Frau B M S, S, W, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. M S und Dr. H L, R, W, vom 18. Jänner 1999 gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Wels vom 11. Dezember 1998, S-9170/97, wegen Übertretungen der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird in allen Punkten Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren jeweils ohne Vorschreibung von Verfahrenskostenbeiträgen eingestellt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 45 Abs.1 Z1 2. Alt. und 66 VStG

Entscheidungsgründe:

1. Die Bundespolizeidirektion Wels hat mit dem genannten Straferkenntnis über die Beschuldigte wegen der Verwaltungsübertretungen gemäß 1. und 3. je §§ 52a Z 10a iVm 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 und 2. §§ 7 Abs.1 iVm 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 Geldstrafen von 1) 2000 S (84 Stunden EFS), 2) 500 S (24 Stunden EFS) und 3) 1500 S (60 Stunden EFS) verhängt, weil sie am 24. Februar 1997 gegen 23.45 Uhr den PKW auf der B W Straße von W kommend in Richtung L gelenkt habe,

1. und von km 218,560 bis 218,800 die durch Straßenverkehrszeichen kundgemachte Geschwindigkeitsbeschränkung von 70 km/h um 60 km/h überschritten habe,

2. und bei km 220,200 bei der sogenannten "R" nicht so weit rechts gefahren sei, wie ihr dies unter Bedachtnahme auf die Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs zumutbar und dies ohne Gefährdung und Behinderung von Sachen möglich gewesen sei, weil sie das Kraftfahrzeug über die Fahrbahnmitte auf den Gegenverkehrsstreifen gelenkt habe,

3. und ab km 222,300 die durch Straßenverkehrszeichen kundgemachte Geschwindigkeitsbeschränkung von 70 km/h um 50 km/h überschritten habe.

Gleichzeitig wurde ihr ein Verfahrenskostenbeitrag von insgesamt 400 S auferlegt.

2. Dagegen hat die Rechtsmittelwerberin (Bw) fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erübrigte sich (§ 51e Abs.2 Z1 VStG). Die für 13. Jänner 2000 anberaumte öffentliche mündliche Verhandlung entfällt.

3. Die Rechtsmittelwerberin bestreitet die Tatvorwürfe und wendet ein, das von ihr gelenkte Fahrzeug sei technisch zur Einhaltung der vorgeworfenen Geschwindigkeit gar nicht in der Lage, wobei die Vorwürfe auch nicht nachvollziehbar seien. Sie habe auch nicht gegen das Rechtsfahrgebot verstoßen; diesbezüglich wendet sie sich gegen die Beweiswürdigung der Erstinstanz.

Beantragt wird die Einstellung des Verfahrens, in eventu Aufhebung des Straferkenntnisses, Durchführung einer Testfahrt mit dem damals gelenkten PKW und Ersatz der erwachsenen Verfahrenskosten.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie weitere Ermittlungen hinsichtlich der den beiden Geschwindigkeitsbeschränkungen zugrundeliegenden Verordnungen; auch wurde am 3. Dezember 1999 ein Ortsaugenschein auf der genannten Fahrstrecke durchgeführt.

In den Punkten 1. und 3. hat das Ermittlungsverfahren ergeben, dass zwar die von den beiden Gendarmeriebeamten in der Anzeige beschriebenen Vorschriftszeichen gemäß § 52a Z 10a StVO 1960 an den genannten Stellen aufgestellt sind, jedoch konnte die örtlich zuständige Bezirkshauptmannschaft Wels-Land diesbezüglich keine Verordnungen vorlegen, die mit den jeweils in der Anzeige genannten und auch in der Natur vorgefundenen Aufstellungsorten der Tafeln übereinstimmen.

Im Punkt 2. wird der Bw vorgeworfen, bei km 220,200 insofern nicht dem Rechtsfahrgebot entsprochen zu haben, als sie den PKW über die Fahrbahnmitte auf den Gegenverkehrsstreifen gelenkt habe.

Laut Anzeige hätten sich der Zeuge GI M und der Meldungsleger RI G in einem Zivilstreifenwagen etwa 100 m hinter dem PKW befunden und beobachtet, wie die Bw, vermutlich wegen der hohen Geschwindigkeit von 130 km/h, stark über die Fahrbahnmitte gekommen sei, wobei aber eine Fremdgefährdung mangels Gegenverkehr ausgeschlossen wurde.

Innerhalb der sechsmonatigen Verfolgungsverjährungsfrist wurde der Bw lediglich vorgeworfen, bei km 220,200 bei der sogenannten "R" stark über die Fahrbahnmitte gefahren zu sein. Im Ladungsbescheid vom 12. August 1997 ist diesbezüglich die einzige Verfolgungshandlung zu erblicken, auch wenn sie der Bw wegen des zwischenzeitigen Wohnungswechsels nicht zur Kenntnis gelangt ist.

Der angelastete Tatvorwurf reicht jedoch im Hinblick auf die Konkretisierungsbestimmungen des § 44a Z1 VStG nicht aus - die beschriebene Fahrweise könnte genau betrachtet durchaus auch auf einen Überholvorgang zutreffen (vgl VwGH v 14. Dezember 1988, 88/02/0164, Erk v 8. September 1998, 95/03/0185 ua).

Aus diesen Überlegungen war in allen Punkten mit der Einstellung des jeweiligen Verfahrens vorzugehen, weil die der Bw zur Last gelegten Taten keine Verwaltungsübertretung bilden.

Verfahrenskostenbeiträge waren nicht vorzuschreiben; allerdings sieht das Gesetz auch keinen Ersatz der der Bw bei ihrer Verteidigung angewachsenen Kosten vor.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (181,68 €) zu entrichten.

Mag. Bissenberger

Beschlagwortung:

Verordnungen für die genannten Geschwindigkeitsbeschränkungen gibt es nicht; Spruchkonkretisierung bei § 7 Abs.1 StVO nicht ausreichend in nerhalb der Verjährungsfrist -> Einstellung § 45 Abs.1 Z1 2. Alternative VStG.

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