Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-106163/2/Ki/Shn

Linz, 10.03.1999

VwSen-106163/2/Ki/Shn Linz, am 10. März 1999 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufung des Markus W, vom 19. Februar 1999 gegen das Straferkenntnis der BH Linz-Land vom 9. Februar 1999, VerkR96-13492-1998-Hu, zu Recht erkannt:

Die Berufung wird hinsichtlich der Fakten 1, 2, 3 und 5 als unbegründet abgewiesen. Diesbezüglich wird das angefochtene Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt. Hinsichtlich Faktum 4 wird der Berufung Folge gegeben. Diesbezüglich wird das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafver- fahren eingestellt.

Bezüglich der Fakten 1, 2, 3 und 5 hat der Berufungswerber zusätzlich zu den Verfahrenskosten 1. Instanz als Kosten für das Berufungsverfahren einen Beitrag von insgesamt 580 S, ds jeweils 20 % der verhängten Geldstrafen, zu entrichten. Hinsichtlich Faktum 4 entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Ver- fahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlage: zu  I: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 19, 24, 45 Abs.1 Z3 und 51 VStG zu II: § 64 Abs.1 und 2 bzw 66 Abs.1 VStG Entscheidungsgründe:

I.1. Die BH Linz-Land hat den Berufungswerber (Bw) mit Straferkenntnis vom 9. Februar 1999, VerkR96-13492-1998-Hu, für schuldig befunden, er habe am 2.9.1998 um 14.50 Uhr im Ortsgebiet von Linz, A7, bei Strkm 12, Richtungsfahrbahn Nord, mit dem LKW, Kz. (Probefahrtkennzeichen), den Anhänger, Kz., gezogen und dabei 1) das Probefahrtkennzeichen zu einer Fahrt verwendet, die keine Probefahrt war und 2) den Zulassungsschein für das von ihm gelenkte Kraftfahrzeug auf der Fahrt nicht mitgeführt und einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes auf Verlangen nicht zur Überprüfung ausgehändigt und 3) den Zulassungsschein für den gezogenen Anhänger nicht mitgeführt und einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes auf Verlangen nicht zur Überprüfung ausgehändigt und 4) sich als Lenker vor Antritt der Fahrt, obwohl es zumutbar war, nicht davon überzeugt, daß der Anhänger den kraftfahrrechtlichen Vorschriften entspricht, zumal dieser folgenden Mangel aufwies: Fehlen der zwei Unterlegkeile und 5) sich als Lenker vor Antritt der Fahrt, obwohl es zumutbar war, nicht davon überzeugt, daß das Kraftfahrzeug den kraftfahrrechtlichen Vorschriften entspricht, zumal dieses folgenden Mangel aufwies: Fehlen der Aufschriften über das Eigengewicht, das höchste zulässige Gesamtgewicht, die höchsten zulässigen Achslasten und die höchste zulässige Nutzlast an der rechten Außenseite. Er habe dadurch 1) § 45 Abs.4 und § 134 Abs.1 KFG 1967, 2) und 3) jeweils § 102 Abs.5 lit.b und § 134 Abs.1 KFG 1967, 4) § 102 Abs.1 iVm § 7 Abs.3 und § 134 Abs.1 KFG 1967 und 5) § 102 Abs.1 iVm § 27 Abs.2 und § 134 Abs.1 KFG 1967 verletzt. Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wurden über ihn jeweils gemäß § 134 Abs.1 KFG 1967 Geldstrafen in Höhe von 1) 1.500 S (Ersatzfreiheitsstrafe 48 Stunden), 2) und 3) jeweils 400 S (Ersatzfreiheitsstrafe jeweils 24 Stunden) sowie 4) und 5) jeweils 600 S (Ersatzfreiheitsstrafe jeweils 24 Stunden) verhängt. Außerdem wurde er gemäß § 64 VStG zur Leistung eines Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von insgesamt 350 S (jeweils 10 % der verhängten Geldstrafen) verpflichtet.

I.2. Der Rechtsmittelwerber erhob gegen dieses Straferkenntnis mit Schreiben vom 19. Februar 1999 Berufung mit dem Antrag, das Strafausmaß aufzuheben, das Verfahren einzustellen, subsidiär das Strafausmaß herabzusetzen. Begründend führte der Bw aus, daß sein Vater von einer namentlich genannten Bediensteten der BPD Linz über vorsorgliches Fragen die Auskunft erhalten hätte, die blauen Kennzeichen im gegenständlichen Fall verwenden zu dürfen. Sollte diese Rechtsauskunft, auf welche er sich verlassen durfte, wider Erwarten unrichtig gewesen sein, läge auf seiner Seite jedenfalls ein entschuldbarer Rechtsirrtum vor.

Weiters argumentiert er, daß hinsichtlich Faktum 2 Identität mit dem Tatbestand zu Faktum 1 vorliege und eine unzulässige Doppelbestrafung vorliege. Hinsichtlich 3. führte er aus, daß, da er die Papiere für das Probekennzeichen mit- hatte sich das Mitführen der zu den Originalkennzeichen gehörigen Papiere erübrige. Unter Punkt 4 argumentiert der Bw, daß sich die Papiere im Handschuhfach befanden, wo er sie jedoch nicht vorgefunden hätte. Er habe damit rechnen dürfen, daß sie sich immer dort befinden würden. Unter 5. wird ausgeführt, daß er bei Fahrtantritt übersehen habe, daß sein Vater die Unterlegkeile unter die Räder gelegt hatte, sodaß er sie ohne Verschulden gutgläubig nicht mitführte. Schließlich wird unter Punkt 6 ausgeführt, daß er sich darauf verlassen durfte, daß die vorgeschriebenen Aufschriften angebracht waren, er habe dem nie Beachtung geschenkt, die Haftung hiefür treffe den Zulassungsbesitzer. Hinsichtlich Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse führte der Bw aus, daß sein monatlicher Verdienst netto 11.000 S betrage. Ein allfälliges Strafausmaß sei demnach überhöht. I.3. Die BH Linz-Land hat die Berufung samt Verfahrensakt dem Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt und damit dessen Zuständigkeit ausgelöst. Dieser hatte, da weder primäre Freiheitsstrafen noch 10.000 S übersteigende Geldstrafen verhängt wurden, durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

I.4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt. Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung wurde abgesehen, da im angefochtenen Bescheid keine im einzelnen 3.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde und keine Partei die Durchführung einer Verhandlung beantragt hat (§ 51e Abs.3 Z3 VStG).

I.5. Nach Durchführung des Ermittlungsverfahrens hat der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich wie folgt erwogen:

Gemäß § 45 Abs.4 KFG 1967 dürfen die in dieser Bestimmung bezeichneten Probefahrtkennzeichen nur bei Probefahrten geführt werden. Probefahrten sind gemäß Abs.1 der zitierten Bestimmung Fahrten zur Feststellung der Gebrauchsfähigkeit oder der Leistungsfähigkeit von Fahrzeugen oder ihrer Teile oder Ausrüstungsgegenstände oder Fahrten, um Fahrzeuge vorzuführen. Als Probefahrten gelten auch Fahrten zur Überführung eines Fahrzeuges an einen anderen Ort im Rahmen des Geschäftsbetriebes, Fahrten zur Überführung des Fahrzeuges durch den Käufer bei der Abholung des Fahrzeuges vom Verkäufer und Fahrten zum Ort der Begutachtung oder Überprüfung des Fahrzeuges nach dem III. und V. Abschnitt (des KFG). Gemäß § 102 Abs.5 lit.b KFG 1967 hat der Lenker auf Fahrten den Zulassungsschein für das von ihm gelenkte Kraftfahrzeug und einen mit diesem gezogenen Anhänger mitzuführen und den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes oder der Straßenaufsicht auf Verlangen zur Überprüfung auszuhändigen.

Gemäß § 102 Abs.1 KFG 1967 darf der Kraftfahrzeuglenker ein Kraftfahrzeug erst in Betrieb nehmen, wenn er sich, soweit dies zumutbar ist, davon überzeugt hat, daß das von ihm zu lenkende Kraftfahrzeug und ein mit diesem zu ziehender Anhänger sowie deren Beladung den hiefür in Betracht kommenden Vorschriften entsprechen.

Gemäß § 7 Abs.3 leg.cit. müssen Kraftfahrzeuge mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 3.500 kg und andere als leichte Anhänger mit mindestens zwei Unterlegkeilen ausgestattet sein. Gemäß § 27 Abs.2 leg.cit. müssen an Omnibussen, Lastkraftwagen und Zugmaschinen und an Anhängern außer Wohnanhängern an der rechten Außenseite vollständig sichtbar und dauernd gut lesbar und unverwischbar das Eigengewicht, das höchste zulässige Gesamtgewicht, die höchsten zulässigen Achslasten bei Lastkraftwagen und Anhängern, außerdem die höchste zulässige Nutzlast angeschrieben sein.

Dem gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren liegt eine Anzeige der Verkehrsabteilung der BPD Linz vom 3. September 1998 zugrunde. Die dem Bw zur Last gelegten Tatbestände wurden anläßlich einer Lenker- und Fahrzeugkontrolle durch Beamte der BPD Linz festgestellt. Eine zunächst ergangene Strafverfügung der BH Linz-Land (VerkR96-13492-1998 vom 16. November 1998) wurde beeinsprucht, die zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen wurden jedoch weder in diesem Einspruch noch in der nunmehr vorliegenden Berufung vom 19. Februar 1999 bestritten.

Die erkennende Berufungsbehörde geht daher davon aus, daß der dem Bw zur Last gelegte Sachverhalt in objektiver Hinsicht als erwiesen angesehen werden muß.

Was seine Argumentation anbelangt, er habe sich in einem Rechtsirrtum befunden, so ist dieser zu entgegnen, daß von einem mit rechtlichen Werten verbundenen Kraftwagenlenker zu erwarten ist, daß er die für das Lenken von Kraftfahrzeugen relevanten gesetzlichen Bestimmungen kennt. Immerhin ist die Erteilung einer entsprechenden Lenkberechtigung an bestimmte fachliche Voraussetzungen geknüpft, dies um sicher zu stellen, daß nur jene Personen, welche mit den relevanten straßenpolizeilichen und kraftfahrrechtlichen Vorschriften vertraut sind, als Lenker eines Kraftfahrzeuges am öffentlichen Straßenverkehr teilnehmen dürfen. Unter diesem Aspekt vermag die Rechtfertigung des Bw diesen auch im Hinblick auf seine subjektive Schuldfähigkeit nicht zu entlasten.

Aus rechtlichen Erwägungen war jedoch der Berufung hinsichtlich Faktum 4 des Straferkenntnisses Folge zu geben. § 7 Abs.3 KFG 1967 sieht nämlich eine Ausstattungspflicht mit mindestens zwei Unterlegkeilen neben Kraftfahrzeugen mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 3.500 kg nur für andere als leichte Anhänger vor. Demnach wäre es iSd Konkretisierungsgebotes des § 44a VStG geboten, im Spruch des Straferkenntnisses auszuführen, daß es sich bei dem Anhänger um einen anderen als einen leichten Anhänger handelt. Dieses Tatbestandsmerkmal bildet einen wesentlichen Bestandteil im Hinblick auf eine allfällige Verwaltungsübertretung. Nur dann, wenn es sich um einen anderen als einen leichten Anhänger (um einen schweren Anhänger) handelt, ist die Unterlassung des Mitführens von mindestens zwei Unterlegkeilen verwaltungsstrafrechtlich relevant.

Gemäß § 31 Abs.1 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von der Behörde keine Verfolgungshandlung vorgenommen wurde.

Gemäß § 31 Abs.2 VStG beträgt die Verjährungsfrist bei den Verwaltungsübertretungen der Gefährdung, Verkürzung oder Hinterziehung von Landes- und Gemeindeabgaben ein Jahr, bei allen anderen Verwaltungsübertretungen sechs Monate. Diese Frist ist von dem Zeitpunkt zu berechnen, an dem die strafbare Tätigkeit abgeschlossen worden ist oder das strafbare Verhalten aufgehört hat; ist der zum Tatbestand gehörende Erfolg erst später eingetreten, so läuft die Frist erst von diesem Zeitpunkt.

Verfolgungshandlung ist gemäß § 32 Abs.2 VStG jede von einer Behörde gegen eine bestimmte Person als Beschuldigten gerichtete Amtshandlung (Ladung, Vorführungsbefehl, Vernehmung, Ersuchen um Vernehmung, Auftrag zur Ausforschung, Strafverfügung udgl) und zwar auch dann, wenn die Behörde zu dieser Amtshandlung nicht zuständig war, die Amtshandlung ihr Ziel nicht erreicht oder der Beschuldigte davon keine Kenntnis erlangt hat.

Wesentlich ist, daß sich eine Verfolgungshandlung iSd § 32 Abs.2 VStG auf alle die Tat betreffenden Sachverhaltselemente zu beziehen hat. Wie bereits ausgeführt wurde, bildet der Umstand, daß eine Ausstattungspflicht nur für andere als leichte Anhänger normiert ist, ein wesentliches Tatbestandsmerkmal, welches dem Bw jedoch in keiner Phase des erstinstanzlichen Verfahrens angelastet wurde. Es wurde sohin keine eindeutige Umschreibung iSd § 44a lit.a VStG vorgenommen. Beim gegenständlichen Tatvorwurf fehlt sohin ein wesentliches Tatbestandselement und es hat die BH Linz-Land hinsichtlich dieses Tatbestandselementes keinerlei taugliche Verfolgungshandlung iSd § 32 Abs.2 VStG vorgenommen. Nach der Judikatur des VwGH ist es dem unabhängigen Verwaltungssenat als Berufungsbehörde verwehrt, nach Ablauf der sechsmonatigen Frist des § 31 Abs.2 VStG erstmals im Spruch des Berufungsbescheides den Tatvorwurf entsprechend zu ergänzen (vgl VwGH vom 21.12.1998, 85/18/0120).

Aufgrund der dargelegten Umstände ist somit infolge eingetretener Verfolgungsverjährung die Strafverfolgung hinsichtlich Faktum 4 ausgeschlossen. Es war somit diesbezüglich der Berufung Folge zu geben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen (§ 45 Abs.1 Z3 VStG). I.6. Was die Straffestlegung hinsichtlich der bestätigten Fakten (§ 19 VStG) anbelangt, so hat die BH Linz-Land Ermessen iSd Gesetzes ausgeübt. Es können auch seitens der Berufungsbehörde keine strafmildernden Umstände festgestellt werden. Hinsichtlich der Feststellung, der Bw würde wiederholt vorbestraft aufscheinen, was als straferschwerend zu werten sei, wird festgestellt, daß grundsätzlich nur einschlägige Vorstrafen einen Erschwerungsgrund bilden. Dennoch sieht sich die Berufungsbehörde nicht veranlaßt, die im Vergleich zum gesetzlich festgelegten Strafrahmen (Geldstrafe bis zu 30.000 S) relativ niedrig bemessenen Strafen zu reduzieren. Dies insbesondere auch aus spezialpräventiven Gründen, um dem Bw das Rechtswidrige seines Verhaltens, welches dieser offensichtlich nicht einsieht, spürbar zu machen. Im übrigen rechtfertigen auch die vom Bw bekanntgegebenen Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse in Anbetracht des festgesetzten niedrigen Strafausmaßes eine Herabsetzung nicht. Letztlich ist darauf hinzuweisen, daß eine entsprechend strenge Bestrafung auch aus generalpräventiven Gründen geboten ist.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

II. Der Kostenausspruch stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.

Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Beilagen Mag. K i s c h Beschlagwortung: § 102 Abs.1 iVm § 7 Abs.3 KFG - Verpflichtung hinsichtlich Anhänger nur dann, wenn anher als leichter Anhänger . Dieser Umstand stellt ein wesentliches Tatbestandsmerkmal dar.

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum