Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-106165/2/Ki/Shn

Linz, 09.03.1999

VwSen-106165/2/Ki/Shn Linz, am 9. März 1999 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufung der Hilda W, vom 19. Februar 1999, gegen das Straferkenntnis der BH Linz-Land vom 9. Februar 1999, VerkR96-13490-1998-Hu, zu Recht erkannt:

Bezüglich Faktum 1 wird die Berufung als unbegründet abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt. Bezüglich Faktum 2 wird der Berufung Folge gegeben. Diesbezüglich wird das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

Bezüglich Faktum 1 hat die Berufungswerberin zusätzlich zu den Verfahrenskosten 1. Instanz als Kosten für das Berufungsverfahren einen Beitrag von 80 S, ds 20 % der verhängten Geldstrafe, zu entrichten. Bezüglich Faktum 2 entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfah- renskostenbeiträge. Rechtsgrundlage: zu  I: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 19, 24, 45 Abs.1 Z3 und 51 VStG zu II: §§ 64 Abs.1 und 2 bzw 66 Abs.1 VStG Entscheidungsgründe:

I.1. Die BH Linz-Land hat die Berufungswerberin (Bw) mit Straferkenntnis vom 9. Februar 1999, VerkR96-13490-1998-Hu, für schuldig befunden, sie habe, wie anläßlich einer am 2.9.1998 um 14.50 Uhr im Ortsgebiet von Linz, auf der A7, bei Strkm 12, Richtungsfahrbahn Nord, durchgeführten Lenker- und Fahrzeugkontrolle festgestellt wurde, als Zulassungsbesitzer des LKW der Marke Mitsubishi Canter, Kz. L (Probefahrtkennzeichen), nicht dafür gesorgt, daß 1) das Fahrzeug den kraftfahrrechtlichen Vorschriften entspricht, zumal es folgenden Mangel aufwies: Fehlen der Aufschriften über das Eigengewicht, das höchstzulässige Gesamtgewicht, die höchsten zulässigen Achslasten und die höchste zulässige Nutzlast an der rechten Außenseite und 2) an der rechten Außenseite des Fahrzeuges vollständig sichtbar, dauernd gut lesbar und unverwischbar ihr Name und ihre Anschrift, der Gegenstand des Unternehmens und der dauernde Standort des Fahrzeuges angeschrieben war. Sie habe dadurch 1) § 103 Abs.1 Z1 iVm § 27 Abs.2 und § 134 Abs.1 KFG 1967, 2) § 103 Abs.5 und § 134 Abs.1 KFG 1967 verletzt. Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wurden über sie gemäß § 134 Abs.1 KFG Geldstrafen in Höhe von jeweils 400 S (Ersatzfreiheitsstrafen jeweils 24 Stunden) verhängt. Außerdem wurde sie gemäß § 64 VStG zur Leistung eines Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von insgesamt 80 S (jeweils 10 % der verhängten Geldstrafen) verpflichtet. I.2. Gegen dieses Straferkenntnis erhob die Rechtsmittelwerberin am 19. Februar 1999 Berufung mit dem Antrag, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verfahren einzustellen, allenfalls von einer Strafe abzusehen. Neben Ausführungen zur Rechtslage hinsichtlich einer allfälligen Doppelbestrafung wird zur Strafbemessung ausgeführt, daß das Straferkenntnis von einem, bei der heutigen Wirtschaftslage illusorischen Monatseinkommen von 20.000 S ausgehe. Laut Bilanz 1997 betrage der Verlust ca 300.000 S, sodaß sie von bescheidenen Lohn, derzeit Notstandshilfe ihres Ehemannes lebe. Im übrigen liege der Tatbestand der Geringfügigkeit vor, sodaß eine Abmahnung genügt. Immerhin sei die Unbescholtenheit festgestellt worden. I.3. Die BH Linz-Land hat die Berufung samt Verfahrensakt dem Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt und damit dessen Zuständigkeit ausgelöst. Dieser hatte, da weder primäre Freiheitsstrafen noch 10.000 S übersteigende Geldstrafen verhängt wurden, durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

I.4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt. Von der Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung wurde abgesehen, weil im angefochtenen Bescheid keine 3.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde und keine Partei die Durchführung einer Verhandlung beantragt hat (§ 51e Abs.3 Z3 VStG).

I.5. Nach Durchführung des Ermittlungsverfahrens hat der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich wie folgt erwogen:

Gemäß § 103 Abs.1 Z1 KFG 1967 hat der Zulassungsbesitzer dafür zu sorgen, daß das Fahrzeug (der Kraftwagen mit Anhänger) und seine Beladung - unbeschadet allfälliger Ausnahmegenehmigungen oder Bewilligungen - den Vorschriften dieses Bundesgesetzes und der aufgrund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen entspricht. Gemäß § 27 Abs.2 leg.cit. müssen an Omnibussen, Lastkraftwagen und Zugmaschinen und an Anhängern außer Wohnanhängern an der rechten Außenseite vollständig sichtbar und dauernd gut lesbar und unverwischbar das Eigengewicht, das höchste zulässige Gesamtgewicht, die höchsten zulässigen Achslasten, bei Lastkraftwagen und Anhängern außerdem die höchste zulässige Nutzlast angeschrieben sein.

Gemäß § 103 Abs.5 KFG 1967 hat der Zulassungsbesitzer eines Omnibusses, eines Lastkraftwagens, einer Zugmaschine oder eines Anhängers, außer Wohnanhängern, dafür zu sorgen, daß an der rechten Außenseite des Fahrzeuges vollständig sichtbar und dauernd gut lesbar und unverwischbar sein Name und seine Anschrift, bei Unternehmen deren Gegenstand und der dauernde Standort des Fahrzeuges angeschrieben sind. Die Behörde kann auf Antrag von der Verpflichtung, den Namen und die Anschrift am Fahrzeug anzuschreiben, befreien, wenn diese Aufschrift im Hinblick auf die Verwendungsbestimmung des Fahrzeuges eine Gefährdung der Person oder des Vermögens des Antragstellers zur Folge hätte.

Dem gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren liegt eine Anzeige der Verkehrsabteilung der BPD Linz vom 3. September 1998 zugrunde. Die der Bw zur Last gelegten Tatbestände wurden anläßlich einer Lenker- und Fahrzeugkontrolle durch Beamte der BPD Linz festgestellt. Eine zunächst ergangene Strafverfügung der BH Linz-Land (VerkR96-13490-1998 vom 16. November 1998) wurde beeinsprucht, die zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen wurden jedoch in diesem Einspruch, ebenso wie in der nunmehr vorliegenden Berufung vom 19. Februar 1999 nicht bestritten. Die erkennende Berufungsbehörde geht daher davon aus, daß der der Bw zur Last gelegte Sachverhalt in objektiver Hinsicht als erwiesen angesehen werden muß und es sind auch in subjektiver Hinsicht keine Umstände hervorgekommen, welche die Bw diesbezüglich entlasten würden.

Allerdings war der Berufung hinsichtlich Faktum 2 aus rechtlichen Erwägungen Folge zu geben. Der letzte Satz des § 103 Abs.5 KFG 1967 stellt ein negatives Tatbestandsmerkmal dar, welches aber einen wesentlichen Bestandteil im Hinblick auf eine allfällige Verwaltungsübertretung bildet. Nur dann, wenn eine Befreiung von der Verpflichtung nicht vorliegt, ist die Unterlassung verwaltungsstrafrechtlich relevant. Gemäß § 31 Abs.1 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von der Behörde keine Verfolgungshandlung vorgenommen wurde.

Gemäß § 31 Abs.2 VStG beträgt die Verjährungsfrist bei den Verwaltungsübertretungen der Gefährdung, Verkürzung oder Hinterziehung von Landes- und Gemeindeabgaben ein Jahr, bei allen anderen Verwaltungsübertretungen sechs Monate. Diese Frist ist von dem Zeitpunkt zu berechnen, an dem die strafbare Tätigkeit abgeschlossen worden ist oder das strafbare Verhalten aufgehört hat; ist der zum Tatbestand gehörende Erfolg erst später eingetreten, so läuft die Frist erst von diesem Zeitpunkt.

Verfolgungshandlung ist gemäß § 32 Abs.2 VStG jede von einer Behörde gegen eine bestimmte Person als Beschuldigten gerichtete Amtshandlung (Ladung, Vorführungsbefehl, Vernehmung, Ersuchen um Vernehmung, Auftrag zur Ausforschung, Strafverfügung udgl) und zwar auch dann, wenn die Behörde zu dieser Amtshandlung nicht zuständig war, die Amtshandlung ihr Ziel nicht erreicht oder der Beschuldigte davon keine Kenntnis erlangt hat.

Wesentlich ist, daß sich eine Verfolgungshandlung iSd § 32 Abs.2 VStG auf alle die Tat betreffenden Sachverhaltselemente zu beziehen hat. Wie bereits ausgeführt wurde, bildet der Umstand, daß keine Befreiung von der Verpflichtung iSd § 103 Abs.5 KFG 1967 vorliegt, ein wesentliches Tatbestandsmerkmal, welches der Bw jedoch in keiner Phase des erstinstanzlichen Verfahrens angelastet wurde. Es wurde sohin - bezogen auf den Zeitpunkt der gegenständlichen Kontrolle - keine eindeutige Umschreibung iSd § 44a lit.a VStG vorgenommen.

Beim gegenständlichen Tatvorwurf fehlt sohin ein wesentliches Tatbestandselement und es hat die BH Linz-Land hinsichtlich dieses Tatbestandselementes keinerlei taugliche Verfolgungshandlung iSd § 32 Abs.2 VStG vorgenommen. Nach der Judikatur des VwGH ist es dem unabhängigen Verwaltungssenat als Berufungsbehörde verwehrt, nach Ablauf der sechsmonatigen Frist des § 31 Abs.2 VStG erstmals im Spruch des Berufungsbescheides den Tatvorwurf entsprechend zu ergänzen (vgl VwGH vom 21.12.1988, 85/18/0120). Aufgrund des dargelegten Umstandes ist somit hinsichtlich Faktum 2 infolge eingetretener Verfolgungsverjährung die Strafverfolgung ausgeschlossen und es ist diesbezüglich der Berufung Folge zu geben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen (§ 45 Abs.1 Z3 VStG). I.6. Was die Straffestlegung hinsichtlich Faktum 1 (§ 19 VStG) anbelangt, so hat die Erstbehörde unter Berücksichtigung des gesetzlich festgelegten Strafrahmens (Geldstrafe bis zu 30.000 S) bloß die Ordnungswidrigkeit des Verhaltens gewertet. Diese geringe Geldstrafe ist der Bw auch bei einer Annahme der von ihr im Berufungsschreiben dargelegten Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse durchaus zumutbar. Die BH Linz-Land hat auch die bisherige verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit als strafmildernd gewertet, straferschwerende Umstände werden auch seitens der Berufungsbehörde keine festgestellt. Die hinsichtlich Faktum 1 verhängte Geld- bzw Ersatzfreiheitsstrafe erscheint durchaus als tat- und schuldangemessen. Insbesondere aus spezialpräventiven Gründen ist eine Herabsetzung nicht vertretbar, da die Bw offensichtlich das Unrechtmäßige ihres Verhaltens bisher nicht eingesehen hat.

Die Voraussetzungen für die bloße Erteilung einer Ermahnung (§ 21 VStG) liegen im gegenständlichen Fall nicht vor. Die Erteilung einer Ermahnung wäre dann zulässig, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind. Nur bei kumulativem Vorliegen dieser beiden Tatbestandselemente kann die Behörde von der Verhängung einer Strafe absehen. Aus dem Verfahrensakt geht - unbestritten - hervor, daß die Bw als Unternehmerin über den tatgegenständlichen LKW verfügt und es kommt ihr in dieser Funktion eine besondere Sorgfaltspflicht im Hinblick auf die Einhaltung der kraftfahrrechtlichen Bestimmungen zu. Schon aus diesem Grunde kann bei einer objektiven Betrachtungsweise von einem bloß geringfügigen Verschulden nicht die Rede sein. Besondere Umstände, welche in der Schuldfrage zu berücksichtigen wären, wurden nicht vorgebracht und es konnte im Berufungsverfahren ein Vorliegen solcher Umstände auch nicht festgestellt werden. Mangels Geringfügigkeit des Verschuldens der Bw ist daher die Anwendung des § 21 VStG im vorliegenden Fall nicht zulässig.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

II. Der Kostenausspruch stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.

Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Beilagen Mag. K i s c h Beschlagwortung: § 103 Abs.5 KFG - Die behördliche Befreiung von der Verpflichtung stellt ein - wesentliches - negatives Tatbestandsmerkmal dar.

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