Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-106179/13/Fra/Ka

Linz, 22.12.1999

VwSen-106179/13/Fra/Ka Linz, am 22. Dezember 1999

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 6. Kammer (Vorsitzende: Dr. Klempt, Berichter: Dr. Fragner, Beisitzer: Dr. Langeder) über die Berufung des Herrn B, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 8.2.1999, VerkR96-14965-1997/Mr, betreffend Übertretungen des § 64 Abs.1 KFG 1967 (Spruchpunkt 1) und § 99 Abs.1 lit.b iVm § 5 Abs.4 StVO 1960 (Spruchpunkt 5), zu Recht erkannt:

Der Berufung wird stattgegeben. Das angefochtene Straferkenntnis wird aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt; der Berufungswerber hat keine Verfahrenskostenbeiträge zu zahlen.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24 und 45 Abs.1 Z1 und Z3 VStG; § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis über den Berufungswerber (Bw) unter Spruchpunkt 1 wegen Übertretung des § 64 Abs.1 KFG 1967 gemäß § 134 Abs.1 leg.cit. eine Geldstrafe von 15.000 S (EFS 21 Tage) und unter Spruchpunkt 5 wegen Übertretung des § 99 Abs.1 lit.b iVm § 5 Abs.4 StVO 1960 gemäß § 99 Abs.1 lit.a (gemeint: lit.b) StVO 1960 eine Geldstrafe von 30.000 S (EFS 26 Tage) verhängt, weil

er am 18.9.1997 um 18.25 Uhr in Freindorf auf dem Zirbenweg in Richtung Teichstraße bis zum Objekt Teichstraße Nr. 3 den PKW, Kz.: gelenkt hat, wobei er

1.) nicht im Besitz einer von der Behörde erteilten Lenkerberechtigung für die Gruppe B war, und .........

5.) sich vermutlich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden habe und entgegen der von einem Straßenaufsichtsorgan an ihn gerichteten Aufforderung am 18.9.1997 um 18.50 Uhr in F, Teichstraße , seine Vorführung zur nächstgelegenen mit einem Alkomaten ausgerüsteten Dienststelle zwecks Feststellung des Atemalkoholgehaltes verweigerte.

Ferner wurde gemäß § 64 VStG ein Kostenbeitrag in Höhe von 10 % der verhängten Geldstrafe vorgeschrieben.

2. Über die dagegen rechtzeitig eingebrachte Berufung hat der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich durch die nach der Geschäftsverteilung zuständige Kammer (§ 51c zweiter Satz VStG) erwogen:

2.1. Strittig ist die Lenkereigenschaft. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land - als nunmehr belangte Behörde - stützt das Straferkenntnis auf die Aussagen der Zeugen Manuel K und der Gendarmeriebeamten Insp. H und Insp. B laut Anzeige des Gendarmeriepostens Ansfelden vom 19.9.1997, GZ.-P-388/97-Bl. Die beiden Gendarmeriebeamten wurden zur Berufungsverhandlung nicht geladen, weil sie laut Anzeige bezüglich des Lenkens des gegenständlichen Kraftfahrzeuges keine eigenen Wahrnehmungen gemacht haben. Die Aufforderung des Herrn Insp. B an den Bw, seine Atemluft auf Alkoholgehalt mittels Alkomat überprüfen zu lassen, ist unstrittig. Weiters hat der Bw nie in Abrede gestellt, dass er Alkoholsymptome aufgewiesen hat (vgl. in diesem Zusammenhang auch die Zeugenaussage des Herrn F laut Niederschrift der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 25.11.1997, VerkR96-14965-1997-Mr, über die Vernehmung von Zeugen im Verwaltungsstrafverfahren, wonach dieser Zeuge am Nachmittag des 18.9.1997 Herrn Bauer beim Schleifen seines PKW´s geholfen habe und sie während des Arbeitens ca. 1 1/2 Doppler Wein konsumierten).

Auch der Zeuge F, den der Bw laut Niederschrift der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 25.11.1997, VerkR96-14965-1997, als Entlastungszeuge angab, wurde zur Berufungsverhandlung nicht geladen, weil dieser Zeuge bereits im erstinstanzlichen Verfahren von den Angaben des Bw und seiner Freundin J insofern abwich, als er aussagte, dass der Bw am besagten Nachmittag das gegenständliche Fahrzeug sicher nicht gelenkt hat, weil er (der Zeuge) während der Probefahrten der potenziellen Käufer mit ihm (dem Bw) gemeinsam an einem BMW arbeitete. In seinem Rechtsmittel widerspricht der Bw dieser Aussage insoferne, als er vorbringt, dass Herr F unter Alkoholeinfluss stand und sich mit weiteren am Grundstück befindlichen Personen unterhalten habe. In diesem Zustand sei es leicht möglich gewesen, dass Herr F seine kurze Abwesenheit nicht bemerkt hatte und man ohnehin das ganze Grundstück von der Garage aus nicht vollkommen überblicken könne.

Der Zeuge P sagte laut Niederschrift der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 25.11.1997, VerkR96-14965-1997, über die Vernehmung von Zeugen im Verwaltungsstrafverfahren ua aus, dass am besagten Nachmittag "etwas später" Frau J und Herr B gemeinsam mit dem Fiat auf das besagte Grundstück (gemeint: das Grundstück, wo Herr B an einem Fahrzeug der Marke BMW arbeitete) kamen. Er sah, dass Frau J den PKW lenkte und Herr B am Beifahrersitz saß. Da sich somit der Zeuge P auf dem Grundstück aufhielt, auf dem an einen BMW gearbeitet wurde und lediglich wahrgenommen hat, dass Frau J einen PKW auf dieses Grundstück lenkte und der Bw am Beifahrersitz saß, konnte er naturgemäß keine Angaben darüber machen, wer den gegenständlichen PKW an der Tatörtlichkeit gelenkt hat.

Als wesentliche Zeugen kommen Frau J und Herr K in Betracht. Frau J deshalb, weil sie den Bw im erstinstanzlichen Verfahren insofern entlastet hat, als sie angab, dass sie das verfahrensgegenständliche Fahrzeug zur Tatzeit am Tatort gelenkt hat und der Bw am Beifahrersitz gesessen sei. Herr K gab im erstinstanzlichen Verfahren an, den Lenker des gegenständlichen PKW´s schräg von hinten gesehen zu haben. Dieser hatte blond gefärbte kurze Haare und von der Statur her sei er sich sicher, dass es sich um den Bw gehandelt habe. Im Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat hat Herr K seine Aussage insoferne abgeschwächt, als er angab, nicht mit 100%iger Sicherheit bezeugen zu können, dass der Bw am Fahrersitz gesessen sei, da er ihn nur schräg von der Seite aus gesehen habe.

Der Oö. Verwaltungssenat konnte aufgrund der oa Aussagen nicht mit der für ein Strafverfahren erforderlichen Sicherheit davon überzeugt werden, dass der Bw das gegenständliche Kraftfahrzeug zur Tatzeit am Tatort tatsächlich gelenkt hat. Zusammenfassend ist festzustellen, dass lediglich Herr K im erstinstanzlichen Verfahren den Bw eindeutig belastet hat. Dieser Zeuge hat jedoch - siehe oben - seine Aussage im Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat relativiert. Dieser Aussage steht die eindeutige Aussage von Frau J gegenüber, wonach sie das gegenständliche Fahrzeug gelenkt hat. Auch Frau J hat kurze blonde Haare. Eine Verwechslung dieser Personen kann somit unter den geschilderten Umständen nicht ausgeschlossen werden. Der Oö. Verwaltungssenat konnte daher nicht mit der erforderlichen Sicherheit von der Richtigkeit des Tatvorwurfes überzeugt werden, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.

2.2. Der Tatbestand einer Übertretung gemäß § 99 Abs.1 lit.b iVm § 5 Abs.4 StVO 1960 (Spruchpunkt 5) ist verfolgungsverjährt. Dazu ist Folgendes auszuführen:

Gemäß § 99 Abs.1lit.b StVO 1960 in der hier anzuwendenden Fassung der 19. StVO-Novelle begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit der dort angeführten Strafe zu bestrafen, wer sich bei Vorliegen der im § 5 bezeichneten Voraussetzungen weigert, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen oder sich vorführen zu lassen, oder sich bei Vorliegen der bezeichneten Voraussetzungen nicht der ärztlichen Untersuchung unterzieht.

Nach § 5 Abs.2 2. Satz StVO 1960 sind ua besonders geschulte und von der Behörde hiezu ermächtigte Organe der Straßenaufsicht außerdem (neben der im ersten Satz angeführten Berechtigung) berechtigt, die Atemluft von Personen, die verdächtig sind, in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand

1.) ein Fahrzeug gelenkt zu haben oder

2.) als Fußgänger einen Verkehrsunfall verursacht zu haben, auf Alkoholgehalt zu untersuchen. Nach dem 3. Satz dieses Absatzes hat, wer zu einer Untersuchung der Atemluft aufgefordert wird, sich dieser zu unterziehen.

Nach § 5 Abs.4 StVO 1960 in der erwähnten Fassung sind Organe der Straßenaufsicht berechtigt, Personen, deren Atemluft auf Alkoholgehalt untersucht werden soll (Abs.2), zum Zweck der Feststellung des Atemalkoholgehaltes zur nächstgelegenen Dienststelle, bei der sich ein Atemalkoholmessgerät befindet, zu bringen, sofern vermutet werden kann, dass sie sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befinden oder zur Zeit des Lenkens befunden haben.

Ein Verstoß gegen § 5 Abs.2 und 4 StVO 1960 ist von den die Weigerung, die Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen, betreffenden Worten des § 99 Abs.1 lit.b StVO 1960 umfasst. Aus der Zusammenschau der zitierten Vorschriften der Absätze 2 und 4 des § 5 StVO 1960 ergibt sich nämlich, dass Abs.4 als eine Ausformung der angeführten Bestimmung des Abs.2 anzusehen ist und die Weigerung, sich zum Zwecke der Feststellung des Atemalkoholgehaltes zur nächstgelegenen Dienststelle (bei der sich ein Atemalkoholmessgerät befindet) bringen zu lassen, im Ergebnis eine Verweigerung der Untersuchung der Atemluft auf Alkoholgehalt darstellt. Die bisherige Rechtsprechung des VwGH zu § 5 Abs.2 StVO 1960 in der Fassung vor der 19. StVO -Novelle, wonach der angeordneten Beförderung im Streifenwagen in ein Wachzimmer zum Zwecke der Ablegung des Alkotests Folge zu leisten ist, ist daher bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 5 Abs.4 StVO 1960 weiter anwendbar. Was aber die Worte "sich vorführen zu lassen" im § 99 Abs.1 lit.b StVO 1960 in der Fassung der 19. StVO -Novelle anlangt, so geht der Verwaltungsgerichtshof davon aus, dass damit auf § 5 Abs.5 StVO 1960 in der erwähnten Fassung - betreffend Verbringung zu einem Arzt unter den dort eher angeführten Voraussetzungen - Bezug genommen wird (vgl. dazu VwGH vom 8.11.1996, Zl.96/02/0362).

Zusammenfassend ist daher zu diesem Tatbestand in rechtlicher Hinsicht festzustellen, dass § 5 Abs.4 StVO 1960 als eine Ausformung des Abs.2 anzusehen ist und die Weigerung, sich zum Zwecke der Feststellung des Atemalkoholgehaltes zur nächstgelegenen Dienststelle (bei der sich ein Atemalkoholmessgerät befindet) bringen zu lassen, im Ergebnis eine Verweigerung der Untersuchung der Atemluft auf Alkoholgehalt darstellt.

Es ist ständige Rechtsprechung des VwGH (vgl. ua VwGH vom 7.9.1990, 85/18/0186), dass eine die Verfolgungsverjährung unterbrechende Verfolgungshandlung auch das gemäß § 44a Z1 VStG in den Spruch des Straferkenntnisses aufzunehmende Tatbestandsmerkmal enthalten müsse, dass der Beschuldigte "von einem besonders geschulten und von der Behörde hiezu ermächtigten Organ der Straßenaufsicht" zur Ablegung des Alkotestes aufgefordert worden ist. Dies ist gegenständlich während der Verfolgungsverjährungsfrist und auch später nicht geschehen, weshalb bezüglich des gegenständlichen Tatbestandes Verfolgungsverjährung eingetreten ist.

Aus den genannten Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.

3. Die Kostenentscheidung ist gesetzlich begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500,00 Schilling (entspricht  181,68 Euro) zu entrichten.

Dr. K l e m p t

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