Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-106213/6/Ki/Shn

Linz, 21.04.1999

VwSen-106213/6/Ki/Shn Linz, am 21. April 1999

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufung des Johann K, vom 14. März 1999 gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 23. Februar 1999, Zl. VerkR96-11024-1998, zu Recht erkannt:

Aus Anlaß der Berufung wird der angefochtene Bescheid behoben, der Antrag des Berufungswerbers vom 15. November 1998 auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird als unzulässig zurückgewiesen.

Rechtsgrundlage:

§§ 66 Abs.4 und 71 AVG iVm §§ 24 und 51 VStG

Entscheidungsgründe:

1. Die BH Vöcklabruck konzipierte gegen den Berufungswerber (Bw) wegen einer Übertretung der StVO 1960 eine Strafverfügung (VerkR96-11024-1998 vom 4. August 1998). Diese Strafverfügung wurde am 26. August 1998 beim Postamt 4722 Peuerbach hinterlegt. In der Folge wurde die Strafverfügung an die BH Vöcklabruck mit dem Vermerk "nicht behoben" retourniert.

Offensichtlich auf eine Mahnung im Vollzugsverfahren hin stellte der Rechtsmittelwerber mit Schreiben vom 6. Oktober 1998 bzw vom 15. November 1998 bei der BH Vöcklabruck einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand mit der Begründung, daß es ihm aufgrund seiner Tätigkeit als Kraftfahrer im Fernverkehr nicht möglich sei, hinterlegte Schriftstücke beim Postamt Peuerbach zu beheben. Der Bw legte weiters Belege vor, aus denen hervorgeht, daß er sich während des fraglichen Zeitraumes ausschließlich an Wochenenden an der in der Strafverfügung angeführten Abgabestelle aufgehalten hat.

Mit Bescheid der BH Vöcklabruck vom 23. Februar 1999, VerkR96-11024-1998, wurde dem Antrag des Bw auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand keine Folge gegeben. Begründend wurde argumentiert, daß die Strafverfügung am 24.8.1998 beim Postamt Peuerbach hinterlegt worden sei und von ihm trotz der Tatsache, daß der Postzusteller eine Hinterlegungsanzeige hinterließ, während der Abholfrist nicht behoben wurde. Da es nun keinesfalls so gewesen sei, daß er während der gesamten Abholzeit ortsabwesend gewesen wäre, hätte er jedenfalls Kenntnis davon gehabt, daß am Postamt Peuerbach ein Brief zur Abholung bereit liege und hätte er diesen Brief beheben müssen, wozu er nötigenfalls auch Urlaub in Anspruch hätte nehmen können. Die Versäumung der Einspruchsfrist gehe somit zu seinen Lasten und bestehe kein Grund für eine Wiedereinsetzung des Verfahrens in den vorigen Stand.

2. Gegen diesen Bescheid erhob der Rechtsmittelwerber mit Schreiben vom 14. März 1999 Berufung. Er begründete diese im wesentlichen damit, daß aufgrund seiner Tätigkeit als Kraftfahrer im internationalen Fernverkehr er nur an Samstagen und Sonntagen meistens beschränkt auf den Zeitraum des LKW-Fahrverbotes von Samstag ab 15.00 Uhr bis sonntags 22.00 Uhr an seinem Wohnsitz anwesend sei. Es sei ihm daher nur selten möglich, hinterlegte Briefsendungen fristgerecht abzuholen. Wegen dieser Sachlage habe er die Strafverfügung vom 4.8.1998 nicht entgegen nehmen können. Die in der Begründung des Bescheides vertretene Ansicht für die Behebung von Postsendungen hätte er wenn notwendig Urlaub in Anspruch zu nehmen, könne nur auf völliger Unkenntnis des Geschäftsablaufes und der Arbeitsbedingungen im Transportgewerbe beruhen. Gewerkschaft oder Arbeiterkammer würden genug Fälle kennen, wie schwierig es in dieser Branche sei, in seinem Alter den Arbeitsplatz nicht zu verlieren. Er bezweifle auch, ob es rechtskonform sei, eine Strafverfügung bezahlen zu müssen, die er nicht ausgefolgt bekommen habe und deren Begründung ihm unbekannt sei.

3. Die BH Vöcklabruck hat die Berufung samt Verfahrensakt dem Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt und damit dessen Zuständigkeit ausgelöst. Gemäß der Gesetzeslage ist im vorliegenden Falle durch ein Einzelmitglied zu entscheiden. Von der Durchführung einer Verhandlung wurde gemäß § 51e Abs.3 Z4 abgesehen, weil sich die Berufung gegen einen verfahrensrechtlichen Bescheid richtet und keine Partei die Durchführung einer Verhandlung beantragt hat.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt. Eine telefonische Rückfrage bei der BH Vöcklabruck hat überdies ergeben, daß der Bw zwar von der Existenz der Strafverfügung letztlich wußte, es sei jedoch auszuschließen, daß er die Strafverfügung auch tatsächlich jemals übernommen hat.

5. Nach Durchführung des Ermittlungsverfahrens hat der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich wie folgt erwogen:

Die verfahrensauslösende Strafverfügung wurde am 26. August 1998 beim Postamt 4722 Peuerbach hinterlegt. Aus den vorliegenden Unterlagen geht hervor, daß sich der Bw ausschließlich an Wochenenden (Samstag und Sonntag) an der Abgabestelle aufgehalten hat.

Gemäß § 71 Abs.1 Z1 AVG iVm § 24 VStG ist gegen die Versäumung einer Frist oder einer mündlichen Verhandlung auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in den dort ausgeführten Fällen zu bewilligen.

Im gegenständlichen Fall war daher zu prüfen, ob die Voraussetzungen für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vorliegen. Eine der Voraussetzungen wäre, daß die verfahrensgegenständliche Strafverfügung tatsächlich gegen den Bw erlassen wurde.

Grundsätzlich gilt eine Strafverfügung dann als erlassen, wenn diese ordnungsgemäß zugestellt wurde.

Gemäß § 17 Abs.1 Zustellgesetz ist das Schriftstück im Falle der Zustellung durch die Post, wenn die Sendung an der Abgabestelle nicht zugestellt werden kann und der Zusteller Grund zur Annahme hat, daß sich der Empfänger oder ein Vertreter im Sinne des § 13 Abs.3 regelmäßig an der Abgabestelle aufhält, beim zuständigen Postamt, in allen anderen Fällen aber beim zuständigen Gemeindeamt oder bei der Behörde, wenn sie sich in derselben Gemeinde befindet, zu hinterlegen.

Gemäß § 17 Abs.3 leg.cit. ist die hinterlegte Sendung mindestens zwei Wochen zur Abholung bereitzuhalten. Der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Tag, an dem die Sendung erstmals zur Abholung bereitgehalten wird. Hinterlegte Sendungen gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt. Sie gelten nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, daß der Empfänger oder dessen Vertreter im Sinne des § 13 Abs.3 wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem die hinterlegte Sendung behoben werden könnte.

Entgegen dem Anschein, den der Wortlaut erweckt, kommt es nach der überwiegenden Rechtsprechung für die Zulässigkeit der Ersatzzustellung nicht auf den subjektiven Eindruck des Zustellers an, sondern ausschließlich darauf, ob sich der Empfänger tatsächlich regelmäßig an der Abgabestelle aufhält. Ist das nicht der Fall, darf eine Hinterlegung nach § 17 Zustellgesetz nicht erfolgen, vielmehr ist das Schriftstück dem Empfänger nach § 18 Zustellgesetz nachzusenden; wenn auch das nicht möglich ist, ist es nach § 19 Zustellgesetz der Behörde zurückzustellen (siehe Walter-Thienel, Verwaltungsverfahren, 13. A, S 315).

Der VwGH hat diesbezüglich zu § 16 Abs.5 Zustellgesetz ausgesprochen, daß diese Bestimmung voraussetze, daß sich der Empfänger im Zeitpunkt der Zustellung regelmäßig an der Abgabestelle aufhält. Eine Abwesenheit (etwa von Mittwoch bis Sonntag) erfülle das Tatbestandselement des regelmäßigen Aufenthaltes an der Abgabestelle nicht. Diese mehrtägige Abwesenheit habe die Ersatzzustellung unwirksam gemacht. In diesem Fall sei § 16 Abs.5 nicht anzuwenden. Eine Heilung dieses Mangels sei nur durch das tatsächliche Zukommen des betroffenen Schriftstückes möglich, sodaß damit der Fristenlauf in Gang gesetzt werde (VwGH 95/08/0076 vom 16.5.1995). Diese Rechtsprechung ist auch im Falle einer Hinterlegung der Postsendung zu berücksichtigen.

Wie bereits dargelegt wurde, hat sich der Rechtsmittelwerber, im Zeitpunkt der Zustellung nicht regelmäßig (iSd zitierten Judikatur des VwGH) an der Abgabestelle aufgehalten, sodaß die Strafverfügung vom 4. August 1998 nicht rechtswirksam zugestellt wurde und daher auch gegenüber dem Bw bisher keine Rechtswirkungen entfalten konnte.

Daran ändert auch nichts die Bestimmung des § 7 Zustellgesetz, wonach, wenn bei der Zustellung Mängel unterlaufen, diese als in dem Zeitpunkt als bewirkt gilt, in dem das Schriftstück (Strafverfügung) dem von der Behörde angegebenen Empfänger tatsächlich zugekommen ist, zumal, wie eine Rückfrage bei der BH Vöcklabruck ergeben hat, der Rechtsmittelwerber von der Existenz der Strafverfügung zwar Kenntnis erlangte, das Schriftstück ihm jedoch nie tatsächlich zugekommen ist.

Nachdem somit die Strafverfügung rechtlich nicht existent ist, konnte der Rechtsmittelwerber dagegen auch keinen Einspruch erheben, weshalb eine Fristversäumung nicht vorlag. Demgemäß war der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand als unzulässig zurückzuweisen bzw der angefochtene Bescheid der BH Vöcklabruck zu beheben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Beilage

Mag. K i s c h

Beschlagwortung:

Rechtsunwirksame Zustellung einer Strafverfügung;

Wiedereinsetzungsantrag unzulässig.

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum