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VwSen-106219/13/Gu/Pr

Linz, 14.06.1999

VwSen-106219/13/Gu/Pr Linz, am 14. Juni 1999

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Hans Guschlbauer über die Berufung des W. L., gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz vom 10.2.1999, Zl.S-31000/98-3, wegen Übertretung der StVO 1960 nach der am 18. Mai 1999 in Gegenwart des Beschuldigten durchgeführten mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

Der Rechtsmittelwerber hat als Beitrag zu den Kosten des Berufungs-verfahrens 300 S zu bezahlen.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG, § 5, § 19, § 64 Abs.1 und 2 VStG, § 19 Abs.4 und Abs.7 StVO 1960, § 99 Abs.3 lit.a leg.cit.

Entscheidungsgründe:

Die Bundespolizeidirektion Linz hat den Rechtsmittelwerber mit dem angefochtenen Straferkenntnis schuldig erkannt, am 9.7.1998 gegen 22.17 Uhr in L. von der Straße "I. D." kommend zur Kreuzung mit der B 139, K. B., das Kraftfahrzeug mit dem Kennzeichen gelenkt zu haben und trotz des Vorschriftszeichens "Halt" den Vorrang des Fahrzeuges mit dem Kennzeichen BG verletzt zu haben, weil dessen Lenker zu einem unvermittelten Abbremsen genötigt wurde.

Wegen Verletzung des § 19 Abs.7 StVO iVm § 19 Abs.4 leg.cit. wurde ihm in Anwendung des § 99 Abs.3 lit.a StVO eine Geldstrafe von 1.500 S, im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 48 Stunden und ein erstinstanzlicher 10 %iger Verfahrenskostenbeitrag auferlegt.

In seiner dagegen erhobenen Berufung bekämpft der Rechtsmittelwerber die Beweiswürdigung und begehrt im Ergebnis wegen der Sache nicht bestraft zu werden.

Aufgrund der Berufung wurde am 18.5.1999 eine mündliche Verhandlung durchgeführt und in dieser dem Beschuldigten die Gelegenheit zur Rechtfertigung geboten, sowie der Zeuge Insp. L. vernommen.

In seiner Rechtfertigung tat der Rechtsmittelwerber - ähnlich wie im erstinstanzlichen Verfahren kund, daß er vor dem Vorschriftszeichen "Halt" angehalten habe, und vor dem sich nähernden Fahrzeug in die Kreuzung eingefahren sei, als sich das auf der Bundesstraße befindliche Fahrzeug auf der Höhe des Gasthauses "Sch. A." gefahren sei und somit noch weit genug entfernt gewesen sei. Das Fahrzeug habe sich mit einer Geschwindigkeit von rd. 50 km/h genähert und er habe sich nichts dabei gedacht, daß bei seinem Einfahren damit ein Abbremsen oder eine Gefährdung des bevorrangten Verkehrs verbunden sei.

Dem steht die Aussage des als Zeugen vernommenen Insp. L. gegenüber, der sich im herannahenden Gendarmeriefahrzeug befand und in der mündlichen Verhandlung aussagte, daß der Beschuldigte sein Fahrzeug vor dem Verkehrszeichen "Halt vor Kreuzung" nicht angehalten habe, sondern sein Fahrzeug beschleunigend in die Kreuzung eingefahren sei, um die Fahrt in Richtung Linz aufzunehmen, wobei beim Einbiegen der Abstand des Beschuldigtenfahrzeuges zum herannahenden bevorrangten Fahrzeug nur ca. 20 - 30 m betragen habe und das bevorrangte Fahrzeug mit einer Geschwindigkeit von 50 km/h gefahren sei.

Aus diesem Grund habe der Lenker dieses Fahrzeuges stark abbremsen müssen.

Bei der Würdigung der Beweise - um die maßgeblichen für den Tatbestand relevanten Feststellungen treffen zu können - kam der Oö. Verwaltungssenat letztlich zur Überzeugung, daß der Aussage des vernommenen Zeugen L., der bei einer absichtlich falschen Aussage schwere disziplinäre und vermögensrechtliche Nachteile zu erwarten hätte und darüber hinaus eine mit gerichtlicher Strafe bedrohte Handlung begehen würde, im Verhältnis zu der Möglichkeit des Beschuldigten, sich sanktionslos nach jeder Richtung hin zu verantworten, ein höheres Maß an Glaubwürdigkeit zukam und der Oö. Verwaltungssenat davon ausging, daß der Lenker des herannahenden Gendarmeriefahrzeuges durch das Fahrmanöver des benachrangten Beschuldigten zumindest mittelstark abbremsen mußte und da sich das Gendarmeriefahrzeug auf der Vorrangstraße befand und der Lenker des bevorrangten Fahrzeuges daher nach dem Vertrauensgrundsatz darauf vertrauen durfte, daß der Beschuldigte als Benachrangter den Vorrang respektieren würde, zu einem unvermittelten Bremsen veranlaßt war.

Wenn der Beschuldigte kund tat, daß sich sein Fahrmanöver im Ergebnis noch leicht ausginge, so hat er dabei übersehen, daß das Nötigen zu einem unvermittelten Bremsen bereits bei einem Nötigen zu einer mittleren Betriebsbremsung vorliegt (OGH 24.3.1981, ZVR 1981/274) und auch die Nötigung das Fahrtempo in so gleich einsetzender und durchgehaltener Bremsung um die Hälfte herabzusetzen, nicht mehr mit der geringen Beeinträchtigung verglichen werden kann, die dem Vorrangberechtigten als geringfügige Ermäßigung der Fahrgeschwindigkeit zugemutet werden kann (OGH 12.5.1981, ZVR 1981/276). Im übrigen war auch noch zu bedenken, daß zum Vorrangberechtigten bei einem höchsten leichten Bremsmanöver zum Fahrzeug des Beschuldigten nach ständiger Spruchpraxis der Höchstgerichte auch noch der entsprechende Sicherheitsabstand hätte verbleiben müssen.

In der Zusammenschau der Umstände kam daher der Oö. Verwaltungssenat zur Überzeugung, daß der Beschuldigte gegen die Fahrregel des § 19 Abs.4 iVm Abs.7 StVO 1960 idF der 19. StVO-Novelle verstoßen hat.

Demnach ist dann, wenn vor einer Kreuzung das Vorschriftszeichen "Vorrang geben" oder "Halt" angebracht ist, den sowohl von rechts als auch von links kommenden Fahrzeugen der Vorrang zu geben. Beim Vorschriftszeichen "Halt" ist überdies anzuhalten. Wer keinen Vorrang hat, darf durch Kreuzen, Einbiegen oder Einordnen die Lenker von Fahrzeugen mit Vorrang weder zu unvermitteltem Bremsen noch zum Ablenken ihrer Fahrzeuge nötigen.

Eine Mißachtung dieser Vorschrift ist gemäß § 99 Abs. 3 lit.a StVO 1960 als Verwaltungsübertretung mit Geldstrafe bis zu 10.000 S, im Falle der Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu 2 Wochen zu ahnden.

Da der Rechtsmittelwerber hinsichtlich der Frage der subjektiven Tatseite - des Verschuldens bzw. der Fahrlässigkeit durch Mißachtung der gebotenen Aufmerksamkeit - nichts dartat, was in dieser Hinsicht als entschuldigend hätte angesehen werden können, war der Schuldspruch zu bestätigen.

Was das Strafausmaß anlangt, welches im übrigen nicht unter Beschwerde gezogen wurde, war von Amts wegen zu bedenken:

Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Die objektive Tatseite war durch die erhebliche Verletzung des geschützten Interesses als gewichtig einzustufen, auch die subjektive Tatseite hatte ein beträchtliches Ausmaß, sodaß die Anwendung der Rechtswohltat des § 21 Abs.1 VStG außer Betracht bleiben mußte.

Nachdem über das Gewicht der objektiven Tatseite hinaus keine besonderen Erschwerungsgründe aber auch keine Milderungsgründe vorlagen und die erste Instanz ohnedies ein niedriges Einkommen von 7.000 S, sowie Vermögenslosigkeit angenommen hat, konnte ihr kein Ermessensmißbrauch vorgeworfen werden, wenn sie den Strafrahmen mit 15 % ausgeschöpft hat.

Auch die Ersatzfreiheitsstrafe entspricht dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz.

Nachdem die Berufung keinen Erfolg hatte, ist der Rechtsmittelwerber aufgrund des § 64 Abs.1 und 2 verpflichtet, einen Beitrag von 20 % der bestätigten Geldstrafe zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu bezahlen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2500 S zu entrichten.

Dr. G u s c h l b a u e r

Beschlagwortung: Bereits beim Nötigen zu einer mittleren Betriebsbremsung liegt eine Vorrangverletzung vor

 

 

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