Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-106230/8/Fra/Ka

Linz, 27.05.1999

VwSen-106230/8/Fra/Ka Linz, am 27. Mai 1999

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Fragner über die Berufung des Herrn B, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 11.2.1999, VerkR96-4692-1997/ah, wegen Übertretung der StVO 1960, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 19.5.1999, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird stattgegeben. Das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG eingestellt; der Berufungswerber hat keine Verfahrenskostenbeiträge zu zahlen.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG; § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Schärding hat mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis über den Berufungswerber (Bw) wegen Übertretung des § 52 Z10a StVO 1960 gemäß § 99 Abs.3 lit.a leg.cit. eine Geldstrafe von 2.000 S (EFS 2 Tage) verhängt, weil er am 6.7.1997 gegen 16.32 Uhr das Motorrad mit dem Kz.: auf der Nibelungenbundesstraße 130 in Fahrtrichtung Engelhartszell gelenkt hat, wobei er bei km 42,323 die erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h abzüglich der Verkehrsfehlergrenze um 37 km/h überschritten hat (Vorschriftszeichen "60 km/h erlaubte Höchstgeschwindigkeit" war deutlich und sichtbar aufgestellt). Ferner wurde gemäß § 64 VStG ein Kostenbeitrag in Höhe von 10 % der verhängten Geldstrafe vorgeschrieben.

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig durch den ausgewiesenen Vertreter bei der Strafbehörde eingebrachte Berufung. Die Bezirkshauptmannschaft Schärding - als nunmehr belangte Behörde - legte das Rechtsmittel samt bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vor, der, weil eine 10.000 S nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied entscheidet (§ 51c VStG).

3. Der Berufungswerber ficht das Straferkenntnis seinem gesamten Inhalt nach an und beantragt das Verfahren einzustellen.

Unter dem Aspekt der Mangelhaftigkeit des Verfahrens bringt der Bw vor, die Einvernahme der Zeugen W und P zum Beweise dafür beantragt zu haben, welche Umstände vorhanden waren, daß eine Lasermessung durch das geschlossene Fenster (im Hochsommer) erforderlich war. Dieser Antrag sei nicht erledigt worden. Man habe sich auch mit der Tatsache nicht beschäftigt, daß es offensichtlich nicht egal sein kann, wenn zwischen Lasergerät und Eichschein Differenzen auftreten. Es sei die Frage aufgeworfen worden, welches Gerät verwendet worden ist. Nachdem sich herausgestellt hatte, daß die Radarmessung durch eine geschlossene Fensterscheibe erfolgte, habe sich die Nummer plötzlich geändert. Mit Eingabe vom 5.3.1998 sei auf die Unrichtigkeit des Meßprotokolles hingewiesen worden. Erstmalig in der Einvernahme des Zeugen W vom 9.3.1998 habe sich herausgestellt, daß durch die Fensterscheiben gemessen wurde und daß ein Lasergerät der Bauart LTI 20.20 TS/KM verwendet wurde. Dann habe sich plötzlich dieses Gerät auf eine Marke TS/KM-E, geändert, wobei eben genau jenes "E" fehlte.

Unter dem Aspekt der unrichtigen Beweiswürdigung und Tatsachenfeststellung bringt der Bw vor, daß es gerade absurd erscheine, daß ein Gendarmeriebeamter während der Verkehrsüberwachung - so die Anzeige - sich in einem geschlossenen Raum aufhält und durch die geschlossenen Fensterscheiben den Verkehr "überwacht". Könnte man im Winter bei schlechtesten Witterungsverhältnissen eine solche Tatsache noch zur Kenntnis nehmen, erscheine die Vorgangsweise im Hochsommer geradezu "eklatant unglaubwürdig und geradezu an den Haaren herbeigezogen". Der Gendarmeriebeamte habe offensichtlich bei seiner Einvernahme vor der Erstbehörde am 9.3.1998 "das Motorrad, welches der Beschuldigte lenkte, aus Passau kommend" bemerkt; offensichtlich erst später sei ihm eingefallen, daß er von diesem Fenster aus das Motorrad nicht gesehen hat oder gar nicht sehen konnte, sodaß dieser Passus gestrichen wurde. Nachdem auch die Bauart und Type des Lasergerätes bei dieser Einvernahme nicht stimmte (es fehlte das "E"), sei die Beweiswürdigung der Behörde praktisch zerstört und könne davon, daß die zeugenschaftlichen Angaben als ausreichend erwiesen sind, keine Rede mehr sein. Wenn der Gendarmeriebeamte nämlich gar nicht in der Lage war, durch Blicke in Richtung Passau das Motorrad wahrzunehmen, dann ergebe sich die entscheidende Frage, warum dieser Passus in der Einvernahme des Gendarmeriebeamten hineingekommen ist und erst später gestrichen wurde. Der Beamte könne es nicht erzählt haben, offensichtlich sei man im letzten Moment auf diesen katastrophalen Fehler aufmerksam geworden und habe dann die Streichung vorgenommen. Der Hinweis auf ein höheres Motorgeräusch sei beim Hubraum und dem Volumen der von ihm gelenkten Maschine so weit an den Haaren herbeigezogen, daß man nicht weiter darauf eingehen könne. Bei dem von ihm gelenkten modern ausgestatteten Motorrad sei ein solcher Versuch, im Geschwindigkeitsbereich zwischen 70 und 100 km/h akustisch zu unterscheiden, geradezu lächerlich. Es handle sich ja nicht um ein Moped oder sonstiges hochtouriges Fahrzeug, sodaß das Hören "höherer Motorgeräusche" durch den Gendarmeriebeamten als Erreger einer höheren Aufmerksamkeit ausscheidet.

Unter dem Aspekt der unrichtigen rechtlichen Beurteilung bringt der Bw vor, daß bei sämtlichen von ihm angeführten Argumenten es sich um solche handle, die durch die Gesetze der Logik und Erfahrung nachvollziehbar seien. Ein Vergleich der Zeugenaussagen, der Dokumentation über das verwendete Lasergerät, die Vorgangsweise bei der Messung (geschlossenes Fenster bei größter Hitze im Hochsommer), seien insgesamt Argumente, die mit der allgemeinen Lebenserfahrung eines Durchschnittskraftfahrers nicht in Einklang zu bringen sind. Die Messung sei daher kein Beweis.

4. Aufgrund des Berufungsvorbringens hat der Oö. Verwaltungssenat nach Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 19.5.1999 in Verbindung mit einem Lokalaugenschein erwogen:

Der Oö. Verwaltungssenat geht aufgrund der Zeugenaussage des Meßorganes Rev.Insp. Wiesinger bei der öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 19.5.1999 an Ort und Stelle davon aus, daß sich dieser bei der Messung im Gebäude des ehemaligen Zollamtes Felsen-Hütt befand. Seine Blickrichtung war auf die B 130 in Richtung Engelhartszell. Er hat die Messung bei geschlossenem Fenster und bei geschlossener Tür durchgeführt. In Richtung Passau besteht keine Sichtmöglichkeit. An der Längsseite des Gebäudes zur B 130 befindet sich ebenfalls ein Fenster, das allerdings nicht geöffnet werden kann. Der Raum, in dem sich das Meßorgan aufhielt, ist donauseitig gelegen. Ob die Tür zum straßenseitigen Raum offen oder geschlossen war, steht nicht fest. Das Meßorgan hatte das Lasergerät auf einem Stativ fix befestigt und auf einen bestimmten Punkt des rechten Fahrstreifens der B 130 in Richtung Engelhartszell eingestellt. Das heißt, dieses Gerät war nicht schwenkbar. Das Meßorgan führte aus, das Fahrzeug genau in diesem Moment gemessen zu haben, als es diesen Punkt passierte. Aufgrund der Fixierung des Gerätes auf einem Stativ konnte dieses einem Fahrzeug nicht "nachgezogen" werden.

Aufgrund dieses als erwiesen festgestellten Sachverhaltes sind dem Oö. Verwaltungssenat Zweifel darüber entstanden, ob das Meßorgan das Motorengeräusch tatsächlich - wie er dies behauptet - bereits im Heranfahren gehört hat, denn es ist zu bedenken, daß sich der Meldungsleger in diesem Gebäude - wie oben beschrieben - bei geschlossenen Fenstern und Türen aufhielt und auch keine Sichtmöglichkeit auf den herannahenden Motorradfahrer hatte. Der vom Meßorgan fixierte Meßpunkt befindet sich laut Anzeige 47 m vom Zollgebäude entfernt. Die Messung erfordert aufgrund der Fixierung des Meßgerätes auf diesen Punkt eine enorme Präzision und Konzentration durch das Meßorgan, weil ein Fahrzeug diesen Punkt in Sekundenbruchteilen durchfährt. Das Meßorgan hatte aufgrund der Fixierung des Gerätes keine Möglichkeit, das Fahrzeug ab Passieren des Gebäudes zu erfassen und das Gerät "nachzuziehen". Zu bedenken ist weiters, daß es sich bei dem gemessenen Fahrzeug um ein Motorrad handelte, das wesentlich schwerer zu erfassen ist, als ein mehrspuriges Fahrzeug. Der Bw bestritt bereits bei der Anhaltung die ihm zur Last gelegte Geschwindigkeitsübertretung und führte bei der Berufungsverhandlung ua aus, die Strecke, die er öfters befahre, zu kennen, sich an die Geschwindigkeitsbeschränkungen zu halten. Sein Motorrad wies einen Kettenschaden auf. Er habe den gegenständlichen Streckenbereich mit mittleren Touren durchfahren. Als weiteren entscheidungswesentlichen Umstand stellt der Oö. Verwaltungssenat fest, daß dem Bw die Geschwindigkeit laut Anzeige nie gezeigt wurde und hier, falls ein Übermittlungsfehler an das Anhalteorgan passiert sein sollte, dieser aufgrund fehlenden Erinnerungsvermögens des Meßorganes nicht mehr aufklärbar ist.

Der Oö. Verwaltungssenat konnte daher aufgrund des Ergebnisses der Berufungsverhandlung nicht mit der für ein Verwaltungsstrafverfahren erforderlichen Sicherheit von der Beweiskraft der Geschwindigkeitsmessung überzeugt werden, weshalb in Anwendung des Grundsatzes "in dubio pro reo" entschieden wurde.

5. Die Kostenentscheidung ist gesetzlich begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Dr. F r a g n e r

 

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