Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-106254/2/Le/Km

Linz, 09.08.1999

VwSen-106254/2/Le/Km Linz, am 9. August 1999

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Leitgeb über die Berufung der B E, vertreten durch Rechtsanwälte S, D und P, gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz vom 1.3.1999, GZ: III/S 30941/97 V1P SE, wegen Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960 zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straf-erkenntnis vollinhaltlich bestätigt.

II. Die Berufungswerberin hat einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in Höhe von 100 S zu entrichten.

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl.Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 19, 51 Abs.1, 51c und 51e Abs.3 des Verwaltungsstraf-gesetzes 1991 - VStG, BGBl.Nr. 52/1991 idgF.

Zu II.: § 64 Abs.1 und Abs.2 VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz vom 1.3.1999 wurde über die nunmehrige Berufungswerberin wegen Übertretung des § 38 Abs.8 iVm § 38 Abs.5 Straßenverkehrsordnung 1960 (im folgenden kurz: StVO 1960) eine Geldstrafe in Höhe von 500 S (Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 12 Stunden) verhängt; gleichzeitig wurde sie zum Ersatz der Verfahrenskosten in Höhe von 10 % der verhängten Strafe verpflichtet.

Im einzelnen wurde ihr vorgeworfen, sie habe am 13.9.1997 gegen 23.00 Uhr in L, an einer näher bezeichneten Straßenstelle als Fußgängerin bei rotem Licht der für Fußgänger bestimmten Lichtzeichenregelung die Fahrbahn betreten.

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung vom 18.3.1999, mit der beantragt wird, das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

In der Begründung behauptete die Berufungswerberin, die erstinstanzliche Behörde habe das angefochtene Straferkenntnis willkürlich, in Außerachtlassung der gebotenen Grundsätze der Tatsachenfeststellungen sowie der Beweiswürdigung in rechtlich unrichtiger Weise gefaßt.

Nach einer Wiedergabe des Inhaltes des Verwaltungsstrafverfahrens versuchte die Berufungswerberin die einzelnen Zeugenaussagen zu widerlegen. Sie behauptete die Zeugen I, B und C hätten nicht gesehen, daß sie bei Rotlicht die Fahrbahn betreten hätte. Die Aussage der Zeugin V sei von der Erstbehörde falsch gewürdigt worden.

Sie behauptete weiter, daß sich die Pkw-Lenker B und M kennen würden. Die Möglichkeit, daß beide noch in der Gelblichtphase der Verkehrsampel angefahren sind, sei unbeachtet geblieben. Die Aussagen von Cl, B und M würden die Annahme höherer Anfahrgeschwindigkeiten rechtfertigen; sie ließen auch den Schluß zu, daß es sich um ein "Straßenrennen" der jungen Verkehrsteilnehmer M und B gehandelt habe.

Dies alles hätte die Erstbehörde unberücksichtigt gelassen.

3. Die Bundespolizeidirektion Linz hat die Berufung und den zugrundeliegenden Verwaltungsakt dem unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt; eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen.

Da aus dem vorgelegten Verwaltungsakt ein für die spruchgemäße Entscheidung ausreichend ermittelter Sachverhalt hervorgeht, konnte von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

3.1. Da aus dem vorgelegten Verwaltungsakt ein für die spruchgemäße Entscheidung ausreichend ermittelter Sachverhalt hervorgeht, konnte die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung entfallen. Dies auch unter dem Aspekt, daß die Aussagen der Zeugen den Sachverhalt eindeutig belegen und die Berufungswerberin letztlich außer Vermutungen und Hypothesen dem Tatvorwurf und dem Beweisergebnis nichts entgegensetzen konnte.

3.2. Der Beurteilung der Angelegenheit wird vor allem der von der Zeugin E V beobachtete Sachverhalt zugrundegelegt. Frau V war als Taxilenkerin unterwegs und hatte - im Gegenverkehr vor dem Unfallenker A M und dem links neben ihm fahrenden A B - wegen Rotlicht der Verkehrsampel angehalten. Sie beobachtete den vor ihr liegenden Schutzweg, der über die O D führt. Dabei stellte sie fest, daß die Fußgängerampel auf "Rot" umschaltete. Sie beobachtete zwei bis drei jugendliche Personen, die trotz Rotlicht der Fußgängerampel die Fahrbahn betraten und im Laufschritt die Fahrbahn zu überqueren versuchten. Noch bevor die Jugendlichen den anderen Teil der Fahrbahn für den Gegenverkehr erreichten, schaltete die Verkehrsampel für den Fahrzeugverkehr auf Grünlicht und die Fahrzeuge im Gegenverkehr setzten sich sofort in Bewegung. Dabei bemerkte der auf dem linken Fahrstreifen fahrende Fahrzeuglenker A B die Fußgänger und konnte seinen Beschleunigungsvorgang noch rechtzeitig abbremsen und vor den Fußgängern zum Stillstand kommen. Der rechts neben ihm losfahrende A M, dem offensichtlich durch das Fahrzeug des A B die Sicht nach links auf die Jugendlichen verdeckt war, konnte sein Fahrzeug nicht mehr rechtzeitig abbremsen und kollidierte mit der nunmehrigen Berufungswerberin.

Die Zeugin V beobachtete die Berufungswerberin somit vom Betreten des Schutzweges an bis zum Zeitpunkt der Kollision. Bei ihrer niederschriftlichen Vernehmung vor der Bundespolizeidirektion Linz am 27.9.1997 gab sie wörtlich folgendes an: "Eine Fußgängerin ist nicht wie die beiden anderen stehen geblieben, sondern sie lief weiter. Dabei rannte sie gegen den am rechten Fahrstreifen stadteinwärts fahrenden Pkw, der ebenfalls nach seiner Bremsung nach dem Schutzweg zum Stillstand gekommen war."

Der links neben dem Unfallenker M fahrende A B gab vor der Bundespolizeidirektion Linz am 6.10.1997 an, daß er, nachdem die Verkehrsampel für seine Fahrtrichtung auf Grün umgeschaltet hatte, er sowie der rechts neben ihm befindliche Fahrzeuglenker losfuhren und beschleunigten. In der Nähe des Schutzweges bemerkte er plötzlich, daß von links Jugendliche die O D laufend überqueren wollten. Er leitete eine starke Bremsung ein und es gelang ihm, vor der weiterlaufenden Fußgängerin zum Stillstand zu kommen. Der Lenker des Fahrzeuges rechts von ihm dürfte aufgrund seines Fahrzeuges die Fußgängerin etwas später gesehen haben. Er bremste zwar auch stark, kam jedoch erst etwas nach seinem Fahrzeug zum Stillstand. Die Fußgängerin lief gegen die linke vordere Seite dieses Fahrzeuges und wurde noch auf die Fahrbahn geschleudert, wo sie kurz liegen blieb.

Diese vor der Bundespolizeidirektion Linz abgegebene Aussage bestätigte er vor dem Gemeindeamt H am 26.3.1998, als er von dort über Ersuchen der Bundespolizeidirektion Linz zeugenschaftlich vernommen wurde.

Auch der bei ihm mitfahrende R Cl bestätigte diese Angaben. Auch er wies darauf hin, daß Fußgänger von links nach rechts die O D überqueren wollten, diese liefen und auf ankommende Fahrzeuge nicht achteten. B hätte stark gebremst und es sei ihm gelungen, vor einer weiterlaufenden Fußgängerin zum Stillstand zu kommen. Der Lenker des rechts neben ihnen fahrenden Pkws hätte die Fußgängerin etwas später bemerkt. Trotz Vollbremsung kam er etwas versetzt nach ihrem Pkw zum Stillstand. Die Fußgängerin war gegen die linke Seite dieses Fahrzeuges gelaufen und wurde zu Boden gestoßen.

Im Rahmen des Ermittlungsverfahrens holte die Erstbehörde auch das Gutachten eines kraftfahrtechnischen Amtssachverständigen ein, der unter Berücksichtigung der Fotos, Lagepläne, Laufzeiten, Liste der Verkehrslichtsignalanlage sowie der VLSA-Phasen-Pläne zum Ergebnis kam, daß die Fußgängerin den Schutzweg zweifelsfrei in der Rotlichtphase betreten hatte.

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Im Verwaltungsstrafverfahren steht den Parteien gemäß § 51 Abs.1 VStG das Recht der Berufung an den unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat.

Daraus ergibt sich die Zuständigkeit des Oö. Verwaltungssenates.

Wenn in dem mit Berufung angefochtenen Bescheid weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, entscheiden die unabhängigen Verwaltungssenate in den Ländern durch Einzelmitglied. Ansonsten entscheiden sie, abgesehen von den gesetzlich besonders geregelten Fällen, durch Kammern, die aus drei Mitgliedern bestehen.

Da im vorliegenden Verfahren die Berufungswerberin mit einer Geldstrafe in Höhe von 500 S bestraft wurde, war zur Durchführung des Verfahrens das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied berufen.

4.2. Der unter 3.2. dargestellte Sachverhalt ist durch die Aussagen der Zeugen E V, A B, R C und M I belegt. Der kraftfahrtechnische Sachverständige kam in seinem Gutachten zum Ergebnis, daß aufgrund der Phasen-Pläne und der Entfernungen die Berufungswerberin den Schutzweg zu einem Zeitpunkt betreten haben mußte, als die für sie geltende Verkehrsampel bereits für sie "Rot" zeigte. Dabei legte der Sachverständige eine Geh-Geschwindigkeit von 4 km/h zugrunde. Bei einer solchen Geh-Geschwindigkeit benötigt ein Fußgänger zum Queren des 16 m langen Schutzweges eine Zeit von 14,4 sec. Der Sachverständige errechnete, daß dann, wenn die Fußgängerin zum letztmöglichen Zeitpunkt der Grünphase den Schutzweg betreten hätte, sie schon ca. 5 sec auf der gegenüberliegenden Straßenseite gewesen wäre, als der Fahrzeuglenker den Schutzweg erreicht hat.

Damit hat der Sachverständige die eigenen Angaben der Berufungswerberin berechnet, wonach sie die Straße mit "normaler Geh-Geschwindigkeit überquert und dabei nicht getrödelt" hätte.

Umso mehr treffen die Ausführungen des Sachverständigen zu, wenn - wie die Zeugen übereinstimmend aussagen - die verletzte Fußgängerin gelaufen war. Durch das Laufen verringert sich die Zeit, die zum Überqueren der Fahrbahn bestimmt ist und es wurde auch von der Berufungswerberin die Fahrbahn nicht überquert, sondern kam es bereits im Bereich des rechten Fahrstreifens, also noch vor dem Erreichen des Fahrbahnrandes, zum Anstoß. Dies bedingt, daß die Berufungswerberin jedenfalls bei Rotlicht die Fahrbahn betreten hat.

Die Berufungswerberin hat diesen Beweisen außer ihrer eigenen Aussage nichts entgegenzusetzen. Ihre Versuche, die Glaubwürdigkeit der Zeugen in Frage zu stellen, sind untauglich: Aus der Schilderung der Zeugin E V ist eindeutig ersichtlich, welche Ampeln diese beobachtet hatte und daß die Berufungswerberin jedenfalls bei Rotlicht der für sie geltenden Fußgängerampel den Schutzweg betreten hat. Es entspricht der allgemeinen Lebenserfahrung, daß Taxilenker schon berufsbedingt das Verkehrsgeschehen um sich sehr genau beobachten, weshalb die Aussage dieser Zeugen auch entsprechend detailliert ist.

Geradezu abenteuerlich klingt die in der Berufung vorgebrachte Behauptung, die Fahrzeuglenker B und M hätten sich ein "Straßenrennen" geliefert: Aus dem aufgenommenen Sachverhalt ist daraus nichts erkennbar, insbesonders wäre dies wohl den Zeugen V und I aufgefallen und hätten diese diesen Umstand der Polizei gegenüber erwähnt. Überdies könnte auch dieser Umstand, selbst wenn er zutreffen würde, an der Tatsache nichts ändern, daß die Berufungswerberin die Fahrbahn bereits bei Rotlicht der für sie geltenden Ampel betreten hat. (Siehe hiezu die Aussage der Zeugin V sowie das Sachverständigengutachten).

Weiters haben auch die Zeugen B und C, die beide am Verkehrsunfall nicht beteiligt waren, angegeben, daß sie bei Grünlicht der für sie geltenden Verkehrsampel weggefahren sind. Beide haben angegeben, daß eine Fußgängerin weiter gelaufen war. Dabei handelte es sich um die Berufungswerberin.

Somit ist auch durch die Aussage dieser Zeugen die Darstellung der Zeugen V sowie das Sachverständigengutachten bestätigt.

Schließlich hat auch der Zeuge M I, der nächst der Kreuzung mit der H stand und zur Donau blickte, wahrgenommen, daß zwei Fahrzeuge auf der O D bei Grünlicht fuhren und diese beiden stark abgebremst wurden, als sie sich dem Schutzweg näherten. Er sah erst nach dem Anstoß auf die Fußgängerampel und sah dort Rotlicht. Aus dieser Aussage kann zwar dafür nichts gewonnen werden, ob die Berufungswerberin den Schutzweg bei Rotlicht betreten hat, doch ist diese Zeugenaussage nicht geeignet, die Aussage der Zeugin V oder das Gutachten in Frage zu stellen.

Der Berufungswerberin ist es nicht gelungen, die Beweislage zu entkräften. Sie hat diesen Beweisen außer ihren eigenen Behauptungen nichts entgegensetzen können. Es ist ihr auch nicht gelungen, eine Unschlüssigkeit des Sachverständigengutachtens oder Unglaubwürdigkeiten oder Unschlüssigkeiten in den Zeugenaussagen aufzuzeigen. Für ihre Behauptung, daß sich die Fahrzeuglenker M und B kennen würden, ist sie ebenfalls einen Beweis schuldig geblieben. Aus dem Verwaltungsgeschehen ist dafür kein Hinweis zu entnehmen. Im übrigen wurde auch nicht dargelegt, was ein persönliches Kennen dieser beiden Fahrzeuglenker untereinander auf den festgestellten Sachverhalt für Auswirkungen haben sollte.

Es ist daher davon auszugehen, daß der von der Erstbehörde festgestellte Sachverhalt zutrifft und die aufgenommenen Beweise richtig gewürdigt wurden.

4.3. Damit aber mußte die bereits im erstinstanzlichen Straferkenntnis hinreichend dargelegte Rechtsfolge eintreten, zumal die StVO 1960 es in der besagten Gesetzesstelle Fußgängern verbietet, bei Rotlicht der für sie geltenden Verkehrslichtsignalanlage die Fahrbahn zu betreten.

Verschulden ist zumindest in Form der Fahrlässigkeit anzunehmen (§ 5 Abs.1 VStG). Die Berufungswerberin hat es unterlassen, glaubhaft zu machen, daß sie an der Übertretung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Damit aber steht fest, daß die Berufungswerberin das ihr angelastete Delikt verwirklicht hat.

4.4. Die Überprüfung der Strafbemessung ergab, daß diese entsprechend den Grundsätzen des § 19 VStG vorgenommen wurde. Eine Strafe in der verhängten geringen Höhe ist ausreichend, aber auch erforderlich, um der Berufungswerberin das Unrecht ihrer Tat vor Augen zu halten und sie künftighin vor weiteren derartigen Übertretungen hintanzuhalten.

Ein Absehen von der Strafe oder ein Ausspruch einer Ermahnung kamen wegen der doch gravierenden Beeinträchtigung der Verkehrssicherheit aus spezial- und generalpräventiven Erwägungen nicht in Betracht.

Zu II.:

Gemäß § 64 Abs.1 und 2 VStG ist in jeder Entscheidung eines unabhängigen Verwaltungssenates, mit der ein Straferkenntnis bestätigt wird, auszusprechen, daß der Bestrafte einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu leisten hat, der mit weiteren 20 % der verhängten Strafe zu bemessen ist. Da eine Geldstrafe in Höhe von 500 S verhängt wurde, beträgt der Verfahrenskostenbeitrag für das Berufungsverfahren 100 S.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Dr. Leitgeb

Beschlagwortung:

Fußgänger; Beweiswürdigung; Rotlicht

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