Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-106257/10/BI/FB

Linz, 15.06.1999

VwSen-106257/10/BI/FB Linz, am 15. Juni 1999

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung der Frau M S, W, T, vom 22. März 1999 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 2. Februar 1999, VerkR96-9760-1998, wegen Übertretung des Führerscheingesetzes, auf Grund des Ergebnisses der am 10. Juni 1999 durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren "in dubio pro reo" ohne Verpflichtung zur Leistung von Verfahrenskostenbeiträgen eingestellt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51i, 45 Abs.1 Z1 und 66 VStG, §§ 1 Abs.3 iVm 37 Abs.4 FSG

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat mit dem angefochtenen Straferkenntnis über die Beschuldigte wegen der Verwaltungsübertretung gemäß §§ 1 Abs.3 iVm 37 Abs.4 Führerscheingesetz eine Geldstrafe von 10.000 S (336 Stunden EFS) verhängt, weil sie am 10. Juni 1998 um 17.45 Uhr den PKW auf der B aus Richtung V kommend in Richtung V gelenkt habe und in T auf Höhe des Hauses L 3 festgestellt worden sei, daß sie einen PKW gelenkt habe, obwohl sie derzeit nicht im Besitz einer gültigen Lenkerberechtigung sei, weil ihr diese mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 23. Februar 1998, Zl. VerkR01-118-1998, entzogen worden sei.

Gleichzeitig wurde ihr ein Verfahrenskostenbeitrag von 1.000 S auferlegt.

2. Dagegen hat die Rechtsmittelwerberin fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Am 10. Juni 1999 wurde eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung in Anwesenheit der Rechtsmittelwerberin, des Meldungslegers RI P und des Zeugen W L durchgeführt. Die Erstinstanz war nicht vertreten. Der Zeuge RI P war wegen eines länger dauernden Krankenhausaufenthaltes entschuldigt.

3. Die Rechtsmittelwerberin macht im wesentlichen geltend, nicht sie habe den PKW zum damaligen Zeitpunkt gelenkt, sondern der Zeuge L. Dieser habe ihre Größe und ebenfalls dunkle schulterlange Haare. Auf Grund der Ähnlichkeit im Profil sei eine Verwechslung nicht auszuschließen, zumal sie ihm damals den PKW zur Verfügung gestellt habe.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz, sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung, bei der die Rechtsmittelwerberin gehört und der Zeuge und der Meldungsleger einvernommen wurden.

Der Rechtsmittelwerberin wird vorgeworfen, am 10. Juni 1998 den PKW gelenkt zu haben, obwohl ihr die Lenkerberechtigung vom 27. Februar 1998 bis 27. Jänner 1999 mit Bescheid der Erstinstanz entzogen worden war, sodaß sie am 10. Juni 1998 - unbestritten - nicht in Besitz einer gültigen Lenkerberechtigung war.

Der Meldungsleger RI P hat ausgesagt, er sei damals mit RI P S gefahren, wobei beide Beamte vorher des öfteren mit dem Gatten der Rechtsmittelwerberin zu tun hatten, sodaß ihnen diese und auch der PKW bekannt gewesen seien. Außerdem sei seitens der Erstinstanz eine Ausfertigung des Bescheides über den Entzug der Lenkerberechtigung der Rechtsmittelwerberin an den GP T gesendet worden, sodaß sein Kollege und er vom Entzug der Lenkerberechtigung gewußt hätten.

Bei der Fahrt auf der B in T auf Höhe des Hauses L sei ihnen der PKW entgegengekommen und sowohl er als auch sein Kollege hätten die Rechtsmittelwerberin als Lenkerin erkannt. Er habe damals den Streifenwagen gelenkt und sei der Lenkerin deshalb noch näher gewesen. Beide Beamte seien sich aber nicht sicher gewesen, ob der Entzug der Lenkerberechtigung noch aufrecht sei, sodaß sie über Funk beim GP T nachgefragt hätten. Der dort diensthabende RI S habe ihnen, ohne nachzusehen, gesagt, die Rechtsmittelwerberin habe ihre Lenkerberechtigung schon wieder. Deshalb sei die Streife beendet worden, ohne daß eine Nachfahrt oder Anhaltung durchgeführt worden sei. Erst später beim GP T habe der Meldungsleger Einsicht in den Bescheid genommen und festgestellt, daß die Rechtsmittelwerberin nach wie vor nicht über eine gültige Lenkerberechtigung verfüge. Zu diesem Zeitpunkt sei es aber zu spät für irgendwelche Erhebungen gewesen.

Der Meldungsleger hat nach eigenen Angaben den Zeugen L noch nie gesehen. Er hat ausgesagt, er könne sich an eine Reaktion der Lenkerin beim Passieren des Gendarmeriefahrzeuges nicht mehr erinnern, verneinte aber, daß er sich zu sehr auf den PKW konzentriert und deshalb die Rechtsmittelwerberin automatisch für die Lenkerin gehalten habe. Er bestätigte, er hätte keine Anzeige erstattet, wenn er sich nicht sicher gewesen wäre, allerdings wäre das sicherste Mittel zur Feststellung des Lenkers doch eine Nachfahrt und Anhaltung gewesen.

Nach übereinstimmender Verantwortung der Rechtsmittelwerberin und der Aussage des Zeugen L hatte dessen PKW zu dieser Zeit einen Motorschaden und, weil der PKW der Rechtsmittelwerberin wegen des Entzuges der Lenkerberechtigung ohnehin ungenutzt zu Hause gestanden wäre, borgte er sich den PKW fast den ganzen Juni 1998 aus. Der Zeuge ist nach eigenen Angaben der Freund einer (in L wohnenden) Freundin der Rechtsmittelwerberin, wohnt in G, hat jedoch öfters in V zu tun, insbesondere beim Einkaufen uä. Er konnte aber nichts darüber aussagen, wohin er zum Vorfallszeitpunkt unterwegs gewesen sei.

Schon aus dem erstinstanzlichen Verfahrensakt geht hervor, daß die Rechtsmittelwerberin nach Erhalt der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 2. Juli 1998 ladungsgemäß mit dem Zeugen zur Erstinstanz gekommen ist und beide ausgesagt haben, der Zeuge sei der Lenker des PKW gewesen.

Die Rechtsmittelwerberin bemängelte, daß nicht sofort eine Anhaltung stattgefunden habe und daß bei Ansichtigwerden des PKW die Beamten sofort sie als Lenkerin verdächtigt hätten, ohne den Lenker genau anzusehen.

Festgestellt wurde bei der Verhandlung, daß tatsächlich die Rechtmittelwerberin und der Zeuge dunkle Haare haben, die sie hinten länger tragen. Eine gewisse Ähnlichkeit ist sicher vorhanden, wobei auch bei ihren Aussagen letztlich kein Anhaltspunkt für Zweifel an deren Wahrheitsgehalt zu finden war.

Auf der anderen Seite bestand auch beim Meldungsleger, der ebenso wie der Zeuge L unter der Wahrheitspflicht des § 289 StGB stand, kein Zweifel an seiner Korrektheit und Unvoreingenommenheit und somit der Glaubwürdigkeit seiner Aussage.

Der unabhängige Verwaltungssenat gelangt in freier Beweiswürdigung zu der Auffassung, daß eine eindeutige Aussage über den tatsächlichen Lenker des PKW am 10. Juni 1998 um 17.45 Uhr auf der Grundlage der mündlichen Verhandlung nicht möglich ist. Auf Grund der Ähnlichkeit der Rechtsmittelwerberin mit dem Zeugen L ist durchaus möglich, daß der Meldungsleger den ihm unbekannten Zeugen für die Rechtsmittelwerberin gehalten hat, weil er den ihm bekannten PKW gesehen und gar nicht an die Möglichkeit, daß eine ihm völlig unbekannte Person diesen lenken könnte, gedacht hat. Eine eindeutige Lenkerfeststellung wäre nur bei tatsächlicher Anhaltung und persönlicher Konfrontierung des Lenkers mit dem Meldungsleger möglich gewesen. Die Einvernahme des Zeugen RI P vermag voraussichtlich diesbezüglich nichts zu ändern.

In rechtlicher Hinsicht war daher im Zweifel zugunsten der Rechtsmittelwerberin spruchgemäß zu entscheiden, wobei auch keine Verfahrenskosten zu leisten sind.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Beschlagwortung: Sowohl Berufungswerberin und Zeuge als auch Meldungsleger glaubwürdig; Irrtum des Meldungslegers nicht auszuschließen, weil Ähnlichkeit des Zeugen mit Berufungswerberin besteht -> Einstellung im Zweifel.

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