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des Landes Oberösterreich
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VwSen-106284/14/Br

Linz, 08.06.1999

VwSen - 106284/14/Br Linz, am 8. Juni 1999

DVR. 0690392

ERKENNTNIS

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch seine 2. Kammer unter dem Vorsitz von Dr. Langeder sowie den Berichter Dr. Bleier und den Beisitzer Dr. Guschlbauer über die Berufung des Herrn O, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf a.d. Krems, vom 15. März 1999, Zl. VerkR96-13907-1998, nach der am 8. Juni 1999 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Recht:

I. Der Berufung wird keine Folge gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird vollinhaltlich bestätigt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz BGBl.Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 158/1998 - AVG iVm § 19, § 24, § 51 Abs.1, § 51e Abs.1 und § 51i Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 158/1998 - VStG;

II. Als Kosten für das Berufungsverfahren werden dem Berufungswerber zuzüglich zu den erstinstanzlichen Verfahrenskosten 3.600 S (20% der verhängten Geldtrafe) auferlegt.

Rechtsgrundlage:

§ 64 Abs.1 u. 2 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Über den Berufungswerber wurden mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf a.d. Krems wegen der Übertretung nach § 99 Abs.1a iVm § 5 Abs.1 StVO 1960 eine Geldstrafe von 18.000 S und im Nichteinbringungsfall achtzehn Tage Ersatzfreiheitsstrafe verhängt, weil er an der im Spruch angeführten Örtlichkeit einen Pkw in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt habe, wobei der Atemluftgehalt mehr als 0,6 mg/l jedoch weniger als 0,8 mg/l, nämlich 0,65 mg/l betrug.

Die Erstbehörde stützte ihre Entscheidung auf die von zwei Gedarmeriebeamten um ca. 04.45 Uhr wahrgenommene Lenkereigenschaft in Verbindung mit dem beim Berufungswerber anläßlich der Atemluftmessung um 06.45 Uhr festgestellten Atemluftalkoholgehaltes von 0,55 mg/l. Dabei folgte die Erstbehörde der nachgereichten Nachtrunkverantwortung des Berufungswerbers nicht und ging auf Basis der vom Amtsarzt der Erstbehörde vorgenommenen Rückrechnung von einem Atemluftalkoholgehalt zum Lenkzeitpunkt von 0,65 mg/l aus. Die Erstbehörde legte ihrer Entscheidung ein Monatseinkommen des Berufungswerbers in der Höhe von 15.000 S bis 16.000 S, kein Vermögen und keine Sorgepflichten zu Grunde. Die einschlägige Vormerkung wurde als straferschwerend gewertet.

2. In der dagegen fristgerecht erhobenen Berufung bestreitet der Berufungswerber eine zum Lenkzeitpunkt vorliegende Alkoholisierung. Er führt im Ergebnis aus, erst nach dem Lenkende eine erhebliche Menge Alkohol getrunken zu haben. Zum Beweis dafür beantragte er die Vernehmung seiner Mutter als Zeugin sowie eine auf dieser Basis vorzunehmende sachverständige Rückrechnung.

Im übrigen werden Verfahrensfehler in Form von Feststellungs- und Beweiswürdigungsmängel gerügt.

Ferner rügt der Berufungswerber den Alkotest zwei Stunden nach dem Vorfall und die vorgenommene Rückrechnung als unzulässig. Es sei nicht klar, welcher Alkoholisierungsgrad ihm überhaupt vorgeworfen werde.

Schließlich rügt der Berufungswerber eine unzweckmäßige Ermessensübung bei der Strafzumessung und beantragt, nach Beweiswiederholung im Rahmen einer öffentlichen mündlichen Verhandlung, die Verfahrenseinstellung, in eventu eine angemessene Herabsetzung der verhängten Strafe.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch die Einsichtnahme in den erstbehördlichen Verfahrensakt. Ferner wurde Beweis geführt durch Vernehmung der Zeugen GrInsp. A, RevInsp. O, M sowie des Berufungswerbers als Beschuldigten im Rahmen der öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung.

4. Der Entscheidung liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

4.1. Der Berufungswerber lenkte am 28. November 1998 um 04.45 Uhr den Pkw mit dem Kennzeichen im Gemeindegebiet von Edlbach auf dem Güterweg "S" aus Richtung Windischgarsten in Richtung Rosenau/H. Er war zu diesem Zeitpunkt auf dem Weg nach Hause. Dies wurde seitens der Meldungsleger festgestellt, welche zu diesem Zeitpunkt auf diesem Güterweg eine Personenkontrolle durchführten. Der Berufungswerber hielt dann plötzlich etwa 50 bis 100 Meter vor den Gendarmeriebeamten mit seinem Fahrzeug an und fuhr zurück. Dabei geriet er vermutlich auf Grund der Schneeglätte ins Schleudern und kam mit dem oben bezeichneten Pkw schräg zur Fahrbahn zum Stillstand. Als sich in der Folge die Gendarmeriebeamten diesem Fahrzeug zwecks Durchführung einer Kontrolle näherten, lief der Lenker davon und begab sich zu Fuß nach Hause. Auf Grund der im unversperrt gebliebenen Fahrzeug zurückgelassenen Dokumente wurde als Zulassungsbesitzer der Berufungswerber festgestellt. Daraus ergab sich auch die Vermutung der Lenkereigenschaft des Bw.

Der flüchtende Lenker konnte zunächst nicht aufgegriffen werden. Erst um 06.15 Uhr wurde er im Nebengebäude des Bauernhofes schlafend angetroffen. Der an ihm in der Folge am GP Windischgarsten um 06.45 Uhr vorgenommene Atemlufttest ergab eine Atemalkoholkonzentration von 0,55 mg/l. Von einem Alkoholkonsum nach der Heimkehr sagte der Berufungswerber anläßlich der Amtshandlung nichts.

Davon ist erstmals in der Stellungnahme seines ausgewiesenen Rechtsvertreters vom 11. Jänner 1999 die Rede. Darin wird dargetan, der Bw habe nach der Heimkehr um 04.30 Uhr bis ca. 05.30 Uhr drei Tee mit "doppelten" Schnaps (2 cl, Eigenbrand mit 48 bis 50 Volumsprozent Alkohol) getrunken. Im Anschluß sei er zu Bett gegangen. Er sei ferner auf dem GP Windischgarsten nicht über sein Trinkverhalten befragt worden. Zum Beweis für sein Trinkverhalten wurde seine Mutter als Zeugin namhaft gemacht.

4.2. Das Alkoholisierungsfaktum zum Lenkzeitpunkt stützt sich insbesondere auf die schlüssigen und inhaltlich widerspruchsfreien zeugenschaftlichen Angaben der auch anläßlich der Berufungsverhandlung einvernommenen Gendarmeriebeamten. Diese führten übereinstimmend aus, daß der Berufungswerber bei der Amtshandlung über einen Alkoholkonsum nach seiner Heimkehr keine Angaben machte. Vielmehr habe der Berufungswerber sein Fluchtverhalten mit seinem Wunsch, der "Alkokontrolle" zu entgehen, zu rechtfertigen versucht.

Auch anläßlich der Berufungsverhandlung vermochte der Berufungswerber seinen angeblichen Nachtrunk nicht glaubhaft zu machen. So ergaben sich insbesondere bei der Schilderung des angeblichen Konsums von Tee nach seiner Heimkehr erhebliche Widersprüche. Während der Berufungswerber vermeinte, er hätte aus einer vollen Flasche Schnaps in das ihm von seiner Mutter nach seiner Heimkehr zugestellte Teewasser geleert, sprach die Mutter des Berufungswerbers - die Zeugin D - von einer halbvollen Flasche, aus der sie Schnaps in den Tee geleert habe. Die Zeugin bestätigte außerdem nicht, daß sie konkret den Teekonsum ihres Sohnes gesehen hätte. Sie habe sich nämlich in der Folge zur Stallarbeit begeben und habe erst von ihrem Mann gehört, daß die Gendarmeriebeamten den Sohn zum Alkotest abgeholt hatten. Widersprüchlich waren die Angaben des Berufungswerbers auch dahingehend, wenn er anläßlich seiner Vernehmung einerseits davon sprach, den Schnaps aus 2 oder 4 cl-Stamperl in den Tee gegossen zu haben, andererseits aber wieder ausführte, sich den Schnaps aus einer damals vollen Flasche eingegossen zu haben. Aus diesen Widersprüchen erhellt, daß es sich bei diesen Angaben um eine im Nachhinein konstruierte Verantwortung handelt und in Wahrheit ein Nachtrunk nicht erfolgte.

Hätte tatsächlich ein solcher Alkoholkonsum nach der Heimkehr stattgefunden wäre es naheliegend gewesen, darauf sofort hinzuweisen. Dies tat weder sein Vater, der als erster mit den am Wohnsitz des Berufungswerbers erscheinenden Gendarmeriebeamten Kontakt hatte, noch trat die Mutter des Berufungswerbers dort je in Erscheinung. Die Gendarmeriebeamten gaben glaubwürdig und in Übereinstimmung mit ihren Angaben vor der Erstbehörde an, daß von einem Teekonsum nach der Heimkehr seitens des Berufungswerbers nie die Rede war, obwohl die "Trinkchronologie" bei solchen Amtshandlungen rein routinemäßig abgefragt und festgehalten wird. Wenn der Berufungswerber vorerst versuchte, die Angaben der Gendarmeriebeamten über seine eigenen Mitteilungen bei der Amtshandlung als falsch hinzustellen und letztlich in der Berufungsverhandlung einräumen mußte, diese Angaben über den Aufenthaltsort vor dieser Fahrt doch gemacht zu haben, spricht dies ebenfalls nicht für die Glaubwürdigkeit seiner nachgereichten Trinkverantwortung.

Es kann ferner auch nicht als lebensnah bezeichnet werden, daß nach einer als überstürzt zu bezeichnenden Heimkehr nach einer "langen Nacht" vorerst noch eine Stunde Tee genossen worden sein sollte ehe sich der Berufungswerber voll bekleidet ins Bett legte. In diesem Zusammenhang muß auch das Verhalten des Berufungswerbers beurteilt werden, welcher es wohl nicht grundlos vermied, mit seinem Fahrzeug an den Gendarmeriebeamten vorbeizufahren, wobei er dies gegenüber den Gendarmen sogar bestätigte. Wenn er dabei bei seinem "Fluchtverhalten" auch noch die Kontrolle über sein Fahrzeug verlor und dieses einfach auf der Straße stehen ließ (die Mutter hatte nach ihrer Aussage in der öffentlichen mündlichen Verhandlung keine Probleme, mit dem Wagen wegzufahren), wird deutlich, daß dies "gute Gründe" hatte. Seiner erst im Verlaufe seiner anwaltlichen Vertretung getätigten Nachtrunkverantwortung konnte daher keine Glaubwürdigkeit zugemessen werden. Auch die Aussage der Mutter über die Teezubereitung (einschließlich der Zugabe von Schnaps) vermochte angesichts der geschilderten Ungereimtheiten nicht zu überzeugen.

In Anbetracht der Wichtigkeit eines allenfalls getätigten Nachtrunkes ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes grundsätzlich davon auszugehen, daß auf einen allfälligen Nachtrunk bei der ersten sich bietenden Gelegenheit - von sich aus - hingewiesen wird (vgl. VwGH 26. Jänner 1996, 95/02/0289, VwGH 24. Jänner 1997, 96/02/0579). Schon nach älterer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist im Zusammenhang mit der Glaubwürdigkeit eines behaupteten Nachtrunkes dem Umstand Bedeutung beizumessen, zu welchem Zeitpunkt der Lenker diese Behauptung aufgestellt hat (VwGH 12. 10. 1970, 133/70, und 12. 11. 1987, 87/02/0134).

Daher geht der Oö. Verwaltungssenat von keinem Nachtrunk aus, weshalb auch hinsichtlich der amtsärztlichen Rückrechnung keine Anhaltspunkte für Zweifel bestehen. Dieser Rückrechnung liegt zu Gunsten des Beschuldigten ohnedies ein minimaler Abbauwert von 0,1 Promille pro Stunde zu Grunde. Bei einem zwei Stunden nach dem Lenkende festgestellten Atemluftalkohol von 0,55 mg/l ist von einem über 0,6 mg/l liegenden Atemalkoholwert zur Lenkzeit auszugehen.

5. Rechtlich hat der Verwaltungssenat wie folgt erwogen:

5.1. Die Erstbehörde hat den Sachverhalt rechtlich zutreffend subsumiert.

Der § 5 Abs.1 StVO (i.d.F der 20. Novelle) lautet:

Wer sich in einem durch Alkohol oder Suchtgift beeinträchtigten Zustand befindet, darf ein Fahrzeug weder lenken noch in Betrieb nehmen. Bei einem Alkoholgehalt des Blutes von 0,8 g/l (0,8 Promille) oder darüber oder bei einem Alkoholgehalt der Atemluft von 0,4 mg/l oder darüber gilt der Zustand einer Person jedenfalls als von Alkohol beeinträchtigt.

Nach § 99 Abs.1a begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von 12.000 S bis 60.000 S, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest von zehn Tagen bis sechs Wochen, zu bestrafen, wer ein Fahrzeug lenkt oder in Betrieb nimmt, obwohl der Alkoholgehalt seines Blutes 1,2 g/l (1,2 Promille) oder mehr, aber weniger als 1,6 g/l (1,6 Promille) oder der Alkoholgehalt seiner Atemluft 0,6 mg/l oder mehr, aber weniger als 0,8 mg/l beträgt.

5.2. Wie oben dargelegt waren die Angaben des Berufungswerbers nicht glaubwürdig. Die Tat ist daher dem Berufungswerber in objektiver - und, da keine Entschuldigungsgründe ersichtlich sind - auch in subjektiver Hinsicht zuzurechnen.

6. Bei der Strafzumessung ist gemäß § 19 VStG Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der § 32 bis § 35 Strafgesetzbuch - StGB sinngemäß anzuwenden.

Der Tatunwert ist angesichts des beträchtlich über dem Grenzwert liegenden Alkoholisierungsgrades erheblich. Ferner weist der Berufungswerber bereits eine erst aus dem Vorjahr stammende einschlägige Vormerkung auf. Dies läßt erkennen, daß der Berufungswerber nicht hinreichend gewillt ist, die durch die verletzte Norm rechtlich geschützten Werte, nämlich das Leben und die Gesundheit von Verkehrsteilnehmer bzw. die Verkehrssicherheit als solche, zu akzeptieren. Offenbar konnte ihm die bereits erfolgte Strafe nicht davon abhalten, in kurzer Zeit neuerlich gegen dieses Rechtsgut in qualifizierter Form zu verstoßen. Aus diesem Grund konnte auch der hier verhängten Geldstrafe, mit welcher der gesetzliche Strafrahmen nicht einmal zu einem Drittel ausgeschöpft wurde, nicht mit Erfolg entgegengetreten werden.

Abschließend sei festgestellt, daß aus den o.a. Gründen bzw mangels behördlichen Überwiegens von Milderungsgründen auch nicht die Voraussetzungen für die Anwendung des § 20 VStG vorliegen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2500 S zu entrichten.

Dr. L a n g e d e r

 

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