Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-106296/Br, VwSen106297/Br, VwSen106298/Br,VwSen106299/4/Br sowie VwSen106303, und VwSen106304/4/Br

Linz, 11.05.1999

VwSen-106296/Br, VwSen-106297/Br, VwSen-106298/Br,VwSen-106299/4/Br sowie VwSen-106303, und VwSen-106304/4/Br Linz, am 11. Mai 1999

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufungen des Herrn J, gegen die Straferkenntnisse des Magistrates der Landeshauptstadt Linz, Magistrat-Bezirksverwaltungsamt, vom 22. März 1999, Zlen.101-5/3 - 33/89511, 101-5/3 - 33/89513, 101-5/3 - 33/89512, 101-5/3 - 33/89509, 101-5/3 - 33/89510 und 101-5/3 - 33/89514, nach der am 11. Mai 1999 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Recht:

 

I. Den Berufungen wird mit der Maßgabe Folge gegeben, daß die Geldstrafen jeweils auf 3.000 S und die Ersatzfreiheitsstrafen auf jeweils fünf Tage ermäßigt werden.

Die Schuldsprüche werden jedoch bestätigt.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, BGBl.Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 158/1998 - AVG iVm § 19 Abs.1 u.2, § 24, § 51 Abs.1 und § 51e Abs.1, Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 158/1998 - VStG.

II. Die erstinstanzlichen Verfahrenskosten ermäßigen sich demzufolge auf 300 S.

Für das Berufungsverfahren entfallen sämtliche Verfahrenskosten.

Rechtsgrundlage:

§ 64 Abs.1 u.2 und § 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Über den Berufungswerber wurden vom Magistrat der Landeshauptstadt Linz, Magistrat-Bezirksverwaltungsamt, mit den o.a. Straferkenntnissen wegen jeweiliger Übertretung nach § 84 Abs.2 StVO 1960 Geldstrafen von jeweils 10.000 S und im Nichteinbringungsfall je vierzehn Tage Ersatzfreiheitsstrafe verhängt, weil der Berufungswerber jeweils als handelsrechtlicher Geschäftsführer der P zu verantworten gehabt habe, daß nachstehende Werbungen auf einem Werbeträger an nachstehender Örtlichkeit außerhalb des Ortsgebietes weniger als 100 m vom Fahrbahnrand entfernt (§ 84 Abs. 2 StVO) laut einer Anzeige/Meldung der Bundespolizeidirektion Linz, vom 26.1.1999, zumindest am 25.1.1999 angebracht gewesen sei, obwohl dies gem. § 84 Abs.2 StVO verboten sei und keine Ausnahmebewilligung gem. § 84 Abs. 3 StVO vorgelegen habe.

In den einzelnen Straferkenntnissen waren nachfolgende spezifische Werbungen Gegenstand des Tatvorwurfes:

"zu 101-5/3 -33/89511:

Text der Werbung: "der K" Örtlichkeit: W, Gem. Linz, stadteinwärts bei Strkm 176,6 Fahrbahnentfernung des Werbeträgers (Ausmaß: 6m x 2m): 2 m,

zu: 101-5/3 -89513:

Text der Werbung: "I

Örtlichkeit: Gemeinde Linz, , Kreuzung Im S stadtauswärts, Fahrbahnentfernung: 2 m;

zu 101-5/3 - 33/89512:

Text der Werbung: "W "

Örtlichkeit: Gemeinde Linz, , stadteinwärts, Kreuzung I Fahrbahnentfernung: 2 m;

zu 101-5/3 -33/89509:

Text der Werbung: "R "

Örtlichkeit: W, Gem. Linz, stadteinwärts bei Strkm 176,6 Fahrbahnentfernung des Werbeträgers (Ausmaß: 6m x 2m): 2 m;

zu 101-5/3 - 33/89510:

Text der Werbung: "Z "

Örtlichkeit: W Gem. Linz, stadteinwärts bei Strkm 176,6 Fahrbahnentfernung des Werbeträgers (Ausmaß: 6m x 2m): 2 m;

zu 101-5/3 - 33/89514:

Text der Werbung: "d "

Örtlichkeit: W Gem. Linz, stadtauswärts bei Strkm 176,6 Fahrbahnentfernung: 2 m "

2. Begründend führte die Erstbehörde in den genannten Straferkenntnissen substantiell inhaltsgleich aus:

"Gem. § 84 Abs.2 StVO 1960 sind außerhalb von Ortsgebieten Werbungen und Ankündigungen an Straßen innerhalb einer Entfernung von 100 m vom Fahrbahnrand verboten.

Gem. § 99 Abs. 3 lit. j leg.cit. begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu S 10.000,-- im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu 2 Wochen zu bestrafen, wer in anderer als der in lit. a bis h sowie in den Abs. 1,2,2a,2b und 4 bezeichneten Weise Gebote, Verbote oder Beschränkungen sowie Auflagen, Bedingungen oder Fristen in Bescheiden nicht beachtet.

Da es der Beschuldigte als handelsrechtlicher Geschäftsführer der P zu verantworten hat, daß zum oa. Zeitpunkt am oa. Standort obzit. Werbung auf einem Werbeträger angebracht war, ist somit der Tatbestand der dem Beschuldigten angelasteten Verwaltungsübertretung in objektiver Hinsicht als erfüllt anzusehen.

Von dem hiefür verantwortlichen Beschuldigten erfolgte hiezu im Verfahren im wesentlichen nachstehende Rechtfertigung:

Mit Bescheid der Baubehörde I. Instanz, GZ 501/S 983004 B vom 27.5.1998 sei die Errichtung einer Werbe- und Ankündigungseinrichtung für das Grundstück Nr. , KG P bewilligt worden. Eine Gefährdung der Verkehrsteilnehmer im Sinne der StVO abzuleiten sei wohl realitätsfremd und könne mit dem Schutzzweck der einschlägigen Normen nicht festgestellt werden.

Hiezu wird seitens der erkennenden Behörde festgestellt:

Bei der für Bewilligungen gemäß § 84 Abs.3 StVO und zugleich für die Durchführung der Strafverfahren zuständigen Behörde sind keine diesbezüglichen straßenpol. Genehmigungen evident. Allfällige nach anderen Normen erteilte Bewilligungen im Rahmen der Aufstellung von Werbeeinrichtungen berühren den ggst. Tatbestand in keiner Weise. Dieser Umstand müßte dem Beschuldigten aufgrund einer größeren Anzahl einschlägiger Strafverfahren bekannt sein. Inhalt der Bewilligungsnorm - § 84 Abs. 3 StVO ist nämlich die Bewilligung einer jeden einzelnen Werbung, die auf einem Werbeträger angebracht werden soll und nicht etwa die Trägereinrichtung.

Somit ist auch die Frage der Gefährdung der Verkehrsteilnehmer im Strafverfahren nicht mehr in dem Ausmaß entscheident, daß ein Ortsaugenschein eine weiterführende Klärung des Sachverhaltes bringen würde bzw. einen Milderungsgrund im Hinblick auf die Schuldfrage erzeugen könnte.

Zur Schuldfrage ist weiters auszuführen, daß nach der Bestimmung des § 5 Abs. 1 2. Satz VStG, in Ermangelung einer Regelung hinsichtlich des Verschuldens zum Tragen kommt, schon das bloße Zuwiderhandeln gegen ein Verbot und die Nichtbefolgung eines Gebotes, Strafe nach sich zieht, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört, und der Täter nicht glaubhaft macht, daß ihm die Einhaltung der Verwaltungsvorschrift ohne sein Verschulden unmöglich gewesen ist (sog. Ungehorsamsdelikt). Der Beschuldigte hat im vorliegenden Fall ein Ungehorsamsdelikt begangen. Den Schuldentlastungsbeweis im Sinne der vorstehenden Gesetzesbestimmung konnte der Beschuldigte nicht erbringen. Die ggst. Verwaltungsübertretung ist daher auch hinsichtlich ihres subjektiven Tatbestandes als erwiesen anzusehen.

Bei der Strafbemessung im vorgesehenen Strafrahmen (Geldstrafe bis S 10.000,--, im Falle der Uneinbringlichkeit Arrest bis zu zwei Wochen) wurde im Sinne des § 19 VStG 1950 folgendes berücksichtigt:

1. Das Ausmaß der Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, nämlich der Gewährleistung einer widmungsgemäßen Benützung der Straße zu Verkehrszwecken, ist nach Maßgabe der zeitlichen und örtlichen Umstände der Übertretung nicht als geringfügig anzusehen.

2. Folgende Erschwerungs- und Milderungsgründe wurden gegeneinander abgewogen:

2.1. Erschwerungsgründe:

o Mehrere strafbare Handlungen derselben oder verschiedener

Art: 3 einschlägige Vorstrafen

2.2. Milderungsgründe: keine

Vom Beschuldigten wurde die Einschätzung der Behörde des monatlichen Nettoeinkommens von S 19.500,--, kein weiteres Vermögen bestätigt. Weiters wurde die Sorgepflicht für die Ehegattin bekanntgegeben. Die verhängte Geldstrafe ist daher dem Unrechts- und Schuldgehalt der Tat angepaßt.

Hingewiesen wird von der erkennenden Behörde auf § 100 Abs. 1 StVO, wonach die Behörde an Stelle einer Geldstrafe auch eine Arreststrafe verhängen kann, wenn es ihrer bedarf, um die betreffende Person von weiteren Verwaltungsübertretungen der gleichen Art abzuhalten.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

2. Dagegen wandte sich der Berufungswerber mit seinen durch seinen bevollmächtigten Vertreter fristgerecht erhobenen Berufungen worin, er im Ergebnis inhaltsgleich auch zu diesen Straferkenntnissen ausführt:

"In dem umseits bezeichneten Verwaltungsverfahren erhebt der Geschäftsführer, der Fa. P, durch die Rechtsabteilung innerhalb offener Frist gegen das Straferkenntnis, GZ 101 - 5/3 - [Einfügung der individuellen Zahl] vom 22.03.1999, zugestellt am 30.03.1999, nachstehende

BERUFUNG

und begründet diese wie folgt:

Die Firma P hatte seit 1990 am Standort, W vis a vis der Abzweigung, Straßenzufahrt zum Ortsteil P, bis 13.02.1998 eine Werbe- und Ankündigungseinrichtung im Ausmaß von 10,20 lfm bewirtschaftet, welche zur doppelseitigen Affichierung geeignet war. Anläßlich eines Augenscheins am 13.02.1998 mit Herrn, D vom Magistrat Linz wurde mit dem Behördenvertreter vereinbart, die Werbetafel zu entfernen und einen Ersatzstandort für diese Werbefläche zu suchen.

Mit Bescheid der Baubehörde 1. Instanz, GZ 501/S 983004 B vom 27.05.1998 wurde die Errichtung einer Werbe- und Ankündigungsein-richtung für das Grundstück Nr. KG P, an der W, von Linz in Fahrtrichtung Enns, linksseitig, bewilligt. Die Art der Werbeanlage wurde in einer Holzkonstruktion mit einer Länge von 10,20 lfm und einer Höhe von 2,40 m als 48/1 Bogen - Werbetafel mit einer Gesamtwerbefläche von 96 Bogen in doppelseitiger Ausführung genehmigt.

Vor Errichtung dieser Werbefläche wurde mit dem für Bundes- und Landesstraßen zuständigen Straßenmeister, Hr. G von der Straßenmeisterei A eine Standortbesichtigung durchgeführt, um den entsprechenden Seitenabstand unter Berücksichtigung der örtlichen Gegebenheiten einzuhalten. Bei diesem Standort der Werbetafel handelt es sich um den am 13.02.1998 besprochenen Ersatzstandort. In gutem Glauben und Redlichkeit wurde im Vertrauen auf den Bescheid die Errichtung der Werbetafel angeordnet. Im Verwaltungsstrafverfahren wurde dieser Bescheid scheinbar nicht angefordert bzw. eingesehen, da ausgenommen von der Rechtfertigung des Beschuldigten, diesbezüglich jeglicher Hinweis fehlt.

Daß dafür eine weitere Genehmigung erforderlich sein könnte, war dem Bescheid mangels Hinweis nicht zu entnehmen. Es widerspricht sowohl einer ökonomischen Verwaltung sowie dem Spargedanken, wenn für einen Standort mehrere Genehmigungen und Bescheide erforderlich sind. Ständig wiederkehrende Aussagen und Beteuerungen der Politiker von Verwaltungsvereinfachungen und Erleichterungen widersprechen den verwaltungsbehördlichen Verfahrensausmaßen, weshalb wahrscheinlich vom Gesetzgeber in weiser Voraussicht bereits im § 13 a AVG 1950 die Manuduktionspflicht normiert wurde.

Im Straferkenntnis wird darauf Bezug genommen, daß nicht die Werbe- und Ankündigungseinrichtung als solche Gegenstand des Strafverfahrens wäre, sondern monatlich, affichierte Plakat. Bei der Bemessung der Höhe der Verwaltungssstrafe wurde keinesfalls geprüft, inwieweit bei diesem Tatbestand ein fortgesetztes Delikt verwirklicht wurde.

Die Begründung des Straferkenntnisses verweist darauf, daß keine diesbezüglichen straßenpolizeilichen Genehmigungen vorliegen, bzw. allfällige nach anderen Normen erteilte Bewilligungen im Rahmen der Aufstellung von Werbeinrichtungen den gegenständlichen Tatbestand in keiner Weise berühren. Somit wird in keiner Weise auf den Schutzzweck der Norm, in diesem Fall der StVO - zum Schutz der Kraftfahrer - abgestellt, sondern einzig und allein auf der objektiven Tatbestandsebene entschieden.

Weiters wird von der Behörde der erschwerende Umstand angeführt, daß der Beschuldigte aufgrund einer größeren Anzahl einschlägiger Strafverfahren davon Kenntnis haben müßte, daß allfällige nach anderen Normen erteilte Bewilligungen den gegenständlichen Tatbestand nicht berühren und keinen geeigneten Milderungsgrund bei der Strafbemessung darstellen. Diese Feststellung wird vom Beschuldigten insoferne ergänzt, daß es wohl richtig ist, daß die Einleitung einiger Verwaltungsstrafverfahren erfolgte, deren Strafbescheide aber durch die Berufungsbehörde wiederholt ersatzlos behoben wurden. Somit verfehlt dieses Argument aus dem Blickwinkel des Unrechtsbewußtseins und der subjektiven Tatbestandsmerkmale jegliche Wirkung und ist keinesfalls als Erschwerungsgrund bei der Strafbemessung geeignet.

Die erkennende Behörde ist bei der Erörterung der Schuldfrage gemäß § 5 Abs.1 2. Satz VStG davon ausgegangen, daß schon das bloße Zuwiderhandeln gegen ein Verbot und die Nichtbefolgung eines Gebotes, Strafe nach sich zieht..... Den Schuldentlastungsbeweis im Sinne der vorstehenden Gesetzesbestimmung konnte der Beschuldigte nicht erbringen, daher ist die gegenständliche Verwaltungsübertretung auch hinsichtlich ihres subjektiven Tatbestandes als erwiesen anzusehen. Diese Begründung erscheint zwar aufgrund des vermutlichen Aktinhaltes logisch, ist aber bei Berücksichtigung der gesamten Umstände unzutreffend und nicht nachvollziehbar.

Entsprechend der Offizialmaxime im Verwaltungsverfahren obliegt der erkennenden Behörde die Verpflichtung, alle Sachverhaltselemente - sowohl belastende wie auch entlastende Umstände und Beweismittel - zu erheben. Wie bereits oben angeführt, wurde im konkreten Fall auf den Bescheid der Baubehörde 1. Instanz, GZ 501/S 983004 B vom 27.05.1998, mit welchem die Errichtung einer Werbe- und Ankündigungseinrichtung für das Grundstück Nr. , KG P, an der W von Linz in Fahrtrichtung Enns, linksseitig, bewilligt wurde, nicht näher Bezug genommen. Dieser Umstand hätte jedoch bei objektiver Bewertung des Unrechtsbewußtseins und der Bemessung der Schuld, eine Beweislastumkehr bewirkt. Wenn im Vertrauen auf einen rechtskräftigen, individuell konkreten Verwaltungsakt (Bescheid der Baubehörde), durch den Normadressaten eine Handlung erfolgt, ist mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit § 5 Abs. 2 VStG anzuwenden und die"strafbare Handlung" erwiesenermaßen unverschuldet. Jedenfalls sind aber die aufgezeigten Umstände dazu geeignet, eine dem Unrechtsbewußtsein und dem subjektivem Schuldgehalt entsprechende, angemessene Strafe zu bewirken, da die ausgesprochene Strafhöhe von S 11.000,- die Leistungsfähigkeit des Beschuldigten weitaus übersteigt und dadurch seine Existenz gefährdet.

Es wird daher

 

BEANTRAGT

 

1. eine ergänzende Sachverhaltsermittlung bezüglich der gesamten Umstände durchzuführen, oder in eventu

2.der Berufung gegen das Straferkenntnis, GZ 101-5/3-33/[jeweilige Zahl des

erstbehördlichen Aktes] vom 22.03.1999, stattzugeben und diese ersatzlos zu beheben, bzw.

3. die Strafe auf eine dem Unrechtsbewußtsein und dem subjektivem Schuldgehalt entsprechende, angemessene Höhe reduzieren.

 

L, am 08. 04. 1999 Mag. Dr. K (mit e.h. Unterschrift)"

 

3. Die Erstbehörde hat die Akte zur Berufungsentscheidung vorgelegt; somit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben. Dieser ist, da in den jeweiligen Straferkenntnissen jeweils keine 10.000 S übersteigenden Strafen verhängt wurden, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Mitglied zur Entscheidung berufen. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung (öffentlich mündlicher Verhandlungen) war in Wahrung der gemäß Art. 6 EMRK intendierten Rechte erforderlich, sie wurde darüber hinaus auch vom Berufungswerber gesondert beantragt (§ 51e Abs.1 VStG).

3.1. Die hier verfahrensgegenständlichen Berufungen wurden mit den bereits etwas früher anhängig gemachten und im Ergebnis inhaltsgleichen Berufungsverfahren VwSen-106269 bis 106275 mitverhandelt. Dies erfolgte im beidseitigen Parteieneinvernehmen ohne einer diesbezüglichen gesonderten Ausschreibung eines Verhandlungstermines. Unter den vorzitierten Geschäftszahlen ergeht ein gesonderter Berufungsbescheid.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in die oben genannten Verwaltungsstrafakte der Erstbehörde und dessen inhaltlichen Erörterung im Rahmen der öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlungen, sowie der Anhörung bzw. dem ergänzenden Vorbringen des vom Berufungswerber entsendeten mit der Sachlage umfassend vertrauten und bevollmächtigten Leiters der firmeneigenen Rechtsabteilung.

4.1. Der Berufungswerber ist Geschäftsführer der Firma "P, welche in der Rechtsform einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung gestaltet ist.

Er hat aus dieser Funktion zu verantworten, daß die im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses beschriebenen "Werbungen" zur fraglichen Zeit an der genannten Örtlichkeit angebracht waren. Die verfahrensgegenständlichen Plakatwände sind auf Holzständern fix im Boden verankert, wobei die Werbungen mit den Plakatwänden keine untrennbare Einheit darstellen. Die Werbungen waren als Papierplakate gestaltet und offenbar auf der Plakatwand mechanisch oder durch Kleber fixiert. Sowohl die Funktion des Berufungswerbers als Verantwortlicher als auch das Faktum der Werbungen blieben unbestritten.

Die hier verfahrensgegenständliche Positionierung der Plakatwand konnte nach Erörterung in der Berufungsverhandlung entsprechend der Tatortbezeichnung in der Anzeige in der Nähe der Plakatwand im Einmündungsbereich M (Verfahren 106269 bis 106275) und damit im örtlichen Zuständigkeitsbereich des Magistrates der Stadt Linz zugeordnet werden.

Somit kann auch diese Örtlichkeit als außerhalb des Ortsgebietes jedoch innerhalb von 100 m vom Fahrbahnrand liegend erwiesen gelten.

Die Anbringung der Werbungen wird seitens des Berufungswerbers nicht bestritten, sodaß von der Richtigkeit des Tatvorwurfes ohne jeglichen Zweifel ausgegangen werden kann.

Anläßlich der Berufungsverhandlung wies der Rechtsvertreter im Ergebnis lediglich auf den Umstand der behördlichen Bewilligungen der verfahrensgegenständlichen Plakatwand hin. Im Vertrauen auf die Rechtsmäßigkeit des Anbringens von Werbungen seien diese in den hier zur Last liegenden Fällen auch angebracht worden. Wenn der Berufungswerber im Zuge der Berufungsverhandlung bei der vorgebrachten behördlichen Anzeigepraxis eine Ungleichbehandlung erblicken wollte, ist er damit jedoch dem Tatvorwurf inhaltlich nicht entgegengetreten.

Mit seiner Verantwortung vermochte er schließlich weder einen Rechtsirrtum an sich noch einen entschuldbaren Rechtsirrtum dartun. Dies insbesondere schon deshalb nicht, weil ihm einerseits aus bereits rechtskräftigen Entscheidungen bekannt sein mußte, daß die Plakatträgervorrichtung (die Plakatwand) und die darauf angebrachte Werbung eine rechtlich grundsätzlich unterschiedliche Beurteilung erfahren. Diese Würdigung muß zusätzlich auch aus dem Umstand gezogen werden, daß dem Berufungswerber eine eigene Rechtsabteilung zur Verfügung steht, von der wohl die einschlägige Rechtskenntnis vermutet werden muß. Damit kann umfassend der Sachverhaltsannahme und dessen von der Erstbehörde getätigten rechtlichen Beurteilung gefolgt werden.

Im Hinblick auf die Strafzumessung kommt den Ausführungen des Berufungswerbers jedoch zumindest im Ergebnis durchaus Berechtigung zu.

5. Rechtlich hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

5.1. Nach § 84 Abs.2 StVO 1960 sind außerhalb von Ortsgebieten Werbungen und Ankündigungen an Straßen innerhalb einer Entfernung von 100 m vom Fahrbahnrand verboten (dies gilt jedoch nicht für die Nutzung zu Werbezwecken gemäß § 82 Abs.3 lit. f. [für die Nutzung der Rückseite von Verkehrszeichen.....]). Eine solche lag hier nicht vor, was jeweils auch zutreffend als negatives Tatbestandsmarkmal in den Spruch der Erstbehörde aufgenommen wurde.

Diesem Wortlaut folgt, daß der Gesetzgeber darauf abstellt, daß sich dieses Verbot auf die Bereiche "innerhalb des Ortsgebietes und dort auf den Bereich innerhalb von 100 Meter vom Fahrbahnrand" erstreckt. Wie von der Erstbehörde so zutreffend wie umfangreich und folgerichtig unter Hinweis auf die Judikatur des VwGH ausgeführt, stellt auf die Positionierung der Werbungen innerhalb und außerhalb des Ortsgebietes im Sinne der Kennzeichnung gemäß § 2 Abs.1 Z15 StVO 1960 ab.

Die in Ansätzen angedeutete Auffassung des Berufungswerbers, das "Ortsgebiet" im Sinne des § 84 StVO 1960 sei auch dann gegeben, wenn das Gebiet tatsächlich verbaut bzw. eine Widmung hiefür erteilt worden sei, ist verfehlt. Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits im Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 8. Mai 1979, Slg. Nr. 9831/A, ausgeführt, daß das Ortsgebiet im Sinne des § 84 Abs. 2 StVO 1960 durch die Bestimmung des § 2 Abs.1 Z 15 StVO 1960 festgelegt wird. Demnach ist unter Ortsgebiet das Straßennetz innerhalb der Hinweiszeichen "Ortstafel" (§ 53 Z. 17a) und "Ortsende" (§ 53 Z. 17b) zu verstehen. Entscheidend dafür, daß Werbungen bzw. Ankündigungen vom Verbot des § 84 Abs. 2 StVO 1960 umfaßt sind, ist daher deren Anbringung an Straßen, die zu einem Straßennetz gehören, das außerhalb eines von den genannten Hinweiszeichen umschlossenen Gebietes liegt, innerhalb einer Entfernung von 100 m vom Fahrbahnrand, unabhängig davon, ob der Anbringungsort geographisch noch zum Orts- od. Stadtgebiet gehört (vgl. u.a. VwGH vom 20. Jänner 1988, Zl. 87/03/0181, mit weiterem Judikaturhinweis). Vom Berufungswerber wird - wie oben festgestellt - weder bestritten, daß die gegenständlichen Tafeln weniger als 100 m vom Fahrbahnrand gelegen sind, noch daß sie innerhalb eines Bereiches zwischen den genannten Hinweiszeichen gelegen wären.

Gemäß § 84 Abs. 3 StVO 1960 hat die Behörde Ausnahmen von dem im Abs.2 enthaltenen Verbot zu bewilligen, wenn das Vorhaben einem vordringlichen Bedürfnis der Straßenbenützer dient oder für diese immerhin von erheblichem Interesse ist und vom Vorhaben eine Beeinträchtigung des Straßenverkehrs nicht zu erwarten ist (VwGH 21.9.1994, 94/03/0082).

Das Verbot des § 84 Abs 2 StVO bezieht sich nach seinem klaren Wortlaut auf die Werbung und Ankündigungen. Werbung und Werbeträger stellen bei aufgeklebten Plakaten keine untrennbare Einheit dar (vgl. VwGH Slg 14119 A/1994).

6. Bei der Strafzumessung ist gemäß § 19 VStG Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der § 32 bis § 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.

6.1. Grundsätzlich ist festzuhalten, daß diese Gesetzesbestimmung der Vermeidung von Ablenkung der Verkehrsteilnehmer vom Straßenverkehr dient. Damit will der Gesetzgeber wohl ein abstraktes Gefährdungspotential hintanhalten.

Dennoch vermag dieser Kategorie von Delikten etwa im Vergleich von aktiven Fehlverhalten von Verkehrsteilnehmern - als Lenker von Fahrzeugen - ein bloß geringerer objektiver Unwertgehalt zugedacht werden. Ankündigungen am Straßenrand - welchen Inhaltes auch immer - lassen realistisch besehen die Disposition eines Verkehrsteilnehmers doch weitestgehend unberührt. Es gibt auch keine objektiven Anhaltspunkte dafür, daß diese zusätzlichen "abstrakten Ablenkungspotentiale" wie es auch Werbungen darstellen, einen Einfluß auf Unfallsgeschehen nehmen.

In Relation dazu muß daher auch das Strafsanktionsausmaß gesetzt werden. Aus diesem Grunde vermögen drei einschlägige Vormerkungen noch keine Ausschöpfung des gesamten für die Geldstrafe gesetzlich vorgesehenen Rahmens rechtfertigen. In diesem Punkt kann den erstbehördlichen Überlegungen zur Strafzumessung daher nicht gänzlich gefolgt werden.

Nach § 33 Z2 StGB ist es ein Straferschwerungsgrund, wenn der Täter schon wegen einer auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden Tat verurteilt worden ist. Zutreffend ist die Erstbehörde hier von drei einschlägigen Vormerkungen ausgegangen. Sollte die Behörde jedoch von der Begehung einer größeren Zahl einzelner gleichartiger Delikte, wobei bereits jedes einzelne Plakat mit dem ein bestimmtes Produkt beworben wird eine gesonderte Tathandlung bildet, ausgegangen sein und damit die 'höchstmögliche Geldstrafe' gerechtfertigt erachtet haben, muß dem entgegengehalten werden, daß gleichartige Delikte nur dann straferschwerend gewertet werden dürfen, wenn diese zum Zeitpunkt der Begehung der (jeweils) neuen Straftat bereits rechtskräftig waren (vgl. VwGH 29.12.1986, 86/10/0132, 0146, VwGH 15.12.1987, 86/04/0122, sowie VwGH 26.6.1989, 88/12/0172 u.a). Die hier zwischenzeitig fünf weiteren gleichartigen h. anhängigen Verfahren betreffend die Plakatierungen im August 1998 waren naturgemäß zum Zeitpunkt der hier gegenständlichen (weiteren) Plakatierungen und somit jeweils (für sich besehen) 'neuen' Tatbegehungen noch nicht rechtskräftig. Sie gelangten wohl schon drei Monate früher bei der Erstbehörde zur Anzeige. Daher war jeweils bloß auf die Rechtskraft dreier einschlägiger Vorstrafen abzustellen gewesen. Zu vermeiden gilt es insbesondere durch die mit dieser Begehungsart typisch vorzunehmenden Kumulation - nämlich jedes einzelnen produktbezogenen Plakates als einzelne Werbung und somit jedes für sich strafbar - exorbitant hohe und der Sachlichkeit entbehrende Strafen (wie hier mit insgesamt elf Plakaten [= Delikten] über 100.000 S).

Bemerkt sei auch die hier erfolgte ausdrückliche Einschränkung des Tatvorwurfes auf immer nur einen Tag, wenngleich aus dem Hinweis "zumindest" und in Verbindung mit empirischen Betrachtungen davon ausgegangen werden kann, daß Plakatwerbungen vertragsspezifisch längerdauernd in der Figur des Dauerdeliktes die gesetzlich verpönte Wirkung entfalten.

Die nunmehr festgesetzte(n) Geldstrafe(n) ist (sind) insbesondere aus spezialpräventiven Gesichtspunkten erforderlich und angesichts der doch aus einer ableitbaren Begehungssystematik - wenn auch aus wirtschaftlich verständlichen Interessen des Berufungswerbers - gerechtfertigt.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Dr. B l e i e r

 

 

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