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VwSen-106328/2/Ga/La

Linz, 11.07.2000

VwSen-106328/2/Ga/La Linz, am 11. Juli 2000

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Mag. Gallnbrunner über die Berufung des W M, vertreten durch

Dr. K D S und Dr. W S, Rechtsanwälte in Grieskirchen, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 9. April 1999, Zl. VerkR96-2886-1998, wegen Übertretungen von Straßenverkehrsvorschriften (Eisenbahn-Kreuzungsverordnung 1961 und Straßenverkehrsordnung 1960), zu Recht erkannt:

Zu 1. und 3. wird die Berufung abgewiesen und das angefochtene Straf-

erkenntnis insoweit bestätigt. Als Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat hat der Berufungswerber zu 1. 40 S (entspricht

2,90 €) und zu 3. 50 S (entspricht 3,63 €) zu leisten.

Zu 2. und 4. wird der Berufung hingegen stattgegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird insoweit aufgehoben und das Verfahren eingestellt.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG.

Entscheidungsgründe:

Mit bezeichnetem Straferkenntnis vom 9. April 1999 wurde der Berufungswerber für schuldig befunden, er habe am 27. März 1998 gegen 05.40 Uhr als Lenker eines durch die Marke und das Kennzeichen bestimmten PKW in den Gemeindegebieten von B-W und M auf Straßen mit öffentlichem Verkehr, insbesondere auf der S Gemeindestraße und der P Straße von B a.A. kommend, in Richtung M fahrend, die unter 1. bis 4. näher beschriebenen Verwaltungsübertretungen begangen, weshalb über ihn jeweils Geldstrafen (Ersatzfreiheitsstrafen) kostenpflichtig zu verhängen gewesen seien.

Über die gegen dieses Straferkenntnis erhobene Berufung hat der Oö. Verwaltungssenat, nach Einsicht in den zugleich vorgelegten Strafverfahrensakt, erwogen:

Zu 1.

Dem Berufungswerber wurde angelastet, er habe den Bahnübergang in Stefans-

dorf ohne vor dem dort angebrachten Verkehrszeichen "Halt" anzuhalten überquert und dadurch § 17 Abs.3 der Eisenbahn-Kreuzungsverordnung übertreten. Über ihn wurde eine Geldstrafe von 400 S verhängt.

Tatseitig stützte die belangte Behörde die Anlastung auf die Anzeige und die - in der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses wiedergegebene - Aussage des als Zeugen vernommenen Meldungslegers. Miteinbezogen in die Beweiswürdigung hat die belangte Behörde die in der Anzeige des GP W vom 31. März 1998 wiedergegebenen Angaben der - somit vier Tage nach der Tat erfolgten - Einvernahme am Gendarmerieposten. Danach sei es dem Berufungswerber zwar so vorgekommen, als habe er ein Blaulicht gesehen; er könne dies jedoch nicht mit Sicherheit sagen, da die Heckscheibe seines PKW vereist gewesen sei; das Folgetonhorn habe er nicht gehört. Soweit daraus die belangte Behörde ableitete, es habe der Beschuldigte nicht ausgeschlossen, dass er von einem mit Blaulicht und Folgetonhorn fahrenden Streifenwagen verfolgt worden sei, sondern sich nur darauf berufen, dass er den Streifenwagen nicht sicher bemerkt hätte und er habe auch angegeben, zum Tatzeitpunkt die im Schuldspruch genannten Straßen in die angeführten Richtungen gefahren zu haben, tritt dem der Oö. Verwaltungssenat nicht entgegen. In diesem Zusammenhang verwies die belangte Behörde auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, wonach es der Lebenserfahrung entspreche, dass die von einem Beschuldigten bei der ersten Vernehmung gemachten Angaben der Wahrheit am nächsten kommen bzw die in zeitlich geringerem Abstand zur Tat gemachten Sachverhaltsangaben des Beschuldigten eine höhere Glaubwürdigkeit aufweisen als spätere, auf Straffreiheit hinzielende Angaben. Das h Tribunal sieht keinen Grund, diese Judikatur nicht auch im Berufungsfall als beachtlich zu werten.

Seinem inneren Gehalt nach geht das Berufungsvorbringen zu 1. ("Nicht richtig ist, dass der Beschuldigte sein KFZ ohne Geschwindigkeitsverringerung den mit einer Stoptafel abgewerteten Bahnübergang befuhr. Vielmehr hielt dieser seinen PKW vor dem Bahnübergang an.") über eine schlichte Bestreitung nicht hinaus und ist auch nicht zu erkennen, inwieweit der nur in allgemeiner Form zu allen Spruchpunkten, somit ohne Angabe eines konkreten Beweisthemas zum Faktum 1. beantragte Zeugenbeweis eine günstigere Beurteilung für den Berufungswerber bewirken könnte. Dieser Zeugenbeweis war daher nicht zu führen.

Soweit der Berufungswerber mit seinem Vorbringen geltend macht, es sei die Annahme, dass es sich bei dem vom Meldungsleger verfolgten Fahrzeug eindeutig um jenes des Beschuldigten handeln musste, nicht gerechtfertigt, so ist ihm entgegen zu halten, dass die belangte Behörde schon auf Grund der Angaben des Beschuldigten bei seiner Vernehmung am Gendarmerieposten und auf Grund seiner Angaben im Zuge der mündlichen Rechtfertigung (Niederschrift vom 24.8.1998) von der hinreichend geklärten Lenkerschaft des Beschuldigten bei der nämlichen Fahrt mit dem sprucherfassten PKW ausgehen konnte. Im Ergebnis hat auch mit diesem Vorbringen der Berufungswerber einen Umstand, der die Tatbestandsmäßigkeit des ihm zur Last gelegten Verhaltens oder sein Verschulden hätte ausschließen können, nicht aufgezeigt. Der Schuldspruch zu 1. war daher zu bestätigen.

Was die Höhe der zu 1. verhängten Geldstrafe anbelangt, hat der Berufungs-werber, indem er nur allgemein begehrte, die verhängte Geldstrafe schuld- und tatangemessen herabzusetzen, die diesbezügliche Ermessensentscheidung der belangten Behörde zu 1. konkret nicht bekämpft. Auch der Strafausspruch war daher zu bestätigen.

Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Berufungswerber zu 1. der Kostenbeitrag zum Berufungsverfahren in der gesetzlichen Höhe aufzuerlegen.

Zu 2.

Dem Berufungswerber wurde angelastet, er habe im Ortsgebiet von Oberreithbach die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h wesentlich (um 20 km/h) überschritten.

Die vorliegend erste Verfolgungshandlung (Aufforderung zur Rechtfertigung vom 13.8.1998) lastete zu 2. (dort noch 3.) als Tatort "im Ortsgebiet von S" an. Die Niederschrift vom 3. September 1998 über die Vernehmung des Meldungslegers als Zeugen offenbart in diesem Zusammenhang keine Eindeutigkeit: Sowohl das Ortsgebiet S als auch das Ortsgebiet O erwähnt der Zeuge in seinen Angaben; als "Gegenstand der Amtshandlung" verweist die Niederschrift ausdrücklich jedoch auf die AzR vom 13. August 1998 und somit auf den in dieser Verfolgungshandlung angegebenen Tatort.

Im Zweifel zu Gunsten des Berufungswerbers war daher festzustellen, dass in sachverhaltsmäßiger Hinsicht der Schuldspruch zu 2. von einem anderen Tatort ausgegangen ist als die bezügliche, noch innerhalb der Verjährungsfrist gesetzte erste Verfolgungshandlung.

Aus diesem Grund war das angefochtene Straferkenntnis im Grunde des § 44a Z1 VStG aufzuheben und das Verfahren gemäß § 45 Abs.1 Z3 VStG insoweit einzustellen.

Dieses Verfahrensergebnis entlastet den Berufungswerber zu 2. auch aus seiner Kostenpflicht.

Zu 3.

Der Berufungswerber wurde einer Übertretung gegen das Rechtsfahrgebot (§ 7 Abs.1 StVO) schuldig gesprochen. Er sei auf dieser Fahrt mehrmals über die Fahr-

bahnmitte gefahren, indem er - entgegen der Gesetzesvorschrift - bei Linkskurven den linken Fahrstreifen benützt habe. Über ihn wurde eine Geldstrafe von 500 S verhängt.

Auch zu diesem Tatvorwurf konnte die belangte Behörde die Annahme der Tatbestandsmäßigkeit, so wie schon zu 1., auf ein hinreichendes Feststellungser-

gebnis stützen. Auch hier setzt dem der Berufungswerber (Seite 8 unten der Berufungsschrift) nur eine schlichte Verneinung der Sachverhaltsannahme entgegen und gilt auch hinsichtlich des beantragten Zeugenbeweises dasselbe wie oben zu 1. ausgeführt.

Im Ergebnis war sowohl der Schuldspruch zu 3. als auch der Strafausspruch, weil letzterer gleichfalls nicht konkret bekämpft wurde, zu bestätigen.

Wie zu 1. war auch zu 3. der Kostenbeitrag in der gesetzlichen Höhe aufzuerlegen.

Zu 4.

Dem Berufungswerber wurde eine Übertretung des § 20 Abs. 2 StVO angelastet. Er habe im Ortsgebiet von M abermals die höchste zulässige Fahrgeschwindigkeit von 50 km/h wesentlich (um 50 km/h) überschritten. Wegen dieser Verwaltungsübertretung wurde über ihn eine Geldstrafe von 6.600 S ver-

hängt.

In sachverhaltsmäßiger Hinsicht stützte die belangte Behörde den Schuldspruch auf die Tachoablesung durch Nachfahren mit dem Streifenwagen. So sei der Berufungswerber nach der Kreuzung mit der P Straße in Richtung M weitergefahren, wo der nachfolgende Streifenwagen beim Einfahren in das Ortsgebiet M eine Geschwindigkeit von 100 km/h festgestellt habe und der Streifenwagen dem Berufungswerber trotz dieser hohen und unverantwortbaren Geschwindigkeit im Ortsgebiet M nicht mehr näher als ca. 200 m habe kommen können, weil sich der Abstand zum Fahrzeug des Berufungswerbers immer mehr vergrößert und der Streifenwagen im Zuge eines Kurvenverlaufes mit einer anschließenden Kreuzung den Berufungswerber aus den Augen verloren habe.

Der Berufungswerber bestreitet tatseitig und bekämpft die Geschwindigkeits-

messung des Meldungslegers unter Hinweis auf die einschlägige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes im wesentlichen mit dem Einwand, die belangte Behörde habe nicht erhoben, über welche Strecke das Nachfahren in angeblich gleichem Abstand zum Beschuldigtenfahrzeug erfolgt sei. Auch brachte er vor, dass dann, wenn nur ganz kurz ein vermeintlich gleichbleibender Abstand hinter dem Fahrzeug nachgefahren werde und der Tachometer des nachfahrenden Fahrzeuges abgelesen werde, sich erhebliche Geschwindigkeitsdifferenzen ergäben.

Tatsächlich konnte das angefochtene Straferkenntnis die zu 4. vorgeworfene "wesentliche" Geschwindigkeitsüberschreitung nach der Aktenlage auf keine verläss-

lichen und eindeutigen Feststellungen stützen.

So erscheint der Schuldspruch zunächst schon dadurch in einem unsicheren Licht, dass er dem Berufungswerber anlastet, die höchstzulässige Fahrgeschwindigkeit im Ortsgebiet von M wesentlich (um 50 km/h) überschritten zu haben, in der Begründung hiezu jedoch - unter Zugrundelegung der Angaben des Meldungslegers - nur ausführte, es habe der nachfahrende Streifenwagen beim Einfahren in das Ortsgebiet M eine Geschwindigkeit von 100 km/h festgestellt. Zum einen ist die sachverhaltsbezogene Umschreibung "beim Einfahren" keinesfalls gleichzusetzen mit "im Ortsgebiet" und lässt die Deutung zu, dass das Fahrzeug des Berufungswerbers möglicher Weise doch noch nicht im Ortsgebiet, sondern erst in der Annäherung an die Ortstafel gewesen ist und sich dabei noch einige Meter von ihr entfernt befunden haben könnte, zumal wenn feststeht, dass sich der nachfahrende Meldungsleger nicht in kurzem (eine verlässliche Beobachtung zulassenden) Abstand, sondern immerhin ca. 200 m hinter dem PKW des Berufungswerbers befunden hat.

Zum anderen steht nach der Aktenlage aber auch fest, dass hier die Geschwindigkeit des Beschuldigten-PKW nicht in Übereinstimmung mit dem Mindeststandard für die Geschwindigkeitsfeststellung durch Nachfahren ermittelt wurde.

Feststellungsergebnisse, aus denen hervorginge, dass a) der Abstand gleich-

geblieben ist, b) die Geschwindigkeitsanzeige bzw deren Fehlanzeige genau bekannt war, c) längere Zeit mit gleichbleibender Geschwindigkeit gefahren wurde und d) die Geschwindigkeit während des Nachfahrens mehrmals kontrolliert wurde, sind im Strafakt nicht auffindbar. Beim Oö. Verwaltungssenat sind zur Geschwindigkeitser-

mittlung durch Nachfahren als schlüssig anerkannte Sachverständigen-Darlegungen notorisch, wonach die Länge der Beobachtungsstrecke zur Geschwindigkeitsfest-

stellung mindestens das fünf bis fünfeinhalbfache der Geschwindigkeitsanzeige in "m" betragen muss. Daraus ergibt sich bei 60 km/h eine Nachfahrstrecke von mindestens 300 bis 350 m, bei 100 km/h schon eine solche von mindestens 500 bis 550 m. Dies entspräche einer Nachfahrzeit von knapp 20 Sekunden.

Hat aber im Berufungsfall eine Geschwindigkeitsermittlung durch Nachfahren, die diesen Anforderungen genügt hätte und daher die Tatbestandsmäßigkeit zu 4. hätte stützen können, nicht stattgefunden, so durfte - als Ergebnis der Beweiswürdigung im Zweifel zu Gunsten des Berufungswerbers - der Schuldspruch hinsichtlich einer "wesentlichen" Geschwindigkeitsüberschreitung nicht bestätigt werden, sodass aus allen diesen Gründen wie im Spruch zu entscheiden und das Verfahren gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG einzustellen war.

Dieses Verfahrensergebnis bewirkt auch zu 4. die Entlastung des Berufungs-werbers aus seiner Kostenpflicht.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht 181,68 €) zu entrichten.

Mag. Gallnbrunner

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