Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-106354/7/Fra/Ka

Linz, 24.09.1999

VwSen-106354/7/Fra/Ka Linz, am 24. September 1999

DVR.0690392

VwSen-106355/4/Fra/Ka

E R K E N N T N I S

I. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 6. Kammer (Vorsitzende: Dr. Klempt, Beisitzer: Dr. Langeder, Berichter: Dr. Fragner)

Mitglied Dr. Fragner über den Antrag des Herrn D, das Verfahren betreffend die Berufung gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach vom 5.10.1998, VerkR96-1737-1998 Do/HG, wegen Übertretung des § 1 Abs.3 FSG wieder aufzunehmen und durch sein Mitglied Dr. Fragner über den Antrag, das Verfahren betreffend die Berufung gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach vom 25.9.1998, VerkR96-1756-1998 Do/HG, wegen Übertretungen des FSG, wieder aufzunehmen, zu Recht erkannt:

Den Anträgen wird stattgegeben. Die Verfahren werden wieder aufgenommen.

Rechtsgrundlage:

§ 69 Abs.1 Z2 und Abs.4 AVG iVm § 51c VStG.

II. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 6. Kammer (Vorsitzende: Dr. Klempt, Berichter: Dr. Fragner, Beisitzer: Dr. Langeder) über die Berufung des Herrn D gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach vom 5.10.1998, VerkR96-1737-1998 Do/HG, betreffend Übertretung des § 1 Abs.3 FSG, und über die Berufung des Herrn D gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach vom 25.9.1998, VerkR96-1756-1998, betreffend Übertretungen des FSG, durch sein Einzelmitglied Dr. Fragner, zu Recht erkannt:

Den Berufungen wird stattgegeben. Die angefochtenen Straferkenntnisse werden behoben und die Verfahren eingestellt; der Berufungswerber hat keine Verfahrenskostenbeiträge zu zahlen.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24 und 45 Abs.1 Z2 VStG; § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

I.1. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 6. Kammer mit Erkenntnis vom 4.2.1999 die Berufung des Herrn D gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach vom 5.10.1998, VerkR96-1737 Do/HG, betreffend Übertretung des § 1 Abs.3 FSG, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 2.2.1999 als unbegründet abgewiesen.

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Fragner die Berufung des Herrn D gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach vom 25.9.1998, VerkR96-1756-1998 Do/HG, betreffend Übertretungen des FSG, mit Erkenntnis vom 1.2.1999, VwSen-105916/6/Fra/Ka, als verspätet zurückgewiesen.

I.2. Mit Eingabe vom 17.5.1999 stellte Herr D, vertreten durch Herrn T, im Rahmen seiner Funktion als Sachwalter gemäß § 273 Abs.3 Z2 ABGB für Herrn D, geb. am 9.8.1954, hinsichtlich der gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren unter anderem Wiederaufnahmeanträge gemäß § 69 Abs.1 Z2 AVG. Die Anträge werden damit begründet, dass in den gegenständlich abgeführten Verwaltungsstrafverfahren die Tatsache einer psychischen Erkrankung von Herrn D und die dadurch gegebene Unzurechnungsfähigkeit nicht geltend gemacht und folglich nicht berücksichtigt werden konnte. Herr D leide an einer psychischen Krankheit, die ihn insbesondere im Hinblick auf die ihm zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen daran hindert, das Unerlaubte der von ihm begangenen Handlungen einzusehen bzw dieser Einsicht gemäß zu handeln.

Der Oö. Verwaltungssenat hat vorerst mit Schreiben vom 27.5.1999, VwSen-106354/2/Fra/Ka und VwSen-106355/2/Fra/Ka, Herrn T zur Beurteilung der Frage, ob die gegenständlichen Anträge rechtzeitig eingebracht wurden, um Mitteilung gebeten, wann er Kenntnis 1.) von der in den Anträgen behaupteten Unzurechnungsfähigkeit des Herrn D und 2.) von den gegenständlichen Berufungsentscheidungen erlangt hat.

Zu diesen Fragen teilte Herr Helmut T mit Schreiben vom 1.6.1999 dem Oö. Verwaltungssenat mit, dass ihm Herr D anlässlich einer Besprechung am 22.4.1999 diverse Unterlagen im Zusammenhang mit verschiedenen gegen ihn anhängigen Verwaltungsstrafverfahren vorgelegt hat. Es sind ihm auf diesem Wege auch die genannten Berufungsentscheidungen zur Kenntnis gelangt.

Mit weiterem Schreiben vom 8.9.1999 übermittelte Herr T ein Gutachten des allgemein beeideten gerichtlichen Sachverständigen Herrn Dr. S, Facharzt für Neurologie und Psychiatrie, Psychotherapeut, vom 12.7.1999, ihm zugestellt am 2.9.1999, in dem der Sachverständige seine eigenen Vorgutachten bezüglich Herrn D ergänzt und insbesondere auf die Frage der Geschäftsfähigkeit sowie der Zurechnungsfähigkeit von Herrn D im Zeitraum 1998 bis zur Sachwalterbestellung 1999 eingeht.

I.3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 69 Abs.2 AVG ist der Antrag auf Wiederaufnahme binnen zwei Wochen bei der Behörde einzubringen, die den Bescheid in erster Instanz erlassen hat. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Antragsteller von dem Wiederaufnahmegrund Kenntnis erlangt hat, wenn dies jedoch nach der Verkündung des mündlichen Bescheides und vor Zustellung der schriftlichen Ausfertigung geschehen ist, erst mit diesem Zeitpunkt. Nach Ablauf von drei Jahren nach Erlassung des Bescheides kann der Antrag auf Wiederaufnahme nicht mehr gestellt werden. Die Umstände, aus welchen sich die Einhaltung der gesetzlichen Frist ergibt, sind vom Antragsteller glaubhaft zu machen.

Mit Schreiben des Herrn T vom 1.6.1999, in dem dieser dem Oö. Verwaltungssenat mitteilte, dass er anlässlich einer Besprechung mit Herrn D am 22.4.1999 diverse Unterlagen im Zusammenhang mit den anhängigen Verwaltungsstrafverfahren vorgelegt bekommen hat und ihm auf diesem Wege auch die Berufungsentscheidungen zur Kenntnis gelangt sind, wurde somit vom Antragsteller die Rechtzeitigkeit der Wiederaufnahmeanträge im Sinne der genannten gesetzlichen Bestimmung glaubhaft gemacht. Die Anträge sind am 27.4.1999 bei der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung eingelangt und wurden der zuständigen Bezirkshauptmannschaft Rohrbach weitergeleitet, wo sie am 30.4.1999 - somit auch rechtzeitig im Sinne des § 6 AVG - einlangten.

Mit dem oa Schreiben teilte der Sachwalter von Herrn D, Herr T, dem Oö. Verwaltungssenat ua auch mit, dass er mit Beschluss des Bezirksgerichtes Neufelden vom 23.3.1999, ihm zugestellt am 24.3.1999, zum Sachwalter gemäß § 273 ABGB für Herrn Walter D bestellt wurde. Im Rahmen dieses Verfahrens, in dem die Notwendigkeit der Bestellung eines Sachwalters für Herrn D geprüft wurde, hat der medizinische Sachverständige lediglich die Frage beantwortet, ob bei Herrn D eine psychische Erkrankung oder geistige Behinderung im Sinne des § 273 ABGB vorliegt bzw inwieweit Herr Dall dadurch in seiner Geschäftsfähigkeit beeinträchtigt ist. Der med. Sachverständige hat das Bestehen einer schizo-affektiven Psychose bei Herrn D diagnostiziert, wobei der Zustand einer lang anhaltenden manisch gefärbten Phase mit Störung des Realitätsbezugs festgestellt wurde. Auf die Frage einer etwaigen Unzurechnungsfähigkeit von Herrn D wurde im Sachwalterschaftsverfahren nicht Bedacht genommen, zumal die Verwaltungsübertretungen die von Herrn D begangen wurden, nicht Gegenstand des Verfahrens waren. Die Feststellungen des med. Sachverständigen im Sachwalterschaftsverfahren sowie die schließlich erfolgte Sachwalterbestellung sind nach Meinung von Herrn T als Indiz dafür zu werten, dass Herr D nicht nur in seiner Geschäftsfähigkeit, sondern auch in seiner Zurechnungsfähigkeit bereits seit längerer Zeit erheblich eingeschränkt war bzw Unzurechnungsfähigkeit im Zusammenhang mit den begangenen Verwaltungsübertretungen vorlag. Insofern - so stellt Herr Tuttner zutreffend fest - ist die Unzurechnungsfähigkeit des Herrn D, die von ihm in seinen Anträgen behauptet wird, eine Frage des Beweises durch ein erst einzuholendes Gutachten eines med. Sachverständigen.

Dieses Gutachten legte nun Herr T mit Schreiben vom 8.9.1999 dem Oö. Verwaltungssenat vor. In der Gutachtensergänzung vom 12.7.1999 kommt Herr Dr. S mit Verweis auf sein Vorgutachten, welches ebenfalls dem Oö. Verwaltungssenat vorgelegt wurde, zum Ergebnis, dass, was den angesprochenen Zeitraum 1998 bis zur Sachwalterbestellung 1999 betrifft, mit Sicherheit anzunehmen ist, dass die Beeinträchtigung durch die Krankheitssymptomatik ganz erheblich war, weshalb sowohl die Geschäftsfähigkeit, als auch die Zurechnungsfähigkeit des Betroffenen in diesem ganzen Zeitraum aufgehoben war. Unter Zugrundelegung dieses Gutachtens liegt gegenständlich ein Wiederaufnahmegrund des § 69 Abs.1 Z2 AVG vor. Nach dieser Bestimmung ist dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Bescheid abgeschlossenen Verfahrens stattzugeben, wenn ein Rechtsmittel gegen den Bescheid nicht oder nicht mehr zulässig ist und neue Tatsachen oder Beweismittel hervorkommen, die im Verfahren ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten und allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens voraussichtlich einen im Hauptinhalt des Spruches anderslautenden Bescheid herbeigeführt hätten. Die Tatsache der Unzurechnungsfähigkeit des Herrn D ist im Zeitraum der anhängigen Verwaltungsstrafverfahren bereits vorgelegen. Herr D konnte daher naturgemäß diesen Umstand ohne sein Verschulden nicht geltend machen. Die Unzurechnungsfähigkeit des Herrn D wurde nunmehr durch seinen Sachwalter Herrn T unter Vorlage eines schlüssigen Gutachtens belegt. Den Wiederaufnahmeanträgen war daher stattzugeben.

Über den Wiedereinsetzungsantrag betreffend das Verfahren VwSen-105916, in dem die Berufung als verspätet zurückgewiesen wurde, ist nicht gesondert zu entscheiden, weil durch das oa Gutachten feststeht, dass Herr D auch während der Berufungsfrist in diesem Verfahren unzurechnungsfähig war und er daher die verspätete Einbringung dieses Rechtsmittels nicht zu verantworten hat. Aus diesem Grunde kann es auch dahingestellt bleiben, ob Herr D ein Rechtsmittel verspätet oder rechtzeitig eingebracht und welchen Inhalt dieses Rechtsmittel gehabt hat. Durch die Bewilligung der Wiederaufnahme ist dieser Wiedereinsetzungsantrag obsolet geworden.

zu II. Gemäß § 45 Abs.1 Z2 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen hat oder Umstände vorliegen, die die Strafbarkeit aufheben oder ausschließen.

Ein Strafausschließungsgrund ist ua das Fehlen der Zurechnungsfähigkeit (§§ 3f VStG). Da Herr Dall zu den relevanten Tatzeitpunkten nicht zurechnungsfähig war - siehe Begründung zu I. - war spruchgemäß zu entscheiden.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Dr. K l e m p t Dr. F r a g n e r

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