Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-106375/2/Kon/Pr

Linz, 03.11.1999

VwSen-106375/2/Kon/Pr Linz, am 3. November 1999

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Robert Konrath über die Berufung des F. S., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding, vom 20.4.1999, VerkR-96-8608-1997, wegen Übertretungen der Verordnung (EWG) Nr. 3820/85 des Rates vom 20.12.1985 über die Harmonisierung bestimmter Sozialvorschriften im Straßenverkehr, zu Recht erkannt:

  1. Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis hinsichtlich beider Fakten mit der Maßgabe bestätigt, dass der Wortlaut des Strafausspruches wie folgt zu lauten hat: "Wegen dieser Verwaltungsübertretungen werden über Sie gemäß § 134 Abs. 1 KFG 1967 folgende Geldstrafen verhängt:

zu Faktum 1: 500 S

zu Faktum 2: 500 S."

II. Der Bestrafte hat 20 % der über ihn verhängten Strafen, ds 200,00 Schilling (entspricht  14,53 Euro), als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu zahlen.

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG iVm § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, § 16 Abs.1 VStG und § 19 VStG.

zu II.: § 64 Abs.1 und 2 VStG.

Entscheidungsgründe:

zu I.:

Das angefochtene Straferkenntnis enthält nachstehenden Schuld- und Strafausspruch:

"Sie lenkten am 31.10.1997 um ca. 14.25 Uhr den Kraftwagenzug, bestehend aus dem Lastkraftwagen mit dem österreichischen Kennzeichen und dem Anhänger mit dem österreichischen Kennzeichen auf der A aus Richtung W. kommend bis zur LKW-Ausreisekontrollstelle beim Grenzübergang S., wobei bei der dort durchgeführten Kontrolle der vorgewiesenen Fahrtschreiberschaublätter festgestellt wurde, dass Sie den oben angeführten Kraftwagenzug

  1. am 30.10.1997 in der Zeit vom 16.45 Uhr bis 22.45 Uhr fünf Stunden und fünfzig Minuten ohne Lenkpause gelenkt haben, obwohl nach einer Lenkzeit von 4,5 Stunden eine Unterbrechung von mindestens 45 Minuten einzulegen ist, und
  2. am 30.10.1997 in der Zeit von 07.15 Uhr bis 22.35 Uhr zehn Stunden und vierzig Minuten (reine Lenkzeit) lenkten und somit die maximal erlaubte Tageslenkzeit von 10 Stunden überschritten haben.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:

  1. Art.7 Abs.1 Verordnung (EWG) Nr. 3820/85
  2. Art.6 Abs.1 Verordnung (EWG) Nr. 3820/85

Wegen dieser Verwaltungsübertretung(en) wird über Sie gemäß 1. und 2. § 134 Abs.1 KFG 1967 folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von

  1. S 500,--
  2. S 500,--

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens (§ 64 Abs.1 und 2 VStG): S 100,--

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher S 1.100,--."

Nach ausführlicher Darlegung der Rechts- und Sachlage führt die belangte Behörde bezüglich des Schuldspruches im Wesentlichen begründend aus, dass der Beschuldigte mit Schreiben vom 20.1.1998 darüber informiert worden sei, dass es sich bei der Fahrt mit dem angeführten Kraftwagenzug um einen grenzüberschreitenden Transport handelte und somit ausschließlich die Bestimmungen der Verordnung (EWG) Nr. 3820/85 anzuwenden seien. In diesem Fall könnten sämtliche auf den verpflichtend mitzuführenden Schaublättern ersichtlichen Übertretungen beanstandet werden, auch wenn die tatsächliche Fahrtstrecke nicht in Österreich gelegen wäre. Da die angeführte Verordnung keine Ausnahmeregelungen bei Stau kenne, läge somit sehr wohl ein strafbarer Tatbestand nach EG-Bestimmungen vor.

Wenn in Deutschland die langsame Fahrt im Stau nicht als Fahrzeit gerechnet werde, so handle es sich hiebei um eine deutsche Rechtsansicht, die jedoch bei grenzüberschreitenden Transporten ihre Gültigkeit verlöre.

Dass der Beschuldigte die im grenzüberschreitenden Straßenverkehr geltende Rechtslage verkannt habe, gehe ausschließlich zu seinen Lasten und stelle keinen Grund dar, das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen. Vielmehr müsse von jedem Kraftfahrzeuglenker im grenzüberschreitenden Straßenverkehr verlangt werden können, die für ihn geltenden (internationalen) Bestimmungen zu kennen. Auch müsse die Kenntnis erwartet werden, dass im grenzüberschreitenden Straßenverkehr internationale Regelungen, vor allem EG-Bestimmungen, Vorrang gegenüber nationalen Bestimmungen oder nationalen Ausnahmeregelungen hätten. Der Beschuldigte habe diese Verwaltungsübertretungen auch zu verantworten, da er die ihn treffende Sorgfaltspflicht außer Acht gelassen habe. Für die Verwirklichung des strafbaren Tatbestandes genüge gemäß § 5 Abs.1 VStG fahrlässiges Verhalten.

In Bezug auf das Strafausmaß hält die belangte Behörde begründend fest, dass als mildernd die bisherige Unbescholtenheit des Beschuldigten zu werten gewesen sei, wobei sich dieser Milderungsgrund auf den Zuständigkeitsbereich der Bezirkshauptmannschaft Schärding einschränke, nachdem er in Österreich keinen Wohnsitz und somit jede Tatortbehörde zugleich Strafbehörde sei. Erschwerungsgründe lägen nicht vor.

Die verhängten Strafen seien dem Verschulden angemessen und auch geeignet, den Beschuldigten in Hinkunft von der Begehung weiterer gleicher Delikte abzuhalten. Im Übrigen bewegten sich die verhängte Strafen im untersten Bereich des gesetzlichen Strafrahmens (bis zu 30.000 S). So sollten die Bestimmungen über Lenk- und Ruhezeiten eben erreichen, übermüdete Kraftfahrer von der Teilnahme am Straßenverkehr auszuschließen. Auch Fahren mit geringerer Geschwindigkeit in einem Stau sei als Teilnahme am Straßenverkehr anzusehen. Einer Missachtung dieser Bestimmungen hafte somit ein derartiger Verschuldensgrad an, welcher eine weitere Milderung der ohnehin geringen Strafen ausschließe.

Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse, welche vor der Strafbemessung zu berücksichtigen seien, habe der Beschuldigte nicht bekannt gegeben, sodass diese geschätzt werden hätten müssen. Aufgrund des Schätzungsergebnisses, welche dem Beschuldigten mit Schreiben vom 20.1.1998 mitgeteilt worden sei, sei von einem monatlichen Einkommen von ca. 18.000 S, bei sonstiger Vermögenslosigkeit und dem Nichtbestehen von Sorgepflichten ausgegangen worden.

In seiner rechtzeitig gegen dieses Straferkenntnis erhobenen Berufung wendet der Beschuldigte unter Hinweis auf seinen weiterhin aufrecht erhaltenen Einspruch vom 20.12.1997 gegen seine Bestrafung im Wesentlichen ein, dass die Verfolgungsverjährungsfrist für geringfügige Verkehrsdelikte in Deutschland maximal 9 Monate betrage. Da die belangte Behörde aber erst ca. 17 Monate später seinen Einspruch bearbeitet habe, betrachte er die Sache für ihn als erledigt. Wenn sich die belangte Behörde auf grenzüberschreitenden Verkehr berufe, möchte er darauf aufmerksam machen, dass in der EU keinerlei Grenzen bestünden, weshalb er dabei bleibe, seine Tat nach deutschem Recht behandeln zu lassen. Wenn die Behörde Strafansprüche geltend machen wolle, soll sie sich an die Spedition wenden. Er habe Termine einzuhalten und wenn ein Stau entstünde, so müsse hiefür sein Disponent verantwortlich gemacht werden.

Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Zunächst ist festzuhalten, dass die objektive Tatbestandsmäßigkeit bei der Verwaltungsübertretung, nämlich die Überschreitung der zulässigen Lenkzeit von 4,5 Stunden Art.7 Abs.1 Verordnung (EWG) Nr. 3820/85 und die Überschreitung der maximalen Tageslenkzeit Art.6 Abs.1 Verordnung (EWG) Nr. 3820/85 sich als klar erwiesen und unstrittig darstellt.

Bestritten wird vom Beschuldigten das Vorliegen der subjektiven Tatbestandsmäßigkeit im Sinne des Verschuldens, indem er die nicht zeitgerechte Einhaltung der Lenkpausen bzw. die Überschreitung der zulässigen Tageslenkzeit mit der Stausituation im Raume München zu entschuldigen versucht. Weiters bestreitet der Beschuldigte die Strafbarkeit seines Verhaltens mit seinem Verweis auf bundesdeutsche Rechtsvorschriften.

Diesen Einwänden hat die belangte Behörde zu Recht die Bestimmungen der Verordnung (EWG) Nr. 3820/85 entgegen gehalten. Ergänzend ist hier nur noch anzuführen, dass im Hinblick auf den gemeinsamen Schutzzweck der übertretenen Normen, der in der Hintanhaltung von Gefahren durch übermüdete Kraftfahrzeuglenker besteht, beim grenzüberschreitenden Güterverkehr im Gebiet der Europäischen Union allein nur die EU-rechtlichen Bestimmungen wie eben die zitierten Verordnungen und nicht nationale (bundesdeutsche) Rechtsvorschriften Geltung haben. Dies zum einen deshalb, weil der erwähnte Schutzzweck von allen EU-Mitgliedsstaaten angestrebt wird, zum anderen für den grenzüberschreitenden Güterverkehr dieser Schutzzweck im EU-Raum nur durch gemeinschaftsrechtliche und nicht durch nationale Bestimmung verfolgt werden kann. Insoferne erweist sich das Berufungsvorbringen als widersprüchlich, als der Beschuldigte darin einerseits auf den Wegfall der Grenzen innerhalb der EU-Mitgliedsländer verweist, andererseits für sich in Anspruch nimmt, trotz der von ihm vorgenommenen grenzüberschreitenden Güterbeförderung nur bundesdeutschen Rechtsvorschriften zu unterliegen.

Es war daher der Schuldspruch der belangten Behörde zu bestätigen.

Zur Strafhöhe:

Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Der Beschuldigte, der die Strafhöhe im Besonderen nicht bekämpft, ist zunächst darauf hinzuweisen, dass jede innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens erfolgte Strafzumessung eine Ermessensentscheidung der Strafbehörde darstellt, die sie in Beachtung der zitierten Bestimmungen des § 19 VStG vorzunehmen hat.

Der Unabhängige Verwaltungssenat konnte keine gesetzwidrige Ermessensausübung bei der Strafbemessung feststellen, da - wie sich aus der Begründung der Strafhöhe ergibt - die belangte Behörde voll und ausreichend sowohl auf die objektiven (§ 19 Abs.1 VStG) wie auch die subjektiven Strafbemessungsgründe (§ 19 Abs.2 VStG) Bedacht genommen hat. Die Bewertung des Schuld- und Unrechtsgehaltes der angelasteten Verwaltungsübertretungen wurde von der belangten Behörde nachvollziehbar dargetan. Bedenken, dass die im untersten Bereich des Strafrahmens gelegenen Geldstrafen dem Beschuldigten wirtschaftlich nicht zumutbar sind, bestehen in Anbetracht der unwidersprochen gebliebenen Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse nicht.

Aus diesen Gründen war auch der Strafausspruch der belangten Behörde zu bestätigen.

zu II.:

Der Ausspruch über die Kosten des Berufungsverfahrens ist in der zitierten Gesetzesstelle begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500,00 Schilling (entspricht  181,68 Euro) zu entrichten.

Dr. K o n r a t h

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