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des Landes Oberösterreich
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VwSen-106418/7/Fra/Ka

Linz, 12.07.1999

VwSen-106418/7/Fra/Ka Linz, am 12. Juli 1999

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Fragner über die Berufung des Herrn C, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 4.5.1999, wegen Übertretungen der Straßenverkehrsordnung 1960, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 7.7.1999 und Abhaltung eines Lokalaugenscheines, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird hinsichtlich der Fakten 2.), 5.) (jeweils § 7 Abs.1 StVO 1960) und 7.) (§ 20 Abs.2 StVO 1960) stattgegeben. Das angefochtene Straferkenntnis wird diesbezüglich behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

Die Berufung wird hinsichtlich der Fakten 1.) (§ 19 Abs.7 iVm § 19 Abs.6 StVO 1960) 3.) und 8.) (jeweils § 11 Abs.3 StVO 1960) als unbegründet abgewiesen. Das angefochtene Straferkenntnis wird diebezüglich bestätigt.

Die Berufung wird hinsichtlich der Fakten 4.) und 6.) (jeweils § 7 Abs.2 StVO 1960) mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, daß die Sanktionsnorm "§ 99 Abs.3 lit.a StVO 1960" zu lauten hat. Die Geldstrafen werden mit jeweils 1.000 S, die Ersatzfreiheitsstrafen mit jeweils 48 Stunden neu bemessen.

II. Der Berufungswerber hat zum Verfahren hinsichtlich der Fakten 2.), 5.) (jeweils § 7 Abs.1 StVO 1960) und 7.) (§ 20 Abs.2 StVO 1960) keine Verfahrenskosten-beiträge zu zahlen.

Der Berufungswerber hat zu den Fakten 1.) (§ 19 Abs.7 iVm § 19 Abs.6 StVO 1960), 3.) und 8.) (jeweils § 11 Abs.3 StVO 1960) einen Kostenbeitrag in der Höhe von jeweils 20 % der verhängten Geldstrafen, das sind insgesamt 160 S, zu zahlen.

Der Berufungswerber hat zu den Fakten 4.) und 6.) (jeweils § 7 Abs.2 StVO 1960) zum Berufungsverfahren keinen Kostenbeitrag zu zahlen.

Für das erstinstanzliche Verfahren ermäßigt sich der Kostenbeitrag auf 10 % der neu bemessenen Strafen, das sind je 100 S.

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 19, 24 und 45 Abs.1 Z1 und 3 VStG.

zu II.: §§ 64, 65 und 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

I.1. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat mit dem in der Präambel angeführten Strarferkenntnis über den Berufungswerber (Bw) 1.) wegen Übertretung des § 19 Abs.7 iVm § 19 Abs.6 StVO 1960 gemäß § 99 Abs.3 lit.a leg.cit. eine Geldstrafe von 500 S (EFS 24 Stunden), 2.) wegen Übertretung des § 7 Abs.1 1. Satz StVO 1960 gemäß § 99 Abs.3 lit.a leg.cit. eine Geldstrafe von 300 S (EFS 12 Stunden), 3.) wegen Übertretung des § 11 Abs.3 erster Satz StVO 1960 gemäß § 99 Abs.3 lit.a leg.cit. eine Geldstrafe von 300 S (EFS 12 Stunden), 4.) wegen Übertretung des § 7 Abs.2 StVO 1960 gemäß § 99 Abs.2 lit.c leg.cit. eine Geldstrafe von 2.000 S (EFS 72 Stunden), 5.) wegen Übertretung des § 7 Abs.1 erster Satz StVO 1960 gemäß § 99 Abs.3 lit.a leg.cit. eine Geldstrafe von 300 S (EFS 12 Stunden), 6.) wegen Übertretung des § 7 Abs.2 StVO 1960 gemäß § 99 Abs.2 lit.c leg.cit. eine Geldstrafe von 2.000 S (EFS 72 Stunden), 7.) wegen Übertretung des § 20 Abs.2 StVO 1960 gemäß § 99 Abs.3 lit.a leg.cit. eine Geldstrafe von 1.000 S (EFS 48 Stunden) und 8.) wegen Übertretung des § 11 Abs.3 erster Satz StVO 1960 gemäß § 99 Abs.3 lit.a leg.cit. eine Geldstrafe von 300 S (EFS 12 Stunden) verhängt, weil er

1.) am 16.9.1998 um 19.20 Uhr den PKW von der Hauszufahrt Preising 111 (Gemeinde Regau) kommend, links in die Schörflinger-Bezirksstraße 1265 in Richtung Attnang-Puchheim gelenkt hat und beim Abbiegen den Vorrang des Fließverkehrs nicht beachtet hat, wodurch ein auf der Schörflinger-Bezirksstraße in Fahrtrichtung Himmelreichkreuzung fahrender PKW-Lenker zu unvermitteltem Bremsen seines Fahrzeuges (Vollbremsung) genötigt wurde,

2.) er in unmittelbarer Folge den oben angeführten PKW ab Höhe Dietlsiedlung und weiter Richtung Wankhamer-Gemeindestraße wiederholt über die Straßenmitte und ansonsten Zick-Zack gelenkt, somit sein Fahrzeug nicht soweit rechts gelenkt hat, wie dies unter Bedachtnahme auf die Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs zumutbar und ohne Gefährdung, Behinderung oder Belästigung anderer Straßenbenützer und ohne Beschädigung von Sachen möglich war,

3.) er in der Folge beim Rechtsabbiegen in die Wankhamer-Gemeindestraße diese Fahrtrichtungsänderung nicht mit den hiefür bestimmten, am Fahrzeug angebrachten Vorrichtungen angezeigt hat,

4.) er in der Folge in der Ortschaft Preising, beim Haus Nr.9, den oben genannten PKW in der dort befindlichen unübersichtlichen Rechtskurve nicht am rechten Fahrbahnrand gelenkt hat, wobei die Fahrbahnmitte mit der gesamten Autobreite überfahren wurde,

5.) er in der Folge von der Ortschaft Dornet bis Wankham andauernd Zick-Zack fuhr, er somit sein Fahrzeug nicht soweit rechts lenkte, wie dies unter Bedachtnahme auf die Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs zumutbar und ohne Gefährdung, Behinderung oder Belästigung anderer Straßenbenützer und ohne Beschädigung von Sachen möglich war,

6.) er in der Folge im Ortsgebiet von Wankham, Höhe Haus Wankham Nr.1, den PKW in der dort befindlichen unübersichtlichen Rechtskurve nicht am rechten Fahrbahnrand lenkte, wobei die Fahrbahnmitte mit der gesamten Fahrzeugbreite überfahren wurde,

7.) von dieser Kurve weiter bis zur Zufahrt zum Haus Wankham 11 er die im Ortsgebiet zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h um mindestens 30 km/h überschritten hat,

8.) er in weiterer Folge beim Rechtsabbiegen zum Haus Wankham Nr.11 diese Fahrtrichtungsanzeige nicht mit den hiefür bestimmten, am Fahrzeug angebrachten Vorrichtungen angezeigt hat.

Ferner wurde gemäß § 64 VStG ein Kostenbeitrag in Höhe von 10 % der verhängten Geldstrafen vorgeschrieben.

I.2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig bei der Erstbehörde eingebrachte Berufung.

Der Bw bringt vor, zum Vorfall nur sagen zu können, daß die Vorwürfe nicht der Wahrheit entsprechen, da er nicht so gefahren sei; Lenker war er schon, aber er sei nicht so blöd gefahren.

I.3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

Gemäß § 63 Abs.3 AVG (§ 24 VStG) hat die Berufung den Bescheid zu bezeichnen gegen den sie sich richtet, und einen begründeten Berufungsantrag zu enthalten. Zur Frage des Erfordernisses eines "begründeten Berufungsantrages" geht die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes von der Erwägung aus, daß ein begründeter Antrag dann vorliegt, wenn die Eingabe erkennen läßt, welchen Erfolg der Einschreiter anstrebt und womit er seinen Standpunkt vertreten zu können glaubt, selbst wenn die Begründung nicht als stichhältig anzusehen ist. Bei der Auslegung des Merkmales eines begründeten Berufungsantrages soll kein strenger (formalistischer) Standpunkt angelegt werden, weil es sich um eine Vorschrift handelt, die sich auch an rechtsunkundige Parteien richtet. Die oa Formulierung des Bw reicht gerade noch für die Annahme des Vorliegens eines begründeten Berufungsantrages im Sinne der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, weil daraus erschließbar ist, daß der Bw das angefochtene Straferkenntnis in faktischer Hinsicht bestreitet. Der Oö. Verwaltungssenat hat daher eine meritorische Entscheidung zu treffen. Er hat Beweis aufgenommen durch Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 7.7.1999 in Verbindung mit einem Lokalaugenschein.

Aufgrund des Ergebnisses dieser Beweisaufnahme ist der Oö. Verwaltungssenat zur Überzeugung gelangt, daß der Meldungsleger, Herr Ktr.Insp. K, Postenkommandant des Gendarmeriepostens Lenzing, die Tatbestände 1.) (§ 19 Abs.7 iVm § 19 Abs.6 StVO 1960), 3.) und 8.) (jeweils § 11 Abs.3 StVO 1960) sowie 4.) und 6.) (jeweils § 7 Abs.2 StVO 1960) einwandfrei festgestellt hat. Die Wahrnehmung erfolgte außerdienstlich. Aufmerksam wurde der Meldungsleger auf den Beschuldigten als Lenker des PKW, als dieser von der Hauszufahrt Preising 111 (Gemeinde Regau) kommend links in die Schörflinger Bezirksstraße 265 in Richtung Attnang-Puchheim einbog und beim Abbiegen den Vorrang des Fließverkehrs nicht beachtet hat, wodurch ein auf der Schörflinger Bezirksstraße in Fahrtrichtung Himmelreichkreuzung fahrender PKW-Lenker zu unvermittelten Abbremsen (Vollbremsung) genötigt wurde. Aufgrund dieser eklatanten Vorrangverletzung fuhr der Meldungsleger dem Beschuldigten nach, wobei er die Fakten 3.) (§ 11 Abs.3 StVO 1960), 4.) (§ 7 Abs.2 StVO 1960), 6.) (§ 7 Abs.2 StVO 1960) und 8.) (§ 11 Abs.3 StVO 1960) zweifelsfrei wahrnehmen konnte. Zu bedenken ist bei dieser Schlußfolgerung, daß es sich beim Meldungsleger um ein geschultes Straßenaufsichtsorgan handelt, dem die Wahrnehmungen der gegenständlichen Tatbestände ohne weiteres zumutbar sind. Weiters ist zu bedenken, daß der Meldungsleger seine Schilderungen unter Wahrheitspflicht abgelegt hat, bei deren Verletzung er mit straf- und dienstrechtlichen Sanktionen zu rechnen hätte. Der Bw hingegen, der die ihm zur Last gelegten Übertretungen lediglich pauschal bestreitet, ist an eine derartige Wahrheitspflicht im Verwaltungsstrafverfahren nicht gebunden. Er kann sich in jede Richtung verantworten, ohne daß er deshalb Rechtsnachteile zu befürchten hätte. Er konnte den Schilderungen des Meldungslegers, der bei der Berufungsverhandlung einen korrekten und seriösen Eindruck hinterließ, nichts Plausibles entgegensetzen. Der Meldungsleger legte glaubhaft dar, daß er sich zur Anzeigelegung auch deshalb verpflichtet fühlte, weil es sich um gravierende, die Verkehrssicherheit schwer beeinträchtigende Übertretungen handelte. Er kennt den Beschuldigten nicht, weshalb auch persönliche Motive für die Anzeigelegung ausscheiden.

Betreffend die Punkte 2.) und 5.) (jeweils § 7 Abs.1 StVO 1960) ist festzustellen, daß es sich bei diesen Fakten um eine erhebliche Fahrtstrecke handelt, die einer genaueren Präzisierung der Tatörtlichkeiten bedurft hätten. Die Tatstrecken sind abschnittsweise kurvenreich, wobei der Meldungsleger bei der Berufungsverhandlung einräumte, das Beschuldigtenfahrzeug auch zum Teil aus den Augen verloren zu haben.

Diese Tatbestände sind daher einerseits nicht ausreichend als erwiesen anzusehen, andererseits genügt die Tatortumschreibung nicht den Kriterien des § 44a Z1 VStG, weshalb diese Tatbestände zu beheben waren und eine Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens zu erfolgen hatte.

Was das Faktum 7.) (§ 20 Abs.2 StVO 1960) anlangt, ist festzustellen, daß nach der ständigen höchstgerichtlichen Judikatur das Nachfahren mit einem Dienstkraftfahrzeug unter gewissen Kriterien als taugliche Geschwindigkeitsmessung (Schätzung) angesehen werden kann. Im gegenständlichen Fall ist zu bedenken, daß der Meldungsleger die Nachfahrt mit seinem Privatfahrzeug durchführte und bei der Berufungsverhandlung dezidiert einräumte, daß der gleichbleibende Nachfahrabstand - ein wesentliches Kriterium für die Tauglichkeit einer Geschwindigkeitsfeststellung - nicht vorlag.

Die Fakten 4.) und 6.) (jeweils § 7 Abs.2 StVO 1960) wurden von der Strafbehörde jeweils gemäß § 99 Abs.2 lit.c StVO 1960 sanktioniert. Diese Strafsanktion kommt dann zur Anwendung, wenn eine Übertretung unter besonders gefährlichen Verhältnissen oder mit besonderer Rücksichtslosigkeit gegenüber anderen Straßenbenützern begangen wird. Nach der ständigen Judikatur des VwGH bedarf es bei der Annahme von "besonders gefährlichen Verhältnissen" oder der "besonderen Rücksichtslosigkeit" der Aufnahme zusätzlicher Sachverhaltselemente bereits im Spruch des Straferkenntnisses. Diesbezügliche Ausführungen in der Begründung genügen nicht. Der Schuldspruch enthält keine Ausführungen, aus denen geschlossen werden könnte, worin die Strafbehörde das Vorliegen von "besonderen gefährlichen Verhältnissen" oder "besonderer Rücksichtslosigkeit" betreffend die gegenständlichen Tatbestände sieht. Die Berufung war daher diesbezüglich mit der Maßgabe als unbegründet abzuweisen, daß als Sanktionsnorm § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 in Betracht kommt, woraus eine niedrigere Strafbemessung - siehe unten - resultiert.

Strafbemessung:

Milderungsgründe liegen nicht vor. Als Verschuldensform wird Vorsatz angenommen. Lt. Niederschrift der belangten Behörde vom 12.5.1999, VerkR96-14449-1998, verdiene der Bw 16.000 S netto monatlich. Er ist verheiratet, vermögenslos und für 3 Kinder sorgepflichtig. Der Oö. Verwaltungssenat legt die oa soziale und wirtschaftliche Situation des Bw der Strafbemessung zugrunde.

Der Unrechtsgehalt der Übertretungen wiegt schwer. Zweifellos hat der Bw bei den gegenständlichen Übertretungen die Interessen der Verkehrssicherheit erheblich gefährdet. Zum Faktum 1.) (§ 19 Abs.7 iVm § 19 Abs.6 StVO 1960) hat die Strafbehörde den gesetzlichen Strafrahmen lediglich zu 5 %, zu den Fakten 3.) und 8.) (jeweils § 11 Abs.3 StVO 1960) wurde der gesetzliche Strafrahmen lediglich zu 3 % ausgeschöpft. Die Strafen sind unter Zugrundelegung der oa Annahmen nicht überhöht. Was die Fakten 4.) und 6.) (§ 7 Abs.2 StVO 1960) anlangt, war eine Herabsetzung der Strafen aufgrund des nunmehr angewendeten Strafrahmens notwendig. Mit den neu bemessenen Strafen wurde der gesetzliche Strafrahmen jeweils zu 10 % ausgeschöpft. Aufgrund des mit den Übertretungen einhergehenden enormen Gefährdungspotentiales für andere Straßenverkehrsteilnehmer und des schweren Verschuldensgrades ist eine weitere Herabsetzung der Strafe nicht vertretbar. Auch spezialpräventive Überlegungen sprechen dagegen.

zu II. Die Kostenentscheidung ist gesetzlich begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Dr. F r a g n e r

 

 

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