Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-106449/8/Br, VwSen106450/9/Br

Linz, 03.08.1999

VwSen-106449/8/Br, VwSen-106450/9/Br Linz, am 3. August 1999

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch seine 2. Kammer unter dem Vorsitz von Dr. Langeder sowie den Berichter Dr. Bleier und den Beisitzer Dr. Guschlbauer über die Berufungen des Herrn I gegen die Straferkenntnisse der Bezirkshauptmannschaft Gmunden, vom 11. Mai 1999, Zl. VerkR96-8895-1998 und VerkR96-7520-1998, zu Recht:

I. Den Berufungen wird Folge gegeben; die angefochtenen Straferkenntnisse werden behoben und die Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs.1 Z1 VStG eingestellt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz BGBl.Nr. 51/1991 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 158/1998 - AVG iVm § 24, § 45 Abs.1 Z1, § 51 Abs.1, § 51e Abs.2 Z1 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991 zuletzt geändert durch, BGBl.Nr. 158/1998 - VStG;

II. Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Gmunden hat mit den oben bezeichneten Straferkenntnissen wider den Berufungswerber wegen der Übertretung nach § 1 Abs.3 iVm § 37 Abs.3 Z1 Führerscheingesetz - FSG Geldstrafen von je 20.000 S (1453,46 Euro) und für den Nichteinbringungsfall je zwanzig Tage Ersatzfreiheitsstrafe verhängt, weil er am 27. November 1998 um 21.15 Uhr den Pkw mit dem Kennzeichen auf dem Parkplatz L Nord der A1 gelenkt habe, obwohl er nicht im Besitz einer gültigen Lenkberechtigung für die Klasse B gewesen sei und

weil er am 2. Oktober 1998 gegen 22.00 Uhr den Pkw mit dem Kennzeichen auf der Westautobahn A1 in Richtung Salzburg gelenkt habe, wobei im Zuge einer Verkehrskontrolle auf dem Parkplatz Lindach-Nord, Höhe Strkm 212,0 festgestellt worden sei, daß er das Fahrzeug ohne sich im Besitz einer Lenkberechtigung der Klasse B zu befinden gelenkt habe.

(Hinsichtlich des letztgenannten Straferkenntnisses wurde im Punkt 1. ein weiterer, jedoch in die Zuständigkeit eines Einzelmitgliedes des Oö. Verwaltungssenates fallender Tatbestand zur Last gelegt)

Die Erstbehörde ging in ihrer Entscheidung weder von der Gültigkeit der Heereslenkberechtigung aus, weil bei den vom Berufungswerber getätigten Fahrten kein Zusammenhang mit § 2 Wehrgesetz 1990 vorgelegen habe, noch auf das Faktum der aufrechten deutschen Fahrerlaubnis ein.

2. Dagegen wendet sich der Berufungswerber mit seiner fristgerecht erhobenen Berufung. Sinngemäß vermeint er darin, daß er sehr wohl im Bestiz einer gültigen Lenkberechtigung gewesen sei. Zum Beweis dafür wird auf den Eintrag ins Zentralregister für Lenkberechtigungen bei der Bundespolizeidirektion Wien verwiesen. Der Berufungswerber räumt den vorübergehenden Entzug seiner Lenkberechtigung - gemeint ist wohl die ihm von der Stadt München erteilte Fahrerlaubnis - ein. Diese Befristung (gemeint ist wohl das Verbot, von dieser Erlaubnis in Österreich Gebrauch zu machen) sei jedoch am 30. Dezember 1997 abgelaufen. Somit sei er ab diesem Datum wieder im Besitz einer Lenkberechtigung gewesen. Darüber hinaus beruft er sich auch auf seine Heereslenkberechtigung, die der Klasse B entspreche.

3. Die Erstbehörde hat den Akt dem unabhängigen Verwaltungssenat vorgelegt. Da hinsichtlich der Vorwürfe wegen des Lenkens ohne Lenkberechtigung jeweils 10.000 S übersteigende Geldstrafen verhängt wurden, ist der unabhängige Verwaltungssenat in diesen Punkten durch die nach der Geschäftsverteilung zuständige Kammer zur Entscheidung berufen. Eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung konnte mangels eines gesonderten Antrages unterbleiben (§ 51e Abs.2 Z1 VStG).

4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in die Verwaltungsstrafakte der Erstbehörde. Ferner wurde dem Berufungswerber die von der Erstbehörde nach Erlassung der angefochtenen Straferkenntnisse im Wege der Bundespolizeidirektion Wien - Verkehrsamt - eingeholte Stellungnahme 21. Juni 1999 in Wahrung des Parteiengehörs zur Kenntnis gebracht und ihm Gelegenheit zu einer Stellungnahme hiezu binnen Wochenfrist eröffnet. In weiterer Folge wurde bei der Landeshauptstadt München in Erfahrung gebracht, daß der Berufungswerber noch im Besitz der ihm von der Stadt München am 15. 9. 1980 erteilten Fahrerlaubnis für die Klasse 3, Führerscheinnummer, ist. Diese Fahrerlaubnis ist gültig. Dieses Faktum wurde wiederum mit h. Schreiben vom 27. Juli 1999 der Erstbehörde zwecks Stellungnahme zur Kenntnis gebracht und wurde hiezu von der Erstbehörde am 29. Juli 1999 Stellung genommen.

5. Der Berufungswerber äußerte sich mit seinem Schreiben von 9. Juli 1999 dahingehend, daß er abermals auf die Gültigkeit seiner Heereslenkberechtigung verweist. Auf den Besitz seiner deutschen Fahrerlaubnis nimmt er dabei nicht mehr Bezug. Zur Strafzumessung weist er auf die seiner Ansicht nach bereits erfolgte Tilgung der einschlägigen Vorstrafen hin. Diese dürften daher nicht mehr als straferschwerend herangezogen werden. Darüber hinaus verweist er auf seine einschlägige Fahrpraxis als Taxilenker in den Jahren 1988 und 1989 in Wien. Er legt ferner seine Vermögens- und Arbeitslosigkeit seit 3. Juni 1999 mit einem täglichen Arbeitslosenbezug in der Höhe von 300 S dar.

6. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

6.1. Zum Sachverhalt:

Unbestritten ist hier die Lenkereigenschaft eines Pkw durch den Berufungswerber zu den o.a. Zeiten und Örtlichkeiten. Gemäß der Mitteilung der Bundespolizeidirektion Wien vom 21. Juni 1999 an die Erstbehörde wurde die dem Berufungswerber von der Bezirkshauptmannschaft Hallein am 13.5.1977 erteilte Lenk(er)berechtigung, Zl. 11/77, durch Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien vom 21. 2. 1992 bis zum 21. 5. 1992 befristet. Die weitere - befristete - Verlängerung wurde von der Beibringung eines Befundes eines Facharztes f. Psychiatrie abhängig gemacht. Dieser Aufforderung ist der Berufungswerber jedoch nie nachgekommen. Daher sei laut dieser Mitteilung die o.a. Lenkberechtigung erloschen. Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Salzburg vom 21.1.1997, Zl. 5/04-17/76/3-1997, wurde dem Berufungswerber schließlich das Recht abgesprochen, von seiner deutschen Fahrerlaubnis, Führerschein Nr. ausgestellt am 15.9.1980 von der Landeshauptstadt München für die Klasse 3, auf die Dauer von neunzehn Monaten Gebrauch zu machen. Diese Beschränkung für Österreich ist abgelaufen und die Berechtigung ist laut Mitteilung aus der Führerscheindatei der Stadt München nach wie vor aufrecht (Beilage 1).

Laut Aktenlage weist der Berufungswerber mehrere jedoch noch nicht rechtskräftige verwaltungsstrafrechtliche Vormerkungen nach dem FSG auf. Nach dem Kraftfahrgesetz scheinen vier Bestrafungen wegen Lenkens ohne Lenkerberechtigung, wobei drei bereits auf Vorfälle aus dem Jahr 1994 zurückreichen und eine Bestrafung auf das Jahr 1995 fällt.

6.2. In rechtlicher Hinsicht:

Nach § 1 Abs.3 FSG ist das Lenken eines Kraftfahrzeuges und das Ziehen eines Anhängers, ausgenommen in den Fällen des Abs. 5, nur zulässig mit einer von der Behörde erteilten gültigen Lenkberechtigung für die Klasse oder Unterklasse (§ 2), in die das Kraftfahrzeug fällt.

Eine von einer zuständigen Behörde eines EWR-Staates ausgestellte Lenkberechtigung ist einer Lenkberechtigung gemäß § 1 Abs.3 leg.cit. gleichgestellt (§ 1 Abs.4 FSG). Schon aus diesem Grunde muß nach dem Gesetzeswortlaut von der grundsätzlichen Gültigkeit der von Deutschland erteilten Lenkberechtigung (Fahrerlaubnis) auch in Österreich und gegenüber einem österreichischen Staatsbürger ausgegangen werden. Bestätigt wird dies durch die Erläuterungen zu § 1 Abs.3 u. 4 FSG mit dem Hinweis auf § 20 Abs.6 und § 21 Abs.4 FSG (Pürstl/Somereder, Textausgabe zum FSG, S 6). Nach den letztgenannten Bestimmungen war die Gültigkeit der in einem anderen EWR-Staat ausgestellten Lenkberechtigung (nur!) für die Klassen C und D von einer Registrierung nach der Hauptwohnsitzbegründung in Österreich abhängig. Mit der jünsten Novellierung des FSG durch BGBl. I Nr.134, ausgegeben am 23. Juli 1999, ist auch diese Registrierungspflicht weggefallen, welche für die sonstigen Klassen dem FSG schon zuvor fremd war. Es kann somit der mit Schreiben vom 29. Juli 1999 von der Erstbehörde übermittelten und scheinbar noch auf dem KFG basierenden Rechtsansicht, die ferner unzutreffend von einem Entzug und nicht von einem Erlöschen der von Österreich erteilten Lenkberechtigung auszugehen scheint im Ergebnis nicht gefolgt werden. Insbesondere ist der Hinweis auf § 30 Abs.3 FSG verfehlt, weil gerade diese Bestimmung zeigt, daß ohne Aberkennung bzw einem Aberkennungsverfahren von der Gültigkeit der Lenkberechtigung auszugehen ist.

Mit den spezifischen einschlägigen Bestimmungen des FSG wurde vom Gesetzgeber die Vorgabe des Gemeinschaftsrechtes im Sinne der RL des Rates Nr. 91/439/EWG vom 29. 7. 1991 umgesetzt.

Der Oö. Verwaltungssenat sieht keine Grundlage für eine dahingehende Gesetzesauslegung, daß die in Deutschland erworbene Berechtigung in Österreich, selbst wenn sie einen österreichischen Staatsbürger betrifft, unbeachtlich und gleichsam mit dem Erlöschen der von Österreich erteilten Lenkberechtigung ebenfalls erloschen wäre (vgl. auch h. Erk. v. 21.10.1996, VwSen-103133). Selbst wenn das im Gemeinschaftsrecht verankerte Diskriminierungsverbot nicht auf den eigenen Staatsbürger im innerstaatlichen Bereich durchschlägt, so steht zumindest das grundrechtlich verankerte Gleichbehandlungsgebot einer gegensätzlichen Rechtsauslegung entgegen.

Nach § 15 Abs.4 FSG verliert wohl ein alter Führerschein mit der Ausstellung des neuen Führerscheines seine Gültigkeit und ist, falls dies möglich ist, der Behörde abzuliefern oder von der Behörde einzuziehen. Führerscheine, die in einem EWR-Staat ausgestellt wurden, sind von der Behörde an die Ausstellungsbehörde zurückzustellen. Das Versäumen einer Umschreibefrist wurde vom EUGH nicht als Wegfall der Lenkberechtigung gewertet (EuGH v. 29.2.1996, RsC-193/94). Hier kann darüber hinaus von einer Neuausstellung einer österreichischen Fahrerlaubnis nicht die Rede sein.

Der Berufungswerber weist daher zutreffend darauf hin, daß die Frist, mit welcher ihm das Verbot von der deutschen Fahrerlaubnis in Österreich Gebrauch zu machen, abgesprochen war, zum Tatzeitpunkt bereits abgelaufen war. Daher ist es auch aus diesem Blickwinkel rechtlich nicht haltbar sowohl auf die zur Last gelegten Zeitpunkte wie auch gegenwärtig vom Fehlen einer Lenkberechtigung bzw. der "stillschweigenden" Ungültigkeit der deutschen Fahrerlaubnis in Österreich auszugehen.

Diese Rechtsansicht wurde offenbar auch vom Landeshauptmann des Bundeslandes Salzburg als Träger der mittelbaren Bundesverwaltung vertreten, als er aus hier nicht zu beurteilenden Gründen dem Berufungswerber für die Dauer von neunzehn Monaten das Recht absprach von seiner deutschen Fahrerlaubnis Gebrauch zu machen.

Die Führerscheinbehörde hat offenbar keinen über den oben angeführten Zeitraum hinausgehenden Grund für die Aberkennung der Lenkberechtigung bzw. von diesem Recht in Österreich Gebrauch zu machen erblickt. Sollte die zuständige Verkehrsbehörde im gegenständlichen Fall nun abermals der Ansicht einer fehlenden Voraussetzung für den Besitz einer Lenkberechtigung sein, so hätte sie - so wie ehemals der Landeshauptmann von Salzburg als Berufungsinstanz - im Wege eines Administrativverfahrens mit einer Aberkennung der Berechtigung vorzugehen gehabt.

Der Berufungswerber hat daher hier den Tatbestand des Lenkens ohne einer Lenkberechtigung nicht zu vertreten.

7. Der Vollständigkeit halber sieht sich der Oö. Verwaltungssenat noch zur Feststellung veranlaßt, daß der Berufungswerber mit dem Hinweis auf die ihm vor über zwanzig Jahren erteilte Heereslenkberechtigung (Heeresführerschein) den Besitz einer gültigen Lenkberechtigung nicht darzutun vermocht hätte.

Nach § 22 Abs.2 FSG darf der Besitzer einer Heereslenkberechtigung auch andere Kraftfahrzeuge als die im Abs. 1 angeführten lenken, wenn es zur Erfüllung der dem Bundesheer gemäß § 2 Wehrgesetz 1990, BGBl. Nr. 305, obliegenden Aufgaben im Einzelfall erforderlich ist, wenn er eine von der hiefür in Betracht kommenden militärischen Dienststelle ausgestellte Bescheinigung über das Vorliegen eines derartigen Erfordernisses mitführt und wenn seine Heereslenkberechtigung für die Klasse gilt, in die das zu lenkende Fahrzeug fällt. Diese Bestimmung ergibt im Kontext mit dem Wortlaut des § 22 Abs.1 FSG, der sich grundsätzlich "nur" auf die Berechtigung des Lenkens von Heeresfahrzeugen erstreckt, daß unter den in Abs.2 leg.cit. genannten Ausnahmen mit dem Heeresführerschein (auch) andere (zivile) Fahrzeuge gelenkt werden dürfen. Wie bereits die Erstbehörde zutreffend ausführte, hat der Berufungswerber nicht dargetan, daß derartige Umstände im gegenständlichen Fall auf ihn zutreffen würden. Auch im ergänzenden Vorbringen zum h. Verfahren kam derartiges nicht hervor.

Daher kann der Besitzer einer Heereslenkberechtigung (nur) bis zum Ablauf eines Jahres nach seinem Ausscheiden aus dem Präsenzstand des Bundesheeres oder aus der Heeresverwaltung beantragen, eine Lenkberechtigung gemäß dem FSG erteilt zu bekommen. Diese Lenkberechtigung gilt als Ersterteilung und unterliegt den Bestimmungen über den Probeführerschein, dh nach Erteilung einer Lenkberechtigung nach dem FSG beginnt für die Besitzer von Heereslenkberechtigungen die zweijährige Probezeit (Kaltenegger in ZVR 1999, 103). Daraus ergibt sich jedoch rechtlich zwingend wie auch logisch, daß eine zwanzig Jahre zurückliegende Heereslenkberechtigung nach einer entzogenen zivilen Lenkberechtigung nicht gleichsam wieder "aufleben" kann, um damit eine fehlende zivile Lenkberechtigung zu ersetzen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2500 S zu entrichten.

Dr. L a n g e d e r

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