Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-106468/5/Ki/Shn

Linz, 11.08.1999

VwSen-106468/5/Ki/Shn Linz, am 11. August 1999 DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufung des Winfried W , vom 4. September 1998 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 28. Juli 1998, VerkR96-8530-1997, wegen einer Übertretung der StVO 1960 zu Recht erkannt:

  1. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verfahren eingestellt.
  2. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlage:

zu  I: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z3 und 51 VStG

zu II: § 66 Abs.1 VStG

Entscheidungsgründe:

I.1. Die Bezirkshauptmannschaft Schärding hat mit Straferkenntnis vom 28. Juli 1998, VerkR96-8530-1997, den Berufungswerber (Bw) für schuldig befunden, er habe am 17.10.1997 um 14.55 Uhr den PKW, Marke Mazda, mit dem deutschen Kennzeichen auf der B 137 Innviertlerstraße zuletzt im Stadtgebiet von Schärding bis zur Staatsgrenze auf der Innbrücke gelenkt, wobei im Zuge der Kontrolle am Grenzübergang Neuhaus/Inn festgestellt wurde, daß er sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befand (verletzte Rechtsvorschrift § 5 Abs.1 StVO 1960). Gemäß § 99 Abs.1 lit.a StVO 1960 wurde über ihn eine Geldstrafe in Höhe von 8.000 S verhängt. Außerdem wurde er gemäß § 64 VStG zur Leistung eines Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von 800 S (10 % der verhängten Geldstrafe) verpflichtet.

I.2. Der Rechtsmittelwerber erhob gegen dieses Straferkenntnis mit Schriftsatz vom 4. September 1998 Berufung mit dem Antrag, der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich möge das Straferkenntnis wegen Verstoß gegen Art.4 des 7. ZPMRK aufheben.

Das vorliegende Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding widerspreche dem Verbot der Doppelbestrafung, zumal der Bw bereits vom Strafgericht Passau aufgrund der auch diesem Verfahren zugrundeliegenden Alkoholfahrt rechtskräftig verurteilt worden sei.

I.3. Die Bezirkshauptmannschaft Schärding hat die Berufung samt Verfahrensakt dem Oö. Verwaltungssenat mit Schreiben vom 2. Juli 1999 zur Entscheidung vorgelegt. Dieser hatte, da weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

I.4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt. Darüber hinaus wurde im Rahmen der Rechtshilfe in das Urteil des Amtsgerichtes Passau (GZ 10 Ds 307 Js 15161/97) Einsicht genommen. Mit diesem Urteil wurde der Bw ua der fahrlässigen Trunkenheit im Verkehr für schuldig befunden und zu einer Geldstrafe verurteilt. Dieser Verurteilung liegt zugrunde, daß der Rechtsmittelwerber am 17.10.1997 gegen 14.55 Uhr mit dem PKW, amtliches Kennzeichen, über eine Wegstrecke von ca 400 m auf dem deutschem Gebiet an den Grenzübergang Neuhaus am Inn, Neue Innbrücke, heran fuhr, obwohl er infolge vorangegangenen Alkoholgenusses fahruntüchtig war. Laut Auskunft des leitenden Oberstaatsanwaltes in Passau, ist das Urteil seit 7. Jänner 1998 rechtskräftig, die verhängte Geldstrafe und die angefallenen Kosten sind bereits beglichen worden.

Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung wurde abgesehen, weil bereits aus der Aktenlage ersichtlich ist, daß der angefochtene Bescheid aufzuheben ist (§ 51e Abs.2 Z1 VStG).

I.5. Nach Durchführung des Ermittlungsverfahrens hat der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich wie folgt erwogen:

Aus dem vorliegenden Verfahrensakt bzw dem Urteil des Amtsgerichtes Passau ist zu ersehen, daß der Bw offensichtlich den bezeichneten PKW vom Stadtgebiet Schärding aus zunächst auf der B 137 bis zur Staatsgrenze auf der Innbrücke gelenkt hat. Nachdem sich der Grenzübergang Neuhaus/Inn (Neue Innbrücke) auf deutschen Staatsgebiet befindet, legte er bei dieser Fahrt eine Wegstrecke von ca 400 m auf deutschem Gebiet zurück. Insbesondere im Hinblick auf die festgestellte Tatzeit (14.55 Uhr) ist davon auszugehen, daß es sich bei dem inkriminierenden Vorgang um ein einheitliches Geschehen gehandelt hat.

Der Bw vermeint, daß im Hinblick auf Art.4 des 7. ZPMRK eine Bestrafung unzulässig sei, nachdem er bereits von einem deutschen Strafgericht wegen der gleichen Tat rechtskräftig verurteilt worden sei.

Gemäß Art.4 7. ZPMRK darf niemand wegen einer strafbaren Handlung, wegen der er bereits nach dem Gesetz und dem Strafverfahrensrecht eines Staates rechtskräftig verurteilt oder freigesprochen worden ist, in einem Strafverfahren desselben Staates erneut vor Gericht gestellt oder bestraft werden.

Dem ausdrücklichen Wortlaut der zitierten MRK-Bestimmung nach verbietet diese lediglich Doppelbestrafungen innerhalb desselben Staates, ein Gebot der Berücksichtigung ausländischer Bestrafungen ist dieser Bestimmung jedoch nicht zu entnehmen. Es geht daher die Argumentation des Rechtsmittelwerbers im Zusammenhang mit Art.4 7. ZPMRK im gegenständlichen Fall ins Leere.

Dennoch würde im Falle der gegenständlichen Bestrafung eine unzulässige Doppelbestrafung vorliegen.

Die Republik Österreich ist Vertragspartei des Schengener-Durchführungs-übereinkommens (BGBl.III Nr.90/1997). Dieses Übereinkommen stand jedenfalls zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Straferkenntnisses bereits in Geltung.

Art.54 (Kapitel 3) des zitierten Übereinkommens bestimmt, daß, wer durch eine Vertragspartei rechtskräftig abgeurteilt worden ist, durch eine andere Vertragspartei wegen derselben Tat nicht verfolgt werden darf, vorausgesetzt, daß im Fall einer Verurteilung die Sanktion bereits vollstreckt worden ist, gerade vollstreckt wird oder nach dem Recht des Urteilstaats nicht mehr vollstreckt werden kann. Allfällige Ausnahmen iSd Art.55 SDÜ sind im vorliegenden Fall nicht relevant.

Nachdem der Rechtsmittelwerber wegen der gegenständlichen zur Last gelegten Tat bereits durch das Amtsgericht Passau rechtskräftig verurteilt wurde bzw die verhängte Strafe auch bereits vollstreckt worden ist, ist nach der zitierten Bestimmung des Schengener-Durchführungsübereinkommens (dessen Vertragspartei auch die BRD ist) eine Bestrafung derselben Tat nicht mehr zulässig, zumal diese gegen das Verbot der Doppelbestrafung verstoßen würde.

Unter Berücksichtigung der Bestimmung des § 1 Abs.2 VStG war dieser Umstand im Berufungsverfahren zu relativieren, weshalb der Berufung Folge zu geben und das gegenständliche Verwaltungsstrafverfahren gegen den Bw einzustellen war.

II. Der Kostenausspruch stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Mag. K i s c h

Beschlagwortung:

Schengener Durchführungsübereinkommen - Doppelbestrafung

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