Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-221967/9/Wim/Sta

Linz, 30.11.2005

 

 

 

VwSen-221967/9/Wim/Sta Linz, am 30. November 2005

DVR.0690392

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Leopold Wimmer über die Berufung des Herrn K O, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. E H und Dr. R L, L, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Eferding vom 27.7.2004, Ge96-93-10-2003, wegen Übertretung der Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994), zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z1 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Berufungswerber Folgendes angelastet:

 

"Sie haben es G P vorsätzlich erleichtert, eine Verwaltungsübertretung zu begehen, indem Sie diesen am 19.12.2003, nachmittags, nach Eferding brachten, um dort für Sie (als Inhaber der Gewerbeberechtigung "Handelsgewerbe") gewerbsmäßig Bestellungen auf periodische Druckwerke von Haus zu Haus zu sammeln, obwohl P keine amtliche Legitimation für Handlungsreisende mit sich geführt hat.

 

G P hat am 19.12.2003 zwischen 17.15 Uhr und 17.45 Uhr in Eferding, in den Mehrfamilienhäusern H S und D für Sie gewerbsmäßig Bestellungen auf Druckwerke von Haus zu Haus gesammelt (Vermittlungstätigkeit), ohne eine entsprechende amtliche Legitimation für Handlungsreisende mit sich geführt zu haben."

 

Er wurde deshalb wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 7 VStG iVm § 367 Z20 und § 58 GewO 1994 mit einer Geldstrafe von 200 Euro, bei Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafe von 30 Stunden, bestraft.

 

 

2. Dagegen hat der Beschuldigte rechtzeitig Berufung erhoben, das Straferkenntnis seinem gesamten Inhalt nach angefochten und ausgeführt wie folgt:

 

Es sei bereits das dritte Straferkenntnis in derselben Verwaltungsstrafsache, das gegen ihn verhängt worden sei und dies würde gegen die Rechtsgrundsätze ne bis in idem, res iudicata und den Grundsatz der Doppelbestrafung verstoßen.

 

Überdies sehe die Bestimmung des § 62 Abs.1 GewO vor, dass der Gewerbetreibende um die Ausstellung der Legitimation für Gewerbetreibende und für Handelsreisende anzusuchen und gleichzeitig auch nachzuweisen habe, dass der Handelsreisende (Bevollmächtigter) sein Angestellter sei. Im gegenständlichen Fall sei aber davon auszugehen, dass Herr G P für ihn als freier Mitarbeiter gearbeitet habe und daher in keinem Beschäftigungsverhältnis zu ihm gestanden sei bzw. stehe.

 

Daraus folge, dass für die Ausstellung der Legitimation G P selbst verantwortlich gewesen sei und er daher davon ausgehen konnte, dass er sich eine derartige Legitimation selbst beschaffe.

 

 

3. Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Erkenntnis v. 18.5.2005, Zl. 2005/04/0019-6, den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates über eine Berufung gegen das gegenständliche Straferkenntnis aufgehoben, da die darin angenommene Verfolgungsverjährung nicht vorgelegen ist.

 

Durch diese Aufhebung tritt das Verfahren wieder in den Stand vor dieser Entscheidung zurück, sodass hier wiederum der Unabhängige Verwaltungssenat über die vorliegende Berufung zu entscheiden hat.

 

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den erstinstanzlichen Verfahrensakt, der sowohl das Strafverfahren gegen den Berufungswerber als auch gegen den Haupttäter G P umfasste.

 

Eine öffentliche mündliche Verhandlung konnte gemäß § 51e Abs.2 Z1 entfallen, da bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit der Berufung angefochtene Bescheid aufzuheben ist.

 

Für den Unabhängigen Verwaltungssenat steht der im Straferkenntnis beschriebene objektive Tatbestand als erwiesen fest.

 

Dies ergibt sich aus dem erstinstanzlichen Verfahrensakt und wurde auch vom Berufungswerber niemals bestritten.

 

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat hierüber wie folgt erwogen:

 

§ 58 GewO 1994 lautet:

Gewerbetreibende, die den Handel mit vervielfältigten Schriften oder vervielfältigten bildlichen Darstellungen ausüben, dürfen Bestellungen auf diese Druckwerke von Haus zu Haus entweder selbst sammeln oder durch ihre Bevollmächtigten (Handlungsreisenden) sammeln lassen. Die Gewerbetreibenden und die Bevollmächtigten müssen amtliche Legitimationen (§ 62) mit sich führen und diese auf Verlangen der behördlichen Organe vorweisen. Das Sammeln solcher Bestellungen an sonstigen Orten, insbesondere auf der Straße, ist verboten. § 57 findet keine Anwendung.

 

§ 62 Abs.1 GewO 1994 lautet:

Um die Ausstellung der Legitimationen für Gewerbetreibende und für Handlungsreisende (§ 57 Abs.3 und § 58) hat der Gewerbetreibende bei der Bezirksverwaltungsbehörde anzusuchen und gleichzeitig hinsichtlich der Handlungsreisenden nachzuweisen, dass sie seine Angestellten sind. Wenn hinsichtlich eines solchen Ansuchens keine Erhebungen erforderlich sind und die Voraussetzungen für die Ausstellung der Legitimation vorliegen, so hat die Bezirksverwaltungsbehörde die Legitimation ehestens, spätestens aber eine Woche nach dem Einlangen des Ansuchens auszustellen.

 

Im erstinstanzlichen Spruch ist die Behörde davon ausgegangen, dass Herr G P keine amtliche Legitimation für Handlungsreisende mit sich geführt hat und gewerbsmäßig Bestellungen auf Druckwerke für den Berufungswerber in Form einer Vermittlungstätigkeit gesammelt worden sind.

Es wurde somit eindeutig auf die Funktion als Bevollmächtigter (Handlungsreisender) gemäß § 58 GewO abgestellt und die darin beschriebene Legitimationspflicht.

 

Gemäß § 62 Abs.1 GewO 1994 ist eine derartige Legitimation für Handlungsreisende nur auszustellen, wenn sie Angestellte des Gewerbetreibenden sind (siehe auch VwGH 2053/75 vom 20.10.1976).

 

Bereits aus den Anzeigen gegen den Berufungswerber und gegen Herrn G P geht hervor, dass der Werber einen "freien Dienstvertrag" bzw. ein "freier Mitarbeiter" des Beschuldigten sei. Von Herrn P wurde auch angegeben, dass er die Steuern für abgeschlossene Abos beim Finanzamt entrichte. Im Zuge einer Rechtfertigung vom 2.2.2004 führte der Berufungswerber aus, dass Herr G P als freier Mitarbeiter tätig sei gemäß § 4 Abs.4a ASVG. Er sei in keiner Weise der Betriebsorganisation der Firma eingegliedert und stehe zu dieser weder in einem Dienst- oder Beschäftigungsverhältnis - noch sonst in irgend einem Abhängigkeitsverhältnis. Dem Werber stehe es frei, an jedem beliebigen Ort innerhalb Österreichs tätig zu sein. Es bestehe auch keine persönliche Arbeitspflicht. Er könne auch gleichzeitig für Konkurrenzfirmen tätig sein und andere Tätigkeiten ausüben.

 

Die derart beschriebenen Konstellationen erscheinen auf Grund der übereinstimmenden Aussagen der beiden Betroffenen sowie nach den allgemeinen Erfahrungen über die gebräuchlichen Rechtsverhältnisse beim Werben von Zeitschriftenabonnements durchaus glaubwürdig. Sie erfüllen keinesfalls die Anforderungen an ein Angestelltenverhältnis, das im § 62 Abs.1 GewO 1994 ausdrücklich verlangt wird.

 

Dem Haupttäter kommt somit nicht die Bevollmächtigtenstellung des § 58 GewO zu und damit unterliegt das vorgeworfene Verhalten im konkreten Fall auch nicht der Strafbarkeit.

 

Da die vorgeworfene Tathandlung des Haupttäters aus den oben angeführten Gründen keine Verwaltungsübertretung darstellt, unterliegt natürlich auch die vorgeworfenen Anstiftung und Beihilfe nicht der Strafbarkeit.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

Dr. Wimmer

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