Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-106479/20/Kei/Ri VwSen106480/19/Kei/Ri

Linz, 14.11.2003

VwSen-106479/20/Kei/Ri

VwSen-106480/19/Kei/Ri Linz, am 14. November 2003

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Keinberger über die Berufung der M K, vertreten durch den Rechtsanwalt Dr. J P, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis vom 15. Juni 1999, Zlen. VerkR96-2602-1999 und VerkR96-2603-1999, im zweiten Rechtsgang nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 29. Oktober 2003 zu Recht:

Der Berufung wird mit der Maßgabe, dass im Spruch des angefochtenen Bescheides statt "§ 68 Abs.1 AVG" gesetzt wird "§ 68 Abs.1 AVG iVm § 24 VStG", keine Folge gegeben und der angefochtene Bescheid wird bestätigt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG, § 49 Abs.1 VStG, §§ 71 Abs.1 und 72 Abs. 4 AVG iVm § 24 VStG.

Entscheidungsgründe:

1.1. M K wurde mit zwei Strafverfügungen der belangten Behörde Zlen. VerkR96-2602-1999 und VerkR96-2603-1999, jeweils vom 26. April 1999, jeweils wegen einer Übertretung des Kraftfahrgesetzes 1967, bestraft.

1.2. Gegen diese Strafverfügungen wurde jeweils ein Einspruch erhoben.

1.3. Im Schreiben der M K vom 26. Mai 1999 wurde vorgebracht (auszugsweise wörtliche Wiedergabe):

Nach den von der Behörde zur Verfügung gestellten Unterlagen dürfte die genannte Strafverfügung bzw. beide Strafverfügungen, sollten diese in einem einzigen RAS-Brief übermittelt worden sein, am 30.4.1999 übernommen worden seien, was bedeuten würde, dass tatsächlich die zweiwöchige Einspruchsfrist am Freitag den 14.5. abgelaufen ist und somit die im darauffolgenden Montag den 17.5. zur Post gegebenen Einsprüche verspätet wären.

Mein Rechtsvertreter hat sich das Ende der Einspruchsfrist aber aus folgendem Grund mit 17.5. vorgemerkt:

Wegen beruflicher Abwesenheit habe ich meinen Lebensgefährten ersucht, die Originalstrafverfügungen samt Original-RAS-Brief Dr. P zu überbringen, was dieser auch gemacht hat.

Auf dem RAS-Brief findet sich folgender Postvermerk: 'Angekündigt A f. 3.05.99' samt Beifügung eines Kurzzeichens als Unterschrift des Postbediensteten.

Ebenfalls auf der Rückseite des RAS-Briefes befindet sich auch der Stempel des Postamtes M mit 30.4.1999, 17:00 Uhr.

Die oben dargelegten Umstände bedeuten, daß mir der Zusteller den Rückscheinbrief am 30.4.1999 nicht aushändigen konnte, weswegen der für den darauffolgenden Montag, den 3.5., einen weiteren Zustellversuch angekündigt hat.

In Anbetracht des Poststempels mit 17:00 Uhr des 30.4. und der Tatsache der Ankündigung eines weiteren Zustellversuches für Montag, den 3.5. konnte mein Verteidiger davon ausgehen, daß an diesem 30.4. eine Zustellung des RAS-Briefes nicht mehr erfolgt ist, weswegen er gleich den nächsten Werktag als Beginn der Rechtsmittelfrist gesehen hat und davon ausgehen konnte, daß diese am 17.5. endet, an diesem Tag wurden die Einsprüche auch zur Post gegeben.

Sollte die Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis als zuständige Verwaltungsstrafbehörde somit von der verspäteten Einbringung der Einsprüche ausgehen, stelle ich höflich den Antrag, auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Einspruchsfrist nach § 71 Abs.1 AVG (i.V.m. § 24 VStG).

Aufgrund des obigen Vorbringens, welches mit der dieser Eingabe angefügten Beilage in Einklang steht, wurde glaubhaft gemacht, daß ein unvorhergesehenes Ereignis vorliegt, wodurch mein Rechtsvertreter verhindert war, die Frist einzuhalten. Sieht die Behörde darin ein Verschulden, so übersteigt dieses den minderen Grad des Versehens nicht.

Die Wiedereinsetzungsfrist des § 71 Abs.2 AVG ist eingehalten, weil mein Rechtsvertreter mit Zustellung des behördlichen Schreibens vom 20.5., das war der 21.5., Kenntnis von der Versäumung der Rechtsmittelfrist erlangt hat.

Ich wiederhole daher höflich meinen Antrag auf Gewährung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Einspruchsfristen betreffend beide gegenständliche Verwaltungsstrafverfahren.

2. Der Spruch des in der Präambel angeführten Bescheides lautet:

"I.

Ihre Anträge vom 26.5.1999 betreffend Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Einspruchsfrist zu den Strafverfügungen der Bezirkshauptmannschaft Ried/I. vom 26.4.1999, VerkR96-2602-1999 und VerkR96-2603-1999, beide zugestellt am 30.4.1999, werden abgewiesen.

Rechtsgrundlagen:

§ 24 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl.Nr. 52/1991 idgF. (VStG) iVm.

§ 71 Abs.1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, BGBl.Nr. 51/1991 idgF. (AVG)

II.

Ihre Einsprüche vom 10.5.1999, abgesendet am 17.5.1999, gegen die Strafverfügungen der Bezirkshauptmannschaft Ried/I. vom 26.4.1999, VerkR96-2602-1999 und VerkR96-2603-1999, jeweils zugestellt am 30.4.1999, werden als verspätet eingebracht zurückgewiesen.

Rechtsgrundlagen:

§ 49 Abs.1 VStG, § 68 Abs.1 AVG"

3. Gegen den in der Präambel angeführten Bescheid wurde fristgerecht eine Berufung erhoben.

Die Berufungswerberin (Bw) brachte in der Berufung vor (auszugsweise wörtliche Wiedergabe):

Den gegenständlichen RSa-Brief hat mein Lebensgefährte am Donnerstag, den 6.5.1999 gegen 19:30 Uhr meinem Rechtsvertreter in die Kanzlei gebracht; dies in meinem Auftrag und mit dem Ersuchen, das entsprechende Rechtsmittel zu erheben.

Dr. P hat sich den Rückscheinbrief angesehen und sich das Ende der Einspruchsfrist aus den bereits genannten Gründen auf seinem Tischkalender für 17.5. vermerkt und zwar mit Rotstift mit dem Passus 'K - zweimal Einspruch' und diesen Vermerk noch mit grünem Leuchtstift versehen, um den Auffälligkeitswert zu heben, womit es bislang gelungen ist, jedes Rechtsmittel fristgerecht einzubringen, obwohl mein Rechtsvertreter im Jahr rund 400 Rechtsmittelfristen wahrzunehmen hat. Überdies hat er seine Sekretärin gebeten, diese Frist ebenfalls vorzumerken, was diese auch getan hat, mit diesem System wird die bestmögliche Sicherheit gegen die Versäumung von Rechtsmitteln erreicht.

Dies bedeutet, daß mein Rechtsvertreter das Fristenwesen nicht seiner Sekretärin überläßt, sondern das Fristenwesen selbst wahrnimmt, dies mit EDV-mäßiger Unterstützung über seine Sekretärin.

Aufgrund der Tatsache, daß mein Rechtsvertreter noch nie eine Rechtsmittelfrist versäumt hat und das oben dargestellte System für die Einhaltung der Fristen Gewähr bietet, wird in der Kanzlei meines Rechtsvertreters mit Rechtsmittelfristen nicht sorglos umgegangen.

Die beiden Einsprüche wurden überdies schon am Montag den 10.5. fertiggestellt, diese lagen schon an diesem Tag absendebereit vor, mit dem Absenden wurde aber im Sinne der obigen Ausführungen bis 17.5. zugewartet. Dies bedeutet, daß es zur Fristversäumung nicht etwa durch Vergessen oder Arbeitsüberlastung am Tag des Endes der Rechtsmittelfrist gekommen ist.

Der Erstbehörde ist zweifelsfrei einzuräumen, daß Adressaten teilweise schon durch die Ankündigung des zweiten Zustellversuches Kenntnis davon erlangen, daß ein RSa-Brief zugestellt werden soll. Dies eröffnet dem Bescheidadressaten in der Regel die Möglichkeit, am Tag des 2. Zustellversuches, gegenständlich den 3.5.1999, zu Hause zu bleiben und die Zustellung in Empfang zu nehmen, ansonsten die Sendung hinterlegt wird.

Wenn mein Rechtsvertreter daher davon ausgegangen ist, daß ich frühestens am Montag, den 3.5.1999 den Rückscheinbrief entgegengenommen habe, so steht diese Meinung jedenfalls im Einklang mit den gesetzlichen Bestimmungen. Im Sinne der erstbehördlichen Ausführungen ist es aber auch möglich, daß jemand, bei welchem sich die Ankündigung betreffend den zweiten Zustellversuch im Postkasten findet, eigeninitiativ gleich zum Postamt fährt und sich den Rückscheinbrief selbst abholt.

Eine solche Möglichkeit darf aber nicht losgelöst vom konkreten Fall beurteilt werden.

Mein Rechtsvertreter ist in Kenntnis davon, dass ich in der BRD arbeite und öfters spät abends nach Hause komme, auch Freitags. Diese Kenntnis hat Dr. Pdeshalb, weil er mit meinem Lebensgefährten in ständigem Kontakt steht und dieser sich Besprechungstermin bei Dr. P immer spät abends gegen 19:30 Uhr vereinbart und dabei aufgrund der guten Bekanntschaft auch über Privates gesprochen wird und mein Lebensgefährte Herrn Dr. P gegenüber schon mehrfach deponiert hat, daß 'die Margit', also ich, von der Arbeit noch nicht zu Hause ist.

Aus diesen genannten Gründen ist Dr. P davon ausgegangen, daß ich frühestens am Montag, den 3.5., die in Rede stehende Zustellung erhalte oder die Sendung mit diesem Tag hinterlegt wird, weswegen in diesen naheliegenden Fällen die Rechtsmittelfrist tatsächlich erst am 17.5. geendet hätte.

Nun war es aber tatsächlich so, dass ich am Freitag, den 30.4. früher nach Hause gekommen bin, nämlich kurz vor fünf Uhr abends und ich nach einem Blick in den Postkasten noch schnell zum Postamt gefahren bin und mir die Sendung abgeholt habe, obwohl auf dem Verständigungszettel nur vom 2. Zustellversuch die Rede war.

Dies habe ich Dr. Paber nicht gesagt und meinen Lebensgefährten ersucht, die Zustellung diesem zu überbringen, was dieser am Donnerstag, den 6.5. auch gemacht hat.

Wichtig ist im gegenständlichen Fall aber auch, dass Dr. P auch aus einem weiteren Grund keine Veranlassung hatte, der Angelegenheit noch näher nachzugehen, weil er bei der Erhebung der Einsprüche in Kenntnis vom Inhalt dieser üblicherweise verwendeten postamtlichen Verständigung (laut Beilage) war.

Da sich auf dem bereits vorgelegten RSa-Brief der Poststempel des Postamtes Mettmach mit 30.4.1999, 17:00 Uhr, findet, der zweite Zustellversuch für Montag, den 3.5. angekündigt wurde, war Dr. P regelrecht dazu verleitet, das Ende der Einspruchsfrist mit 17.5. vorzumerken.

Diese unter diesen Umständen schon sehr theoretische Möglichkeit der Abholung des RSa-Briefes am Abend des 30.4., hat er aus diesen Gründen nicht ins Auge gefaßt, dies auch in Anbetracht der Tatsache, daß viele Postämter um 17:00 Uhr zusperren.

Sollte in dieser Fristversäumnis ein Verschulden meines Rechtsvertreters erblickt werden, so übersteigt dieses den minderen Grad des Versehens nicht, worunter nach der Judikatur leichte Fahrlässigkeit zu verstehen ist (vgl. VfGH vom 29.9.1998, B 1311/98 und B 2032/97 vom 29.9.1997).

Ein Organisationsverschulden (VfGH vom 24.2.1998, B 1900/97) liegt in Anbetracht der dargelegten Vorgangsweise bei den Fristvormerken nicht vor.

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat in die gegenständlichen Verwaltungsakte Einsicht genommen und am 29. Oktober 2003 eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt.

Folgender Sachverhalt wurde als erwiesen angenommen und der Entscheidung zugrunde gelegt:

Die Bw holte am 30. April 1999 (=Freitag) die mittels RSa-Brief übermittelten Strafverfügungen der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis, Zlen. VerkR96-2602-1999 und VerkR96-2603-1999, jeweils vom 26. April 1999 vom Postamt 4931 Mettmach ab. Am 3. Mai 1999 (=Montag) übergab die Bw ihrem damaligen Lebensgefährten O K diese Schriftstücke mit dem Ersuchen, diesbezüglich mit dem Rechtsanwalt Dr. J Pr Verbindung aufzunehmen. Dabei teilte sie dem O K nichts davon mit, dass sie die Schriftstücke am 30. April 1999 abgeholt hat.

Am 6. Mai 1999 (=Donnerstag) um ca. 19.30 Uhr besprachen sich diesbezüglich
Dr. P und O K in der Kanzlei des Dr. P. O K teilte im Zuge dieser Besprechung dem Dr. P nicht mit, dass die Strafverfügungen am 30. April 1999 abgeholt worden sind. Dr. P merkte auf seinem Terminkalender den 17. Mai 1999 als letzten Tag der Einspruchsfrist vor. Am 17. Mai 1999 wurden die beiden Einsprüche gegen die angeführten Strafverfügungen der Post zur Beförderung übergeben.

5. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

5.1. Der in Punkt 3 angeführte Sachverhalt wurde als erwiesen angenommen auf Grund der in der Verhandlung gemachten Aussagen.

5.2. Die Strafverfügungen der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis, Zlen VerkR96-2602-1999 und VerkR96-2603-1999, jeweils vom 26. April 1999, wurden der Bw am 30. April 1999 zugestellt. Die Bw hat diese Strafverfügungen persönlich übernommen. Die Einspruchsfrist im Hinblick auf diese Strafverfügungen endete mit Ablauf des 14. Mai 1999. Die Einsprüche gegen die angeführten Strafverfügungen wurden erst - trotz jeweils ordnungsgemäßer Rechtsmittelbelehrung - am 17. Mai 1999 und somit nach Ablauf der Einspruchsfrist der Post zur Beförderung übergeben. Die Zurückweisung der Einsprüche als verspätet eingebracht erfolgte durch die belangte Behörde zu Recht.

5.3. Es hätte im Hinblick darauf, dass die Bw die gegenständlichen Strafverfügungen am 30. April 1999 übernommen hat, eine Kommunikation erfolgen müssen und es hätte bei der Berechnung der Einspruchsfristen davon ausgegangen werden müssen, dass die gegenständlichen Strafverfügungen am 30. April 1999 übernommen worden sind. Die Bw selbst hätte informieren und sicherstellen müssen, dass der Rechtsanwalt Dr. P davon Kenntnis erlangt, dass sie die Strafverfügungen bereits am 30. April 1999 erhalten hat. Diesbezüglich ist der Rechtsanwalt Dr. P nicht verantwortlich und es trifft ihn diesbezüglich kein Verschulden. Im gegenständlichen Zusammenhang wurde nicht die gebotene Sorgfalt an den Tag gelegt und es liegt ein Verschulden vor, dass der Bw zugerechnet wird und es liegt nicht ein minderer Grad des Versehens vor.

Die Wiedereinsetzungsanträge wurden durch die belangte Behörde zu Recht abgewiesen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Dr. Keinberger

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