Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-106500/12/BR/Bk

Linz, 21.09.1999

VwSen-106500/12/BR/Bk Linz, am 21. September 1999

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Bleier, über die Berufung des Herrn W, gegen die Punkte 2. bis 4. des Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft Braunau, vom 29. Juni 1999, Zl. VerkR96-2837-1999-Pre, nach der am 21. September 1999 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung und Verkündung zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird keine Folge gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird mit der Maßgabe bestätigt, dass der Schuldspruch im Punkt 2. zu lauten hat: "Sie lenkten am 22. 5. 1999, um 22.40 Uhr, das Moped, Marke Puch DS 50-4, Kennzeichen , im Gemeindegebiet Braunau, auf der Palmstraße entgegen dem vor der Stadtbachbrücke kundgemachten Verbotszeichen 'Fahrverbot für alle Kraftfahrzeuge' - Zusatztafel: Ausgenommen Anrainer', in Richtung Färbergasse, wobei Sie nicht als Anrainer zu qualifizieren waren".

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl. Nr. 51, idF BGBl. I Nr. 158/1998 - AVG iVm § 19, § 24, 44a Abs.1, § 51 Abs.1 und § 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, BGBl. Nr. 52, idF BGBl. I Nr. 158/1998.

II. Zuzüglich zu den erstinstanzlichen Verfahrenskosten werden hinsichtlich der o. a. Punkte dem Berufungswerber als Kosten für das Berufungsverfahren insgesamt 260 S (20% der verhängten Geldstrafen) auferlegt.

Rechtsgrundlage:

§ 64 Abs.1 u. 2 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau hat im Punkt 2. bis 4. des oben bezeichneten Straferkenntnisses über den Berufungswerber drei Geldstrafen [1) 500  S, 2) 500 S und 3) 300 S und für den Nichteinbringungsfall Ersatzfreiheitsstrafen von 2 x 24 und 1 x zwölf Stunden] verhängt und folgende Tatvorwürfe erhoben:

"Sie lenkten am 22. 5. 1999, um 22.40 Uhr, das Moped, Marke Puch DS 50-4, Kennzeichen , im Gemeindegebiet Braunau, auf der Palmstraße durch das beschilderte allgemeine Fahrverbot (richtig wohl Fahrverbot für alle Kraftfahrzeuge) über die Verbindung zur Färbergasse und weiter durch die Fußgängerzone der Färbergasse in Richtung Salzburger Vorstadt bis zur Anhaltung in Braunau, Einmündung Färbergasse/Salzburger Vorstadt und

2. sind als Lenker des gegenständlichen Kraftfahrzeuges entgegen dem Verbotszeichen "Fahrverbot für alle Kraftfahrzeuge" über die Verbindungsstraße Palmplatz zur Färbergasse, in Richtung Färbergasse gefahren,

3. haben als Lenker des gegenständlichen Fahrzeuges die Fußgängerzone Färbergasse in Richtung Salzburger Vorstadt befahren,

4. haben wie bei der Anhaltung gemäß § 97 Abs.5 StVO festgestellt wurde, als Lenker eines Kraftrades den Sturzhelm nicht bestimmungsgemäß verwendet."

1.1. Begründend stützte die Erstbehörde ihre Entscheidung auf die vom GP Braunau unter GZP-1357/99-Chr gelegte Anzeige.

Der Strafzumessung wurde ein Monatseinkommen des Berufungswerbers von ca. 10.000 S, kein Vermögen und keine Sorgepflichten zu Grunde gelegt. Strafmildernde oder straferschwerende Umstände fand die Erstbehörde nicht zu berücksichtigen.

2. Gegen das o.a. Straferkenntnis richtet sich der Berufungswerber mit seiner fristgerecht erhobenen Berufung. Hinsichtlich des Vorwurfes gegen das Fahrverbot, die Fußgängerzone befahren zu haben, beruft er sich auf das Vorliegen der Tatidentität und im Ergebnis scheinbar auf das Verbot der Doppelbestrafung. Ebenfalls wurde die Kundmachung der entsprechenden Verbots- bzw. Hinweiszeichen bemängelt.

Dem Tatvorwurf des Verstoßes gegen die Sturzhelmpflicht, beruft er sich in einer nicht näher ausgeführten und vor allem nicht nachvollziehbaren Begründung auf einen vermuteten Rechtsirrtum der Behörde.

3. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau hat den Verwaltungsakt vorgelegt. Somit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben. Dieser ist, da in den Punkten 2. bis 4. keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zur Entscheidung berufen. Da hier mit dem Berufungsvorbringen auch die Tatfrage bestritten wurde, war eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen gewesen (§ 51e Abs.1 VStG). Zu Punkt 1. ergeht unter der Aktenzahl VwSen-106499 eine von der zuständigen Kammer gesondert zu fällende Entscheidung.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis aufgenommen durch Einsichtnahme des von der Erstbehörde vorgelegten Verwaltungsaktes. Ferner wurde anlässlich der öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung Beweis erhoben durch die Vernehmung der Herren BezInsp. C u. RevInsp. L als Zeugen. Seitens des Oö. Verwaltungssenates wurde hinsichtlich des Punktes 2. die bezughabende Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Braunau vom 7.2.1992, VerkR-100301 und der Aktenvermerk über die Anbringung des entsprechenden Verkehrszeichens beigeschafft. Ebenfalls wurde diesbezüglich ein abgesonderter Ortsaugenschein vorgenommen und darüber ein Aktenvermerk bzw. eine Handskizze angefertigt. Der Berufungswerber nahm ohne einen Entschuldigungsgrund an der Berufungsverhandlung nicht teil, obwohl er ob des Einlangens des Rechtshilfeantrages am Vortag des Verhandlungstermins noch gesondert über die Durchführung der Berufungsverhandlung verständigt wurde (AV v. 20.9.1999, 17.25 Uhr).

  1. Der Berufungswerber lenkte zur o.a. Zeit sein Moped von der Palmstraße kommend über die Stadtbachbrücke in Richtung Färberstraße bis knapp vor die Einmündung zur Salzburger Vorstadt. In dieser Richtung ist ein einseitiges Fahrverbot für alle Kraftfahrzeuge durch ein deutlich vor der Stadtbachbrücke aufgestelltes Verkehrszeichen (§ 52 lit.a Z6c StVO - Zusatztafel "Ausgenommen Anrainer") kundgemacht. Eine Anrainerqualifikation kann beim Berufungswerber angesichts seiner weitab von dieser Örtlichkeit gelegenen Wohnadresse im Stadtteil Laab nicht angenommen werden. Derartiges behauptet der Berufungswerber auch selbst nicht.

An der gleichen Anbringungsvorrichtung findet sich zusätzlich noch ein Verkehrszeichen "Fahrverbot für alle Fahrzeuge mit einem Gesamtgewicht von über sechs Tonnen" (§ 52 Z6 lit.c StVO) angebracht. Letzteres ist nur auf die Brücke bezogen und gilt beidseitig. Das hier bezughabende Verbotszeichen bezieht sich lediglich auf in die Fahrtrichtung des Berufungswerbers "A". Etwa zwanzig Meter nach der Brücke ist in der Färbergasse eine Fußgängerzone kundgemacht. Die Färbergasse mündet nach etwa 60 Meter in die Salzburger Vorstadt. Der Berufungswerber befuhr mit einem Moped die genannten Straßenzüge, wobei er, wie auch seine am Sozius mitfahrende Lebensgefährtin, den Sturzhelm nicht am Kopf trug, sondern lediglich am Arm hängend mitführte.

5.1. Die im Rahmen der Berufungsverhandlung zeugenschaftlich vernommenen Gendarmeriebeamten gaben übereinstimmend und den Denkgesetzen entsprechend an, dass sie die Fahrt des Berufungswerbers an der angeführten Örtlichkeit unmittelbar wahrgenommen haben. Aus diesem Grunde sei mit dem Dienstkraftfahrzeug die Nachfahrt zum Zweck einer Anhaltung aufgenommen worden. Der Berufungswerber habe sich in der Folge sehr aggressiv verhalten und die Amtshandlung drohte zu eskalieren. In der Folge habe der Berufungswerber und auch dessen Begleiterin mehrfach abgemahnt werden müssen. Für den Oö. Verwaltungssenat ergeben sich keine Anhaltspunkte, welche am Wahrheitsgehalt der Angaben der Meldungsleger zweifeln lassen könnten. Der Berufungswerber war demgegenüber scheinbar nicht geneigt, seine Verantwortung vor dem Verwaltungssenat darzulegen und sich aktiv am Berufungsverfahren zu beteiligen. Wenn er erst am Verhandlungstag sein Fernbleiben telefonisch ankündigte und dies mit beruflichen Umständen begründete, hat er damit keinen Grund dargelegt, welcher eine Abberaumung der Berufungsverhandlung gerechtfertigt hätte. Auch der am 20. September 1999 hier eingelangte Antrag auf Gewährung von Verfahrenshilfe und die Beistellung eines Verfahrenshelfers konnte der Durchführung der Berufungsverhandlung nicht entgegenstehen.

6. Rechtlich hat der unabhängige Verwaltungssenat wie folgt erwogen:

6.1. Um Wiederholungen zu vermeiden, kann hinsichtlich des Punktes 2. auf die zutreffende rechtliche Subsumtion der Erstbehörde verwiesen werden, wobei jedoch das Fehlen des Ausnahmetatbestandes der Anrainerschaft in den Spruch aufzunehmen war. Dies ist zulässig, weil die sechsmonatige Frist gemäß § 32 Abs.2 VStG noch nicht abgelaufen ist. Der Spruch im Punkt 2. war daher zwecks Vervollständigung der Tatumschreibung hinsichtlich sämtlicher wesentlicher Tatbestandselemente - auch des negativen Tatbestandselementes der fehlenden Qualifikation der Anrainereigenschaft - im Sinne des § 44a VStG noch zu ergänzen. Im Übrigen ist das Tatverhalten des Berufungswerbers nur unschwer unter die angezogenen Tatbestände zu subsumieren.

6.1.1. Nach § 76a StVO kann die Behörde, wenn es die Sicherheit, Leichtigkeit oder Flüssigkeit des Verkehrs, insbesondere des Fußgängerverkehrs, die Entflechtung des Verkehrs oder die Lage, Widmung oder Beschaffenheit eines Gebäudes oder Gebietes erfordert, durch Verordnung Straßenstellen oder Gebiete dauernd oder zeitweilig dem Fußgängerverkehr vorbehalten (Fußgängerzone). Vor Erlassung einer solchen Verordnung ist die Eisenbahnbehörde anzuhören, wenn auf der betroffenen Straßenstelle oder in dem betroffenen Gebiet Schienenfahrzeuge verkehren. In einer solchen Fußgängerzone ist jeglicher Fahrzeugverkehr verboten, sofern sich aus den folgenden Bestimmungen nichts anderes ergibt; das Schieben eines Fahrrades ist erlaubt. Die Bestimmungen des § 45 über Ausnahmen in Einzelfällen bleiben unberührt.

Laut Art. IV Abs.1, BGBl 1977/615 idF BGBl 1984/253, BGBl 1997/I/103 und BGBl 1998/I/93 (20. KFG-Nov) mit dem das KFG 1967 geändert (4. KFG-Nov) und zivilrechtliche Bestimmungen über den Gebrauch von Sturzhelmen getroffen werden  - gültig ab 1. Jänner 1979, sind Lenker eines Kraftrades oder eines Kraftwagens mit drei Rädern und einem Eigengewicht von mehr als 400 kg, ausgenommen Fahrzeuge mit geschlossenem, kabinenartigen Aufbau, und eine mit einem solchen Fahrzeug beförderte Person für sich zum bestimmungsgemäßen Gebrauch eines Sturzhelmes verpflichtet. Die Verletzung dieser Pflicht begründet, jedoch nur soweit es sich um einen allfälligen Schmerzensgeldanspruch handelt, im Fall der Tötung oder Verletzung des Benützers durch einen Unfall ein Mitverschulden an diesen Folgen im Sinne des § 1304 ABGB. Das Mitverschulden ist so weit nicht gegeben, als der Geschädigte (sein Rechtsnachfolger) beweist, dass die Folge in dieser Schwere auch beim Gebrauch des Sturzhelmes eingetreten wäre.

Der Abs.5 dieser Vorschrift normiert, dass 1. als Lenker eines Kraftfahrzeuges oder

2. als mit einem Kraftfahrzeug beförderte Person, welche die im Abs.1 erster Satz angeführte Verpflichtung nicht erfüllt, eine Verwaltungsübertretung begeht, wenn dies bei einer Anhaltung gemäß § 97 Abs. 5 StVO 1960 festgestellt wird, welche mit einer Organstrafverfügung gemäß § 50 VStG mit einer Geldstrafe von 300 S zu ahnden ist. Wenn die Zahlung des Strafbetrages verweigert wird (§ 50 Abs. 6 vierter Satz VStG 1950), ist von der Behörde eine Geldstrafe bis zu 1.000 S, im Falle der Uneinbringlichkeit eine Freiheitsstrafe bis zu 24 Stunden, zu verhängen.

Das vom Berufungswerber in diesem Zusammenhang getätigte Vorbringen, dass dem Spruch des Straferkenntnisses nicht entnommen werden könne, welche Vorschrift durch das nicht "bestimmungsgemäße Verwenden des Sturzhelmes" verletzt worden wäre und es keine Bestimmung gäbe, die eine andere als die bestimmungsgemäße Verwendung des Sturzhelmes unter Strafe stellen würde, ergibt sich in diesem Licht als inhaltsleer und als Widerspruch in sich.

6.2. Der vom Berufungswerber einen Tag vor der Berufungsverhandlung hier gestellte Verfahrenshilfeantrag erwies sich als unbegründet. Mit Bescheid vom 20. September 1999 wurde daher die Gewährung einer Verfahrenshilfe versagt. Eine Vertagung der Berufungsverhandlung konnte dieser Antrag daher nicht bewirken (vgl. VwGH 8.9.1998, 98/03/0112).

7. Zur Strafzumessung:

7.1. Bei der Strafzumessung ist gemäß § 19 VStG Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der § 32 bis § 35 Strafgesetzbuch - StGB sinngemäß anzuwenden.

7.2. Was die Straffestsetzung in den Punkten 2. bis 4. anlangt, so hat die Bezirkshauptmannschaft Braunau unter Berücksichtigung des gesetzlich festgelegten Strafrahmens (Geldstrafe bis zu 10.000 S) bloß die Ordnungswidrigkeit des Verhaltens gewertet. Die einzelnen Strafen bewegen sich im Ergebnis im Rahmen einer Organstrafverfügung (§ 50 VStG) und werden durchaus als tat- und schuldangemessen festgestellt. Es ist daher auch in diesen Punkten eine Herabsetzung der Strafen nicht geboten.

Was die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Berufungswerbers anbelangt, so wurden diese von der Erstbehörde bei der Bemessung der Geldstrafen berücksichtigt. Diesbezüglich wurden in der Berufung keine Argumente vorgebracht. Die erkennende Berufungsbehörde vertritt die Auffassung, dass bei den von der Erstbehörde angenommenen Verhältnissen die festgelegten Geldstrafen innerhalb des gesetzlichen Ermessensspielraumes liegen und dem Berufungswerber durchaus zumutbar sind.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2500 S zu entrichten.

Dr. B l e i e r

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum