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VwSen-106506/6/BR

Linz, 24.08.1999

 

VwSen-106506/6/BR Linz, am 24. August 1999

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn F, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 25. Juni 1999, Zl. VerkR96-9997-1998-Hu, zu Recht:

I. Der Berufung wird in Punkt 1) mit der Maßgabe Folge gegeben, daß unter Anwendung des § 20 VStG die Geldstrafe auf 2.500 S und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 60 Stunden ermäßigt wird. Als Rechtsnormzitat ist ergänzend zu § 1 Abs.3 iVm § 37 Abs.1 u. § 37 Abs.3 Z1 FSG noch die Wortfolge "und § 2 Abs.2 Z4 FSG" anzufügen.

Im Punkt 2) wird unter Anwendung des § 21 VStG von der Verhängung einer Strafe abgesehen und eine Ermahnung ausgesprochen.

Der Schuldspruch wird demnach hinsichtlich beider Punkte bestätigt, im Punkt 2) mit der Maßgabe, daß als letzter Halbsatz einzufügen ist "obwohl kein Ausnahmetatbestand im Sinne der VO (EWG) 3820/85 v. 20. 12.1985 [Art.4 u. Art.14 Abs.1] vorlag."

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz BGBl.Nr. 51/1991 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 158/1998 - AVG iVm § § 24, § 45 Abs.1 Z1 zweiter Fall, § 51 Abs.1 und § 51e Abs.2 Z1 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991 zuletzt geändert durch, BGBl.Nr. 158/1998 - VStG;

II. Zu Punkt 1) ermäßigen sich demzufolge die erstinstanzlichen Verfahrenskosten auf 250 S. Zu Punkt 2) entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlage:

§ 64 Abs.1 und § 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat dem Berufungswerber mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis in dessen Punkt 1) und 2) zur Last gelegt, er habe am 8.7.1998 um 06.50 Uhr im Ortsgebiet von Linz, auf der A 7, Richtungsfahrbahn Nord, bei km 3,8, mit dem Kombi, Kz. , den schweren Anhänger, Kz. , ohne einer von der Behörde erteilten Lenkberechtigung für die Klasse "E" gezogen - die Summe der höchstzulässigen Gesamtmassen habe 3.560 kg betragen - und habe 2) den Kraftwagenzug dessen höchstzulässige Gesamtmasse mehr als 3,5 t betragen habe, gelenkt, obwohl im Zugfahrzeug kein Kontrollgerät eingebaut gewesen sei. Der Berufungswerber wurde zu Punkt 1) mit 5.000  S und für den Nichteinbringungsfall mit fünf Tage Ersatzfreiheitsstrafe und zu 2) mit 800 S und für den Nichteinbringungsfall mit einen Tag Ersatzfreiheitsstrafe bestraft.

Der Punkt 3) des Straferkenntnisses wurde nicht angefochten, sodaß diesbezügliche Feststellungen zu unterbleiben haben.

2. Die Erstbehörde stützte ihre Entscheidung auf die dienstliche Wahrnehmung von Organen der Bundespolizeidirektion Linz in Verbindung mit der diesbezüglich erstatteten Anzeige. Für die Strafzumessung ging die Erstbehörde von einem Monatseinkommen des Berufungswerbers in Höhe von 20.000 S, keinem Vermögen und keinen Sorgepflichten aus.

3. In der dagegen hinsichtlich der Punkte 1) und 2) fristgerecht erhobenen Berufung stellt der Berufungswerber das Vorliegen einer tauglichen Verfolgungshandlung im Sinne des § 44a VStG in Frage, wobei er jedoch den Tatvorwurf konkret nicht bestreitet.

Im Ergebnis vermeint der Berufungswerber, es handle sich hier nur um eine geringfügige Überschreitung der höchstzulässigen Gesamtmasse von 3,5 t, nämlich lediglich um 60 kg. Das Verschulden sei daher als sehr gering zu qualifizieren, wobei dieser Umstand von ihm lediglich übersehen worden sei. Unter rechtlichen Ausführungen weist er schließlich auf die hier anzuwendenden Bestimmungen des § 20 und § 21 VStG hin.

Der Berufungswerber beantragte die ersatzlose Behebung des Straferkenntnisses und für den Fall, dass dem nicht gefolgt würde, die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung.

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat hier durch ein Einzelmitglied zu entscheiden. Für den 24. August 1999 wurde antragsgemäß eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung anberaumt, auf welche seitens des Berufungswerbers schließlich mit Schreiben vom 18. August 1999, h. eingelangt per FAX am 18. August 1999, 16.09 Uhr, ausdrücklich wieder verzichtet wurde. Demnach konnte die Durchführung der Berufungsverhandlung unterbleiben (§ 51e Abs.3 VStG).

5. Es ist von folgendem entscheidungswesentlichen Sachverhalt auszugehen:

5.1. Unbestritten ist, dass der als Baupolier beim Fahrzeughalter beschäftigte Berufungswerber eine Fahrzeugkombination mit einer um 60 kg die 3,5 t-Grenze übersteigende (höchstzulässige) Gesamtmasse gelenkt und dabei Baumaterial in geringfügigem Umfang transportierte. Das Zugfahrzeug, ein VW Kombi 70 T, wies eine höchste zulässige Gesamtmasse von 2.650 kg auf. Der mitgeführte Anhänger eine solche von 910 kg. Im Zugfahrzeug war ein sogenanntes Kontrollgerät nicht eingebaut.

Aus der Anzeige kann auch nachvollziehbar gefolgert werden, dass der Berufungswerber diesen Anhänger hier nur ausnahmsweise und im Interesse seines Arbeitgebers verwendete und dabei auf die Summe der höchsten zulässigen Gesamtgewichte offenkundig nicht Bedacht nahm und sich diesbezüglich wohl auch keine konkreten Gedanken machte. Die Notwendigkeit, in dieser Gewichtskategorie bereits auch über ein Kontrollgerät im Zugfahrzeug verfügen zu müssen, war ihm glaubhaft nicht evident.

6. Rechtlich hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

6.1. Gemäß § 1 Abs.3 Führerscheingesetz - FSG, BGBl. I Nr. 120/1997, ist das Lenken eines Kraftfahrzeuges und das Ziehen eines Anhängers, ausgenommen in den - hier nicht vorliegenden - Fällen des Abs.5, nur zulässig mit einer von der Behörde erteilten gültigen Lenkberechtigung für die Klasse oder Unterklasse (§ 2), in die das Kraftfahrzeug fällt. Auf Grund der Summe der höchsten zulässigen Gesamtgewichte von über 3,5 t wäre hier demnach die Lenkberechtigung "B+E" erforderlich gewesen (§ 2 Abs.2 Z4 FSG), weil gegenständlicher Anhänger nicht unter (die Ausnahme) des § 2 Abs.2 Z2 lit.a FSG fällt (vgl. VwGH 17.3.1999, 99/03/0001). Dem Einwand einer nicht tauglichen und die Verjährung unterbrechende Verfolgungshandlung kann nicht gefolgt werden. Nach ständiger Rechtsprechung ist die Tauglichkeit einer Verfolgungshandlung danach zu beurteilen, ob hierdurch der Beschuldigte in die Lage versetzt wird nach Ort und Zeit das ihm zur Last gelegte Tatverhalten zu identifizieren sowie sich auf den Tatvorwurf hin verteidigen zu können und nicht der Gefahr ausgesetzt zu sein wegen ungenauer Umschreibung des Tatverhaltens abermals verfolgt zu werden. Schon das Rechtshilfeersuchen bzw. die Beschuldigtenvernehmung vom 18.12.1998, anläßlich dem Berufungswerber der Anzeigeinhalt zur Kenntnis gelangte und er sich dazu auch inhaltlich äußerte, wurde dem Erfordernis des § 44a VStG durchaus gerecht. Der Spruch des Straferkenntnisses war allerdings im Hinblick auf die Rechtsnorm des § 2 Abs.2 Z4 FSG, sowie den Hinweis auf das Fehlen eines Ausnahmetatbestandes gemäß der nachfolgend zitierten VO (EWG) zu ergänzen.

Gemäß Art.3 Abs.1 der VO (EWG) 3821/85 vom 20. Dezember 1985 muß das Kontrollgerät bei Fahrzeugen eingebaut und benutzt werden, die der Personen- oder Güterbeförderung im Straßenverkehr dienen und in einem Mitgliedsstaat zugelassen sind. Der Art.4 Z1 der VO (EWG) 3820/85 vom 20. Dezember 1985 stellt auf das höchste zulässige Gesamtgewicht über 3,5 t "einschließlich Hänger oder Sattelanhänger" ab.

Im Lichte dieser Rechtsbestimmung hat die Verwendung der verfahrensgegenständlichen Fahrzeugkombination, auch wenn die Summe der Gewichte nur geringfügig überschritten und sich die Fahrt auch nur auf eine kurze Wegstrecke erstreckte, einen Verstoß auch gegen das mit dem Kontrollgerät zu gewährleistende Schutzziel zum Inhalt.

Der Berufungswerber hat durch sein Verhalten hier zwei verschiedene Verwaltungsstraftatbestände erfüllt, wobei jeder für sich auf verschiedene Schutzziele abstellt. Im Verwaltungsstrafverfahren gilt somit das sogenannte Kumulationsprinzip (unter vielen VwGH 25. Mai 1966, Slg. N.F. Nr. 6932/A). Das bedeutet, dass für jedes Delikt ein eigener Schuldspruch, somit hier nebeneinander zwei Schuldsprüche auszusprechen waren. Hierbei macht es keinen Unterschied, ob der Täter durch verschiedene Taten mehrere Verwaltungsübertretungen begangen hat - sei es solche gleicher oder verschiedener Art - (gleichartige oder ungleichartige Realkonkurrenz) oder durch ein und dieselbe Tat mehrere verschiedene Delikte verwirklicht werden (Idealkonkurrenz).

Konsumtion zweier Deliktstatbestände liegt (nur) dann vor, wenn eine wertende Beurteilung ergibt, dass der Unwert des einen Deliktes von der Strafdrohung gegen das andere Delikt miterfasst wird, wie dies insbesondere im Falle der Verletzung desselben Rechtsgutes anzunehmen ist. Dies trifft aber dann nicht zu, wenn die Delikte in keinem typischen Zusammenhang stehen, mit anderen Worten, wenn das eine Delikt nicht notwendig oder doch nicht in der Regel mit dem anderen verbunden ist (vgl. VwGH 29.6.1992, 90/04/0174 u.a.). Somit konnte dem diesbezüglichen Vorbringen des Berufungswerbers nicht gefolgt werden.

7. Zur Strafzumessung:

7.1. Überwiegen die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich oder ist der Beschuldigte ein Jugendlicher, so kann die Mindeststrafe bis zur Hälfte unterschritten werden (§ 20 VStG).

Der Berufungswerber ist gänzlich unbescholten und tatsachengeständig. Er hat das Fahrzeug offenkundig auch nicht im eigenen Interesse, sondern im Zusammenhang mit seinen Pflichten gegenüber seinem Arbeitgeber gelenkt. Somit ist ihm in seinem Vorbringen hinsichtlich des Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzung über die Anwendung des außerordentlichen Strafmilderungsrechtes zu folgen. § 20 VStG räumt der Behörde ungeachtet der Verwendung des Wortes "kann" kein Ermessen ein. Überwiegen die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich oder ist der Beschuldigte ein Jugendlicher, dann hat er einen Rechtsanspruch auf die Anwendung des außerordentlichen Milderungsrechtes. Somit ist in diesem Falle der Strafbemessung ein Strafrahmen zugrundezulegen, dessen Untergrenze die Hälfte der (gesetzlichen) Mindeststrafe beträgt und ausgehend davon die Strafe innerhalb des solcherart (nach unten) geänderten Strafrahmens festzusetzen. Hier kann demnach die Festsetzung der geringst möglichen Strafe durchaus als gerechtfertigt erachtet werden (vgl. VwGH 2.9.1992, 92/02/0150 u.v.a.).

Die Anwendung des § 21 VStG konnte hinsichtlich Punkt 1) jedoch nicht in Betracht kommen, weil dem Lenken ohne Lenkberechtigung, selbst wenn hier in Folge der geringfügigen Überschreitung der höchsten zulässigen Gesamtmasse konkrete nachteilige Folgen tatsächlich nicht feststellbar waren, die Übertretungsfolgen dennoch nicht als bloß unbedeutend beurteilt werden können. Es liegt im besonderem Ausmaß im öffentlichen Interesse, dass nur (!) entsprechend geschulte und geprüfte Fahrzeuglenker am öffentlichen Verkehr teilnehmen. Mit der Höhe der zulässigen Gesamtmasse geht typischerweise eine bestimmte Dimensionierung und ein damit verbundener Schwierigkeitsgrad beim Lenken eines solchen Anhängers einher. Dabei wird andererseits aber auch nicht übersehen, dass die Fahrdynamik etwa durch Überladung eines "leichten Anhängers" - alleine mit Lenkberechtigung "B" zu führen - und einer dadurch bedingten Gewichtsüberschreitung von 3,5 t wohl nachteiliger beeinträchtigt werden mag, womit aber eine Übertretung des Führerscheingesetzes nicht bedingt ist, sondern dies nur eine Verwaltungsübertretung wegen "Überladung" indiziert, welche nicht mit einer Mindeststrafe in der gegenständlichen Höhe bedroht wird.

7.1.1. Bei dem vom Berufungswerber verwendeten Kraftfahrzeug handelt es sich um kein Fahrzeug, welches nach seiner Beschaffenheit für den Einbau eines Kontrollgerätes bestimmt angesehen werden könnte. Wie oben bereits ausgeführt, hätte sich die Notwendigkeit der Verwendung eines Kontrollgerätes in Verbindung mit der mit diesem Fahrzeug gezogenen Anhängerkombination ergeben. Der Strafzweck könnte dabei zumindest teilweise bereits von der zu Punkt 1) erfolgten Bestrafung abgedeckt erblickt werden. Wie ebenfalls oben bereits dargetan, kann dem Berufungswerber in seiner Verantwortung dahingehend gefolgt werden, dass ihm betreffend die Verwirklichung dieses Tatbildes jegliches Unrechtsbewußtsein gefehlt hat. Somit ist seinem Verhalten auch nur eine geringfügige Tatschuld zuzuordnen. Bei objektiver Betrachtung vermögen ferner im offenkundig nur auf eine Kurzstrecke abzielenden Transport einer nur geringen Menge von Baumaterial auch bloß geringfügige Tatfolgen im Lichte des Schutzzieles der oben bezeichneten EWG-Verordnungen in Verbindung mit dem Kraftfahrgesetz erblickt werden.

Nach § 21 Abs.1 VStG kann die Behörde ohne weiteres Verfahren von der Verhängung einer Strafe absehen, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind. Sie kann den Beschuldigten jedoch gleichzeitig unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid ermahnen, sofern dies erforderlich ist, um den Beschuldigten von weiteren strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2500 S zu entrichten.

Dr. B l e i e r

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