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des Landes Oberösterreich
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VwSen-106539/2/BI/FB

Linz, 16.09.1999

VwSen-106539/2/BI/FB Linz, am 16. September 1999

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn M S, L, P, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. E H und Dr. R L, L, L, vom 2. August 1999 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 19. Juli 1999, VerkR96-9581-1998-Hu, wegen Übertretungen der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren in allen drei Punkten ohne Verpflichtung zur Leistung von Verfahrenskostenbeiträgen eingestellt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 32 Abs.2 , 44a, 45 Abs.1 Z3 und 66 VStG

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat mit dem oben angeführten Straferkenntnis über den Beschuldigten wegen der Verwaltungsübertretungen gemäß 1) §§ 4 Abs.1 lit.a iVm 99 Abs.2 lit.a StVO 1960, 2) §§ 4 Abs.5 iVm 99 Abs.3 lit.b StVO 1960 und 3) §§ 4 Abs.1 lit.c iVm 99 Abs.2 lit.a StVO 1960 Geldstrafen von 1) 1.200 S (48 Stunden EFS), 2) 800 S (24 Stunden EFS) und 3) 1.200 S (48 Stunden EFS) verhängt, weil er am 19. Mai 1998 gegen 19.15 Uhr im Stadtgebiet von L, D nächst Haus Nr. 1-5, den PKW, Kennzeichen, gelenkt und es dabei nach einem Verkehrsunfall mit Sachschaden, mit dem sein Verhalten am Unfallort in ursächlichem Zusammenhang gestanden sei, unterlassen habe,

1) das von ihm gelenkte Fahrzeug sofort anzuhalten und

2) die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle ohne unnötigen Aufschub zu verständigen, obwohl ein gegenseitiger Nachweis von Name und Anschrift der Unfallbeteiligten bzw der Personen, in deren Vermögen der Schaden eingetreten ist, unterblieben ist und

3) an der Feststellung des Sachverhalts mitzuwirken, weil er sich mit seinem Fahrzeug von der Unfallstelle entfernt habe und somit nicht mehr festgestellt werden habe können, ob er fahrtüchtig gewesen sei.

Gleichzeitig wurden ihm Verfahrenskostenbeiträge in Höhe von insgesamt 320 S auferlegt.

2. Dagegen hat der Rechtsmittelwerber fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erübrigte sich (§ 51e Abs.2 Z1 VStG).

Die Berufung wendet sich sowohl gegen den Schuldvorwurf als auch gegen den Strafausspruch.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz und in rechtlicher Hinsicht folgendes erwogen:

Bereits bei Einsichtnahme in der Verfahrensakt fällt ins Auge, daß innerhalb der sechsmonatigen Verfolgungsverjährungsfrist des § 31 Abs.2 VStG dem Rechtsmittelwerber lediglich die rechtliche Qualifikation eines dem Akt sonst erst im angefochtenen Straferkenntnis eindeutig zu entnehmenden Tatvorwurfs zur Last gelegt wurde.

Die Anzeige wurde von der BPD Linz ohne rechtliche Qualifikation gemäß § 29 VStG der Erstinstanz abgetreten, die daraufhin den Rechtsmittelwerber vor dem Gemeindeamt P vernehmen ließ. Der Tatvorwurf wurde mit "Vorfall vom 19.5.1998 gegen 9.15 Uhr in L, D nächst Nr 1-5, Übertr. n. § 4/1a, 4/5, 4/1c StVO 1960" umschrieben. Beim Gemeindeamt P wurde der Rechtsmittelwerber hingegen - für den unabhängigen Verwaltungssenat völlig unverständlich - wegen einer "Verwaltungsübertretung nach § 99 Abs.3 lit.a, § 20 Abs.2 StVO 1960 (Geschwindigkeitsüberschreitung)" einvernommen, wobei auch nicht angeführt ist, ob ihm die Anzeige, auf die sich die Vernehmung augenscheinlich gründete, überhaupt zur Kenntnis gebracht wurde (vgl VwGH v 20. Juli 1992, 92/18/0184, ua).

Beim Ersuchen der Erstinstanz um Einvernahme der Gattin des Rechtsmittelwebers als Zeugin findet sich auf dem Protokoll die Formulierung "Der Akteninhalt wurde mir zur Kenntnis gebracht ... Ich bestätige die Angaben meines Gatten und habe dem nichts hinzuzufügen." Eine solche Zeugeneinvernahme entspricht wohl kaum den Anforderungen eines mit den gesetzlichen Bestimmungen zu vereinbarenden Verwaltungsstrafverfahrens.

Die übrigen Ermittlungen seitens der Erstinstanz fanden bereits nach Ablauf der Frist des § 31 Abs.2 VStG statt und enthalten wiederum nur ziffernmäßige Zitierungen von Bestimmungen der StVO 1960.

Erst im Straferkenntnis findet sich erstmals die wörtliche Umschreibung der mit der jeweiligen rechtlichen Qualifikation in Einklang zu bringenden Tatvorwürfe. Insbesondere wurde dem Rechtsmittelwerber im Punkt 3 (Vorwurf einer Übertretung gemäß §§ 4 Abs.1 lit.c iVm 99 Abs.2 lit.a StVO 1960) erstmals zur Last gelegt, auf Grund welchen Verhaltens er nicht an der Feststellung des Sachverhalts mitgewirkt haben soll. Eine solche Vorgangsweise widerspricht zweifellos der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl Erk v 25. Juni 1986, 84/03/0240, insbesondere aber Erk v 25. März 1994, 93/02/0324).

Gemäß § 45 Abs.1 Z3 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn Umstände vorliegen, die die Verfolgung ausschließen.

Da im gegenständlichen Fall eine Sanierung der oben dargelegten Mängel wegen der bereits eingetretenen Verjährung nicht mehr möglich war, war spruchgemäß zu entscheiden, wobei naturgemäß keinerlei Verfahrenskostenbeiträge anfallen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Mag. Bissenberger

Beschlagwortung:

Innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist wurde nur die rechtliche Qualifikation des vorgeworfenen Verhaltens nach §§ ziffernmäßig umschrieben, eine wörtliche Umschreibung des vorgeworfenen Verhaltens erfolgte nicht -> Verjährung eingetreten -> Aufhebung und Einstellung des Verfahrens zur Gänze.

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