Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-106569/5/Fra/Ka

Linz, 05.01.2000

VwSen-106569/5/Fra/Ka Linz, am 5. Jänner 2000

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Fragner über die Berufung des Herrn Mag. B, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn vom 9.8.1999, VerkR96-2137-1999, betreffend Zurückweisung eines Einspruches als verspätet, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird stattgegeben. Der angefochtene Bescheid wird aufgehoben.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 49 Abs.1 und 51 Abs.1 VStG im Zusammenhalt mit § 21 Abs.2 Zustellgesetz.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn hat mit Strafverfügung vom 7.5.1999, VerkR96-2137-1999, über den Berufungswerber (Bw) wegen Übertretung des § 24 Abs.1 lit.a StVO 1960 gemäß § 99 Abs.3 lit.a leg.cit. eine Geldstrafe von 300 S (Ersatzfreiheitsstrafe 12 Stunden) verhängt. Im strafbehördlichen Akt befindet sich ein RSa-Brief, aus dem hervorgeht, dass betreffend die gegenständliche Strafverfügung am 12.5.1999 ein erster Zustellversuch und am 14.5.1999 ein zweiter Zustellversuch vorgenommen wurde. Am 17.5.1999 wurde die Sendung beim Postamt 5016 Salzburg hinterlegt.

2. Der Bw richtete ein mit 25.7.1999 an die Strafbehörde datiertes Schreiben. Darin führt er aus, dass bei ihm am 22.7.1999 eine Mahnung eingelangt sei, wonach er von der Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn aufgefordert wird, einen aufgrund eines "rechtskräftigen Bescheides" vom 7.5.1999 ausstehenden Strafbetrag in der Höhe von 300 S bei sonstiger Exekution zu entrichten. Er halte dazu fest, dass ihm niemals ein Bescheid rechtswirksam zugestellt worden ist und sohin auch nicht rechtskräftig geworden sein kann. Er sei lediglich am 14.5.1999 durch die Post und Telekom Austria von der Hinterlegung eines RSa-Briefes verständigt worden. Ein erster bzw ein weiterer Zustellversuch sei nicht erfolgt. Diesen Umstand könne seine Ehefrau zeugenschaftlich bestätigen. Er vermute, dass auch gegenständlich (wie schon in dem seine Ehefrau betreffenden Strafverfahren VerkR5047-1997-Kb geschehen) laut RSa-Rückschein eine angeblich ordnungsgemäße Zustellung mittels Hinterlegung nach zwei Zustellversuchen vorgenommen worden sei. Er halte dazu fest, dass ein solcher Rückschein nach ständiger höchstgerichtlicher Judikatur eine öffentliche Urkunde darstellt. Dies bedeute aber nicht, dass seitens einer Partei nicht der Beweis des unrichtigen Inhaltes dieser Urkunde angeboten werden könne. Gerade diesen Beweis biete er hiemit durch die zeugenschaftliche Einvernahme seiner Ehefrau an. Es sei vor dem 14.5.1999 entweder kein Zustellversuch vorgenommen worden oder er sei von demselben unter Ankündigung des zweiten Zustellversuches nicht verständigt worden. Nach den Bestimmungen des Zustellgesetzes hat aber, damit eine Hinterlegung eine Zustellung bewirkt, eine Verständigung über die beiden erfolglosen Zustellversuche zu erfolgen bzw hat nach dem ersten ein weiterer angekündigt zu werden. Ihm sei auch bewusst, dass die allfällige Entfernung einer solchen Verständigung die rechtmäßige Zustellung durch Hinterlegung nicht hindert. Gegenständlich hätte aber keine Entfernung der Benachrichtigung erfolgen können, da aus ihrem Postfach die Entnahme eines Schriftstückes ohne Schlüssel aufgrund eines sehr schmalen Schlitzes unmöglich sei. Außer seiner Ehefrau und ihm besitze niemand einen derartigen Postfachschlüssel. In seinem Postbezirk erfolge bei RSa-Briefen prinzipiell nur ein Zustellversuch vor Hinterlegung. Er ersuche daher, sollte die Strafbehörde seinen Ausführungen keinen Glauben schenken, auf seine Beweisanbote einzugehen. Er rege auch an, ihm den Bescheid nochmals zukommen zu lassen. An dieser Stelle betone er, dass er mit dem nunmehrigen Schreiben keinerlei Einspruch oder Berufung gegen welchen Bescheid auch immer zu erheben gedachte, da ein Rechtsmittel gegen einen nicht zugestellten Bescheid nicht möglich ist und zurückgewiesen werden müsste.

Diesem Schreiben liegt ua ein mit 14.5.1999 von Dr. U unterfertigter Aktenvermerk bei. Darin bestätigt Frau Dr. U, dass sie am heutigen Tage nach ihrer Rückkehr aus dem Büro ihr Ehemann, der an diesem Tag ihr Postfach entleerte, mit der mit 14.5.1999 datierten Verständigung über die Hinterlegung eines Schriftstückes von der Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn konfrontierte bzw berichtete, dass er diese heute im Postfach vorgefunden habe. Sie habe daraufhin rekonstruiert, wer diese Woche von Montag bis Mittwoch (Donnerstag, 13.5.1999 war Feiertag) das Postfach entleert hat. Montag habe sie es entleert; Dienstag und Mittwoch haben sie und ihr Gatte es jeweils gemeinsam entleert, da sie an diesen Tagen ihren Mann mit dem Auto vom Büro abholte und sie gemeinsam nach Hause kamen. Sie könne ausschließen, dass sich an einem der drei Tage eine Verständigung über den ersten erfolglosen Zustellversuch bzw die Ankündigung des zweiten im Postfach befunden hat.

3. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau - als nunmehr belangte Behörde - wies mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid den "Einspruch vom 25.7.1999" als verspätet zurück. Begründend wird in diesem Bescheid ausgeführt, dass die angefochtene Strafverfügung vom 7.5.1999, VerkR96-2137-1999, am 17.5.1999 beim Zustellpostamt 5020 Salzburg ordnungsgemäß hinterlegt wurde. Da die Einspruchsfrist zwei Wochen betrage, hätte der Einspruch spätestens am 31.5.1999 zur Post gegeben bzw bei der Bezirkshauptmannschaft Braunau überreicht oder bei Telefax übermittelt werden müssen. Der Einspruch sei jedoch zweifelsfrei erst am 26.7.1999 per Telefax übermittelt worden.

In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufung verweist der Bw auf sein erstinstanzliches Vorbringen und betont, wiewohl er in seinem Schreiben vom 25.7.1999 ausdrücklich erklärte, dass er damit keinerlei Rechtsmittel einzubringen gedachte, die belangte Behörde dieses Schreiben gegen seinen dezidiert schriftlich kundgetanen Willen als verspäteten Einspruch gewertet und ihn aus diesem Grund zurückgewiesen hat. Die Behörde habe seine Argumente ignoriert und die Durchführung des diesbezüglichen Ermittlungsverfahrens dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich gleichsam "delegiert", obwohl dieser verfassungsmäßig nicht zur Durchführung von der Erstinstanz zukommenden Ermittlungen, sondern zur Verwaltungskontrolle berufen ist. Er beantrage daher zum Beweis für sein Vorbringen, dass ihm eine Strafverfügung vom 7.5.1999 niemals rechtswirksam zugegangen ist, die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung, die zeugenschaftliche Einvernahme seiner Ehefrau (er könne ersatzweise auch jederzeit eine wahrheitsgemäße an den unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich gerichtete Erklärung von ihr beibringen) sowie des Zustellorganes. Nach durchgeführtem Ermittlungsverfahren wolle der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich den angefochtenen Bescheid beheben, weil dadurch die belangte Behörde eine Kompetenz in Anspruch genommen habe, die ihr nicht zukam und sohin auch der gesetzliche Richter verletzt ist.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat, weil in der gegenständlichen Strafverfügung eine 10.000 S nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied erwogen:

Gemäß § 21 Abs.2 Zustellgesetz ist, wenn die Sendung beim ersten Zustellversuch nicht zugestellt werden kann, der Empfänger schriftlich unter Hinweis auf die sonstige Hinterlegung zu ersuchen, zu einer gleichzeitig zu bestimmenden Zeit an der Abgabestelle zur Annahme des Schriftstückes anwesend zu sein. Dieses Ersuchen ist in den für die Abgabestelle bestimmten Briefkasten (Briefeinwurf, Hausbrieffach) einzulegen, an der Abgabestelle zurückzulassen oder, wenn dies nicht möglich ist, an der Eingangstüre (Wohnungs-, Haus-, Gartentüre) anzubringen. Zur angegeben Zeit ist ein zweiter Zustellversuch durchzuführen. Ist auch dieser erfolglos, ist nach § 17 zu hinterlegen.

Im gegenständlichen Fall wurde laut Nachweis (Rückschein) betreffend die Zustellung der gegenständlichen Strafverfügung am 12.5.1999 ein erster Zustellversuch und am 14.5.1999 ein zweiter Zustellversuch vorgenommen. Die Sendung wurde am 17.5.1999 beim Postamt 5016 Salzburg hinterlegt.

Der Bw hat in seinem Schreiben vom 25.7.1999 an die Strafbehörde bereits zutreffend ausgeführt, dass gegen einen nicht zugestellten Bescheid ein Rechtsmittel nicht möglich ist und zurückgewiesen werden müsste. Er fügte deshalb diese Rechtslage betonend hinzu, dass er mit diesem Schreiben nicht gedenke, einen Einspruch oder Berufung gegen welchen Bescheid auch immer erheben zu wollen.

Zu klären ist daher die entscheidungswesentliche Frage, ob die gegenständliche Strafverfügung rechtswirksam zugestellt wurde.

Ausgehend davon, dass die Ehegattin des Bw, Frau Dr. U, in ihrem Aktenvermerk vom 14.5.1999 und das Zustellorgan, Herr R F, bei seiner zeugenschaftlichen Einvernahme vor der Bundespolizeidirektion Salzburg vom 2.12.1999 wahrheitsgemäße Angaben machten, liegt ein Zustellmangel vor, weil nicht entsprechend der Bestimmung des § 21 ZustellG zugestellt wurde. Herr F führte bei dieser Einvernahme ua aus, dass ihm die Bestimmungen des Zustellgesetzes grundsätzlich bekannt sind. Bei einem hohen Arbeitsaufkommen könne es durchaus passieren, dass er bei der Zustellung von Rsa-Briefen eine Ankündigung über einen zweiten Zustellversuch in das Hausbrieffach vergesse. Der Zustellversuch am 12.5.1999 sei sicher von ihm vorgenommen worden. Ob er die Ankündigung des zweiten Zustellversuches hinterlegt habe, könne er nicht mit Sicherheit angeben. Wenn der Bw behauptet, es wurde vor dem 14.5.1999 kein Zustellversuch unternommen, möchte er dem entgegenhalten, dass er sehr wohl den Zustellversuch unternommen habe, doch Herr Mag. B möglicherweise davon keine Kenntnis haben konnte, wenn - wie angeführt - vergessen wurde, die Verständigung über den zweiten Zustellversuch in das Hausbrieffach zu legen. Es sei ihm schon manchmal passiert, dass er zuwenige Verständigungen bei sich hatte, um den zweiten Zustellversuch bekanntgeben zu können. Anführen möchte er auch, dass es nicht möglich ist, ein Schriftstück aus dem Brieffach zu entfernen, ohne dieses gewaltsam zu öffnen oder ohne über einen Schlüssel zu verfügen.

Von einer Heilung dieses Zustellmangels kann entgegen der Auffassung der Strafbehörde nicht ausgegangen werden, weil die hinterlegte Sendung nicht behoben und an die belangte Behörde zurückgesandt wurde. Die belangte Behörde teilte dem Oö. Verwaltungssenat in einer als "Aktenvermerk" betitelten Gegenschrift mit, der Ansicht des Bw in der Berufung vom 28.8.1999 dahingehend, dass bei einem eigenhändig zuzustellenden Schriftstück eine Hinterlegung erst nach zwei Zustellversuchen vorzunehmen ist und dies gegenständlich nicht geschehen wäre, somit in Ermangelung der Behebung des Schriftstückes keine Heilung des Zustellmangels eingetreten sein kann, nicht folgen zu können, zumal der Bw von der Hinterlegung des RSa-Briefes am 14.5.1999 nachweislich verständigt wurde und dies auch selbst eingestand. Dieser Rechtsansicht könnte der Oö. Verwaltungssenat dann folgen, wenn von einer ordnungsgemäßen Zustellung im Sinne des § 21 Abs.2 Zustellgesetz ausgegangen werden könnte, was aber gegenständlich nicht der Fall ist.

Der angefochtene Bescheid war daher aufzuheben, weil die gegenständliche Strafverfügung nicht rechtswirksam zugestellt wurde, somit kein Anfechtungsgegenstand vorlag. Dies hat der Bw in seinem Schreiben vom 25.7.1999 bereits zutreffend erkannt, weshalb er auch ausdrücklich betonte, gegen diese Strafverfügung keinen Einspruch erheben zu wollen. Da die Strafbehörde dennoch dieses Schreiben als Einspruch gegen eine nicht erlassene Strafverfügung gewertet und mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid zurückgewiesen hat, war aus den genannten Gründen spruchgemäß zu entscheiden.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Dr. F r a g n e r

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