Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-106576/26/Le/La

Linz, 27.12.1999

VwSen-106576/26/Le/La Linz, am 27. Dezember 1999

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Leitgeb über die Berufung des Hans Paul F, W 5, H, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 30.8.1999, Zl.VerkR96-2625-1999-Ro, wegen Übertretungen der Straßenverkehrsordnung 1960, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt.

II. Der Berufungswerber hat einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in Höhe von 1.600 S (entspricht 116,28  €) zu entrichten.

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl.Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 19, 51 Abs.1, 51c und 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, BGBl.Nr. 52/1991 idgF.

Zu II.: § 64 Abs.1 und Abs.2 VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 30.8.1999 wurden über den nunmehrigen Berufungswerber wegen Übertretungen des

1) § 4 Abs.1 lit.a Straßenverkehrsordnung 1960 (im Folgenden kurz: StVO),

2) § 4 Abs.5 erster Satz StVO und

3) § 15 Abs.4 StVO

Geldstrafen in Höhe von

zu 1) 3.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von drei Tagen),

zu 2) 2.500 S (Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 72 Stunden) und

zu 3) 2.500 S (Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 72 Stunden)

verhängt; gleichzeitig wurde er zum Ersatz der Verfahrenskosten in Höhe von 10 % der verhängten Strafen verpflichtet.

Im Einzelnen wurde ihm vorgeworfen, er habe am 24.4.1999 gegen 02.35 Uhr den PKW mit dem behördlichen Kennzeichen BR auf der W Landesstraße in Richtung A, Gemeinde T, ca. bei Strkm. 28,2 gelenkt und habe

  1. nach einem Verkehrsunfall, mit dem sein Verhalten am Unfallort in ursächlichem Zusammenhang stand, das von ihm gelenkte Fahrzeug nicht sofort angehalten,
  2. es unterlassen, nach einem Verkehrsunfall mit Sachschaden, mit dem sein Verhalten am Unfallort in ursächlichem Zusammenhang stand, die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle ohne unnötigen Aufschub zu verständigen, obwohl ein gegenseitiger Nachweis von Name und Anschrift der Unfallbeteiligten bzw. der Personen, in deren Vermögen der Schaden eingetreten ist, unterblieben ist und
  3. beim Überholen nicht einen der Verkehrssicherheit und der Fahrgeschwindigkeit entsprechenden seitlichen Abstand vom überholten Fahrzeug eingehalten, weil er dieses im Zuge des Überholmanövers streifte.

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung vom 7.9.1999, mit der zumindest schlüssig beantragt wird, das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

Zur Begründung führte der Berufungswerber aus, nicht stehen geblieben zu sein, da er sich akut bedroht gefühlt habe. Nachdem er keinerlei Kennzeichendaten des anderen Fahrzeuges hatte, wollte er am nächsten Tage die Anzeige gegen Unbekannt erstatten.

Er warf der Erstbehörde vor, nicht recherchiert zu haben, ob es technisch überhaupt möglich wäre, dass er angefahren habe oder das andere Fahrzeug. Ein Sachverständiger hätte sofort erkannt, dass er gerammt worden sei und nicht umgekehrt.

Der Beifahrer - mit Sicherheit ein schwer betrunkener Mann - hätte ihn bereits zuvor angehalten, (geschnitten) und bedrohlich angesprochen. Nicht er habe das andere Fahrzeug durch mehrmaliges Bremsen provoziert, sondern wäre er eindeutig bedroht worden. Als er dann überholen wollte, hätte das vor ihm stehende Fahrzeug voll beschleunigt und ihn mit voller Absicht gerammt.

Sollte sein Einspruch nicht neu überdacht werden und neu und objektiv recherchiert werden, werde er sich auf seine Art wehren:

Eine "Sachverhaltsstellung" ergehe an "alle wesentlichen Print u. AV-Medien in Österreich sowie an maßgebliche private TV-Sender in D" mit dem Titel "So wird von der BH Braunau Recht gesprochen", er werde den Ombudsmann der Republik Österreich anschreiben und er werde die vorgesetzte Behörde informieren.

3. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau hat die Berufung und den zu Grunde liegenden Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt; eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen.

3.1. Zur vollständigen Klärung der Sachlage hat der Unabhängige Verwaltungssenat am 20.12.1999 eine öffentliche mündliche Verhandlung im Gemeindeamt Hochburg-Ach durchgeführt, an der der Berufungswerber sowie ein Vertreter der Erstbehörde teilnahmen; der Berufungswerber war zur Verhandlung verspätet erschienen. Gleichzeitig wurden auch Zeugen einvernommen, und zwar der einschreitende Gendarmeriebeamte BI Bruno P sowie die Unfallgegnerin Frau Sonja S mit ihren Beifahrern Carmen E und Thomas H.

3.2. Daraus ergibt sich im Wesentlichen folgender Sachverhalt:

In den frühen Morgenstunden des 24.4.1999 lenkte Frau Sonja S ihren PKW der Marke Mazda 323 von einer Diskothek in T kommend in Richtung H; bei ihr im Auto befanden sich Herr Thomas H auf dem Beifahrersitz und Frau Carmen Eim Fond des Fahrzeuges.

Zur selben Zeit fuhr der Berufungswerber mit seinem PKW Audi Cabrio von Salzburg kommend ebenfalls nach H. Nach mehreren Überhol- und Auffahrmanövern blieb der Berufungswerber im Bereich des Ortsendes von T am rechten Fahrbahnrand stehen, worauf Frau S links neben dem PKW des Berufungswerbers ebenfalls anhielt. Es entwickelte sich daraufhin zwischen dem Beifahrer von Frau S, Herrn H, und dem Berufungswerber ein Gespräch, worauf Frau S davonfuhr.

Kurze Zeit später überholte sie der Audi des Berufungswerbers jedoch wieder, wobei es zu einer Kollision zwischen der linken Vorderseite des Mazda und der rechten Fahrzeugseite des Audi vor und nach dem Hinterrad kam.

Über den Hergang dieser Kollision gibt es zwei Versionen:

Der Berufungswerber gab an, nach der Unterhaltung mit dem Beifahrer der Frau S am Ortsende von T stehen geblieben zu sein. Der Mazda sei dann weggefahren und nach ca. 30 bis 40 m wieder stehen geblieben. Er wollte den Mazda wegfahren lassen, um in Ruhe nach Hause fahren zu können. Er habe dann sein Auto zugesperrt und habe sich vorgenommen, an dem Mazda vorbeizufahren und schnell davon zu fahren. Als er etwa auf Höhe des Mazda gewesen sei, hätte er die Geräusche eines Kavalierstarts gehört. Er glaubte, dass dem Fahrer beim Kavalierstart das Auto nach links ausgebrochen sei und es dabei zur Berührung mit seinem Fahrzeug gekommen wäre. Sein Auto sei vor dem rechten Hinterrad beschädigt und die Stoßstange hinter dem Hinterrad aufgerissen worden.

Dagegen gab Frau S an, dass sie nach dem Streitgespräch am Ortsende von T weggefahren sei, da sie um diese frühe Zeit keinen Streit wollte. Der Audi habe sie dann überholt und habe nach rechts herüber gelenkt; nach ihrem Empfinden mit dem Zweck, sie von der Straße abzudrängen.

Diese Schilderung des Sachverhaltes wurde von den Zeugen Thomas Hund Carmen E bestätigt.

Fest steht weiter Folgendes:

Frau S fuhr daraufhin sofort zum Gendarmerieposten H und betätigte von dort - weil der Posten nicht besetzt war - per Handy den Notruf. Etwa eine halbe Stunde später kam die Funkstreife mit BI Bruno P vom Gendarmerieposten H, der den Vorfall aufnahm.

Bei seiner Vernehmung vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat gab er an, dass die drei jungen Leute damals sehr aufgeregt waren, aber keinen alkoholisierten Eindruck machten. Er hatte den Eindruck, dass die Schilderungen durchaus im Bereich des Möglichen gewesen wären.

Der gegnerische Lenker konnte wegen eines Übertragungsfehlers bei der Durchgabe des Kennzeichens an die Bezirksleitzentrale nicht ausgeforscht werden.

Erst am Nachmittag desselben Tages konnte der nunmehrige Berufungswerber als Lenker des Audi Cabrio ausgeforscht werden. Er hatte noch keine Meldung an die Gendarmerie erstattet.

Der Berufungswerber gab dazu an, dass er vorgehabt hätte, den Unfall am nächsten Tage zu melden. Er gab zur Begründung dafür an, dass er das Kennzeichen des anderen PKW´s nicht gehabt hätte und dass nach seinem Dafürhalten auch kein Personenschaden entstanden sei.

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Im Verwaltungsstrafverfahren steht den Parteien gemäß § 51 Abs.1 VStG das Recht der Berufung an den unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat.

Daraus ergibt sich die Zuständigkeit des Oö. Verwaltungssenates.

Wenn in dem mit Berufung angefochtenen Bescheid weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, entscheiden die Unabhängigen Verwaltungssenate in den Ländern durch Einzelmitglied. Ansonsten entscheiden sie, abgesehen von den gesetzlich besonders geregelten Fällen, durch Kammern, die aus drei Mitgliedern bestehen.

Da im vorliegenden Verfahren der Berufungswerber mit einer Geldstrafe in Höhe von nicht mehr als 10.000 S bestraft wurde, war zur Durchführung des Verfahrens das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied berufen.

4.2. Zum Tatvorwurf 3.:

Es steht fest, dass es am Tattag zwischen dem PKW Audi Cabrio des Berufungswerbers und dem PKW Mazda 323 der Zeugin Sonja S zu einer Kollision gekommen ist. Für den Hergang dieser Kollision gibt es unterschiedliche Versionen:

Der Berufungswerber schilderte den Vorgang bei seiner Vernehmung vor der Gendarmerie am 27.4.1999 wie folgt:

(Vorausgegangen war die Situation, dass am Ortsende von T der Berufungswerber sein Fahrzeug an der rechten Fahrbahnseite angehalten hatte, woraufhin Frau Sonja S ihr Fahrzeug links neben dem Audi zum Stillstand brachte. Es entwickelte sich ein Streitgespräch zwischen ihrem Beifahrer und dem Berufungswerber):

"Obwohl der Beifahrer noch weiter maulte, setzte der Fahrer die Fahrt fort. In der Folge fuhr ich mit langsamer Geschwindigkeit ebenfalls fort. Der andere PKW entfernte sich zusehend. Nachdem ich die Rücklichter nur mehr leicht sah, dachte ich mir nichts mehr dabei. Als aber dann der Wagen wieder anfing, die Geschwindigkeit zu verlangsamen bzw zu erhöhen, wusste ich, dass die Insassen irgendetwas wollten. Ich dachte mir daraufhin, das Auto zu überholen und dann davonzufahren. Beim Überholvorgang, den ich normal mit Blinker eingeleitet habe, merkte ich, dass auch das andere Fahrzeug abrupt Gas gab. Ich setzte den Überholvorgang fort, und als ich schon fast vorbei war, spürte ich auf der rechten Seite meines Autos einen starken Stoß und konnte mein Fahrzeug nur mit Mühe auf der Straße halten. Ich fuhr dann so schnell wie möglich davon, um bei der nächsten Polizeidienststelle Schutz zu suchen, da ich mich nun ernstlich physisch und psychisch bedroht fühlte. Eine Zeit lang konnte ich das Fahrzeug noch hinter mir herfahren sehen. Ich fuhr zugegebenermaßen sehr schnell."

In seiner Berufung schilderte der Berufungswerber den Vorgang wie folgt:

"Als ich dann überholen wollte, hat das vor mir stehende FZG voll beschleunigt und mich mit voller Absicht gerammt!"

Bei der mündlichen Verhandlung gab der Berufungswerber dazu Folgendes an:

"Der Mazda ist dann weggefahren und nach ca. 30 bis 40 m wieder stehen geblieben. Zu diesem Zeitpunkt stand ich noch. Ich wollte den Mazda wegfahren lassen, damit ich in Ruhe nach Hause fahren kann. Ich habe dann mein Auto zugesperrt und habe mir vorgenommen, an dem Mazda vorbeizufahren und schnell davonzufahren. Mein Audi hat auch so etwa 130 PS. Als ich etwa auf Höhe des Mazda war, hörte ich die Geräusche eines Kavalierstarts. Ich glaube, dass dem Fahrer beim Kavalierstart das Auto nach links ausgebrochen ist und dabei kam es zur Berührung mit meinem Fahrzeug. Mein Auto wurde vor dem rechten Hinterrad beschädigt und die Stoßstange hinter dem Hinterrad wurde aufgerissen. Diese stand nach rechts weg."

Die Zeugin Sonja S schilderte dagegen den Verkehrsunfall vor der Gendarmerie wie folgt:

"Im Bereich kurz nach T, bei dem Berg, kurz vor dem 'E' überholte bzw setzte ein mir unbekannter PKW-Lenker mit seinem KFZ zum Überholen an. Er überholte jedoch nicht, sondern blieb vorerst auf meiner Höhe. Es handelte sich um eine männliche Person, ca. 50 Jahre alt. Dieser Lenker drängte uns mit seinem KFZ rechts von der Straße, das heißt, er stieß seitlich mit seinem Auto gegen mein Auto. Ich glaube, dass ich bei diesem Vorfall einen Pflock oder ähnliches umgefahren habe. Ich vermute, dass mich dieser Lenker absichtlich von der Straße drängen wollte. Bei diesem anderen Auto handelte es sich um ein Cabrio. Die Farbe war dunkel."

Vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat schilderte die Zeugin den Vorfall wie folgt:

"Ich wollte um drei Uhr früh jedoch keinen Streit mehr und bin dann, nachdem ich das Fenster wieder hinaufgelassen habe, weitergefahren. Der Audi hat mich dann überholt und hat nach rechts herübergelenkt. Nach meinem Empfinden wollte er mich von der Straße abdrängen. Wir waren beide in der Beschleunigungsphase, der Audi hat besser beschleunigt. Mein Mazda hat 130 PS, ich hatte das Auto erst drei Wochen. Ich war noch in der Beschleunigungsphase, habe aber nicht extrem beschleunigt. Es war nicht so, dass ich den Audi nicht vorlassen wollte. Meinem Empfinden nach wollte mich der Audi von der Straße drängen. Es hat dann gescheppert und gekracht und ich habe mich um meine Beifahrer gesorgt."

Die Beifahrer Thomas H und Carmen E bestätigten diese Darstellung.

Die Zeugin S fuhr daraufhin sofort zum Gendarmerieposten H und verständigte dort über Notruf die Gendarmerie. Der einschreitende Gendarmeriebeamte BI Bruno P erlebte die Zeugin in einem sehr aufgeregten, nicht aber alkoholisierten Zustand.

Auch bei der mündlichen Verhandlung vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat hinterließen die Zeugen Sonja S, Carmen E und Thomas H einen glaubwürdigen Eindruck. Frau S gab an, dass ihr Wagen damals erst drei Wochen alt gewesen wäre.

Der Berufungswerber wirkte dagegen in der mündlichen Berufungsverhandlung immer wieder aufbrausend und aggressiv, insbesonders bei seiner Befragung der Zeugen. Er musste daher mehrmals vom Verhandlungsleiter zur Ordnung gerufen werden.

Überdies sind seine Darstellungen nicht widerspruchsfrei: So sagte er etwa vor der Gendarmerie noch nichts davon, dass der Mazda 30 bis 40 m nach dem Ort des Gespräches nochmals gehalten hätte.

Er sagte vor der Gendarmerie weiters aus, dass er sich nach der Kollision ernstlich bedroht fühlte und Schutz bei der nächsten Polizeidienststelle suchen wollte: tatsächlich hat er dies nicht getan und er hat nicht einmal die Gendarmerie telefonisch verständigt.

Der Unabhängige Verwaltungssenat geht daher bei seiner Beurteilung des Sachverhaltes insofern von der Richtigkeit der widerspruchsfreien und glaubwürdigen Darstellung der Zeugen Sonja S, Carmen E und Thomas H aus, dass der Berufungswerber beim Überholen keinen entsprechenden Sicherheitsabstand eingehalten hat, wodurch er in der Folge das Fahrzeug der Sonja S streifte.

Damit aber hat der Berufungswerber den objektiven Tatbestand dieser ihm unter Tatvorwurf 3. angelasteten Verwaltungsübertretung begangen.

4.3. Zu den Tatvorwürfen 1. und 2.:

Es steht fest, dass es zwischen dem Audi des Berufungswerbers und dem Mazda der Frau S zu einem Zusammenstoß gekommen war. Der Berufungswerber hat nie in Abrede gestellt, dass er diesen Anstoß tatsächlich wahrgenommen hat.

Dieser Anstoß hatte Schäden an beiden beteiligten Fahrzeugen zur Folge, weshalb es sich hierbei um einen "Verkehrsunfall" handelte. Als "Verkehrsunfall" ist nach der Rechtsprechung jedes plötzliche, mit dem Straßenverkehr ursächlich zusammen-hängende Ereignis zu verstehen, das sich auf Straßen mit öffentlichem Verkehr ereignet und Personen- oder Sachschaden zur Folge hat (VwGH vom 15.5.1990, ZfVB 1991/3/1056).

Dieser Sachverhalt ist unstrittig.

Die rechtlichen Folgen für das Verhalten nach Verkehrsunfällen sind in § 4 Abs.1 und Abs.5 StVO festgelegt: Demnach haben alle Personen, deren Verhalten am Unfallort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang stehen,

a) wenn sie ein Fahrzeug lenken, sofort anzuhalten,

b) wenn als Folge des Verkehrsunfalles Schäden für Personen oder Sachen zu befürchten sind, die zur Vermeidung solcher Schäden notwendigen Maßnahmen zu treffen,

c) an der Feststellung des Sachverhaltes mitzuwirken.

Nach Abs.5 leg.cit. haben, wenn bei einem Verkehrsunfall nur Sachschaden entstanden ist, die im Abs.1 genannten Personen die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle vom Verkehrsunfall ohne unnötigen Aufschub zu verständigen. Eine solche Verständigung darf jedoch unterbleiben, wenn die im Abs.1 genannten Personen oder jene, in deren Vermögen der Schaden eingetreten ist, einander ihren Namen und ihre Anschrift nachgewiesen haben.

Es steht aus dem durchgeführten Ermittlungsverfahren, insbesonders aus den eigenen Aussagen des Berufungswerbers fest, dass er nach dem Verkehrsunfall nicht stehen geblieben ist, dass ein Austausch der persönlichen Daten der Unfalllenker somit nicht erfolgte und dass er den Verkehrsunfall auch nicht (und schon gar nicht ohne unnötigen Aufschub!) der nächsten Polizei- oder Gendarmeriedienststelle gemeldet hat.

Damit aber hat er die objektiven Tatbestände dieser beiden Verwaltungsübertretungen (§ 4 Abs.1 lit.a und § 4 Abs.5 StVO) erfüllt.

4.4. Zur subjektiven Tatseite:

Hinsichtlich des Verschuldens bestimmt § 5 Abs.1 VStG, dass dann, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten genügt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandlung gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Diese gesetzliche Schuldvermutung trifft sohin bei den sogenannten "Ungehorsamsdelikten" zu. Bei den Ungehorsamsdelikten - die die meisten Verwaltungsdelikte darstellen - besteht das Tatbild in einem bloßen Verhalten ohne Merkmal eines Erfolges. Bereits die Nichtbefolgung eines gesetzlichen Gebotes oder Verbotes genügt zur Strafbarkeit; ein (schädlicher) Erfolg muss dabei nicht eingetreten sein.

Alle angelasteten Verwaltungsübertretungen, und zwar jene nach § 4 Abs.1 lit.a, § 4 Abs.5 und § 15 Abs.4 StVO stellen derartige "Ungehorsamsdelikte" dar, weshalb bereits die Nichtbefolgung des Anhaltegebotes, der Meldepflicht und der Pflicht zur Wahrung des entsprechenden Seitenabstandes jeweils für die Verwirklichung der subjektiven Tatseiten dieser Delikte ausreichen, um Verschulden zumindest in Form der Fahrlässigkeit annehmen zu müssen.

4.4.1. Für den Tatvorwurf 2. hat der Berufungswerber keinen vernünftigen Grund nennen können, warum er nicht sofort (= "ohne unnötigen Aufschub") die Gendarmerie verständigt hat. Immerhin hätte er per Handy (das ein Geschäftsmann erfahrungsgemäß immer mit hat und auf das er in seiner Aussage vor der Gendarmerie auch hingewiesen hatte), spätestens aber von Zuhause aus (wo dem Berufungswerber unbestritten ein Telefon zur Verfügung stand) sofort die Gendarmerie verständigen können. Da er dies jedoch unterlassen hat, ist ihm die Verwirklichung dieses Tatvorwurfes auch in subjektiver Hinsicht zuzurechnen, somit die Verwirklichung des Deliktes anzulasten.

4.4.2. Hinsichtlich des 3. Tatvorwurfes hat der Berufungswerber angegeben, dass ihm die Zeugin Sonja S ins Auto gefahren wäre. Diese seine Version wurde jedoch bereits oben unter 4.2. widerlegt.

Er hatte es in der Folge unterlassen glaubhaft zu machen, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft, weshalb auch hier Verschulden zumindest in Form der Fahrlässigkeit anzunehmen ist.

4.4.3. Hinsichtlich des 1.Tatvorwurfes hat der Berufungswerber angegeben, sich nicht getraut zu haben, stehen zu bleiben, weil er im anderen Auto drei Personen gesehen hätte, er jedoch alleine gewesen wäre.

Der Berufungswerber beruft sich somit auf Notstand und versucht, damit sein Verhalten, nach einem Verkehrsunfall nicht stehen geblieben zu sein, zu entschuldigen:

Nach der Rechtsprechung ist unter einem "Notstand" ein Fall der Kollision von Pflichten und Rechten zu verstehen, in dem jemand sich oder einen anderen aus schwerer unmittelbarer Gefahr einzig und allein durch Begehung einer im allgemeinen strafbaren Handlung retten kann. Weiters gehört es zum Wesen des Notstandes, dass die Gefahr zumutbarer Weise nicht anders als durch die Begehung der objektiv strafbaren Handlungen zu beheben ist und die Zwangslage nicht selbst verschuldet ist (VwGH vom 17.6.1987, 85/01/0172; vom 3.3.1994, 93/18/0090 ua).

Wenngleich es durchaus verständlich ist, dass das Anhalten eines Fahrzeuges in den Nachtstunden auf einer Freilandstraße dann nicht unproblematisch ist, wenn im anderen Fahrzeug drei Personen vermutet werden können, so kann sich der Berufungswerber im vorliegenden Fall dennoch nicht auf Notstand berufen, weil er diese Zwangslage selbst dadurch verschuldet hat, dass er beim Überholen einen zu geringen Seitenabstand eingehalten und daher das andere Fahrzeug gestreift hat.

Somit ist auch hinsichtlich dieses Tatvorwurfes Verschulden zumindest in Form der Fahrlässigkeit anzunehmen.

4.5. Die Überprüfung der Strafbemessung ergab, dass diese entsprechend den Grundsätzen des § 19 VStG vorgenommen wurde.

In Anbetracht der Schwere der angelasteten Verwaltungsübertretungen konnten sowohl aus spezial- als auch aus generalpräventiven Gründen die verhängten Strafen nicht herabgesetzt werden. Das geringe Einkommen, das der Berufungswerber anlässlich der mündlichen Verhandlung behauptete, hat er nicht belegt; es wäre in Anbetracht der Schwere der Delikte auch kein Grund zur Herabsetzung der Strafen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu II.:

Gemäß § 64 Abs.1 und 2 VStG ist in jeder Entscheidung eines unabhängigen Verwaltungssenates, mit der ein Straferkenntnis bestätigt wird, auszusprechen, dass der Bestrafte einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu leisten hat, der mit weiteren 20 % der verhängten Strafe zu bemessen ist. Da Geldstrafen in Höhe von insgesamt 8.000 S verhängt wurden, beträgt der Verfahrenskostenbeitrag für das Berufungsverfahren 1.600 S.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht 181,68 €) zu entrichten.

Dr. Leitgeb

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