Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-106605/34/Kon/Pr

Linz, 27.11.2000

VwSen-106605/34/Kon/Pr Linz, am 27. November 2000

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Robert Konrath über die Berufung des F. St., vertreten durch Rechtsanwälte B. und P., D-Pf., diese wiederum vertreten durch Rechtsanwälte G., L., T. und Partner, L., soweit sie sich gegen den zu Faktum 1 ergangenen Schuld- und Strafausspruch des Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft Ried i.I. vom 3.9.1999, VerkR96-6554-1998, wegen Übertretung der StVO 1960 richtet, nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 4.10.2000, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis hinsichtlich seines zu Faktum 1 ergangenen Schuld- und Strafausspruches aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs.1, 1. Fall VStG eingestellt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG iVm § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG

Entscheidungsgründe:

Im angefochtenen Straferkenntnis wird der Beschuldigte unter Faktum 1 der Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs.2 StVO 1960 für schuldig erkannt, weil er am 6.9.1998, um 21.50 Uhr, als Lenker des PKW auf der A , Fahrtrichtung S., in den Gemeindegebieten von P. und A., zwischen km 54,000 und 55,000 die auf österreichischen Autobahnen erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h um ca. 50 km/h überschritten hat.

Hiezu führt die belangte Behörde hinsichtlich des Schuldspruches begründend im Wesentlichen aus, dass die angelastete Verwaltungsübertretung aufgrund der Anzeige des Landesgendarmeriekommandos, der Aussagen der Zeugen BI M. und RI H. sowie des Umstandes, dass er zur Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme vom 6.7.1999 keine Stellungnahme abgegeben habe, in objektiver Hinsicht als erwiesen anzusehen sei.

Das Nachfahren über eine längere Strecke in einem gleichbleibenden Abstand und das Ablesen der Geschwindigkeit vom Tachometer des nachfahrenden Fahrzeuges seien nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes eine geeignete Messmethode zur Geschwindigkeitsmessung. Natürlich könne die Geschwindigkeit nicht so genau, wie mit einem Radargerät festgestellt werden, weshalb eine Messtoleranz von 10 % abgezogen worden sei. Eine erhebliche Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit sei damit erwiesen.

Zu den Zeugen sei festzuhalten, dass diese als Beamte im Falle einer wahrheitswidrigen Aussage neben den allgemein geltenden Straf-, auch mit dienstrechtlichen Sanktionen, zu rechnen hätten. Er als Beschuldigter könne sich dagegen in jeder Hinsicht rechtfertigen. Es komme daher den Aussagen der Zeugen eine erhöhte Glaubwürdigkeit zu und sei die Verantwortung des Beschuldigten nicht geeignet gewesen, die Richtigkeit der Zeugenaussagen in Zweifel zu ziehen.

Hinsichtlich des Vorliegens der subjektiven Tatseite führt die belangte Behörde unter Hinweis auf die Bestimmungen des § 5 Abs.1 VStG begründend aus, dass der Beschuldigte keine Umstände, welche sein Verschulden an der Verletzung der gegenständlichen Verwaltungsvorschriften ausschließen würde, vorgebracht hätte.

Gegen dieses Straferkenntnis hat der Beschuldigte rechtzeitig Berufung erhoben und zu deren Begründung auf seine Stellungnahmen in den Schriftsätzen vom 29.1. und 1.3.1999 verwiesen. Sinngemäß wird darin die Richtigkeit der Messung mittels Tacho bestritten. Dies wird damit begründet, dass das verfolgende Fahrzeug der Gendarmerie immer mit höherer Geschwindigkeit fahre als das verfolgte, um Letzteres einholen zu können.

Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Anberaumung einer öffentlich mündlichen Verhandlung für 4.10.2000 unter Ladung der Parteien dieses Verwaltungsstrafverfahrens, der meldungslegenden Gendarmeriebeamten als Zeugen und unter Beiziehung eines technischen Amtssachverständigen.

Die Berufungsverhandlung konnte aufgrund eines stattzugebenden Beweisantrages nicht abgeschlossen werden. Da die Parteien jedoch hinsichtlich des ergänzenden Beweisverfahrens erklärten, auf eine weitere öffentliche mündliche Verhandlung zu verzichten, wurde eine Fortsetzungsverhandlung nicht anberaumt. Dem Beschuldigten wurde das ergänzende Gutachten des techn. Amtssachverständigen in Wahrung des Parteiengehörs schriftlich zur Kenntnis gebracht und hat dieser hiezu eine schriftliche Gegenäußerung erstattet.

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 45 Abs.2 AVG iVm § 24 VStG hat die Behörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht.

Gemäß § 25 Abs.2 VStG sind die der Entlastung des Beschuldigten dienlichen Umstände in gleicher Weise zu berücksichtigen wie die belastenden.

In beweiswürdigender Hinsicht ist Folgendes aufzuzeigen:

Die Geschwindigkeit des Beschuldigten wurde zunächst mittels Laser vom Gendarmerieauto aus entgegen der Fahrtrichtung gemessen. Es wurde dabei eine Geschwindigkeit von 167 km/h festgestellt. Das Gendarmeriefahrzeug stand mit laufendem Motor bei Autobahn-Km. 52,500 als Messpunkt. Aufgrund der festgestellten Geschwindigkeitsüberschreitung nahmen die meldungslegenden Gendarmen die Verfolgung des Beschuldigten auf und konnten ab Autobahn-Km. 54,000 - diese entspricht einer gefahrenen Strecke von 1,5 km - die Geschwindigkeit des Beschuldigten durch Nachfahren im gleichen Abstand messen, wobei sie eine Geschwindigkeit von 200 km/h feststellten. Unter Berücksichtigung der Verwendungsbestimmungen, welche einen 10 %igen Abschlag vorsehen, wurde daher von einer Höchstgeschwindigkeit von 180 km/h ausgegangen (200 km/h minus 20 km/h).

Der Unabhängige Verwaltungssenat hält, was den gleichbleibenden Abstand betrifft, fest, dass diesbezüglich die zeugenschaftlichen Aussagen der Meldungsleger erheblich divergieren. So gab der zuerst zeugenschaftlich einvernommene Gendarmerieinspektor M. an, der Abstand des verfolgenden Gendarmeriefahrzeuges zum Fahrzeug des Beschuldigten habe 50 m betragen, der später einvernommene Zeuge RI Ch. H. gab an, der Abstand habe 100 m bis 150 m betragen, wobei er ausdrücklich erklärte, dass der Abstand 50 m nicht betragen habe. Schon diese Divergenz der Angaben bezüglich des Verfolgungsabstandes lässt die Richtigkeit der Geschwindigkeitsmessung per Tacho zweifelhaft erscheinen. Diese Zweifel werden durch das Ergebnis des ergänzenden Beweisverfahrens verstärkt. So hat der techn. Amtssachverständige in seinem ergänzenden Gutachten dargelegt, dass das Gendarmeriefahrzeug für die 1,5 km lange Strecke vom Messpunkt Autobahn-Km 52,500 aus dem Stand, wenn auch bei laufendem Motor, 42 Sekunden benötigte, wobei die Geschwindigkeit einen Endwert von 191,54 km/h erreichte. Der Beschuldigte hat in seiner abschließenden Stellungnahme hiezu schlüssig eingewandt, dass deshalb nicht davon ausgegangen werden könne, dass das Gendarmeriefahrzeug bei Autobahn-Km. 54,000 in einem gleichbleibenden Abstand hinter dem Beschuldigten zwecks Geschwindigkeitsmessung hätte fahren können. Wenn nämlich der Beschuldigte eine Geschwindigkeit von 180 km/h gefahren wäre, hätte er innerhalb dieser 42 Sekunden eine Strecke von 2,1 km zurückgelegt, sodass der Abstand zwischen dem verfolgenden Gendarmeriefahrzeug und ihm immer noch 500 m bis 600 m betragen hätte. Seitens des Unabhängigen Verwaltungssenates wird hiezu bemerkt, dass aus dieser Distanz keinesfalls eine Geschwindigkeitsmessung per Tacho vorgenommen hätte werden können. Sollte tatsächlich ein Nachfahren im gleichbleibenden Abstand ab Autobahn-Km 54,000 erfolgt sein, würde dies bedeuten, dass der Beschuldigte, wie sich rechnerisch ergäbe, im Bereich der für Autobahnen höchstzulässigen Geschwindigkeit gefahren wäre.

Aus diesen Überlegungen heraus erweist sich die dem Beschuldigten angelastete Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit um 50 km/h als nicht erwiesen.

Zweifelsfrei erscheint dem Unabhängigen Verwaltungssenat die mit Laser gemessene Geschwindigkeitsüberschreitung, doch wurde diese dem Beschuldigten nicht vorgeworfen.

Aus den dargelegten Gründen war wie im Spruch zu entscheiden.

Aufgrund dieses Verfahrensergebnisses ist der Beschuldigte von der Entrichtung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge befreit.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht  181,68 Euro) zu entrichten.

Dr. K o n r a t h

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