Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-106612/3/Kon/Pr

Linz, 10.02.2000

VwSen-106612/3/Kon/Pr Linz, am 10. Februar 2000

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Robert Konrath über die Berufung des Herrn M. St., L., vertreten durch Rechtsanwälte Dr. J. K. und Dr. Ch. H., R., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Ried i.I. vom 7.9.1999, VerkR96-1854-1999, wegen Übertretungen der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO 1960) und einer Übertretung des Kraftfahrgesetzes 1967 (KFG 1967), zu Recht erkannt:

  1. Der Berufung wird hinsichtlich der Fakten 1, 3 und 4 (Übertretungen gemäß § 4 Abs. 1 lit.a, § 4 Abs.5 StVO 1960 und § 134 Abs.1 KFG 1967) keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis diesbezüglich bestätigt.
  2. Der Bestrafte hat 20 % der jeweils gegen ihn verhängten Geldstrafen, ds insgesamt 660 S (entspricht  47,96 €) als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu zahlen.

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG iVm § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, § 16 Abs.1 VStG und § 19 VStG.

zu II.: § 64 Abs.1 und 2 VStG.

  1. Hinsichtlich Faktum 2 (Übertretung gemäß § 4 Abs.1 lit.c StVO 1960) wird der Berufung Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis diesbezüglich behoben und das Strafverfahren eingestellt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG iVm § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG und § 45 Abs.1 Z3 VStG.

Entscheidungsgründe:

Das angefochtene Straferkenntnis enthält nachstehenden Schuld- und Strafausspruch:

"Sie lenkten am 21.3.1999 um ca. 00.30 Uhr den Kombi in St. M. auf der Schwimmbad Gemeindestraße aus Richtung Freibad kommend in Richtung H. Str. wobei Sie den PKW seitlich streiften. Bei diesem Verkehrsunfall wurden beide Fahrzeuge beschädigt.

  1. Sie haben es nach dem oa. Verkehrsunfall, mit dem Ihr Verhalten am Unfallsort in ursächlichem Zusammenhang stand, als Lenker des Kombi unterlassen, sofort anzuhalten;
  2. weiters haben Sie es nach dem oa. Verkehrsunfall unterlassen, an der Feststellung des Sachverhaltes mitzuwirken, weil Sie sich mit dem von Ihnen gelenkten Fahrzeug von der Unfallstelle entfernt haben;
  3. weiters haben Sie es unterlassen, nach dem oa. Verkehrsunfall, bei welchem nur Sachschaden entstanden ist, die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle ohne unnötigen Aufschub zu verständigen, obwohl Sie Ihren Namen und Ihre Anschrift dem Geschädigten nicht nachgewiesen haben;
  4. weiters lenkten Sie bei der oa. Fahrt den angeführten Kombi bei Dunkelheit ohne die vorgeschriebenen Scheinwerfer und Leuchten einzuschalten, um anderen Straßenbenützern das Fahrzeug erkennbar zu machen, das Abschätzen der Breite zu ermöglichen und die Straße ausreichend zu beleuchten.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:

  1. § 4 Abs. 1 lit. a iVm. § 99 Abs. 2 lit. a StVO 1960
  2. § 4 Abs. 1 lit. c iVm. § 99 Abs. 2 lit. a StVO 1960
  3. § 4 Abs. 5 iVm. § 99 Abs. 3 lit. b StVO 1960
  4. § 99 Abs.1 1. Halbsatz iVm. § 134 Abs. 1 KFG 1967

Wegen dieser Verwaltungsübertretung(en) wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von falls diese uneinbringlich gemäß §

Schilling ist, Ersatzfreiheitsstrafe von

2.000,-- 40 Stunden 99 Abs. 2 lit. a StVO 1960 zu 1.

2.000,-- 40 Stunden 99 Abs. 2 lit. a StVO 1960 zu 2.

800,-- 16 Stunden 99 Abs. 3 lit. b StVO 1960 zu 3.

500,-- 10 Stunden 134 Abs. 1 KFG 1967 zu 4.

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

530,-- Schilling als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, d.s. 10 % der Strafe (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich 200 S angerechnet);

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher 5.830,-- Schilling (das entspricht 423,68 Euro). Außerdem sind die Kosten des Strafvollzuges zu ersetzen (§ 54d VStG)."

Zu I. und II.

Zu Ihrer Entscheidung betreffend die Fakten 1, 3 und 4 führt die belangte Behörde im Wesentlichen begründend aus, dass das Lenken des gegenständlichen PKW, ohne die vorgeschriebenen Leuchten einzuschalten, aufgrund der Wahrnehmungen der Unfallzeugen erwiesen sei und vom Beschuldigten auch nicht bestritten werde.

Aufgrund der Angaben der Unfallzeugen wie auch aufgrund der eigenen Aussagen des Beschuldigten sei erwiesen, dass er den gegenständlichen Verkehrsunfall verursacht und nach dem Unfall nicht angehalten habe. Der Beschuldigte habe es auch unterlassen, die nächste Gendarmeriedienststelle ohne unnötigen Aufschub zu verständigen, obwohl auch kein Identitätsnachweis mit dem Geschädigten erfolgt sei.

In objektiver Hinsicht habe er daher die gegenständlichen Verwaltungsübertretungen zu vertreten. Zur Frage seines Verschuldens sei zu beurteilen, ob er den gegenständlichen Verkehrsunfall bei ordnungsgemäßer Aufmerksamkeit überhaupt hätte wahrnehmen können. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes komme es nämlich nicht darauf an, ob er den Unfall tatsächlich wahrgenommen habe, sondern ob er als ein durchschnittlicher Kraftfahrer mit der beim Lenken von Kraftfahrzeugen geforderten Aufmerksamkeit den Unfall hätte wahrnehmen können. Dies deshalb, weil Übertretungen des § 4 StVO 1960 eben auch in der Schuldfrage der Fahrlässigkeit begangen werden könnten.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dürfe ein Autoradio nur mit einer solchen Lautstärke betrieben werden, dass dadurch die Aufmerksamkeit des Lenkers gegenüber dem Verkehrsgeschehen nicht beeinträchtigt werde. Auch durch das Anzünden einer Zigarette dürfe man nicht so abgelenkt werden, dass man das Verkehrsgeschehen nicht mehr wahrnehme. Aufgrund der Unfallspuren sei objektiv erwiesen, dass es nicht bloß zu einem ganz kurzen Kontakt der beiden Fahrzeuge gekommen sei, sondern sich diese über mehrere Meter gestreift haben müssten, weil die Schäden eben von der rechten vorderen Stoßstange bis zur hinteren Tür reichten. Allein schon der Umstand, dass der Beschuldigte mit minimalem seitlichen Abstand an einem stehenden Fahrzeug vorbeigefahren sei, hätte ihn zu einer höheren Aufmerksamkeit verpflichten müssen. Er könne sich daher auf eine besondere Ablenkung durch ein übermäßig lautes Autoradio oder das Anzünden einer Zigarette nicht berufen.

Das Gutachten des Amtssachverständigen sei ausreichend begründet und eine Begutachtungsergänzung dahingehend, welche Lautstärke das Anstoßgeräusch hatte bzw. wie stark Beschleunigung bzw. Richtungsänderung gewesen wäre, erschiene nicht erforderlich. Der Beschuldigte selbst habe bisher ja auch nicht angegeben, mit wieviel Dezibel er das Autoradio betrieben habe und würde eine derartige Abgabe auch kaum möglich sein. Eine Gegenüberstellung der Lautstärke der beiden Geräuschquellen erscheine auch nicht zielführend, weil aufgrund der nachvollziehbaren Ausführungen des Amtssachverständigen das Anstoßgeräusch eine andere Frequenzstruktur aufweise, als die Umgebungsgeräusche.

Es sei daher ausreichend erwiesen, dass der Beschuldigte bei der beim Lenken von Kraftfahrzeugen erforderlichen Aufmerksamkeit den Verkehrsunfall hätte wahrnehmen müssen, sodass ihm zumindest fahrlässiges Verhalten vorzuwerfen sei.

In Bezug auf die Höhe der verhängten Strafen führt die belangte Behörde unter Zitierung des § 19 VStG aus, dass Verletzungen des § 4 StVO 1960 grundsätzlich schwerwiegende Verwaltungsübertretungen darstellten. Die dem Beschuldigten vorgeworfenen Verwaltungsübertretungen hätten eine besondere Bedeutung für die objektive Feststellung des Unfallherganges und es sei sowohl im Interesse des Geschädigten als auch im Interesse der jeweiligen Haftpflichtversicherungen notwendig, alle Unfallumstände unmittelbar nach dem Verkehrsunfall durch die Gendarmerie objektiv feststellen zu lassen. Als strafmildernd sei zu berücksichtigen gewesen, dass lediglich fahrlässiges Verhalten vorgeworfen werde. Weiters sei als strafmildernd die bisherige Unbescholtenheit zu werten gewesen. Straferschwerungsgründe lägen nicht vor.

Unter Anführung der jeweiligen Strafrahmen hält die belangte Behörde fest, dass sämtliche verhängten Geldstrafen ohnedies im untersten Bereich des Strafrahmens gelegen wären. Die Strafhöhe wird nach den persönlichen Verhältnissen des Bestraften entsprechen, wobei davon ausgegangen werde, dass er ein monatliches Einkommen von ca. 7.000 S beziehe, ansonsten frei von Vermögen und von Sorgepflichten sei.

Hinsichtlich Faktum 2 (Übertretung gemäß § 4 Abs.1 lit.c StVO 1960) führt die belangte Behörde, was die objektive Tatseite betrifft, begründend aus, dass aufgrund der Angaben der Unfallzeugen und der eigenen Aussage des Beschuldigten es erwiesen sei, dass er den gegenständlichen Verkehrsunfall verursacht habe, jedoch nicht an der Feststellung des Sachverhaltes mitwirkte, weil er sich mit dem von ihm gelenkten Fahrzeug von der Unfallstelle entfernt habe.

Hinsichtlich der subjektiven Tatseite und der Strafhöhe wird auf die wiedergegebene Begründung der belangten Behörde zu den Fakten 1, 3 und 4 verwiesen.

Gegen dieses Straferkenntnis hat der Beschuldigte rechtzeitig Berufung erhoben und zu deren Begründung Mangelhaftigkeit des Verfahrens und unrichtige rechtliche Beurteilung der Sache geltend gemacht.

Hiezu führt er im Wesentlichen aus:

"1. Das erstinstanzliche Verfahren ist weitgehend mangelhaft geblieben, insbesondere insofern, als die von mir mit Schriftsatz vom 31.8.1999 im Rahmen der Stellungnahme begehrte Gutachtensergänzung bezüglich des vom Amtssachverständigen Ing. Sch. erstatteten Gutachtens nicht durchgeführt wurde.

Im einzelnen erschöpft sich obgenanntes Gutachten in der Begründung, der durch den beschriebenen Anstoß ausgelöste Schallpegel sei höher gelegen als jener des Umgebungsgeräusches. Das Anstoßgeräusch habe außerdem eine andere Frequenzstruktur aufgewiesen, als das Umgebungsgeräusch und sei von diesem gut zu unterscheiden gewesen.

Darüber hinaus weise die Karosserie eines Fahrzeuges eine physikalische Eigenschaft gleich einem Resonanzkasten auf, wodurch bewirkt würde, daß Anstoßgeräusche im Inneren des Fahrzeuges gut zu hören seien.

Darüber hinaus sei das anstoßende Fahrzeug erschüttert worden und sei diese Erschütterung, da sie die Fühlschwelle überschritten habe, für mich als Stoßreaktion auch wahrnehmbar gewesen.

Auffällig in diesem Zusammenhang ist, daß der Amtssachverständige keinerlei Befund darüber aufgenommen hat, wie hoch der Schallpegel durch das Anstoßgeräusch, ferner der Schallpegel des Umgebungsgeräusches und darüber hinaus der Schallpegel im Inneren des Fahrzeuges aufgrund des von mir sehr laut eingeschalteten Autoradios war.

Die Begründung, das Gutachten des Amtssachverständigen sei ausreichend begründet und sei eine Gutachtensergänzung in der beantragten Richtung nicht erforderlich, zumal ich nicht angeben könne, mit wie viel Dezibel ich das Autoradio betrieben habe, stellt eine Begründung ohne Begründungswert dar und soll lediglich über die Unschlüssigkeit und mangelnde Nachvollziehbarkeit des Amtssachverständigengutachtens hinwegtäuschen.

Ohne Feststellung der im einzelnen vorliegenden Geräuschpegel läßt sich - entgegen der Ansicht der BH Ried - nicht beurteilen, ob das durch den Anstoß verursachte Geräusch nicht durch andere Geräuschkulissen überlagert wurde.

Die Begründung, das Anstoßgeräusch habe eine andere Frequenzstruktur, kann so lange nicht überzeugen, als nicht dargelegt wird, in welchem Frequenzbereich dieses gelegen war und welchen Frequenzbereich die Geräusche der Umgebung, des Fahrzeuges selbst sowie des Autoradios aufgewiesen haben. Nur wenn diese Parameter feststehen, kann die gegenständliche Angelegenheit in einer den Kautelen eines rechtsstaatlichen Verfahrens entsprechenden Weise einer Klärung zugeführt werden.

Wenn der Amtssachverständige ferner die Ansicht vertritt, die Karosserie habe eine physikalische Eigenschaft gleich einem Resonanzkasten, so übersieht er die allgemeine Tendenz der Autoindustrie, von außen an die Fahrgastzelle heranreichende Geräusche weitestgehend zu minimieren. Darüber hinaus ist es auch unrichtig, daß die Fahrgastzelle einem Resonanzkörper gleichkommt, weisen doch insbesondere die Türen, sowie auch die Kotflügel zahlreiche Hohlkörper auf, die für sich alleine eine nicht zu vernachlässigende Schalldämmungswirkung aufweisen, sodaß auch das Gutachten in dieser Hinsicht im Widerspruch mit der allgemeinen Lebenserfahrung steht und aus technischer Sicht nicht nachvollziehbar ist.

Was die Ausführung des Sachverständigen hinsichtlich der durch den Anstoß erfolgten Erschütterung anbelangt, so bleibt auszuführen, daß er ohne Angabe von dezidierten Geschwindigkeitsrelationen zu der Schlußfolgerung gelangt, die Stoßreaktion sei für mich wahrnehmbar gewesen.

Dabei übersieht er jedoch, daß es wohl einen erheblichen Unterschied macht, ob ein Anstoß in einem spitzen Winkel, oder wie im vorliegenden Fall in Form einer Streifung vorliegt, zumal die physikalischen Vektoren parallel laufend sind und sohin es zu einer Richtungsänderung de facto nicht kommt.

Nicht genug, daß die BH Ried i.I. die von mir begehrte Ergänzung des angeführten Gutachtens nicht durchführt, gründet es ihre Feststellungen auf dieses äußerst mangelhaft gebliebene Gutachten und setzt sich mit meiner Verantwortung, welche überdies von meinem Beifahrer Th. K. bestätigt wird, nicht auseinander.

Die zentrale Frage, ob es für mich - so wie für jeden anderen maßgerechten Verkehrsteilnehmer - wahrnehmbar war, daß ich einen Verkehrsunfall verursacht habe, blieb gänzlich unaufgeklärt. Das Verfahren ist daher in wesentlichen Punkten mangelhaft geblieben. Bei Aufnahme der angebotenen Beweise, insbesondere bei Durchführung der von mir beantragten Gutachtensergänzung hätten diese Unklarheiten aufgehellt, respektive jedenfalls eine Klärung des Sachverhalts dergestalt vorgenommen werden können, sodaß hervorgekommen wäre, daß mit einer für ein Verwaltungsstrafverfahren nötigen Sicherheit der angezogene Normenverstoß nicht hervorgekommen wäre.

2. Zwar ist der bescheiderlassenden Behörde insofern zuzustimmen, als ich die mir zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen in objektiver Hinsicht begangen habe. Im Verwaltungsstrafverfahren kann jedoch - wie auch im offiziösen Strafverfahren - nur bestraft werden, wer den Tatbestand in objektiver wie auch subjektiver Hinsicht erfüllt hat.

Normatives Tatbestandsmerkmal der mir zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen ist jeweils die "Unterlassung nach einem Verkehrsunfall". Zwar ist es richtig, daß objektiv ein Verkehrsunfall im Sinne von einem plötzlichen, mit dem Straßenverkehr ursächlich zusammenhängenden Ereignis, welches zumindest einen Sachschaden zur Folge gehabt hat, vorliegt. Dieser objektiv festgestellte Sachverhalt muß mir jedoch auch - um die Strafbarkeit meines Verhaltens auszulösen, in subjektiver Hinsicht vorwerfbar sein.

Zutreffend ist ferner, daß § 5 VStG normiert, daß von einer Verwaltungsübertretung nur dann gesprochen werden kann, wenn Verschulden vorliegt, wobei Fahrlässigkeit genügt, sofern nicht die Verwaltungsnorm etwas anderes ausdrücklich bestimmt.

Bei den mir zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen handelt es sich zweifelsohne um Ungehorsamsdelikte, bei welchen mein Verschulden widerleglich vermutet wird.

In der gegenständlichen Angelegenheit trifft mich jedoch nicht einmal Fahrlässigkeit, zumal der objektiv vorliegende Verkehrsunfall subjektiv bei Anwendung der erforderlichen Sorgfalt für mich so wie für jeden unbeteiligten Dritten nicht wahrnehmbar war.

Als Beweis dafür gibt es ja die Aussage des Zeugen Th. K., sowie das ergänzende Gutachten des Sachverständigen aus dem Bereich des Kraftfahrwesens.

Zusammenfassend ergibt sich daher, daß einerseits aufgrund obgenannter Mangelhaftigkeit zufolge eines nicht nachvollziehbaren und unschlüssigen Sachverständigengutachtens, welches unreflektiert und ohne jegliche Bezugnahme auf den festgestellten Sachverhalt Mutmaßungen aufstellt und nicht einmal den Versuch unternimmt, die getroffenen Schlußfolgerungen technisch und physikalisch zu untermauern, andererseits aufgrund einer unrichtigen rechtlichen Beurteilung die Erstbehörde zur Erlassung des Straferkenntnisses kam. Bei Aufnahme der angebotenen Beweise, respektive Ergänzung derselben und richtiger rechtlicher Beurteilung wäre das gegen mich eingeleitete Verwaltungsstrafverfahren einzustellen gewesen, zumal mit der notwendigen Sicherheit der behauptete Normenverstoß nicht nachgewiesen ist."

Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Zu den Fakten 1, 3 und 4:

Die objektiven Tatseiten der unter Faktum 1, 3 und 4 angeführten Verwaltungsübertretungen sind aufgrund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens der belangten Behörde einwandfrei bewiesen und werden selbst vom Beschuldigten in seiner Berufung außer Streit gestellt. Vom Beschuldigten wird lediglich das Verschulden an den gegenständlichen Verwaltungsübertretungen verneint und die daher mangelnde volle Tatbestandsmäßigkeit (Vorliegen der objektiven und der subjektiven Tatseite) gegen seine Bestrafung eingewandt.

Das Nichtvorliegen der subjektiven Tatseite hinsichtlich der Fakten 1, 3 und 4 wird in der Berufung im Wesentlichen damit begründet, das Anstoßgeräusch mit dem kollidierten PKW unverschuldet nicht wahrgenommen zu haben. Mit diesem Bestreiten verbindet sich die Kritik an dem von der belangten Behörde eingeholten Amtssachverständigengutachten der Abteilung Maschinen- und Elektrotechnik des Amtes der Oö. Landesregierung vom 9. August 1999, BauME-010.000/3615-1999. Das diesem Gutachten zu Grunde liegende Beweisthema war die Frage, ob dem Beschuldigten bei ordnungsgemäßer Aufmerksamkeit der Verkehrsunfall (Kollision mit dem PKW) hätte auffallen müssen oder nicht.

Zunächst wird der Beschuldigte darauf hingewiesen, dass das von ihm eingelangte Nichtwahrnehmenkönnen des Anstoßgeräusches in Bezug auf Faktum 4 (Übertretung gemäß § 134 Abs.1 KFG 1967) nicht im Zusammenhang gebraucht werden kann. Mangels sonstigen Vorbringens bezüglich mangelnden Verschuldens ist daher von der vollen Tatbestandsmäßigkeit der unter Faktum 4 angeführten Verwaltungsübertretung auszugehen.

Hinsichtlich der Fakten 1 und 3, auf die sich der Einwand unverschuldeten Nichtwahrnehmens bezieht, ist dem Beschuldigten entgegenzuhalten, dass er diesem mit keinem einzigen fachlichen Gegenargument entgegenzutreten vermag.

Entgegen der Auffassung des Berufungswerbers ist der Unabhängige Verwaltungssenat aufgrund des Amtssachverständigengutachtens zur Überzeugung gelangt, dass jedenfalls die akustische Wahrnehmbarkeit des Kollisionsgeräusches objektiv gegeben war. Wenn der Beschuldigte allenfalls durch die Lautstärke des von ihm in Betrieb gesetzten Autoradios die Kollision nicht akustisch wahrgenommen hat, so hat er diese mangelnde Wahrnehmbarkeit selbst zu vertreten und lässt diesen Umstand deren objektive unbeschadet.

Allein schon aus diesem Grunde ist mangels sonstiger glaubhafter schuldentlastender Darlegungen die subjektive Tatseite der Fakten 1 und 3 und sohin deren volle Tatbestandsmäßigkeit gegeben.

Eine Auseinandersetzung, inwieweit der Beschuldigte die Kollision erschütterungsmäßig hätte wahrnehmen müssen, ist daher entbehrlich, wenngleich nach Ansicht des Unabhängigen Verwaltungssenates auch dieser Wahrnehmbarkeit große Wahrscheinlichkeit zukommt.

Zur Strafhöhe:

Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Hinsichtlich der jeweils verhängten Strafen ist der Beschuldigte darauf hinzuweisen, dass deren höhenmäßige Festsetzung eine Ermessensentscheidung der Strafbehörde darstellt, die sie unter Bedachtnahme auf die objektiven und subjektiven Strafzumessungskriterien des § 19 VStG vorzunehmen hat. Die Begründung der belangten Behörde in Bezug auf das von ihr jeweils festgesetzte Strafausmaß erweist sich als nachvollziehbar und mit den Strafzumessungskriterien des § 19 VStG voll im Einklang stehend, sodaß der Unabhängige Verwaltungssenat keine fehlerhafte Ermessensausübung bei der Strafzumessung festzustellen vermochte.

Die Strafzwecke der General- und Spezialprävention stehen, wenngleich sie kein Strafzumessungskriterium darstellen, einer Herabsetzung der sich - wie von der belangten Behörde zutreffend angeführt - ohnehin im unteren Strafrahmen bewegenden Geldstrafen entgegen.

Da das Tatverhalten des Beschuldigten keinesfalls hinter den typisierten Schuld- und Unrechtsgehalten der ihm angelasteten Verwaltungsübertretungen zurückbleibt, war auch die Rechtswohltat des § 21 VStG nicht in Erwägung zu ziehen.

Das angefochtene Straferkenntnis war daher hinsichtlich der Fakten 1, 3 und 4 vollinhaltlich zu bestätigen.

zu II.:

Der Ausspruch über die Kosten des Berufungsverfahrens ist in der zitierten Gesetzesstelle begründet.

Zu Faktum 2.:

Gemäß § 4 Abs.1 lit.c StVO 1960 haben alle Personen, deren Verhalten am Unfallort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang steht, an der Feststellung des Sachverhaltes mitzuwirken.

Die in der zitierten Gesetzesstelle normierte Mitwirkungspflicht besteht nur dann, wenn eine Verständigungspflicht nach § 4 Abs.2 StVO 1960 besteht. So wenn ein am Unfallort Beteiligter das Einschreiten eines Organes des öffentlichen Sicherheitsdienstes verlangt, oder wenn ein am Unfallort zufällig anwesendes Organ aus eigenem Antrieb eine Tatbestandsaufnahme vornimmt oder deren Vornahme veranlasst (VwGH 13.11.1967, 775/66, angeführt bei N.S. Messiner, StVO-Kommentar, Seite 86 ff, E 61).

Die Pflicht zur Mitwirkung an der Feststellung des Sachverhaltes im Sinne des § 4 Abs.1 lit.c reicht dabei nur soweit, als dies zur Feststellung von Sachverhaltselementen, insbesondere zur Sicherung von Spuren oder sonstiger konkreter Beweismittel erforderlich ist.

Gemäß § 44a Z1 VStG hat der Spruch, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten.

Demnach ist es geboten, im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorzuwerfen, dass er in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen.

Diesem Erfordernis entspricht im gegenständlichen Fall der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses insoferne nicht, als aus dessen Tatvorwurf nicht hervorgeht, hinsichtlich welcher, die Mitwirkungspflicht auslösender Sachverhaltselemente der Beschuldigte nicht an der Feststellung mitgewirkt hat.

So geht aus dem Tatvorwurf des angefochtenen Straferkenntnisses nicht hervor, ob eine Verständigungspflicht nach § 4 Abs.2 leg.cit. bestand und ein am Unfallort Beteiligter das Einschreiten eines Organes des öffentlichen Sicherheitsdienstes verlangt hat oder nicht. Ebenso wenig ist dem Tatvorwurf zu entnehmen, dass die Mitwirkung des Beschuldigten an der Sachverhaltsfeststellung zwecks Sicherung von Spuren oder ob er sich in einem zur Lenkung eines Kraftfahrzeuges geeigneten Zustand befunden hat, erforderlich gewesen wäre oder nicht.

Durch den aufgezeigten Mangel ist einerseits der Beschuldigte in seiner Verteidigungsmöglichkeit bezüglich des Anbietens von Entlastungsbeweisen beeinträchtigt, andererseits ist es auch dem Unabhängigen Verwaltungssenat als Berufungsinstanz nicht möglich, zu prüfen, ob überhaupt eine Mitwirkungspflicht zum Tatzeitpunkt vorlag oder nicht.

Aus den dargelegten Gründen war der Berufung hinsichtlich Faktum 2 daher Folge zu geben und wie im Spruch zu entscheiden.

Aufgrund des Verfahrensergebnisses bezüglich Faktum 2 ist der Beschuldigte von der Entrichtung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge befreit (§ 66 Abs.1 VStG).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht  181,68 €) zu entrichten.

Dr. K o n r a t h

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