Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-106619/11/Sch/Rd

Linz, 29.09.2000

VwSen-106619/11/Sch/Rd Linz, am 29. September 2000

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Schön über die Berufung des S vom 14. Juli 1999, vertreten durch Rechtsanwalt, gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Wels vom 25. Juni 1999, III/S-4421/98, wegen Übertretungen des GGSt, nach öffentlicher mündlicher Berufungsverhandlung am 26. September 2000 zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 und 45 Abs.1 Z3 VStG.

zu II.: §§ 64ff VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1. Die Bundespolizeidirektion Wels hat mit Straferkenntnis vom 25. Juni 1999, III/S-4421/98, über Herrn S, wegen der Verwaltungsübertretungen gemäß 1) § 32 Abs.2 GGSt iVm Rn 2002 ADR iVm Rn 10381 Abs.1a, 2) § 32 Abs.3 GGSt iVm Rn 10381 Abs.2c und Rn 10385 ADR, 3) § 32 Abs.1 Z1 und 3 GGSt iVm Rn 10500, 4) § 32 Abs.1 Z3 GGSt iVm Rn 2312 und rn 2412 ADR, 5) § 32 Abs.1 Z2 GGSt iVm Rn 10414 ADR und 6) § 32 Abs.4 GGSt iVm Rn 10325 ADR Geldstrafen von 1) 2.000 S, 2) 1.000 S, 3) 2.000 S, 4) 1.000 S, 5) 2.000 S und 6) 1.000 S sowie für den Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen von 1) 72 Stunden, 2) 48 Stunden, 3) 72 Stunden, 4) 48 Stunden, 5) 72 Stunden und 6) 48 Stunden verhängt, weil er am 9. April 1998 um 15.08 Uhr den LKW in A auf der Traunuferlandesstraße (L563) von der Fa. A kommend in Richtung B 139 bei Straßenkilometer 8,420 gelenkt habe, festgestellt worden sei, dass mit dem Kraftfahrzeug Gefahrengüter der Klassen 3, 4 und 6 transportiert worden seien, obwohl

1) kein Beförderungspapier mitgeführt worden sei, in dem die Bezeichnung des Gutes, die Ziffern und der Buchstabe der Stoffaufzählung, die Anzahl und Beschreibung der Versandstücke, die Gesamtmenge der gefährlichen Güter, der Name und die Anschrift des Absenders/des Empfängers, die Großbuchstaben ADR/RID angeführt gewesen seien,

2) die schriftlichen Weisungen für das Verhalten bei Unfällen oder sonstigen Zwischenfällen nicht mitgeführt worden seien,

3) die Beförderungseinheit nicht mit den orangefarbenen Tafeln gekennzeichnet gewesen sei,

4) die erforderlichen Gefahrzetteln und UN-Nummern auf den Versandstücken für Güter der Klassen 3 und 4.1. ADR teilweise gefehlt hätten,

5) die Ladung nicht ordnungsgemäß verstaut und gesichert gewesen sei, und

6) ein betriebsfremder und nicht zur Fahrzeugbesatzung gehörender Beifahrer in der Beförderungseinheit mitgenommen worden sei.

Überdies wurde der Berufungswerber zu einem Kostenbeitrag zum Verfahren in der Höhe von insgesamt 900 S verpflichtet.

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Berufungswerber rechtzeitig Berufung erhoben. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht und die Berufung vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Folgendes erwogen:

Der Oö. Verwaltungssenat vertritt in seiner Judikatur zum ADR bzw GGSt (nunmehr GGBG) grundsätzlich die Ansicht, dass in den Spruch eines Strafbescheides Angaben über die Art und Menge des beförderten gefährlichen Gutes aufzunehmen sind (vgl. etwa VwSen-110074/2/Weg/Ri vom 27. Februar 1996, VwSen-104582/2/Sch/Rd vom 1. Juli 1997, VwSen-105302/2/Sch/Rd vom 7. Oktober 1998 ua). Nach dem inneren Aufbau des ADR geht dieses als Anknüpfungspunkt für die zahlreichen und unter Umständen verschiedenen anzuwendenden Rechtsvorschriften davon aus, welches Gut/welcher Stoff befördert wird. Aber auch die Menge des Gefahrgutes ist für die Konkretisierung des Tatvorwurfes von Bedeutung. Solche Angaben sind im verfahrensgegenständlichen Straferkenntnis nicht enthalten, obwohl das Gefahrgut in der am Ort der Amtshandlung angefertigten und der Anzeige vom 23. April 1998 beigefügten Ladeliste detailliert aufgeschlüsselt ist.

Im Zuge der eingangs erwähnten Berufungsverhandlung, bei dem der bei der relevanten Gefahrgutkontrolle anwesend gewesene Amtssachverständige für Chemie zeugenschaftlich einvernommen wurde, hat sich herausgestellt, dass entgegen den Ausführungen im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses tatsächlich keine Gefahrgüter der Klasse 6 (richtig wohl: Klasse 6.1.) im Fahrzeug geladen waren. Es ist zwar bei der Kontrolle ein Papiersack (Punkt 12 der erwähnten Ladeliste) vorgefunden worden, der mit einem Gefahrzettel nach Muster 6.1. gekennzeichnet war, die später erfolgte Analyse des tatsächlich beförderten Stoffes ergab aber das Nichtvorliegen von Gefahrgut. Die Berufungsbehörde verkennt nicht, dass sowohl die Amtshandlung durch die damals tätig gewesenen - und offenkundig besonders ausgebildeten - Gendarmeriebeamten nach der Aktenlage sehr fundiert durchgeführt wurde und auch die darüber vorliegenden schriftlichen und bildlichen Unterlagen, wie die Anzeige vom 23. April 1998 selbst, die detaillierte Ladeliste und die angefertigten Lichtbilder, als auch die nachvollziehbare Begutachtung durch den damals anwesend gewesenen Amtssachverständigen ein genaues Bild des relevanten Sachverhaltes vermitteln.

Zusammenfassend ergibt sich allerdings für die Berufungsbehörde, dass der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses einer Überprüfung anhand der Gesetzeslage bzw der hiezu ergangenen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, insbesondere auch im Zusammenhang mit dem richtungsweisenden Erkenntnis zur Konkretisierung des Sachverhaltes im Spruch eines Strafbescheides vom 3. Oktober 1985, Slg. 11894A, nicht stand hält, weshalb aus diesen formalen Erwägungen heraus der Berufung Erfolg beschieden zu sein hatte, ohne die Sachlage noch weitergehend beurteilen zu müssen. Nach der gegebenen Aktenlage bzw dem Ergebnis der eingangs erwähnten Berufungsverhandlung wäre hier für den Rechtsmittelwerber aber wohl nichts zu gewinnen gewesen.

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht 181,68 €) zu entrichten.

S c h ö n