Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-106656/2/Gu/Pr

Linz, 22.11.1999

VwSen-106656/2/Gu/Pr Linz, am 22. November 1999

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Hans Guschlbauer über die Berufung des Ing. M. T., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 7.10.1999, VerkR96-18204-1998-Hu, wegen Übertretung der StVO 1960 zu Recht:

Das angefochtene Straferkenntnis wird aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren wegen der vorgeworfenen Tat gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG eingestellt.

Der Rechtsmittelwerber hat keine Kostenbeiträge für das Berufungsverfahren zu leisten.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG, § 21 Abs.1 StVO 1960, § 66 Abs.1 VStG

Entscheidungsgründe:

Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat den Rechtsmittelwerber mit dem angefochtenen Straferkenntnis schuldig erkannt, am 11.10.1998 um ca. 16.15 Uhr im Gemeindegebiet von P. auf der Innkreisautobahn A 8, Richtungsfahrbahn W., bei ca. km 22 den PKW mit dem Kennzeichen gelenkt zu haben und dabei, ohne dass es die Verkehrssicherheit erforderte, sein Fahrzeug jäh und für den Lenker eines nachkommenden Fahrzeuges überraschend abgebremst zu haben, sodass andere Straßenbenützer dadurch gefährdet/behindert worden seien.

Wegen Verletzung des § 21 Abs.1 iVm § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 wurde ihm deswegen eine Geldstrafe von 800 S, im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 24 Stunden und ein erstinstanzlicher Verfahrenskostenbeitrag von 10 % auferlegt.

Die erste Instanz stützt ihr Straferkenntnis auf die Aussagen von zwei LKW-Lenkern, welche durch das Fahrverhalten des Beschuldigten veranlasst, seinerzeit bei der Autobahngendarmerie Anzeige erstattet hatten und diese im erstinstanzlichen Verfahren im Rechthilfewege vernommen, aufrecht erhalten hatten.

In seiner gegen das Straferkenntnis eingebrachten Berufung reklamiert der Rechtsmittelwerber unter Bezugnahme auf sein bisheriges Vorbringen, dass dieses keine Schutzbehauptung gewesen sei und es sich bei den Aussagen der Zeugen um Absprachen gehandelt habe, wobei die Aussagen den Tatsachen nicht entsprochen hätten. Er habe sich seinerzeit unwohl gefühlt und deswegen die Geschwindigkeit vermindert. Von jähem Abbremsen könne nicht die Rede sein. Er sei lediglich unterschiedlich schnell gefahren. Wenn auch die Bremslichter aufgeleuchtet hätten, müsse es sich nicht gleich um eine jähe Bremsung handeln. Die Behörde müsse ihm zugestehen, dass bereits ein leichtes Antippen des Bremspedales ein Aufleuchten der Bremsleuchten hervorrufen könne. Seine geringfügig unterschiedlichen Fahrgeschwindigkeiten können für den nachfolgenden Verkehr nicht überraschend gewesen sein, zumal er einen ausreichenden Sicherheitsabstand eingehalten habe. In jener Situation, als der eine Fernlaster bis auf 2 m auf das von ihm gelenkte Fahrzeug aufgeschlossen habe und laut hupte und den Beschuldigten blendete, sei er nicht langsamer geworden, sondern habe er sich gezwungen gesehen, schneller zu fahren, zumal er es mit der Angst zu tun bekommen habe. Durch sein Verhalten seien auch keine anderen Straßenbenützer gefährdet oder behindert gewesen. Sein Fahrverhalten sei sehr wohl aufgrund der Verkehrssicherheit erforderlich gewesen. Die unterschiedlich gefahrenen Geschwindigkeiten seien nicht strafbar.

Aus diesen Gründen beantragt er die Einstellung des Verfahrens.

Nachdem die ausgesprochene Geldstrafe den Betrag von 800 S nicht überstieg und im Übrigen der Sachverhalt aus der Aktenlage geklärt erscheint, war die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht geboten.

Demnach ist aufgrund der Aussagen der zeugenschaftlich vernommenen LKW-Lenker - was das Gesamtverhalten des Beschuldigten anlangt - erwiesen, dass dieser eine äußerst schikanöse und verwerfliche Fahrweise an den Tag gelegt hat, welche geeignet war, zumal sie völlig unbegründet erschien, Aggressionen im Straßenverkehr hervorzurufen und somit beim Geschehen auf der Straße das Gefährdungspotential dramatisch zu erhöhen. Die beiden Zeugen sind der Wahrheitspflicht unterlegen und hätten im Falle der Verletzung dieser Pflicht mit strafrechtlichen Sanktionen rechnen müssen, wogegen sich der Beschuldigte frei verantworten konnte. Es gab auch keinen Anhaltspunkt dafür, dass die beiden Zeugen eine ihnen unbekannte Person wahrheitswidrig belasten wollten. Die Erfahrung des täglichen Lebens lehrt, dass Privatpersonen die Behörde nur in Anspruch nehmen, wenn hiefür triftige Gründe vorhanden sind, da ein derartiges Vorgehen stets mit einem erheblichen Aufwand an Zeit und Mühe verbunden ist.

Den LKW-Lenkern war es auch ohne weiteres zuzumuten, bei der ihnen gebotenen Aufmerksamkeit das Fahrverhalten des Beschuldigten wahrzunehmen und die unterschiedlichen Geschwindigkeiten und die zwischenzeitlich stattgefundenen Bremsmanöver zu unterscheiden.

Einer Beweiswürdigung solcher Art hat sich der Verwaltungsgerichtshof in laufender Rechtsprechung nicht verschlossen (vergl. z.B. E. 21/02/0085 vom 27.2.1992 - eines für viele).

Nach der sohin unbedenklichen Aussage des Zeugen J. M., vernommen vor der Bezirkshauptmannschaft Leoben am 21.7.1999, wurde der Zeuge, der mit einem LKW auf dem im Spruch beschriebenen Autobahnabschnitt einen ungarischen LKW überholt hatte, vom PKW des Beschuldigten überholt. Der Beschuldigte hat sich unmittelbar vor seinem Sattelzug in einer Entfernung von ca. 5 m - und damit angesichts der Geschwindigkeit von rund 85 km/h in Unterschreitung des Sicherheitsabstandes - eingereiht und sofort durch Weggehen vom Gas seine Fahrgeschwindigkeit vermindert. Dadurch wurde der Zeuge gezwungen, seinen Sattelzug abzubremsen. Anschließend - die Fahrzeuge hielten inzwischen eine Geschwindigkeit von ca. 80 km/h - beschleunigte der Beschuldigte sein Fahrzeug, worauf auch der Sattelzuglenker sein Fahrzeug beschleunigte. Angaben zu der dann bestandenen Distanz fehlen allerdings. Daraufhin bremste der Beschuldigte sein Fahrzeug ab, wobei diesmal die Bremslichter aufleuchteten und der nachfolgende LKW-Lenker ebenfalls wieder abbremsen musste und zwar auf eine Geschwindigkeit von ca. 60 km/h. Dieser Vorfall wiederholte sich in weiterer Folge noch zwei Mal.

Die Geschwindigkeitsschwankungen zwischen dem Beschleunigen und dem zweimaligen Abbremsen betrugen jeweils ca. 20 km/h.

Der LKW-Lenker ließ sich daraufhin zurückfallen, wurde von einem nachfolgenden Sattelzug überholt und es erging daraufhin letzterem LKW-Lenker in mehrfacher Weise ähnlich wie zuvor beschrieben, indem der Beschuldigte, ohne dass ein zwingender Grund vorlag, langsam fuhr und wieder beschleunigte und den Verkehr behinderte.

Bei einer von ihm behaupteten Übelkeit hätte er als rechtmäßiges Verhalten nämlich sofort auf den Pannenstreifen fahren müssen.

Die erste Instanz hat das Fahrverhalten des Beschuldigten unter einer Tatumschreibung im Sinne des § 21 Abs.1 StVO beschrieben und angelastet.

Demnach darf ein Lenker eines Fahrzeuges nicht jäh und für den Lenker des nachfolgenden Fahrzeuges überraschend abbremsen, wenn andere Straßenbenützer dadurch gefährdet oder behindert werden, es sei denn, dass die Verkehrssicherheit es erfordert.

Für das jähe Abbremsen hat die Spruchpraxis der Höchstgerichte herausgebildet, dass es sich hiebei jedenfalls um ein Bremsen und nicht um ein bloßes Gaswegnehmen handeln muss und im Übrigen für die Merkmale des jähen und überraschenden Abbremsens bei einem solchen Bremsen eine plötzliche ruckartige Herabsetzung der Fahrgeschwindigkeit erforderlich ist. Kein jähes Bremsen liegt vor, wenn im Wege einer normalen Betriebsbremsung mit einer Verzögerung von durchschnittlich 3 m/sek2 die Fahrgeschwindigkeit um rd. 20 km/h herabgesetzt wird. Darüber hinaus ist auch der Abstand vom bremsauslösenden Fahrzeug zum Hintermann maßgeblich (vergl. OGH 19.9.1976, 8 OB 147/76 und vom 16.1.1979, 2 OB 203/78).

Zur Tatzeit herrschte Regen - nach der Verantwortung des Beschuldigten regnete es leicht - und es herrschte nach seiner Darstellung eine gute Sicht. Eine Verminderung der Geschwindigkeit durch immer wieder Bremsen und Beschleunigen aufgrund sonst nicht vorhandener zwingender Gründe, insbesondere nicht im Interesse der Verkehrssicherheit - eine Übelkeit hätte ein anderes Verhalten verlangt - verletzte dieses unnötige Langsamfahren durch Behinderung des übrigen Verkehrs die allgemeinen Fahrregeln, allerdings des § 20 Abs.1 StVO und nicht jene des § 21 Abs.1 StVO zumal ein im Sinne der obzitierten Spruchpraxis jähes Abbremsen nicht vorlag bzw. nicht nachgewiesen erscheint.

Nachdem allerdings zwischenzeitig bezüglich der vollendeten Übertretung des § 20 Abs.1 StVO kein entsprechender Vorwurf gemacht wurde und diesbezüglich die Verfolgungsverjährungsfrist eingetreten ist, dürfte der Oö. Verwaltungssenat keine Auswechslung der Tat vornehmen, musste das nach § 21 Abs.1 StVO geführte Verfahren einstellen, sodass dieses verwerfliche Verhalten des Beschuldigten im Ergebnis strafrechtlich ungesühnt blieb.

Bei künftigem ähnlichen Verhalten des Beschuldigten können wohl Zweifel an der für den Bestand der Lenkerberechtigung erforderlichen Verkehrszuverlässigkeit auftauchen, zumal es sich beim Beschuldigten anhand der im Akt aufscheinenden Verwaltungsvorstrafen wegen Geschwindigkeitsüberschreitungen offensichtlich um einen unberechenbaren Schnellfahrer zu handeln scheint.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500,00 Schilling (entspricht  181,68 Euro) zu entrichten.

Dr. G u s c h l b a u e r

Beschlagwortung: jähes Bremsen - keines - wenn eine Bremsverzögerung von nur 3 m/sek2 erzielt wird, zur Verminderung der Geschwindigkeit von 80 auf 60 km/h

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