Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-106667/8/Br/Bk

Linz, 15.12.1999

 

VwSen - 106667/8/Br/Bk Linz, am 15. Dezember 1999

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn H, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 12. Oktober 1999, Zl.: VerkR96-1860-1997-Ja, wegen Übertretung der StVO 1960, nach der am 15. Dezember 1999 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Recht:

  1. Der Berufung wird mit der Maßgabe Folge gegeben, dass von einer Fahrgeschwindigkeit von 120 km/h auszugehen ist und somit im Spruch der Behörde erster Instanz die Zahl 50,28 (km/h) durch die Zahl '50' (km/h) zu ersetzen ist.

Im Übrigen wird das Straferkenntnis bestätigt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl.Nr. 51, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 164/1999 - AVG iVm § 19, § 24, § 51 Abs.1, § 51e Abs.1 und § 51i Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 158/1998 - VStG.

II. Zuzüglich zu den erstinstanzlichen Verfahrenskosten wird für das Berufungsverfahren ein Verfahrenskostenbeitrag von 800 S (20% der verhängten Geldstrafe [entspricht 58,14 €]) auferlegt.

Rechtsgrundlage:

§ 64 Abs.1 u. 2 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Freistadt hat mit dem o.a. Straferkenntnis über den Berufungswerber wegen der Übertretung nach §  52 lit.a Z10a StVO 1960 eine Geldstrafe von 4.000 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe im Ausmaß von vier Tagen verhängt und folgenden Tatvorwurf erhoben:

"Sie haben am 14.03.1997 gegen 16.15 Uhr als Lenker des KKW, Kennz. , auf der Pabneukirchener Straße auf Höhe des Strkm 14,205 im Gemeindegebiet St. Thomas /Blst., Fahrtrichtung Pabneukirchen, entgegen dem Vorschriftszeichen "Geschwindigkeitsbeschränkung (erlaubte Höchstgeschwindigkeit)" die erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h um 50,28 km/h überschritten."

1.1. Die Erstbehörde stützte ihre Entscheidung im Ergebnis auf das mittels geeichtem Lasermessgerät erzielte Messergebnis, wobei die Messung aus einer Entfernung von 352 m von einem anliegenden Wiesengrundstück aus erfolgt sei. Den Einwendungen eines Messfehlers in Folge der erfolgten 'schrägen' Messung und den sonstigen vom Berufungswerber vorgebrachten Bedenken folge die Behörde erster Instanz nicht. Vielmehr folgte die Behörde den Angaben des die Messung durchführenden Beamten in Verbindung mit den Angaben des die Anhaltung vornehmenden Beamten im Hinblick auf die vom Berufungswerber diesem Organ gegenüber gemachten Angaben.

Durch die Berücksichtigung der Verkehrsfehlergrenze im Ausmaß von 3% gelangte die Behörde erster Instanz zu einer Fahrgeschwindigkeit von 120,28 km/h. Bei der Strafzumessung ging die Behörde erster Instanz von einem Monatseinkommen des Berufungswerbers von 11.000 S, keinem Vermögen und keinen Sorgepflichten aus. Mit Blick auf das Verschulden wurde von zumindest fahrlässiger Begehungsweise ausgegangen, wobei das Ausmaß der Geschwindigkeitsüberschreitung als schwerwiegendes Verschulden qualifiziert wurde. Die Ausschöpfung des Strafrahmens im Ausmaß von 40% wurde angesichts dieser Fahrgeschwindigkeit angemessen erachtet.

2. Dagegen wendet sich der Berufungswerber mit nachfolgender fristgerecht durch seinen ausgewiesenen Rechtsvertreter erhobenen Berufung:

"Ich erhebe durch meinen ausgewiesenen Rechtsbeistand gegen das

Straferkenntnis vom 12.10.1999, VerkR96-1860-1997-ja, zugestellt am 14.10.1999,

fristgerecht die

B e r u f u n g

und begründe dieses Rechtsmittel wie folgt:

Das Straferkenntnis wird seinem gesamten Inhalte nach aus den Gründen der Mangelhaftigkeit des Verfahrens, der unrichtigen Tatsachenfeststellung und Beweiswürdigung und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung angefochten.

Mir wird vorgeworfen, die Rechtsvorschrift des § 52 lit. a Z10a StVO 1960 übertreten zu haben. Als Sachverhalt wurde erwiesen angenommen, daß ich bei Strkm 14,205 im Höchstgeschwindigkeitsbegrenzungsbereich von 70 km/h diese Geschwindigkeit um 54 km/h mit meinem KKW, Kennz. überschritten habe. Die Messung sei aus einer Entfernung von 352 m von einer Wiese aus erfolgt.

Diese Feststellungen sind unrichtig. Der Standort des Gendarmeriebeamten war hinter einer dort befindlichen Postautobushaltestellenhütte in meiner Fahrtrichtung gesehen. Dieser Standort wird auch vom Zeugen R bestätigt (vgl. dessen Aussage, wonach die Geschwindigkeitsmessung bei StrKm 14,205 durchgeführt wurde, und zwar von RevInsp. S). Richtigerweise hätte daher die erkennende Behörde feststellen müssen, daß die Messung nicht von einer Wiese 352 m vom Strkm 14,205 erfolgt ist, sondern von einer anderen Position aus. Darüberhinaus ergibt sich auch aus der Skizze des Zeugen S keinesfalls eine Entfernung von 352 m sondern bezogen auf das Haus H eine solche von rund 319 m.

Die Geschwindigkeitsmessung wurde nicht durch ein Foto dokumentier. Die gegenständliche Geschwindigkeitsmessung läßt sich daher keinesfalls zweifelsfrei dem meinen Fahrzeug zuordnen. Auch aus der Handskizze des Zeugen S ergibt sich, dass ins Bereich des Hauses H ein LKW sich befunden hat; darüberhinaus ist aktenkundig, daß ich einen Überholvorgang durchgeführt haben soll. Sollte das überholte Fahrzeug der auf der Handskizze befindliche LKW gewesen sein, müßte ich im Bereich des Strkm 14,205 auf der linken Fahrbahnseite gefahren sein.

Bei Geschwindigkeitsmessungen mit Lasergeräten muß darauf geachtet werden, daß der eingebündelte Lichtstrahl während der gesamten Meßzeit auf die gleiche Fahrzeugstelle auftritt. Bei der gegenständlichen Geschwindigkeitsmessung handelt es sich um eine solche aus großer Entfernung, bei der die notwendigen Präzision schon dann nicht mehr sichergestellt ist, wenn geringe Fahrbahnunebenheiten vorhanden sind. Zudem wurde das Gerät im Handbetrieb betrieben, sodaß davon auszugehen ist, daß der messende Gendarmeriebeamte zumindest geringfügig gewackelt hat. Normalerweise zeigt zwar das Gerät dann den Meßfehler auf; allerdings ist das dann nicht der Fall, wenn der Lichtstrahl nicht auf einer senktrechten Fläche auftrifft. Dem gesamten Verfahren ist nicht zu entnehmen, auf welche Fläche der messende Gendarmeriebeamte gezielt hat.

Wird nämlich das Meßgerät auf die Motorhaube gehalten oder die schräg verlaufende Windschutzscheibe, ergibt die Meßung kein verläßliches Bild und wird trotz der nicht mehr gegebenen Präzision der fehlerhafte Meßwert nicht anuliert.

Im gegenständlichen Fall ist daher - wie jeder Sachverständige bestätigen wird - davon auszugehen, daß das Meßgerät nicht ordnungsgemäß bedient worden ist. Die Fehlerhaftigkeit des Meßwertes ergibt sich schon aus der festgestellten Geschwindigkeit von über 120 km/h. Die Einhaltung einer solchen Geschwindigkeit ist im Bereich der Meßstelle aus technischen Gründen nicht wahrscheinlich; die Einhaltung einer solchen Geschwindigkeit hätte unweigerlich im Hinblick auf die kurvenreiche Strecke zu einem Unfall führen müssen.

Richtig ist allerdings, daß die Geschwindigkeit meines Fahrzeuges vor Erreichen der 70 km/h- geringfügig über 100 km/h gelegen hat. Im Bereich der Beschränkung wurde jedoch die Geschwindigkeit auf 70 km/h reduziert.

Die getroffenen Feststellungen sind mit der Örtlichkeit nicht in Einklang zu bringen.

Es liegt daher eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens vor, weil es die erkennende Behörde unterlassen hat, einen Ortsaugenschein durchzuführen und einen technischen Sachverständigen beizuziehen. Die Meßung des Fahrzeuges bei StrKm 14,205 kann nicht nachvollzogen werden.

Die gegebene Mangelhaftigkeit des Verfahrens und die unrichtigen Tatsachenfeststellungen einschließlich der unrichtigen Beweiswürdigung haben zur Folge, daß zu Unrecht die Übertretung der Rechtsvorschrift des § 52 lit. a Z.10 a StVO 1960 angenommen worden ist.

Ich stelle daher den

B e r u f u n g s a n t r a g :

die Berufungsbehörde möge der Berufung Folge geben, den angefochtenen Bescheid aufheben und allenfalls nach Ergänzung des Verfahrens durch Beiziehung eines technischen Sachverständigen und Besichtigung der Örtlichkeit das gegen mich eingeleitete Verwaltungsstrafverfahren einstellen.

F, am 28.10.1999 R"

3. Die Erstbehörde hat den Akt zur Berufungsentscheidung vorgelegt; somit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben. Dieser hat, da keine 10.000 S übersteigende Strafe verhängt worden ist, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung war erforderlich, weil einerseits eine solche ausdrücklich beantragt wurde und insbesondere die Durchführung in Wahrung der gem. Art. 6 EMRK intendierten Rechte hier geboten schien (§ 51e Abs.1 VStG).

4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch zeugenschaftliche Vernehmung des Meldungslegers RevInsp. S und den die Anhaltung durchführenden Beamten, RevInsp R, sowie durch Vernehmung des Berufungswerbers als Beschuldigten. Ebenfalls wurden durch den Oö. Verwaltungssenat im Rahmen eines Ortsaugenscheines sämtliche h. verfahrensrelevanten Distanzen mittels Laserentfernungsmesser und eines Messrades nachvollzogen. Die relevanten Entfernungsparameter wurden zusätzlich mittels eines Luftbildes aus dem System "DORIS" (digitales orografisches Informationssystem) objektiviert.

Ein Vertreter der Behörde erster Instanz ist zur Verhandlung ohne Angabe von Gründen nicht erschienen.

5. Folgender Sachverhalt gilt aufgrund des durchgeführten Beweisverfahrens als erwiesen:

5.1. Zur Örtlichkeit:

Im Bereich vor Strkm 14,800 bis zum Ende der Geschwindigkeitsbeschränkung bei 14,073 verläuft die Pabneukirchener Bezirksstraße anfänglich in einem Gefälle von ursprünglich geschätzten 6%. Laut Straßenmeisterei Grein beträgt das Gefälle bei Strkm 14,7 6,5%, bei Strkm 14,5 9% und bei Strkm 14,340 wieder 6,5%. Ab der Kilometrierung 14,400 gestaltet sich der Verlauf in einer leichten Linkskurve, wobei dieser Straßenzug ab dem Kreuzungsbereich nach links abzweigenden Greinerwaldstraße (L573) wieder geradlinig, jedoch bis zur rechtsgelegenen Busbucht (Haltestelle) kuppenförmig ansteigend ist. Daraus ergibt sich ab der Position 30 m nach dem Beschränkungszeichen bei Strkm 14,271 eine Einschränkung der Gefahrensichtweite auf etwas mehr als 100 m in Fahrtrichtung Pabneukirchen. Die Bezirksstraße ist im Bereich der vorgenannten Kreuzung 6,7 m breit und weist zwei durch eine Leitlinie gekennzeichnete Fahrstreifen auf. Rechtsseitig in Fahrtrichtung des Berufungswerbers befindet sich eine Liegenschaft und etwa auf Höhe Strkm 14,140 eine Bushaltestelle.

Das Verkehrsgeschehen kann auf diesem Straßenzug als durchaus gering angenommen werden. Die Fahrbahn war zum verfahrensrelevanten Zeitpunkt trocken.

5.2. Zur Situation bei der Messung der Fahrgeschwindigkeit:

Der Messeinsatz an der angeführten Örtlichkeit erstreckte sich am 14. März 1997 von 15.30 Uhr bis 17.40 Uhr. Dies belegte der Meldungsleger durch Vorlage des Messprotokolls. Das verwendete Lasermessgerät war vorschriftsmäßig geeicht und es wurde glaubhaft dargelegt, dass auch die vorgeschriebenen und der Verwendungsrichtlinie Rechnung tragenden Abstimmungen sowie zeitgerecht die Nachjustierungen vorgenommen wurde.

Der Meldungsleger zeigte anlässlich des Ortsaugenscheines seinen Standort, wo er das Lasermessgerät auf einem Stativ aufgestellt und in Richtung des aus Perg anflutenden Verkehrs die Messung durchführte. Die Örtlichkeit befindet sich etwa 100 m nördlich der Pabneukirchener Bezirksstraße, Strkm 13,900, beim dortigen Waldrand. Das Gelände dorthin steigt etwa zwanzig Höhenmeter gegenüber dem Straßenniveau an und bietet einen weiten und lückenlosen Einblick in diesen Straßenzug bis über die Kilometrierung 14,800 hinaus. Eine vom Verhandlungsleiter durch Lasermessung vorgenommene Feststellung der Entfernung zum Anwesen H bei Strkm 14,200 ergab eine Distanz von 342 m. Diese Überprüfung lässt einerseits den Standort des Meldungslegers, andererseits den zur Last gelegten "Tatort" mit Strkm 14,205 schlüssig nachvollziehen.

Der Meldungsleger vermochte schließlich auch den Umstand, wie er zur Annahme des Tatortes mit 14,205 gelangte, in gut nachvollziehbarer Weise darzutun, indem er dies durch Errechnung der Entfernungsdifferenzen zwischen dem Verkehrszeichen (Strkm 14,079) und der gleichzeitig mit der konkreten Geschwindigkeitsmessung ebenfalls festgestellten Messentfernung (von seinem Standort aus) errechnete. Selbst wenn sich der Meldungsleger bei der Verhandlung nicht mehr konkret an diesen nun mehr als zwei Jahre zurückliegenden Vorgang zu erinnern vermochte, schränkt dies seine Glaubwürdigkeit in keiner Weise ein. Der Meldungsleger hinterließ darüber hinaus einen fachlich kompetenten und sachlichen Eindruck.

Seine Anzeigeangaben ließen sich sowohl vor Ort als auch mittels der im Maßstab 1:6000 vorhandenen Lichtbilder so gut wie deckungsgleich in Einklang bringen. Ebenfalls bestätigte der Zeuge RevInsp. R, welcher damals die Anhaltung des Berufungswerbers durchführte, nachdem er vom Meldungsleger über Funk diesbezüglich verständigt worden war, den auf diesem Straßenzug für die Geschwindigkeitsmessungen ständig gewählten Standort am Waldrand.

Die Bedenken des Berufungswerbers im Hinblick auf den sich nicht hinreichend schlüssig ergebenden Ort der Übertretung konnten im Rahmen des h. durchgeführten Beweisverfahrens ohne den Rest eines Zweifels ausgeräumt werden.

Ebenso vermag der Berufungswerber diesem Ergebnis inhaltlich nichts von Substanz entgegenzuhalten. Selbst wenn er angibt, schon 200 m vor der 70 km/h-Beschränkung im dortigen Gefälle einen Lkw überholt und dabei gleichsam den Schwung mitgenommen zu haben, wobei er letztlich eine Überschreitung der erlaubten Höchstgeschwindigkeit, jedoch nicht im Ausmaß von 50 km/h, selbst einräumt.

5.2.1. Hinsichtlich der hier auch zumindest indirekt zum Ausdruck gelangenden messtechnischen Bedenken wird auf eine Stellungnahme des Bundesamtes für Eich- und Vermessungswesen, Zl: GZ E - 40 766/95, vom 5. Juli 1995 verwiesen, wonach die Zuordnung einer Geschwindigkeitsanzeige betreffend ein gemessenes Fahrzeug dem Meldungsleger obliegt und somit letztlich eine Frage der Beweiswürdigung bleibt.

Die Messergebnisse des Laser - VKGM sind innerhalb der Verkehrsfehlergrenzen richtig, wenn die Strahlungsrichtung des Lasers mit der Bewegungsrichtung des gemessenen Fahrzeuges einen Winkel von 0 Grad bildet (VwGH, 2.3.1994, 93/03/0238).

Eine Messung in einem höheren Winkelgrad wirkt sich nur zu Gunsten eines Beschuldigten aus, wobei etwa ein Winkel von 5 Grad gemäß der Sinusfunktion einer Fahrgeschwindigkeit von 100 km/h nur mehr eine gemessene Geschwindigkeit von 99,62 bedingt (Bedienungsanleitung zum LTI 20.20 TS/KM, Stand: Jänner 1992).

Der Einholung eines KFZ-technischen bzw. fahrtechnischen Gutachtens zum Beweis dafür, dass diese Fahrgeschwindigkeit mit dem Fahrzeug des Berufungswerbers gar nicht erreicht werden hätte können, bedurfte es daher nicht. An der Richtigkeit des hier erzielten Messergebnisses von 120 km/h (verkehrsfehlerberichtigt) besteht mangels eines Anhaltspunktes eines unterlaufenen Fehlers kein Zweifel. Auch ein anderes Fahrzeug befand sich zu diesem Zeitpunkt nicht im Messbereich. Das bei einer Geschwindigkeit von 120 km/h in einer flachen Kurve mit einer Sehnenlänge von ca. 145 m und einer Scheitelhöhe von ca. 14 m, woraus sich ein Kurvenradius von ca. 195 m errechnet, die Kurvengrenzgeschwindigkeit auf trockener und asphaltierter Fahrbahn nicht überschritten wird, ist schon mit dem Erfahrungshorizont eines durchschnittlichen Pkw-Lenkers nachvollziehbar. Selbst unter Ausfahren des Kurvenbogens wäre nur (!) eine Querbeschleunigung von 5,9 m/sek2 erreicht worden, wobei auf trockener Fahrbahn grundsätzlich erst ab einer Querbeschleunigung von 7,5 m2 eine Drift aus der Kurve einsetzt. Letztere Feststellung beruht auf h. verfügbarem Wissensstand und ergibt, dass auch damit das in sich schon schlüssige Messergebnis nicht erschüttert werden könnte, wenngleich dies belegt, dass der Berufungswerber nahe am technischen Grenzbereich unterwegs war.

6. Rechtlich hat der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich Folgendes erwogen:

6.1. Zur Messung mittels Laserverkehrsgeschwindigkeitsmessgerät:

Laut ständiger Judikatur ist ein Laser - Verkehrsgeschwindigkeitsmesser der angeführten Bauart grundsätzlich ein taugliches Mittel zur Feststellung einer von einem Fahrzeug eingehaltenen Geschwindigkeit (vgl. VwGH vom 2. März 1994, Zl. 93/03/0238 u.v.a.). Hier wurden sämtliche gemäß den Verwendungsrichtlinien vorzunehmenden Tests gemacht, sodass hier von der Einhaltung der Messvorschriften auszugehen ist (vgl. VwGH 16.3.1994, 93/03/0317). Laser -Verkehrsgeschwindigkeitsmesser der Bauart LTE 20.20 TS/KM-E wurden vom Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen zunächst mit Zulassung vom 17. Dezember 1992, Zl. 43 427/92, (Amtsblatt für das Eichwesen Nr. 1/1993) und sodann in geänderter Ausführung und mit geänderten Verwendungsbestimmungen mit Zulassung vom 14. März 1994, Zl. 43 427/92/1, (Amtsblatt für das Eichwesen Nr. 3/1994) aufgrund des § 40 des Maß- und Eichgesetzes zur Eichung zugelassen. Gemäß Punkt F.2.2.6 der Zulassung Zl. 43 427/92/1 dürfen Fahrzeuggeschwindigkeiten jedoch nur in einer Entfernung zwischen 30 m und 500 m vom Laser - Verkehrsgeschwindigkeitsmesser gemessen werden. Der erste Satz in Punkt F.2.2.10 dieser Zulassung lautet: "Für die Ahndung von Übertretungen von Geschwindigkeitsbegrenzungen sind die Messergebnisse der Laser - VKGM als richtig innerhalb der Verkehrsfehlergrenzen anzusehen."

Der auch für die Zulassung Zl. 43 427/92/1 geltende Punkt F.2.2.9 der Zulassung Zl. 43 427/92 lautet: "Ein Messergebnis darf grundsätzlich nur dann zur Auswertung herangezogen werden, wenn einwandfrei zu erkennen ist, von welchem Fahrzeug dieses Messergebnis verursacht wurde. Dies ist mit Sicherheit dann gegeben, wenn das zu messende Fahrzeug mit dem roten Visierpunkt im Zielfernrohr einwandfrei anvisiert worden ist. Beim Anvisieren eines Fahrzeuges ist auf dessen Front- bzw. Heckpartie, keinesfalls aber auf Fensterflächen zu zielen."

Der Verwaltungsgerichtshof geht beim Verkehrsgeschwindigkeitsmesser der Bauart LTI 20.20 TS/KM (vgl. das Erkenntnis vom 2. März 1994, Zl. 93/03/0238) - wie auch schon bei der sogenannten Radarmessung - davon aus, dass auch Laser -Verkehrsgeschwindigkeitsmesser der Bauart LTI 20.20 TS/KM - E grundsätzlich taugliche Mittel zur Feststellung einer von einem Fahrzeug eingehaltenen Geschwindigkeit sind und dass einem mit der Geschwindigkeitsmessung mittels eines derartigen Laser - Verkehrsgeschwindigkeitsmessers betrauten Beamten aufgrund seiner Schulung die ordnungsgemäße Verwendung des Gerätes zuzumuten ist. Mit den vom Berufungswerber pauschal eingewendeten Bedenken hinsichtlich der Richtigkeit der hier über eine Entfernung von 352 m erzielten Messung vermag er mit Rücksicht auf die oben getroffenen Feststellungen keine Zweifel aufzeigen. Der Antrag auf Beiziehung eines Sachverständigen zum Beweis dafür, dass diese unbelegte Behauptung das Messergebnis als falsch erweisen sollten, kommt einem Erkundungsbeweis gleich, welchem nicht nachzukommen ist.

Die Geschwindigkeit des gemessenen Fahrzeuges wird als dreistellige Zahl mit einer Auflösung von 1 km/h digital angezeigt, die Bewegungsrichtung wird durch ein vorgesetztes "-" (abfließender Verkehr) bzw. das Fehlen eines Vorzeichens (ankommender Verkehr) angegeben. Eine vollständige Messung dauert ca. 0,3 s. Durch Kontrollprüfungen wird sichergestellt, dass nur einwandfreie Messergebnisse zu einer Geschwindigkeitsanzeige führen. Ferner heißt es unter Punkt F 2.9:

"Bilden Messergebnisse die Grundlage für die Ahndung von Übertretungen von Geschwindigkeitsbegrenzungen, sind die Verkehrsfehlergrenzen des Laser -VKGM zu berücksichtigen.

Die Verkehrsfehlergrenzen betragen:

bei Messwerten bis 100 km/h: +/- 3 km/h, bei Messwerten über 100 km/h: +/- 3 % des Messwertes. Gemäß der Tatsache, dass die Anzeige eines Lasermessergebnisses auf ganze Km/h-Werte erfolgt, kann die bei einem über 100 km/h liegenden Wert Verkehrsfehlergrenze im Ausmaß von 3% jedoch nicht zu einem Ergebnis von Hundertstel Kilometer pro Stunde führen. Dies bedeutet, dass demnach nicht ein Wert von 3,72 km/h, sondern dieser auf vier Kilometer pro Stunde zu Gunsten des Berufungswerbers noch aufzurunden ist. Diese Sichtweise deckt sich auch mit dem Befehl des LGK f. Oö. vom 12. Februar 1998, GZ 4107/1-12/98, wonach laut der diesem Befehl angeschlossenen Tabelle einem Messwert von 124 km/h die Fahrgeschwindigkeit von 120 km/h zu Grunde zu legen ist. Diese Beurteilung scheint h. aus rechtsstaatlicher Perspektive insbesondere dadurch geboten, weil durch die Bindung der Administrativbehörde an den rechtskräftigen Schuldspruch im Verwaltungsstrafverfahren ein an sich nicht messbarer Wert von 28 hundertstel Km/h, durch die in diesem Wert gründenden Überschreitung der Fahrgeschwindigkeit um 'mehr' als 50 km/h, in Konsequenz auch den Entzug der Lenkberechtigung zur Folge hätte.

6.2. Nach § 44a VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat im Hinblick auf Ort und Zeit und die Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, sowie sämtliche Tatbestandsmerkmale zu enthalten (Z1 u. 2 leg.cit.). Diese Vorschrift dient vor allem dazu, dass ein Beschuldigter in die Lage versetzt wird sich bezogen auf den Tatvorwurf in jeder Richtung hin zu verteidigen und nicht der Gefahr ausgesetzt zu sein, durch eine Ungenauigkeit in der Umschreibung wegen des zur Last liegenden Tatverhaltens nochmals (in abgewandelter Form vorgeworfen) bestraft zu werden (s. Hauer/Leukauf, Handbuch des österr. Verwaltungsverfahrens, 5.Auflage, S 969 ff, mit Judikaturhinweisen).

Da hier, wie oben bereits ausgeführt, der Tatvorwurf sowohl örtlich als auch zeitlich in genauester realistisch denkbarer Weise vorgeworfen wurde, erweisen sich auch die diesbezüglich erhobenen Bedenken des Berufungswerbers als unzutreffend.

7. Bei der Strafzumessung ist gemäß §19 VStG Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der § 32 bis § 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.

7.1. Konkret sei hier zur Strafzumessung ausgeführt, dass eine Geschwindigkeitsüberschreitung um 50 km/h - objektiv besehen - eine erhebliche nachteilige Beeinträchtigung der Verkehrssicherheit herbeizuführen geeignet ist. Vor allem angesichts der eingeschränkten Gefahrensichtweite und dem ob der Bushaltestelle zu gewährtigenden Verkehr von an sich schon weniger gut sichtbaren Fußgängern kommt dieser Beurteilung eine zusätzliche Dimension zu. Beispielhaft erklärt sich dies dadurch, dass bei der vom Berufungswerber eingehaltenen Fahrgeschwindigkeit der Anhalteweg um ca. 72 Meter verlängert gewesen wäre. Während dieser bei Einhaltung der erlaubten Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h unter Zugrundelegung einer als bereits als stark zu bezeichnenden Bremsung (= 6,5 m/sek2, einer Sekunde Reaktionszeit und 0,2 Sekunden Bremsschwellzeit) 50,46 Meter betragen hätte, wäre dieser Weg bei der vom Berufungswerber unter diesen Bedingungen - bei Abzug der Verkehrsfehlergrenze von ~ 4 km/h - gefahrenen Geschwindigkeit bei über 122 Meter gelegen. Der Punkt bei der das Fahrzeug aus 70 km/h zum Stillstand gelangt wäre (nach 50,46 m), wäre vom Berufungswerber noch mit fast 110 km/h passiert worden (Berechnung mittels Analyzer Pro 4.0).

Unter diesem Aspekt muss diese Fahrweise zumindest als grob sorglos bezeichnet werden. Im Gegensatz zur Behörde erster Instanz berührt jedoch das Ausmaß der Geschwindigkeitsüberschreitung den objektiven Tatunwert, während die Inkaufnahme einer solchen Fahrgeschwindigkeit die Tatschuld als Ausfluss der inneren Einstellung begründet. Hinsichtlich Letzterer ist von der qualifizierten Schuldform des Vorsatzes auszugehen, weil hier die Annahme gerechtfertigt ist, dass dem Berufungswerber einerseits die Geschwindigkeitsbeschränkung bewusst war und bei dieser hohen Fahrgeschwindigkeit er sich andererseits auch dieses Faktums bewusst gewesen sein musste. Eine Fahrgeschwindigkeit von weit über 100 km/h auf einem relativ schmalen und untergeordneten Straßenzug wird wohl durchaus bewusst wahrgenommen. Sie kann daher nicht bloß als fahrlässig begangen qualifiziert werden.

Daher vermag die mit 4.000 S bemessene Geldstrafe durchaus innerhalb des gesetzlichen Ermessens und selbst angesichts des mit 11.000 S unter dem Durchschnitt liegenden Einkommens und dem mildernden Umstand der relativen Unbescholtenheit des Berufungswerbers nicht überhöht erachtet werden. Insbesondere sprechen Überlegungen der Generalprävention für eine strenge Bestrafung solcher Fehlverhalten im Straßenverkehr. Aus statistischer Tatsache erhöht dieses Fehlverhalten im Straßenverkehr das Unfallrisiko erheblich und bildet eine der Hauptursachen für viele schwere Verkehrsunfälle. Durch strenge Ahndung dieser krassen Fehlverhalten soll zu einer Verbreitung des Problembewusstseins und im Einzelfall zu einer erhöhten Neigung für ein diesbezügliches Wohlverhalten führen.

Auf den gesetzlichen Strafrahmen bis zu 10.000 S sei auch hier nochmals hingewiesen.

7.2. Die Verfahrenskosten sind gemäß der inhaltlichen Bestätigung des Schuld- und Strafausspruches gesetzlich begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht 181,68 €) zu entrichten.

Dr. B l e i e r

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