Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-106689/8/Sch/Rd

Linz, 02.02.2000

VwSen-106689/8/Sch/Rd Linz, am 2. Februar 2000

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Schön über die Berufung des Karl H vom 16. November 1999, vertreten durch die Rechtsanwälte, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 29. Oktober 1999, VerkR96-10893-1997/Mr, wegen Übertretungen der Straßenverkehrsordnung 1960, nach öffentlicher mündlicher Berufungsverhandlung am 1. Februar 2000 zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird hinsichtlich Faktum 1 stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis in diesem Punkt behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

Hinsichtlich Faktum 2 wird die Berufung abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, dass dieser Punkt wie folgt abgeändert bzw ergänzt wird:

"... im Gemeindegebiet von Pram auf der A8, Km 45,510, zwecks Feststellung des Atemalkoholgehaltes verweigerten".

Weiters entfällt die Zitierung des § 5 Abs.4 StVO 1960.

II. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskosten bezüglich des stattgebenden Teils der Berufung.

Der Berufungswerber hat 20 % der hinsichtlich Faktum 2 verhängten Geldstrafe, ds 2.000 S (entspricht 145,35 €), als Kostenbeitrag zum Berufungsverfahren zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51, 19 und § 45 Abs.1 Z2 VStG.

zu II.: §§ 64ff VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat mit Straferkenntnis vom 29. Oktober 1999, VerkR96-10893-1997/Mr, über Herrn Karl H, wegen der Verwaltungsübertretungen gemäß 1) § 4 Abs.1 lit.c StVO 1960 und 2) § 5 Abs.2 und § 5 Abs.4 StVO 1960 Geldstrafen von 1) 3.000 S und 2) 10.000 S sowie für den Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen von 1) fünf Tagen und 2) neun Tagen verhängt, weil er am 24. Mai 1997 um 21.42 Uhr im Gemeindegebiet von Pram auf der Innkreisautobahn A8 bei Kilometer 45,510 von der Anschlussstelle Ried/Innkreis in Richtung Wels den PKW mit dem Kennzeichen

gelenkt habe, wobei er

1) es unterlassen habe, nach einem Verkehrsunfall, mit dem sein Verhalten am Unfallort in ursächlichem Zusammenhang gestanden sei, an der Feststellung des Sachverhaltes mitzuwirken, weil er unmittelbar nach dem Verkehrsunfall den Unfallort verlassen habe und somit seine Fahrtauglichkeit nicht festgestellt werden konnte,

2) sich vermutlich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden habe und entgegen der von einem Straßenaufsichtsorgan an ihn gerichteten Aufforderung am 24. Mai 1997 um 22.00 Uhr im Gemeindegebiet von Pram auf der A8, ausgerüsteten Dienststelle zwecks Feststellung des Atemalkoholgehaltes verweigert habe.

Überdies wurde der Berufungswerber zu einem Kostenbeitrag zum Verfahren in der Höhe von insgesamt 1.300 S verpflichtet.

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Berufungswerber rechtzeitig Berufung erhoben. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht und die Berufung vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Folgendes erwogen:

Zum stattgebenden Teil der Berufung:

Die eingangs angeführte Berufungsverhandlung hat im Zusammenhang mit diesem Tatvorwurf bzw Sachverhalt ergeben, dass dem Berufungswerber von den erhebenden Gendarmeriebeamten an der Unfallstelle mitgeteilt wurde, dass er noch weiter für die Unfallaufnahme dort verbleiben müsse. Der Rechtsmittelwerber wollte aber nach Versorgung seiner schwerverletzten Beifahrerin durch ein Notarztteam diese unbedingt ins Krankenhaus begleiten und somit im Notarztwagen mitfahren. Letztlich wurde ihm dies aufgrund seines Drängens auch von den erhebenden Beamten ge- stattet. Allerdings wurde ihm aufgetragen, im Krankenhaus Ried/Innkreis auf die Gendarmeriebeamten zu warten, die dort in seinem Beisein noch weitere Erhebungen für das zu erwartende (Gerichts)Verfahren durchführen wollten. Diesem Ersuchen bzw Auftrag ist der Berufungswerber aber nicht nachgekommen, vielmehr hat er das Krankenhaus noch vor Eintreffen der Beamten verlassen.

Nach dem sich somit darlegenden Sachverhalt war es zwar der vorrangige Wille der erhebenden Beamten, dass der Berufungswerber noch an der Unfallstelle verbliebe; es wurde ihm aber doch gestattet, diese zur Begleitung seiner verletzten Beifahrerin im Notarztwagen zu verlassen. Offenkundig wurde es auch als ausreichend befunden, den Berufungswerber noch später im Spital weiter zu vernehmen.

Durch die - in der Folge noch zu behandelnde - Verweigerung der Alkomatuntersuchung durch den Berufungswerber geht, was noch dazu kommt, der entsprechende Tatvorwurf ins Leere, das Verlassen der Unfallstelle habe bewirkt, dass seine Fahrtauglichkeit nicht festgestellt werden konnte. Durch die vor Ort vorgesehen gewesene Alkomatuntersuchung wäre es aber gerade darum gegangen. Nach Verweigerung derselben wäre den erhebenden Beamten an der Unfallstelle keine weitere Möglichkeit gegeben gewesen, die Fahrtauglichkeit des Berufungswerbers zu beurteilen.

Aufgrund der hier vorliegenden Sachlage kann dem Berufungswerber das Verlassen der Unfallstelle - und nur um diesen Vorwurf kann es aufgrund der Formulierung im Strafbescheidspruch gehen - nicht als Verletzung der Mitwirkungspflicht im Sinne des § 4 Abs.1 lit.c StVO 1960 angelastet werden.

Zur Übertretung gemäß § 5 Abs.2 StVO 1960 (Faktum 2):

Der Berufungswerber verweist diesbezüglich darauf, dass er sich nach dem Unfall unter Schock bzw nicht zuletzt aufgrund der schwerstverletzten Beifahrerin, seiner Lebensgefährtin, in einer psychischen Ausnahmesituation befunden habe.

Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, vgl. etwa VwGH 11.12.1978, 23/78, kann ein sogenannter "Unfallschock" in besonders gelagerten Fällen und bei gravierenden psychischen Ausnahmesituationen das Unterlassen eines pflichtgemäßen Verhaltens entschuldigen. Einem dispositionsfähig gebliebenen Unfallbeteiligten ist trotz eines sogenannten "Unfallschrecks" in Verbindung mit einer begreiflichen affektiven Erschütterung pflichtgemäßes Verhalten zumutbar, weil von einem Kraftfahrer, welcher die Risken einer Teilnahme am Straßenverkehr auf sich nimmt, ein solches Maß an Charakter und Willensstärke zu verlangen ist, dass er den Schreck über den Unfall und die etwa drohenden Folgen zu überwinden vermag.

Der zeugenschaftlich einvernommene Meldungsleger hat anlässlich der Berufungsverhandlung glaubwürdig dargelegt, dass der Berufungswerber beim Eintreffen der Gendarmeriebeamten an der Unfallstelle sehr besorgt über den Zustand seiner Beifahrerin war und sich intensiv um sie kümmerte. Die dann aber geschilderte Amtshandlung lässt keine Anhaltspunkte erblicken, dass der Berufungswerber sich tatsächlich in einem Unfallschockzustand im relevanten Sinn befunden hätte. Der Meldungsleger war sich bei seiner Einvernahme sicher, dass der Rechtsmittelwerber auf ihn einen sehr ruhigen Eindruck gemacht und auch keinerlei Zweifel hervorgerufen habe, er hätte nicht mitbekommen, worum es bei der Amtshandlung ging. Der Meldungsleger hatte zudem auch den Eindruck, dass der Berufungswerber die an ihn gerichtete Aufforderung zur Alkomatuntersuchung mitbekommen hat. Dafür spricht neben den diesbezüglichen Angaben des Meldungslegers auch seine Schilderung, wonach der Berufungswerber nach der Aufforderung kurz überlegt habe, dann aber mit der Begründung die Untersuchung verweigert habe, dies sei seine Sache. Trotz entsprechender Hinweise auf die Rechtsfolgen einer Verweigerung ist der Berufungswerber dabei geblieben. Damit war die diesbezügliche Amtshandlung beendet.

Die Andeutungen des Berufungswerbers, er könnte "möglicherweise" aufgrund der Unfallfolgen eine entsprechende Alkomatuntersuchung nicht durchführen, können keine Rechtfertigung der Verweigerung der Untersuchung darstellen. Der Tatbestand der Verweigerung einer Alkomatuntersuchung ist objektiv bereits mit der entsprechenden Weigerung, sich der Atemluftprobe zu unterziehen, vollendet, weshalb eine bereits eingetretene Strafbarkeit des Verhaltens nachträglich weder durch den Beschuldigten selbst noch durch den Meldungsleger aufgehoben werden kann (VwGH 23.12.1983, 83/02/0136). Selbst wenn es also in der Folge im Krankenhaus noch zu einer entsprechenden Untersuchung des Berufungswerbers durch einen Amtsarzt gekommen wäre (was nicht der Fall war), hätte dies an der Strafbarkeit des Verhaltens des Berufungswerbers an der Unfallstelle nichts geändert.

Dazu kommt noch, dass der Berufungswerber durch den Unfall keine Verletzung davontrug, die eine klinische Untersuchung geboten hätte wegen Unmöglichkeit der Alkomatuntersuchung.

Es darf naturgemäß dem Berufungswerber nicht zum Nachteil gereichen, dass er selbst Gendarmeriebeamter ist und daher von ihm eine überdurchschnittliche Kenntnis der einschlägigen Rechtsvorschriften erwartet werden kann; andererseits spricht dieser Umstand - in Verbindung mit den Schilderungen des Meldungslegers - auch nicht für seine Angaben zum Sachverhalt.

Es ist daher zusammenfassend festzustellen, dass es dem Berufungswerber nicht gelungen ist, hinreichend darzulegen, dass ihm die Durchführung der Alkomatuntersuchung nicht möglich gewesen wäre bzw er nicht mitbekommen hätte, worum es bei der Amtshandlung diesbezüglich ging.

Zur Lenkereigenschaft des Berufungswerbers ist zu bemerken, dass alleine die Behauptung, er könne sich nicht mehr erinnern, wer denn das Fahrzeug gelenkt habe, bei der hier gegebenen Sachlage (Angaben des Berufungswerbers am Unfallort) nicht einmal ansatzweise geeignet ist, diese in Frage zu stellen. Dazu kommt auch noch der Umstand, dass ein solches Vorbringen als lebensfremd angesehen werden muss, wenn nämlich ein nach einem schweren Unfall unverletzt gebliebener Fahrzeuginsasse nach einem derartigen Ereignis nicht mehr wissen sollte, wer der Lenker war.

Die Abänderung des erstinstanzlichen Bescheidspruches zu Faktum 2 ist darin begründet, dass diesem zum einen ein sinnstörender Fehler anhaftet. Zum anderen hat die Berufungsverhandlung ergeben, dass die Alkomatuntersuchung gleich vor Ort, also nicht bei einer Dienststelle, vorgenommen hätte werden sollen, zumal die erhebenden Beamten im verwendeten Gendarmeriefahrzeug ein entsprechendes Gerät mitführten. Zu dieser Änderung war die Berufungsbehörde aufgrund einer fristgerechten Verfolgungshandlung hinsichtlich Tatort (Niederschrift vom 21. Juli 1997) berechtigt. Da das Verbringen des Berufungswerbers zu einer Dienststelle mit Alkomaten nicht von der Aufforderung umfasst war, hatte die entsprechende Passage im Bescheidspruch zu entfallen. Am strafwürdigen Verhalten des Berufungswerbers ändert dies aber nichts, da er ja die Alkomatuntersuchung generell verweigert hat, unabhängig vom vorgesehen gewesenen Untersuchungsort.

Zur Strafzumessung wird ausgeführt:

Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Übertretungen des § 5 StVO 1960, also die sogenannten "Alkoholdelikte", gehören zu den gravierendsten Verstößen gegen die straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften. Es kann als bekannt vorausgesetzt werden, dass es durch alkoholbeeinträchtigte Fahrzeuglenker immer wieder zu schweren Verkehrsunfällen kommt. Solche Lenker stellen daher häufig nicht nur eine abstrakte, sondern eine konkrete Gefährdung der Verkehrssicherheit dar.

Es besteht sohin ein beträchtliches öffentliches Interesse daran, umgehend feststellen zu können, ob sich ein Fahrzeuglenker tatsächlich in einem alkoholbeeinträchtigten Zustand befindet oder nicht. Diesem Beweissicherungszweck dient die Bestimmung des § 5 Abs.2 StVO 1960.

Die von der Erstbehörde verhängte Geldstrafe in der Höhe von 10.000 S hält diesen Erwägungen stand und kann nicht als überhöht angesehen werden. Das Nichtvorliegen von Erschwerungsgründen wurde hinreichend berücksichtigt, ebenso der Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit des Rechtsmittelwerbers.

Seine persönlichen Verhältnisse, insbesondere das monatliche Einkommen von ca. 19.000 S, lassen erwarten, dass er zur Bezahlung der Geldstrafe in der Lage sein wird; diesbezüglich wurde von ihm auch im Berufungsverfahren nichts Gegenteiliges vorgebracht.

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht 181,68 €) zu entrichten.

S c h ö n

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