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VwSen-106708/4/Kei/La

Linz, 06.12.2000

VwSen-106708/4/Kei/La Linz, am 6. Dezember 2000

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Keinberger über die Berufung der D K, vertreten durch den Rechtsanwalt Dr. P H, B 75/C/5, M, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 23. August 1999, Zl. VerkR96-9516-1999, und gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 7. Oktober 1999, Zl. VerkR96-9516-1999, zu Recht:

I. Der Berufung gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 7. Oktober 1999, Zl. VerkR96-9516-1999, wird mit der Maßgabe, dass der Spruch des angefochtenen Bescheides nachstehend berichtigt wird, keine Folge gegeben und die Berufung wird abgewiesen.

Statt "gegeben." wird gesetzt "gegeben und der Antrag wird abgewiesen."

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG, §§ 71 Abs.1 und 72 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG.

II. Der Berufung gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 23. August 1999, Zl. VerkR96-9516-1999, wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis wird sowohl hinsichtlich der Schuld als auch hinsichtlich der Strafe bestätigt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG, § 51 Abs.1 VStG.

III. Die Berufungswerberin hat als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens (Berufung gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 23. August 1999, Zl. VerkR96-9516-1999) 20 % der verhängten Strafe, das sind 900 S (entspricht 65,41 Euro), zu leisten.

Rechtsgrundlage:

§ 64 Abs.1 und 2 VStG.

Entscheidungsgründe:

1.1. Der Spruch des Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 23. August 1999, Zl. VerkR96-9516-1999, lautet (auszugsweise wörtliche Wiedergabe):

"Sie haben am 28.3.1999 um 14.50 Uhr den Pkw MD- auf der A in Richtung W gelenkt und haben im Gemeindegebiet von S a.A. bei km 237,900 die durch deutlich sichtbar aufgestellte Vorschriftszeichen 'Geschwindigkeitsbeschränkung' erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h um 62 km/h überschritten.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:

§ 52 a Ziffer 10a StVO.1960

Wegen dieser Verwaltungsübertretung(en) wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von Schilling / falls diese uneinbringlich Ersatzfreiheitsstrafe von / ist Freiheitsstrafe gemäß §

4500.-- / 144 Stunden / 99 Abs.3 lit.a StVO.1960

Weitere Verfügungen (z.B. Anrechnung der Vorhaft, Verfallsausspruch):

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

450.-- Schilling als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, d.s. 10 % der Strafe (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich 200 S angerechnet);

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher 4950.-- Schilling. Außerdem sind die Kosten des Strafvollzuges zu ersetzen (§ 54d VStG)."

1.2.1. Dagegen wurde mit Schreiben vom 9. September 1999 fristgerecht Berufung erhoben.

Die Berufungswerberin (Bw) brachte in dieser Berufung vor (auszugsweise wörtliche Wiedergabe):

"Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die oben genannte Rechtfertigung verwiesen und insbesondere auf die fehlende Baustellentätigkeit verwiesen.

Weiters wird ausgeführt, daß die Messtoleranz nicht zugunsten der Einschreiterin berücksichtigt wurde.

Die Behörde I. Instanz hat zwar grundsätzlich eine Gegenüberstellung der Erschwerungs- und Milderungsgründe vorgenommen, doch ist ihr in mehreren Punkten nicht beizupflichten. Zum einen liegen weitere Milderungsgründe vor, so insbesondere jener, daß es trotz Vollendung der Tat zu keinem Schaden gekommen ist.

Dem gegenüber ist festzuhalten, daß zwar grundsätzlich der Unrechtsgehalt von Geschwindigkeitsüberschreitungen nicht bagatellisiert werden soll, doch ist eine Geschwindigkeitsüberschreitung unterschiedlich zu beurteilen, ob sie auf einer engen Straße bzw. in gefährdeten Gebieten (Ortsgebiete, etc.) stattfindet oder aber auf einer breiten Autobahn, welche grundsätzlich für Hochgeschwindigkeiten konzipiert ist, und es sich um eine vorübergehende Geschwindigkeitsbeschränkung aufgrund einer Bautätigkeit handelt, welche Bautätigkeit zum Tatzeitpunkt noch dazu nicht durchgeführt wird.

Ganz abgesehen davon bestehen wie bereits dargelegt ganz erhebliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Platzierung der Baustellentafeln mangels zugrunde liegender Verordnung.

Es wird daher beantragt das Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen."

1.2.2. In der Stellungnahme vom 9. September 1999, die mit der Berufung gegen das in Punkt 1.2.1. angeführte Straferkenntnis vorgelegt wurde, brachte die Bw vor (auszugsweise wörtliche Wiedergabe):

"Ich habe die mir zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen, jedenfalls nicht in der mir zur Last gelegten Form begangen.

Ich bin zur genannten Tatzeit zwar schneller als 80 km/h gefahren, doch habe ich nach dem Tachometer meines Fahrzeuges eine Geschwindigkeit von etwa 120 km/h eingehalten.

Es handelte sich zum Zeitpunkt 28.03.1999, 14 Uhr 50 um eine Zeit, wo auf der A in Richtung W im Gemeindegebiet von S am A keinerlei Baustellentätigkeit war und die Baustellentafeln daher nicht zurecht gestanden sind. Die Geschwindigkeitsüberschreitung war daher nicht so groß wie im Straferkenntnis 'von 80 km/h um 62 km/h überschritten' angegeben."

1.3. Mit Schreiben vom 9. September 1999 wurde ein Antrag der D K auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gestellt.

In diesem Schreiben führt D K aus (auszugsweise wörtliche Wiedergabe):

"Dem Wiedereinsetzungsantrag liegt nachstehender Sachverhalt zugrunde:

Am 29.06.1999 suchte die Einschreiterin, Frau D K die Kanzlei des Ihre Familie ständig vertretenden RA Dr. P H auf. Anläßlich der durchgeführten Konferenz wurde vom Einschreitervertreter unter anderem verfügt, daß die Frist und der genannte Termin zur Stellungnahme bei der BH Vöcklabruck 28.07.1999 einzutragen ist.

In der Folge hat die seit 17.02.1997 als verläßliche Angestellte in der genannten RA-Kanzlei beschäftigte Mitarbeiterin, K P, geb. 10.04.1976 vergessen, den Termin einzutragen und wurde der Akt versehentlich abgelegt. Aufgrund der extrem überhöhten Arbeitsbelastung vor den Gerichtsferien fiel dieser Umstand nicht auf. Von diesem Versehen erlangte die Kanzlei des Einschreitervertreters Kenntnis durch die Zustellung des Straferkenntnisses an die Einschreiterin.

Die genannte Angestellte, Frau K P ist mit der selbständigen Eintragung der Termin und Fristen betraut und ist ihr ein derartiges Versehen noch nie unterlaufen.

Aus den oben angeführten Gründen ergibt sich, daß die Einschreiterin durch ein unvorhergesehenes und unabwendbares Ereignis und ohne ein ihr zur Last liegenden bzw. zuzurechnendes Verschulden oder lediglich aufgrund nur eines minderen Grades des Versehens nicht die Möglichkeit hatte, zu dem genannten Termin zu erscheinen bzw. bis zu diesem Zeitpunkt die Stellungnahme zu erstatten.

Es stellt daher die Einschreiterin den Antrag ihr die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung des Termins zur Stellungnahme bzw. der Frist zur Stellungnahme bis zu dem genannten Verhandlungstermin aufgrund der Aufforderung zur Rechtfertigung der BH Vöcklabruck v. 18.06.1999 Zahl VerkR96-9516-1999, zu bewilligen."

1.4. Der Spruch des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 7. Oktober 1999, Zl. VerkR96-9516-1999, lautet:

"Dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand eingebracht von Frau D K wird keine Folge gegeben.

Rechtsgrundlage: § 71 Abs.1 AVG 1991".

1.5. Dagegen wurde fristgerecht eine Berufung erhoben.

Die Bw brachte in dieser Berufung vor (auszugsweise wörtliche Wiedergabe):

"Der Bescheid wird im vollem Umfang angefochten. Als Berufungsgrund wird geltend gemacht:

Unrichtige rechtliche Beurteilungen.

Das Gesetz sieht einen 2-stufigen Instanzenzug im Erkenntnisverfahren vor. Durch die angefochtene Entscheidung wird die Einschreiterin in Ihrem Recht, Ihr Vorbringen vor zwei Instanzen erstatten zu können, verletzt.

Auch der Spruch des angefochtenen Bescheides ist nicht korrekt. Dem Spruch ist nicht eindeutig zu entnehmen, ob der Antrag, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen zurück- oder abgewiesen wird.

Es wird daher gestellt der Antrag den angefochtenen Bescheid ersatzlos zu beheben und die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung des Termins der Stellungnahme bzw der Frist zur Stellungnahme bis zu den genannten Verhandlungstermin aufgrund der Aufforderung zur Rechtfertigung der BH Vöcklabruck vom 16.06.1999 Zahl VerkR96-9516-1999, zu bewilligen."

2. Der Oö. Verwaltungssenat hat in den gegenständlichen Verwaltungsakt der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck Einsicht genommen.

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

3.1. Zur Berufung gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 7. Oktober 1999, Zl. VerkR96-9516-1999:

Es wird auf die im Folgenden wiedergegebenen Ausführungen aus Hauer/Leukauf, "Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens", 5. Auflage, Linde Verlag, S. 677, RN 43 und RN 44, hingewiesen.

In einer Rechtsanwaltskanzlei ist für die richtige Berechnung der jeweiligen RM-frist in einem bestimmten Fall stets der Anwalt und nicht etwa jener Kanzleiangestellte allein verantwortlich, der den Termin weisungsgemäß in den Kalender einträgt. Der Anwalt selbst hat die entsprechende Frist festzusetzen, ihre Vormerkung anzuordnen, sowie die richtige Eintragung im Kalender im Rahmen der gebotenen Aufsichtspflicht zu überwachen. Tut er dies nicht oder unterläuft ihm dabei ein Versehen, ohne daß er dartun kann, daß die Fristversäumnis auf einem ausgesprochen weisungswidrigen Verhalten der Kanzleiangestellten beruht und in seiner Person keinerlei Verschulden vorliegt, so trifft ihn ein Verschulden, welches sich gegen die von ihm vertretene Partei auswirkt (VwGH 16.9.1983 Slg 11140 A).

Der RA darf die Festsetzung von Fristen nicht völlig der Kanzleileiterin überlassen und sich lediglich auf stichprobenartige Kontrollen beschränken. Für die richtige Beachtung der RMfristen ist in einer Rechtsanwaltskanzlei stets der RA verantwortlich, denn er selbst hat die Fristen zu setzen, ihre Vormerkung anzuordnen sowie die richtige Eintragung im Kalender im Rahmen der gebotenen Aufsichtspflicht zu überwachen, und zwar auch dann wenn die Kanzleiangestellte überdurchschnittlich qualifiziert und deshalb mit der selbständigen Besorgung bestimmter Kanzleiarbeiten, so auch der Führung des Fristenvormerks, betraut worden ist und es bisher nicht zu Beanstandungen gekommen sein sollte. Die bloß stichprobenartige Überprüfung der Eintragungen ist nicht ausreichend (VwGH 27.1.1995, 94/17/0486, 26.7.1995, 95/20/0242 ua).

Der Vertreter der Bw hätte im gegenständlichen Zusammenhang eine Überwachung vornehmen müssen. Es wurde nicht die gebotene Sorgfalt an den Tag gelegt und es liegt ein Verschulden vor, das der Bw zugerechnet wird und es liegt nicht ein minderer Grad des Versehens vor. Es war spruchgemäß (Spruchpunkt I) zu entscheiden.

3.2. Zur Berufung gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 23. August 1999, Zl. VerkR96-9516-1999:

Der Sachverhalt, der in der als erwiesen angenommenen Tat des Spruches des gegenständlichen Straferkenntnisses (§ 44a Z1 VStG) angeführt ist, wurde durch den Oö. Verwaltungssenat als erwiesen angenommen aufgrund der Unterlagen des gegenständlichen Verwaltungsaktes.

Es ist im gegenständlichen Bereich eine Baustelle vorgelegen und es war dort eine Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h erlaubt. Eine diesbezügliche Verordnung, die ordnungsgemäß kundgemacht war, ist vorgelegen.

Der objektive Tatbestand des § 52a Z10a StVO 1960 wurde im gegenständlichen Zusammenhang verwirklicht.

Ein Schuldausschließungsgrund oder ein Rechtfertigungsgrund liegt nicht vor.

Das Verschulden der Bw wird als Fahrlässigkeit qualifiziert. Das Verschulden der Bw ist nicht geringfügig iSd § 21 Abs.1 erster Satz VStG. Da das Verschulden nicht geringfügig ist und somit eines der beiden in § 21 Abs.1 erster Satz VStG genannten Kriterien nicht erfüllt ist, konnte diese Bestimmung nicht angewendet und nicht von der Verhängung einer Strafe abgesehen werden.

Zur Strafbemessung:

Mildernd wird die Unbescholtenheit der Bw gewertet (§ 34 Abs.1 Z2 StGB iVm § 19 Abs.2 VStG). Ein weiterer Milderungsgrund liegt nicht vor. Ein Erschwerungsgrund liegt ebenfalls nicht vor.

Im Hinblick auf die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse der Bw wird von folgenden Grundlagen ausgegangen: Einkommen: 18.000 S pro Monat, Vermögen: keines, Sorgepflicht: keine.

Es lag im gegenständlichen Zusammenhang ein Gefährdungspotential vor. Der Unrechtsgehalt wird als beträchtlich gewertet.

Auf das Ausmaß des Verschuldens wird Bedacht genommen. Der Aspekt der Generalprävention wird berücksichtigt. Der Aspekt der Spezialprävention wird nicht berücksichtigt.

Die Verhängung einer Geldstrafe in der Höhe von 4.500 S ist insgesamt angemessen.

Die angedrohte Ersatzfreiheitsstrafe wurde durch die belangte Behörde zu niedrig festgesetzt. Ein Hinaufsetzen der angedrohten Ersatzfreiheitsstrafe ist dem Oö. Verwaltungssenat wegen dem Verbot der reformatio in peius verwehrt.

Aus den angeführten Gründen war die Berufung gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 23. August 1999, Zl. VerkR96-9516-1999, sowohl hinsichtlich der Schuld als auch hinsichtlich der Strafe abzuweisen.

Da in jeder Entscheidung des Oö. Verwaltungssenates, mit der ein Straferkenntnis bestätigt wird, ein Kostenbeitrag zum Strafverfahren auszusprechen ist, war der Betrag mit 20 % der verhängten Strafe, das sind 900 S, gemäß der im Spruch angegebenen Gesetzesstelle zu bemessen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht 181,68 €) zu entrichten.

Dr. Keinberger

Beachte:

Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgelehnt;

VwGH vom 22.02.2002, Zl.: 2001/02/0027-8

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