Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-106730/7/Br/Bk

Linz, 17.01.2000

VwSen-106730/7/Br/Bk Linz, am 17. Jänner 2000

DVR. 0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn H, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau vom 12. Oktober 1999, Zl. VerkR96-3985-1999-Shw, nach der am 12. Jänner 2000 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Recht:

I. Der Berufung wird in Punkt 2. keine Folge gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird in diesem Punkt mit der Maßgabe bestätigt, dass von einem Entzug der Lenkberechtigung der Gruppe A in der Zeit von 14.6.1999 bis 14.4.2000 auszugehen ist. Im Punkt 1. wird der Berufung Folge gegeben und das Straferkenntnis gemäß § 45 Abs.1 Z3 VStG eingestellt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl. Nr. 51, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 158/1998 - AVG iVm § 19, § 24, § 45 Abs.1 Z3, § 51 Abs.1 und § 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 164/1999 VStG.

II. Im Punkt 2. werden dem Berufungswerber zuzüglich zu den erstinstanzlichen Verfahrenskosten als Kosten für das Berufungsverfahren 2.000 S (entspricht  145,35 Euro) (20 % der verhängten Strafe) auferlegt. Hinsichtlich des Punktes 1. entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlage:

§ 64 Abs.1 und 2, § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Von der Bezirkshauptmannschaft Braunau wurden mit dem obbezeichneten Straferkenntnis über den Berufungswerber wegen zweimaliger Übertretung nach § 1 Abs.3 iVm § 37 Abs.1 und 4 Z1 Führerscheingesetz 1997 - FSG Geldstrafen von je 10.000 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen von je acht Tagen verhängt, weil er

1. am 15. Juli 1999 gegen ca. 05.00 Uhr das Motorrad, Kennzeichen , vom Haus A, auf öffentlichen Straßen bis zum Merkur M gelenkt habe, wobei er bei dieser Fahrt nicht im Besitz einer von der Behörde erteilten Lenkberechtigung der Klasse A gewesen sei, weil ihm diese von der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn mit Bescheid vom 2.6.1999, Zl.: VerkR21-216-1999/BR, auf die Dauer von zehn Monaten entzogen gewesen sei,

2. am 15. Juli 1999 um ca. 13.30 Uhr das Motorrad, Kennzeichen , vom M in , über die Simbacher Landesstraße L502 und auf der B148 bis zum Haus, gelenkt habe, wobei er bei dieser Fahrt nicht im Besitz einer von der Behörde erteilten Lenkberechtigung der Klasse A gewesen sei, weil ihm diese von der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn mit Bescheid vom 2.6.1999, Zl.: VerkR21-216-1999/BR, auf die Dauer von zehn Monaten entzogen gewesen sei.

1.2. Begründend stützte die Erstbehörde ihre Entscheidung auf die glaubwürdigen Angaben des im MR (gemeint wohl in motorisiertem) Verkehrsdienst stehenden Wahrnehmung des Meldungslegers. Der Berufungswerber habe sich zum Vorhalt des Beweisergebnisses, welches im Wege des Stadtamtes Mattighofen dem ag. Rechtsvertreters gewährt worden war, grundlos nicht geäußert, sodass folglich das Verfahren vor der Behörde erster Instanz gemäß § 45 Abs.2 VStG (iVm § 24 VStG) ohne seine weitere Anhörung durchzuführen gewesen sei.

2. In der dagegen fristgerecht durch seinen Rechtsvertreter erhobenen Berufung rügt der Berufungswerber im Ergebnis die Unzulässigkeit der Verhängung von zwei Strafen. Er erblickt in seinem Tatverhalten ein sogenanntes fortgesetztes Delikt, welches in der Gleichartigkeit der Begehungsform einen noch erkennbaren zeitlichen Zusammenhang und damit auf ein diesbezügliches Gesamtkonzept seines Verhaltens abstellte, sodass dieses Verhalten als Einheitstat zu beurteilen wären. Das Vorliegen einer Einheitstat vermeint der Berufungswerber im Gegensatz zur rechtlichen Beurteilung eines vergleichbaren Verhaltens im Falle einer sogenannten Zechtour, insbesondere im Umstand zu erblicken, dass er die Rückfahrt zum Arbeitsplatz bereits anlässlich der Hinfahrt beabsichtigt gehabt habe.

In seinem weiteren nicht näher ausgeführten Vorbringen scheint der Berufungswerber unter Hinweis auf die gesetzlich normierte Mindeststrafe von 10.000 S offenbar das Sachlichkeitsgebot und den Gleichbehandlungsgrundsatz ins Spiel bringen zu wollen. Er vermeint abschließend Gründe für die Anwendung des § 20 VStG zu erblicken, wonach eine Geldstrafe im Ausmaß von 7.000 S ausreichend sei. Die Notwendigkeit dieser Fahrt sei für ihn nicht vorhersehbar gewesen. Sie sei vor allem aus achtenswerten Gründen, nämlich zwecks Fahrt zu seinem Arbeitsplatz, welcher um diese Tageszeit für ihn anders nicht erreichbar gewesen wäre, getätigt worden.

Abschließend beantragt der Berufungswerber die bloße Verhängung einer einzigen Geldstrafe und unter Anwendung des § 20 VStG diese im Ausmaß von bloß 7.000 S.

3. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau hat den Verwaltungsakt vorgelegt. Somit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben. Dieser ist, da keine 10.000 S übersteigenden Geldstrafen verhängt worden sind, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zur Entscheidung berufen. Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung schien trotz des Umstandes, dass in der Berufung im Ergebnis nur die Beurteilung von Rechtsfragen aufgeworfen wurden, in Wahrung der gemäß Art. 6 EMRK intendierten Rechte, bedingt durch die Klärungsbedürftigkeit des Begehungsortes und der Tatzeit im Punkt 1. gesetzlich indiziert (§ 51e Abs1 VStG).

4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis aufgenommen durch Einsichtnahme in den von der Erstbehörde vorgelegten Verwaltungsakt. Anlässlich der öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung wurde der Meldungsleger GrInsp. S als Zeuge gehört. Der Berufungswerber und dessen Rechtsvertretung erschienen zur Berufungsverhandlung unentschuldigt nicht. Beigeschafft und Einsicht genommen wurde auch in den sogenannten Führerscheinentzugsakt der Bezirkshauptmannschaft Braunau, VerkR-21-216-1999/BR. Im Wege des Postbusliniendienstes Braunau wurde Auskunft über die Busverbindung in den frühen Morgenstunden von A nach B eingeholt.

4.1. Aus der Aktenlage und den zeugenschaftlichen Angaben des Zeugen GrInsp. S ergibt sich, dass der Berufungswerber durch einen anonymen Anrufer bei der Gendarmerie der Lenkereigenschaft an diesem Tag bezichtigt wurde. Der Meldungsleger, welcher damals als Motorradstreife unterwegs war, hielt bedingt durch diese Information vorerst auf der B148 Vorpass und begab sich folglich zur Wohnadresse des Berufungswerbers. Dort traf er wohl den Berufungswerber nicht mehr unmittelbar beim Lenken an, sondern konnte nur mehr das noch betriebswarme Motorrad vor dem Wohnhaus des Berufungswerbers abgestellt vorfinden. In der Folge konnte der Meldungsleger den Berufungswerber aus dem Haus holen und ihn folglich zu einem Eingeständnis der Fahrt von B nach A bringen. Vorerst meinte der Berufungswerber kurz noch es sei jemand anderer mit seinem Motorrad gefahren. Im Verlaufe der etwa zehn Minuten dauernden Amtshandlung räumte der Berufungswerber letztlich noch weitere fünf, zeitlich nicht bestimmbare bzw. nicht bestimmte Fahrten ein. Insbesondere aber erklärte er, dass er an diesem Tag 'gegen ca. 5.00 Uhr' von A nach B gefahren sei. Hinsichtlich der Fahrt 'gegen ca. 5.00 Uhr' wurde die Fahrtroute weder in der Anzeige noch im Verlaufe des Verfahrens näher präzisiert. Im Straferkenntnis wurde diese Fahrt folglich nur ganz allgemein dahingehend umschrieben, dass sie vom Wohnort bis zum Arbeitsplatz des Berufungswerbers auf "öffentlichen Straßen" stattgefunden hätte.

Im Punkt 2. des Straferkenntnisses wurde sie mit der Adresse seines Arbeitsplatzes, auf der B 148 bis zum Wohnort des Berufungswerbers als Fahrtbeginn und das Fahrtende mit ca. 13.30 Uhr umschrieben.

Der Meldungsleger legte mit seinen Ausführungen anlässlich der Berufungsverhandlung schlüssig nachvollziehbar und somit glaubwürdig dar, dass er in der vorhin dargestellten Form zu den Anzeigefakten gelangte. Dabei bemerkte er auch, dass sich der Berufungswerber bei der Amtshandlung sehr sachlich verhalten habe. Der Berufungswerber habe ihm auch die Umstände, die zur Fahrt zum Arbeitsplatz geführt haben, erklärt, indem an diesem Tag seine Schwester verhindert gewesen wäre, ihn nach B zur Arbeit zu bringen. Zur Tatörtlichkeit im Hinblick auf die Fahrt nach B vermeinte der Meldungsleger, dass der Berufungswerber gesagt habe, er hätte beide Strecken über die B 148 zurückgelegt.

Die Nachfrage beim Postbusbahnhof in B ergab, dass es mit einem öffentlichen Verkehrsmittel vor 07.00 Uhr früh nicht möglich ist von A nach B zu gelangen.

Da diese im Rahmen der Berufungsverhandlung erhobenen Fakten selbst vom Berufungswerber in seinem Berufungsschriftsatz nicht bestritten werden und auch nie bestritten wurden, bedarf es angesichts dieses Beweisergebnisses keiner ergänzenden Beweisaufnahme.

5. Rechtlich hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

Zur Vertagungsbitte und Säumigkeit an der Verhandlungsteilnahme sei vorgängig ausgeführt, dass sowohl der Berufungswerber als auch dessen Rechtsvertreter trotz des Hinweises auf § 51f Abs.2 VStG in den beidseitig persönlich zugegangenen Ladungen an der Berufungsverhandlung unentschuldigt nicht teilnahmen. Ebenfalls wurde in der Ladung der Hinweis aufgenommen, dass sich der Beschuldigte im Falle seines nicht persönlichen Erscheinens des Rechtes auf seine persönliche Anhörung begebe. Selbst die - entgegen der Darstellung gegenüber dem Verhandlungsleiter anlässlich der zwei Tage vor dem Verhandlungstermin vom Rechtsvertreter an das zuständige Mitglied des Oö. Verwaltungssenates telefonisch herangetragenen Vertagungsbitte - gegenüber dem Berufungswerber angeblich ausgesprochene "Empfehlung" wegen seiner persönlichen Verhinderung an der Verhandlung nicht teilzunehmen (siehe AV v. 12.1.2000, 12.30 Uhr), könnte seine Säumnis nicht entschuldigen, weil er sich auf Grund des Vertretungsverhältnisses Fehlleistungen seines Vertreters zurechnen lassen müsste (vgl. VwGH 26.5.1993, 93/03/0099). Aber auch die Verhinderung des Rechtsvertreters an der persönlichen Wahrnehmung des h. Verhandlungstermines ließ eine Vertagung nicht begründet erscheinen (hinw. auf VwGH vom 24. Februar 1993, Zl. 92/03/0264). Für eine Substitution wäre zu sorgen gewesen.

Aus welchem Grund die Empfehlung an den Mandanten auch zu seinem Nichterscheinen gegeben worden sein mag, kann dahingestellt bleiben.

5.2. § 37Abs.1 FSG (idF BGBl. I Nr. 134/1999) lautet:

Wer diesem Bundesgesetz, den auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen, Bescheiden oder sonstigen Anordnungen zuwiderhandelt, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist, sofern in den folgenden Absätzen nichts anderes bestimmt ist, mit einer Geldstrafe von 500 S bis zu 30.000 S, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit einer Ersatzfreiheitsstrafe bis zu sechs Wochen zu bestrafen.........

Eine Mindeststrafe von 10.000 S ist zu verhängen für das Lenken eines Kraftfahrzeuges, obwohl 1. die Lenkberechtigung entzogen wurde...... (Abs.4 leg.cit.).

Bei einer Verwaltungsübertretung nach Abs.3 Z2 und 3, nach Abs. 4, sowie nach § 37a finden die Bestimmungen der §§ 21 und 50 VStG, BGBl. Nr. 52/1991, keine Anwendung (Abs.5 leg.cit).

6. Der Berufungswerber hat jedoch ein Recht darauf, dass ihm jede einzelne als erwiesen angenommene Tat in unverwechselbarer Weise und hinreichend präzisiert vorgeworfen wird.

Diesbezüglich kommt dem Spruch des Straferkenntnisses wohl im Hinblick auf die in § 44a Z1 und Z2 VStG festgelegten Erfordernissen besondere Bedeutung zu. Der Beschuldigte hat nach der Rechtsprechung des VwGH ein Recht darauf, schon dem Spruch unzweifelhaft entnehmen zu können, welcher konkrete Tatbestand als erwiesen angenommen, worunter die Tat subsumiert, welche Strafe unter Anwendung welcher Bestimmung über ihn verhängt wurde, usw.

Die zentrale Frage, wie ein Spruch abgefasst sein muss, um der Bestimmung des § 44a VStG zu entsprechen, ergibt sich aus der hiezu entwickelten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes. Ein bedeutender Schritt zur Lösung der Problematik kann in dem Erkenntnis des VwGH v. 13.6.1984, Slg. 11466 A, gesehen werden, in dem dargelegt wurde, dass die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben ist, dass

1. die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und

2. die Identität der Tat (zB nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht.

Ferner ist es für die Befolgung der Vorschrift des § 44a Z1 VStG erforderlich, dass im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen ist, dass er

a) in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen und

b) der Spruch geeignet ist, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

Nach diesen, aber auch nur nach diesen Gesichtspunkten ist in jedem konkreten Fall insbesondere auch zu beurteilen, ob eine auf den Tatvorwurf bezogene Verfolgungshandlung und der Spruch des Straferkenntnisses enthaltene Identifizierung der Tat nach Ort und Zeit dem § 44a Z1 VStG genügt oder nicht genügt, mithin, ob die erfolgte Tatort- und Tatzeitangabe im konkreten Fall das Straferkenntnis als rechtmäßig oder rechtswidrig erscheinen lässt (siehe obzit. Judikat). Das an Tatort- und Tatzeitumschreibung zu stellende Erfordernis wird daher nicht nur von Delikt zu Delikt - siehe auch VwGH 14.12.1985, 85/02/0013 - sondern auch nach den jeweils gegebenen Begleitumständen in jedem einzelnen Fall verschiedenes, weil an den oben wiedergegebenen Rechtsschutzüberlegungen, zu messendes Erfordernis sein.

Der mit der Tatzeit "gegen ca. 5.00 Uhr" zur Last gelegte Tatvorwurf im Punkt 1. basiert auf keiner konkreten Wahrnehmung, sondern auf einem pauschalen Eingeständnis noch weiterer Fahrten des Berufungswerbers. Somit besteht hinsichtlich dieser - mangels einer konkretisierbaren Wahrnehmung - nicht mehr näher nachvollziehbaren Fahrtstrecke und der nicht enger eingrenzbaren Lenkzeit, die Möglichkeit einer nicht unterscheidbaren Doppelverfolgung und Einschränkung in den Verteidigungsmöglichkeiten. Es sind etwa mehrere Fahrtrouten möglich (über die Bundesstraße oder etwa über Mühlheim oder Mining), wodurch weitere - von diesem Tatvorwurf nicht unterscheidbare - Verfolgungen des Tatverhaltens gemäß dem Punkt 1. denkbar sein lässt, was den Berufungswerber in seinen konkreten Verteidigungsmöglichkeiten einschränken und ihn der Gefahr einer Doppelverfolgung aussetzen könnte (vgl. unter vielen VwGH 9.10.1996, 96/03/0255, sowie VwGH 11.11.1992, 92/02/0207). Im Falle eines Vorwurfes wegen Übertretung nach § 4 Abs.1 lit.c bzw. § 4 Abs.5 StVO wurde die Tatzeit bis auf die Minute genau zu umschreiben erachtet, um im Hinblick auf § 44a lit.a VStG (nunmehr Z1 VStG) so ausreichend qualifiziert zu werden, sodass der Beschuldigte in seinen Verteidigungsrechten nicht beeinträchtigt ist und die Gefahr der Doppelbestrafung nicht besteht (VwGH 29.8.1990, 90/02/0032 mit Hinweis Erk. (verst. Senat) 3.10.1985, 85/02/0053, VwSlg 11894 A/1985).

Dies war trotz des Fehlens eines diesbezüglichen Berufungsvorbringens und dem unentschuldigten Nichtteilnehmen an der Berufungsverhandlung von der Berufungsbehörde von Amts wegen wahrzunehmen.

Die dem Berufungswerber im Punkt 1. zur Last gelegte Fahrt ließ sich anlässlich der Berufungsverhandlung nicht mit hinreichender Sicherheit im Sinne der obigen Erfordernisse nachvollziehen bzw. rekonstruieren. Daher musste aus diesem Grund von deren Verfolgung Abstand genommen und letztlich wegen eingetretener Verfolgungsverjährung die Einstellung verfügt werden (§ 45 Abs.1 Z3 iVm § 31 Abs. 2 VStG).

6.1. Ausführungen zur Frage des aus der Sicht des Berufungswerbers vorliegenden tateinheitlichen Deliktes können im Lichte des vorher Ausgeführten auf sich bewenden. Als gänzlich verfehlt und unhaltbar muss jedoch eine offenbar vom Berufungswerber darzutun versuchte Rechtsansicht bezeichnet werden, die zum absurden Ergebnis führen würde, dass es bloß eines hinreichend umfangreichen Tatvorsatzes bedürfte, um quasi eine beliebige Anzahl von Einzeltaten, die in der Substanz eines engen zeitlichen Faktors entbehren könnten, als zusammenhängend und damit als einzige Tat qualifizierbar machen könnte (vgl. unter vielen VwGH 29. September 1992, Slg. Nr. 13713/A).

6.2. Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der § 32 bis § 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.

6.2.1. Das außerordentliche Strafmilderungsrecht kann gemäß § 20 VStG nur im Falle des beträchtlichen Überwiegens der Milderungsgründe oder wenn der Beschuldigte Jugendlicher ist, zur Anwendung gelangen (VwGH 31.7.1998, 96/02/0566). Von dieser Voraussetzung kann hier angesichts der bestehenden Vormerkungen (nach dem KFG und der StVO) nicht mehr ausgegangen werden. Aber auch die durchaus nachvollziehbare Zwangssituation, mangels eines öffentlichen Verkehrsmittels zum Arbeitsplatz gelangen zu können oder der Möglichkeit sich von Angehörigen zum Arbeitsplatz bringen zu lassen, vermag die Übertretung weder zu entschuldigen noch zu rechtfertigen, wenngleich dieser Umstand schuldmildernd zum Tragen kommt. Die Tatsache, dass der Berufungswerber nicht einschlägig vorbestraft ist, bildet keinen Milderungsgrund, vielmehr nur eine absolute Unbescholtenheit (vgl. Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage, S. 850, die unter E 68 zu § 19 VStG und die dort genannten Judikaturhinweise).

Bei den vom Berufungswerber eingangs in seinem Berufungsschriftsatz zitierten VwGH-Entscheidungen scheint es sich offenkundig um Fehlzitate zu handeln, mit welchen er jedenfalls gegenständlich die Anwendung des § 20 VStG nicht darzutun vermag.

Hier liegen mehrere, den Beschwerdeführer betreffende Vormerkungen wegen Verwaltungsübertretungen vor. Diese beziehen sich - wie aus dem Verwaltungsakt ersichtlich ist - insbesondere auf diverse Übertretungen des KFG und der StVO. Damit liegt hier eine einen Milderungsgrund darstellende Unbescholtenheit im Sinne der dargestellten Judikatur nicht vor.

Selbst eine plötzliche Erkrankung eines Kleinkindes als Tatmotiv für ein Fahren unter (erheblicher) Missachtung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit, lässt der Verwaltungsgerichtshof nicht als Entschuldigungs- sondern nur als Schuldmilderungsgrund gelten. Angesichts der hier verhängten Mindeststrafe kann der Behörde erster Instanz in Bezug auf die Strafzumessung keine unterlaufene Rechtswidrigkeit vorgeworfen werden.

Schließlich vermochte der Berufungswerber - was er wohl nicht konkret zum Ausdruck bringt, jedoch in seinen Ausführungen zumindest anklingen lässt - mit der hier zum Tragen kommenden gesetzlichen Mindeststrafe in der Höhe von 10.000 S in Verbindung mit dem Ausschluss des § 21 VStG nicht darzutun, dass er damit in verfassungsmäßig geschützten Rechten verletzt sein könnte. Der Gesetzgeber erachtete einerseits das Lenken eines Kraftfahrzeuges trotz Entzug der Lenkberechtigung als ein Delikt, das die Verkehrssicherheit besonders gefährdet, weshalb er die Mindeststrafe für dieses Delikt - zum Unterschied mit dem Mindeststrafsatz für das Lenken eines KFZ ohne je eine Lenkberechtigung besessen zu haben (nur) mit 5.000 S - mit 10.000 S vorsah (vgl. 714dBlgStenProtXXGP). Der Berufungswerber scheint ferner zu übersehen, dass dem Gesetzgeber innerhalb seines rechtspolitischen Gestaltungsspielraumes durchaus offen steht, sich in verschiedenen Sachgebieten für eigenständige Ordnungssysteme und somit auch in der Festsetzung von Mindeststrafen zu entscheiden (vgl. VfGH 24.6.1999, G427/97 mit Hinweis auf VfSlg.10043/1984).

Im Lichte dieser Ausführungen vermag daher der hier verhängten gesetzlichen Mindeststrafe nicht mit Erfolg entgegengetreten werden. Ebenso können die angedeuteten verfassungsrechtlichen Bedenken nicht überzeugen, sodass sich der erkennende Verwaltungssenat auch in diesem Fall nicht veranlasst sieht, diesbezüglich an den Verfassungsgerichtshof heranzutreten.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht 181,68 €) zu entrichten.

Dr. B l e i e r

Beschlagwortung:

fortgesetztes Delikt, Fortsetzungszusammenhang

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