Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-106731/5/Le/La

Linz, 08.02.2000

VwSen-106731/5/Le/La Linz, am 8. Februar 2000

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Leitgeb über die Berufung des Stefan F, S, S, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 26.11.1999, Zl. VerkR96-9575-1999, wegen Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960 zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straf-erkenntnis vollinhaltlich bestätigt.

II. Der Berufungswerber hat einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in Höhe von 500 S (entspricht 36,34 €) zu entrichten.

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl.Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 19, 51 Abs.1, 51c und 51e Abs.3 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, BGBl.Nr. 52/1991 idgF.

Zu II.: § 64 Abs.1 und Abs.2 VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 26.11.1999 wurde über den nunmehrigen Berufungswerber wegen Übertretung des § 52 lit.a Z10a Straßenverkehrsordnung 1960 (im Folgenden kurz: StVO) eine Geldstrafe in Höhe von 2.500 S (Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 84 Stunden) verhängt; gleichzeitig wurde er zum Ersatz der Verfahrenskosten in Höhe von 10 % der verhängten Strafe verpflichtet.

Im Einzelnen wurde ihm vorgeworfen, er habe am 28.3.1999 um 10.59 Uhr den PKW Sauf der W in Fahrtrichtung W gelenkt, wobei er im Gemeindegebiet von S bei Km 237,900 die durch Vorschriftszeichen erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h um 46 km/h überschritten habe.

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung vom 4.12.1999, mit der beantragt wird, das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

Zur Begründung führte der Berufungswerber aus, dass der geschilderte Sachverhalt eine Ausnahmesituation darstelle und er sonst immer rechtsverbunden sei. Für ihn wäre das möglichst schnelle Erreichen des nächsten Parkplatzes erforderlich erschienen, weil seine Tochter plötzlich starke Krämpfe bekommen und um sofortiges Anhalten gebeten hätte. Durch die Verkehrslage und die guten Sichtverhältnisse und die übersichtliche Baustelle wäre niemand gefährdet gewesen. Er bittet daher um ein Absehen von der Strafe, da für ihn dieses Handeln erforderlich erschienen wäre. Die Strafe würde ihn durch die Unterhaltspflicht für fünf Personen stark belasten.

3. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat die Berufung und den zu Grunde liegenden Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt; eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen.

Da aus dem vorgelegten Verwaltungsakt ein für die spruchgemäße Entscheidung ausreichend ermittelter Sachverhalt hervorgeht, konnte von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Im Verwaltungsstrafverfahren steht den Parteien gemäß § 51 Abs.1 VStG das Recht der Berufung an den unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat.

Daraus ergibt sich die Zuständigkeit des Oö. Verwaltungssenates.

4.2. Der Berufungswerber hat die Verwaltungsübertretung an sich nicht in Abrede gestellt, er meinte jedoch, es treffe ihn daran kein Verschulden, weil seine Tochter "plötzlich wieder starken Durchfall" (siehe Einspruch) bzw "plötzlich starke Krämpfe" (siehe Berufung) bekommen hätte. Im Einspruch hatte der Berufungswerber auch darauf hingewiesen, dass die Tochter wegen des starken Durchfalls von der Schule fernbleiben musste.

Der Berufungswerber reklamiert damit Notstand iSd § 6 VStG und glaubt, damit seine Geschwindigkeitsübertretung entschuldigen zu können.

§ 6 VStG bestimmt dazu Folgendes:

"Eine Tat ist nicht strafbar, wenn sie durch Notstand entschuldigt oder, obgleich sie dem Tatbestand einer Verwaltungsübertretung entspricht, vom Gesetz geboten oder erlaubt ist."

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kann unter "Notstand" nur ein Fall der Kollision von Pflichten und Rechten verstanden werden, indem jemand sich oder einen anderen aus schwerer oder unmittelbarer Gefahr einzig und allein dadurch retten kann, dass er eine im Allgemeinen strafbare Handlung begeht; es muss sich um eine unmittelbar drohende Gefahr für das Leben, die Freiheit oder das Vermögen handeln; dies trifft aber selbst bei Annahme einer wirtschaftlichen Schädigung, sofern sie die Lebensmöglichkeit nicht unmittelbar bedroht, nicht zu (siehe etwa dazu VwGH vom 11.4.1986, 86/18/0051, 0052).

Im vorliegenden Fall lag keine unmittelbar drohende Gefahr für das Leben, die Freiheit oder das Vermögen des Berufungswerbers oder seiner Familie vor.

Überdies kann Notstand dann nicht zu Gute kommen, wenn sich der Beschuldigte aus eigenem Verschulden in eine Zwangslage gebracht hat (VwGH vom 30.6.1993, 93/02/0066).

Dadurch, dass der Berufungswerber seine Tochter trotz des ihm schon vorher bekannten schlechten Gesundheitszustandes (die Tochter musste nach eigener Aussage deshalb von der Schule fernbleiben) dennoch auf diese Autofahrt mitgenommen hat, hat er sich selbst in die (vermeintliche) Notlage gebracht, weshalb die Annahme von Notstand als Schuldausschließungsgrund ausscheidet.

4.3. Es war nun zu prüfen, ob dieser Umstand bei der Strafbemessung zu berücksichtigen war.

Voranzuschicken ist, dass die Erstbehörde bereits auf die geschilderten außergewöhnlichen Umstände Bedacht genommen hat und auch die bisherige Unbescholtenheit als mildernd berücksichtigt hat. Daher hat sie die Strafe in einem Ausmaß von 25 % der gesetzlich vorgesehen Höchststrafe festgesetzt.

Als erschwerend wurde das Ausmaß der Geschwindigkeitsüberschreitung von immerhin 46 km/h gewertet.

Diese Strafbemessung erfolgte unter Berücksichtigung der Strafzumessungsgründe des § 19 VStG, weshalb trotz der vom Berufungswerber geltend gemachten Berufungsgründe eine weitere Herabsetzung der Strafe schon aus general- und spezialpräventiven Gründen nicht mehr in Betracht kam. Immerhin betrug das Ausmaß der Geschwindigkeitsüberschreitung 46 km/h; bei einer Geschwindigkeitsübertretung von lediglich 4 km/h mehr wäre dem Berufungswerber bereits die Lenkberechtigung zu entziehen gewesen.

Es konnte daher die verhängte Strafe nicht herabgesetzt werden, sondern war spruchgemäß zu entscheiden.

Zu II.:

Gemäß § 64 Abs.1 und 2 VStG ist in jeder Entscheidung eines unabhängigen Verwaltungssenates, mit der ein Straferkenntnis bestätigt wird, auszusprechen, dass der Bestrafte einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu leisten hat, der mit weiteren 20 % der verhängten Strafe zu bemessen ist. Da eine Geldstrafe in Höhe von 2.500 S verhängt wurde, beträgt der Verfahrenskostenbeitrag für das Berufungsverfahren 500 S.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht 181,68 €) zu entrichten.

Dr. Leitgeb

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