Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-106733/7/Ki/Ka

Linz, 20.01.2000

VwSen-106733/7/Ki/Ka Linz, am 20. Jänner 2000 DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufung des Z, vom 30.11.1999, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 4.11.1999, VerkR96-2028-1999, wegen Übertretungen der StVO 1960 bzw des KFG 1967, zu Recht erkannt:

  1. Hinsichtlich Faktum 1 wird die Berufung als unbegründet abgewiesen, diesbezüglich wird das angefochtene Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt.
  2. Hinsichtlich Faktum 2 wird der Berufung Folge gegeben, diesbezüglich wird

    das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren eingestellt.

  3. Bezüglich Faktum 1 hat der Berufungswerber zusätzlich zu den Verfahrenskosten erster Instanz, als Kosten für das Berufungsverfahren einen Beitrag von 100,00 Schilling (entspricht 7,27 Euro), ds 20 % der verhängten Geldstrafe, zu entrichten.

Bezüglich Faktum 2 entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlage:

zu  I: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 19, 24, 45 Abs.1 Z3 und 51 VStG

zu II: §§ 66 Abs.1 und 2 bzw 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

I.1. Die Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen hat mit Straferkenntnis vom 4.11.1999, VerkR96-2028-1999, den Berufungswerber (Bw) für schuldig befunden, er habe am 8.3.1999 gegen 03.00 Uhr im Stadtgebiet Linz, Langgasse, zwischen Gesellenhausstraße und Herrenstraße, Fahrtrichtung Herrenstraße, den PKW,

1.) entgegen dem Verbotszeichen "Fahrverbot in beiden Richtungen" gelenkt,

2.) und habe als Lenker des oa. Kraftfahrzeuges mit diesem beim Wegfahren mehr Lärm verursacht als bei ordnungsgemäßem Zustand und sachgemäßem Betrieb des Fahrzeuges unvermeidbar war.

Er habe dadurch

1.) § 52 lit.a Z1 iVm § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 und

2.) § 102 Abs.4 iVm § 134 Abs.1 KFG 1967 verletzt.

Bezüglich Faktum 1 wurde gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 eine Geldstrafe in Höhe von 500 S (EFS 15 Stunden) und bezüglich Faktum 2 gemäß § 134 Abs.1 KFG 1967 eine Geldstrafe von 800 S (EFS 24 Stunden) verhängt. Außerdem wurde er gemäß § 64 VStG zur Leistung eines Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von insgesamt 130 S (jeweils 10 % der verhängten Geldstrafen) verpflichtet.

In der Begründung des Straferkenntnisses verweist die Erstbehörde darauf, dass der im Spruch angeführte Sachverhalt aufgrund der Anzeige der Bundespolizeidirektion Linz vom 13.3.1999, der Aussagen der Zeugen Gr.Insp. N und Rev.Insp. H, der Einsicht in die Verordnung des Magistrates der Landeshauptstadt Linz vom 25.4.1993, des durchgeführten Ermittlungsverfahrens sowie aufgrund der eigenen Angaben des Beschuldigten als erwiesen anzusehen ist.

Es sei unbestritten, dass der Beschuldigte am 8.3.1999 gegen 03.00 Uhr sein Kraftfahrzeug in der Langgasse, zwischen Gesellenhausstraße und Herrenstraße, Fahrtrichtung Herrenstraße, gelenkt habe. Durch den Einwand, dass er bereits öfter auf dieser Straße gefahren wäre und dass das Polizeiauto in derselben Richtung gestanden wäre, habe er der Behörde nicht glaubhaft machen können, dass es ihm zum Tatzeitpunkt erlaubt gewesen wäre (Anliegeverkehr), ein Kraftfahrzeug trotz bestehendem Fahrverbotes zu lenken. Die Behörde glaube den schlüssigen und lebensnahen Angaben der Meldungsleger, welche angaben, dass das Fahrverbot deutlich sichtbar angebracht war.

Bezüglich Strafbemessung legte die Erstbehörde dar, dass sie von einem monatlichen Nettoeinkommen von S 12.500,--, keinem Vermögen und der Sorgepflicht für ein Kind ausgehe. Strafmildernd sei kein Umstand zu werten, straferschwerend hätten mehrere verschiedene Verwaltungsvormerkungen gewertet werden müssen.

Das Straferkenntnis wurde laut im Akt aufliegenden RSb-Abschnitt ab 9.11.1999 beim Postamt 4673 Gaspoltshofen zur Abholung bereit gehalten.

I.2. Der Rechtsmittelwerber erhob gegen dieses Straferkenntnis mit Schreiben vom 30.11.1999 Berufung. Im Wesentlichen argumentiert er hinsichtlich Faktum 1 dahingehend, dass er keine Fahrverbotstafel gesehen hätte. Hinsichtlich Faktum 2 bestreitet er den vorgeworfenen Sachverhalt. Bezüglich Strafbemessung vertritt er die Auffassung, dass diese zu hoch sei und auch die Bemessung der Ersatzfreiheitsstrafe nicht zeitgerecht sein könne.

I.3. Die Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen hat die Berufung samt Verfahrensakt dem Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt und dessen Zuständigkeit ausgelöst. Dieser hatte, da weder primäre Freiheitsstrafen noch 10.000 S übersteigende Geldstrafen verhängt wurden, durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

I.4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt.

Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung wurde abgesehen, weil im angefochtenen Bescheid keine jeweils 3.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde und keine Partei die Durchführung einer Verhandlung beantragt hat (§ 51e Abs.3 Z3 VStG).

I.5. Nach Durchführung des Ermittlungsverfahrens ergibt sich nachstehender entscheidungsrelevanter Sachverhalt:

Der Bw befuhr am 8.3.1999 gegen 03.00 Uhr mit dem im Spruch des Straferkenntnisses näher bezeichneten PKW im Stadtgebiet von Linz, die Langgasse, und zwar im Bereich zwischen Gesellenhausstraße und Herrenstraße. Für diesen Bereich der Langgasse war zum Tatzeitpunkt ein Fahrverbot in beiden Richtungen mit der Zusatztafel "von 19.00 Uhr bis 06.00 Uhr ausgenommen Anlieger und Radfahrer" angebracht bzw verordnet.

Der Bw wurde von den Meldungslegern angehalten, er hat jedoch die Bezahlung eines Organmandates abgelehnt. Laut Anzeige hat er nach Abschluss der Amtshandlung sein Fahrzeug gestartet und Vollgas gegeben, wobei übermäßiger Lärm erzeugt wurde. Danach habe er beim Einbiegen in die Herrenstraße derart viel Gas gegeben, dass sich die Antriebsräder am nassen Asphalt durchdrehten und abermals übermäßigen Lärm verursachten.

Bereits im erstinstanzlichen Verfahren wurden die beiden Meldungsleger als Zeugen einvernommen, beide führten aus, dass zum Vorfallszeitpunkt das gegenständliche Verkehrszeichen deutlich sichtbar angebracht bzw deutlich aufgestellt war.

Die Berufungsbehörde hat zunächst Erhebungen hinsichtlich der Rechtzeitigkeit der Berufung angestellt, zumal das angefochtene Straferkenntnis bereits am 9. November zur Abholung bereit gehalten wurde und somit grundsätzlich die zweiwöchige Berufungsfrist am 23.11.1999 geendet hätte. Auf Vorhalt erklärte der Bw jedoch, dass es ihm aus beruflichen Gründen nicht möglich gewesen sei, das Straferkenntnis sofort zu beheben. Er sei von Beruf Fernfahrer, vom 9.11.1999 bis 17.11.1999 sei er nicht in Österreich sondern in England und Frankreich gewesen. Zum Beweis dafür legte er Kopien der Belege von der Fähre bei.

I.6. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes hat wie folgt erwogen:

I.6.1. Was die Rechtzeitigkeit der Berufung anbelangt, so konnte der Beschuldigte der Berufungsbehörde glaubhaft machen, dass er zum Zeitpunkt der Hinterlegung nicht ortsanwesend war. Diese Ortsabwesenheit bewirkte, dass die beim Postamt Gaspoltshofen hinterlegte Sendung (Straferkenntnis) nicht mit dem Zeitpunkt der Hinterlegung als zugestellt gilt. In Anbetracht des Umstandes, dass der Bw, wie er glaubhaft machen konnte, bis 17.11.1999 ortsabwesend war, ist die am 30.11.1999 erhobene Berufung als rechtzeitig anzusehen.

I.6.2. Gemäß der Verordnung des Magistrates Linz (Bezirksverwaltungsamt) vom 25.4.1993, GZ.101-5/19, Ziffer 3 ist im Bereich Langgasse von der Gesellenhausstraße Richtung Westen in der Zeit von 19.00 Uhr bis 06.00 Uhr das Fahren in beiden Richtung verboten (§ 52 lit.aZ1 StVO 1960). Ausgenommen sind der Anliegeverkehr und Radfahrer.

Wie die beiden Meldungsleger bei ihrer zeugenschaftlichen Einvernahme ausgesagt haben, war das entsprechende Verkehrszeichen deutlich sichtbar angebracht. Es bestehen diesbezüglich auch seitens der erkennenden Berufungsbehörde keine Bedenken, den Aussagen der Meldungsleger Glauben zu schenken, ist doch zu berücksichtigen, dass diese als Zeugen zur Wahrheit verpflichtet waren. Es mag durchaus zutreffen, dass der Bw als offensichtlich ortsfremde Person das Verkehrszeichen nicht gesehen hat. Von einem ausgebildeten und objektiv sorgfältigen Kraftwagenlenker ist jedoch zu erwarten, dass er die maßgeblichen Verkehrszeichen wahrnimmt. Es kann dahingestellt bleiben, ob zu einem späteren Zeitpunkt das Verkehrszeichen entsprechend geändert wurde, damit eine noch bessere Erkennbarkeit gegeben ist, Tatsache bleibt nämlich, dass das gegenständliche Verkehrszeichen auch zum vorgeworfenen Tatzeitpunkt den gesetzlichen Kriterien entsprochen hat. Aus diesem Grunde muss das Nichterkennen des Verkehrszeichens dem Bw jedenfalls als fahrlässiges Verhalten angelastet werden. Dass im gegenständlichen Falle ein Anliegeverkehr gegeben gewesen wäre, wurde vom Bw nicht behauptet.

Der unter Faktum 1 vorgeworfene Tatvorwurf wird daher auch seitens der Berufungsbehörde als erwiesen angesehen. Gründe, welche den Beschuldigten in subjektiver Hinsicht (§ 5 VStG) entlasten könnten, wurden nicht behauptet bzw sind solche im Verfahren nicht hervorgekommen.

Was die Strafbemessung anbelangt, so vertritt die erkennende Berufungsbehörde die Auffassung, dass bei dem vorgesehenen Strafrahmen (Geldstrafe bis zu 10.000 S) ohnedies die bloße Ordnungswidrigkeit des Verhaltens berücksichtigt wurde. Zwar ist festzustellen, dass das Vorliegen von vorgemerkten Verwaltungsübertretungen nicht schlechthin einen Straferschwerungsgrund darstellt, jedenfalls kommt durch diesen Umstand, wie im Straferkenntnis zu Recht begründet wurde, ein Strafmilderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit nicht zum Tragen.

Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Bw wurden von der Erstbehörde bereits berücksichtigt.

Festgestellt wird, dass bei der Festlegung des Strafausmaßes auch generalpräventive Überlegungen mit einzubeziehen sind, bzw dass im vorliegenden konkreten Falle in Anbetracht der Uneinsichtigkeit des Bw auch aus spezialpräventiven Gründen eine Herabsetzung der festgelegten Strafe nicht vertretbar ist. Wie in der Begründung des Straferkenntnisses zu Recht ausgeführt wurde, ist nämlich eine entsprechende Bestrafung auch nötig, um den Beschuldigten in Hinkunft von der Begehung derartiger Übertretungen abzuhalten.

Zusammenfassend wird daher in diesem Punkt festgestellt, dass der Beschuldigte weder hinsichtlich des Schuldspruches noch hinsichtlich der Strafbemessung in seinen Rechten verletzt wurde, weshalb in diesem Punkt die Berufung als unbegründet abzuweisen war.

I.6.3. Gemäß § 102 Abs.4 KFG 1967 darf der Lenker mit dem von ihm gelenkten Kraftfahrzeug nicht ungebührlichen Lärm verursachen.

Gemäß § 44a Z1 VStG hat der Spruch (eines Straferkenntnisses), wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Dieser Vorschrift ist dann entsprochen, wenn dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Beschreibung vorgeworfen ist, dass er in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen bzw sich rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden. Demnach ist die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, dass die vorgeworfene Tat in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale exakt beschrieben wird und die Identität der Tat auch nach Ort und Zeit unverwechselbar feststeht.

Um den Kriterien des § 44a Z1 VStG zu entsprechen, genügt es nicht, vorzuwerfen, dass mit dem Fahrzeug mehr Lärm verursacht wurde, als bei ordnungsgemäßem Zustand und sachgemäßem Betrieb des Fahrzeuges unvermeidbar war. Damit der Beschuldigte in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten bzw sich rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen werden, ist es unabdingbar, das strafbegründende Verhalten entsprechend zu konkretisieren. In diesem Sinne hat auch der Verwaltungsgerichthof ausgesprochen, dass eine die Verjährung unterbrechende Verfolgungshandlung bei einer Übertretung nach § 102 Abs.4 KFG näher zu umschreiben hat, durch welches Verhalten (Handeln oder Unterlassen) der KFZ-Lenker mit seinem Fahrzeug im Sinne des § 102 Abs.4 KFG mehr Lärm verursacht habe, als bei ordnungsgemäßem Zustand und nach sachgemäßem Betrieb des Fahrzeuges unvermeidbar gewesen wäre (VwGH 21.12.1988, 85/18/0120). Eine entsprechende Tatkonkretisierung wurde jedoch im vorliegenden Straferkenntnis nicht vorgenommen und es wurde, wie aus dem Verfahrensakt ersichtlich ist, auch keine entsprechende Verfolgungshandlung innerhalb der sechs monatigen Verfolgungsverjährungsfrist (§ 31 Abs.2 VStG) gesetzt. Der Berufungsbehörde ist es verwehrt, nach Ablauf der genannten Verfolgungsverjährungsfrist erstmals im Spruch der Berufungsentscheidung den Tatvorwurf entsprechend zu ergänzen.

Nachdem hinsichtlich Faktum 2, wie dargelegt wurde, Umstände vorliegen, die diesbezüglich eine Verfolgung des Beschuldigten ausschließen, war in diesem Punkt der Berufung Folge zu geben.

II. Der Kostenausspruch stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500,00 Schilling (entspricht  181,68 Euro) zu entrichten.

Mag. K i s c h

Beschlagwortung:

§ 102 Abs.4 KFG 1967: Das strafbegründende Verhalten ist exakt zu konkretisieren um dem Gebot des § 44a Z1 VStG zu entsprechen.

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