Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-106741/2/Le/La

Linz, 08.02.2000

VwSen-106741/2/Le/La Linz, am 8. Februar 2000

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Leitgeb über die Berufung des Friedrich F, P, T, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 25.11.1999, Zl. VerkR96-10478-1998, wegen Übertretung des Führerscheingesetzes zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl.Nr. 51/1991 idgF, iVm §§ 24, 44a Z1, 45 Abs.1 Z1, 51 Abs.1, 51c und 51e Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, BGBl.Nr. 52 idgF.

Zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 25.11.1999 wurde über den nunmehrigen Berufungswerber wegen Übertretung des § 1 Abs.3 iVm § 37 Abs.3 Z1 Führerscheingesetz (im Folgenden kurz: FSG) eine Geldstrafe in Höhe von 5.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 144 Stunden) verhängt; gleichzeitig wurde er zum Ersatz der Verfahrenskosten in Höhe von 10 % der verhängten Strafe verpflichtet.

Im Einzelnen wurde ihm vorgeworfen, er habe am 11.6.1998 gegen 14.13 Uhr den Kraftwagenzug (Kombi VB und Anhängewagen WZ) auf der M im Gemeindegebiet von U auf Höhe des Km 28,000 in Fahrtrichtung F gelenkt, obwohl er nicht im Besitz einer von der Behörde erteilten gültigen Lenkberechtigung der Klasse E gewesen sei.

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung vom 14.12.1999, mit der schlüssig beantragt wird, das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

Zur Begründung führte der Berufungswerber aus, dass das Fahrzeug (gemeint: der Anhänger) nicht überladen war und drei Zulassungen hätte. Er wäre mit der Zulassung von 1.200 kg gefahren. Zum Zeitpunkt der damaligen Kontrolle hätte er einen BMW geladen gehabt, an dem aber wesentliche Teile fehlten (zB alle Sitze außer Fahrersitz, Getriebe, Differenzial, Windschutzscheibe und ca zwei weitere Scheiben, Verkleidungen, Teile des Motors). Sein Lenken wäre damals erlaubt gewesen und er hätte die zulässigen Gewichte nicht überschritten.

Zum Beweis dafür legte er eine Kopie des Typenscheins vor, aus dem hervorgeht, dass für diesen Anhängewagen drei höchstzulässige Gesamtgewichte, und zwar 1.060 kg, 1.200 kg und 1.600 kg typisiert sind.

3. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat die Berufung und den zu Grunde liegenden Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt; eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen.

4. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Im Verwaltungsstrafverfahren steht den Parteien gemäß § 51 Abs.1 VStG das Recht der Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat.

Daraus ergibt sich die Zuständigkeit des Oö. Verwaltungssenates.

Die Unabhängigen Verwaltungssenate entscheiden gemäß § 51c VStG über Berufungen durch Kammern, die aus drei Mitgliedern bestehen, wenn aber im angefochtenen Bescheid weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch eines ihrer Mitglieder.

Da im vorliegenden Verfahren der Berufungswerber mit einer Geldstrafe in Höhe von 5.000 S bestraft wurde, war zur Durchführung des Verfahrens das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied berufen.

4.2. Gemäß § 44a Z1 VStG hat der Spruch, wenn er nicht auf Einstellung lautet, zu enthalten:

1. die als erwiesen angenommene Tat; ...

Nach Lehre und Judikatur kommt dem Spruch des Straferkenntnisses besondere Bedeutung zu: Der Beschuldigte hat ein Recht darauf, schon dem Spruch unzweifelhaft entnehmen zu können, welcher konkrete Tatbestand als erwiesen angenommen, worunter die Tat subsumiert, welche Strafe unter Anwendung welcher Bestimmung über ihn verhängt wurde usw.

Der Vorschrift des § 44a Z1 VStG ist (nur) dann entsprochen, wenn

a) im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen ist, dass er (im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren, gegebenenfalls auch in einem Wiederaufnahmeverfahren) in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu wiederlegen und

b) der Spruch geeignet ist, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen des selben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden. (Siehe hiezu Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage, Seite 969).

4.3. Im angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Berufungswerber vorgeworfen, einen Kraftwagenzug, und zwar einen Kombi und einen Anhängewagen, gelenkt zu haben, obwohl er nicht im Besitz einer von der Behörde erteilten gültigen Lenkberechtigung der Klasse E gewesen wäre. Er habe dadurch die Vorschrift des § 1 Abs.3 FSG verletzt.

Dazu ist auszuführen, dass § 1 Abs.3 FSG eine allgemeine Bestimmung darstellt, die in ihrem Wortlaut eindeutig auf § 2 FSG verweist. Um den Tatvorwurf des Lenkens ohne gültiger Lenkberechtigung in der gemäß § 44a VStG erforderlichen Form konkretisieren zu können, sind daher Tatbestandsmerkmale die Klasse oder Unterklasse, in die das Kraftfahrzeug und der Anhänger fallen, sowie die Gewichte dieser Fahrzeuge.

§ 2 Abs.1 Z5 FSG weist in die Klasse E Kraftwagen, mit denen andere als leichte Anhänger gezogen werden; die Klasse E gilt nur in Verbindung mit einer Lenkberechtigung für die betreffende Fahrzeugklasse oder - Unterklasse.

§ 2 Abs.2 leg.cit hat folgenden Wortlaut:

"(2) Das Ziehen eines Anhängers ist unter Einhaltung der kraftfahrrechtlichen Bestimmungen abhängig vom Zugfahrzeug in folgendem Umfang gestattet:

2. Klasse B:

a) ein leichter Anhänger;

b) ein Anhänger, dessen höchste zulässige Gesamtmasse die Eigenmasse des Zugfahrzeuges nicht übersteigt, sofern die Summe der höchsten zulässigen Gesamtmassen beider Fahrzeuge höchstens 3.500 kg beträgt;

4. Klasse B + E:

Anhänger, die nicht unter Z2 lit.a oder b fallen; ..."

Der Begriff des "leichten Anhängers" ist in § 2 Z2 KFG und der Begriff des Kombinationskraftwagens in § 2 Z6 KFG definiert.

4.4. Es ist dem Spruch des Straferkenntnisses nicht zu entnehmen, welche Gewichte der Kombinationskraftwagen und der Anhänger hatten, sodass auch nicht feststeht, welche Lenkberechtigung der Berufungswerber damals benötigt hätte. Diesem Umstand kommt insofern Bedeutung zu, als der verwendete Anhänger für drei verschiedene höchstzulässige Gesamtgewichte typisiert war.

Wenngleich die Gendarmerie bei ihrer Anzeige die höchstzulässigen Gesamtgewichte der verwendeten Fahrzeuge aufgeschrieben hat, wurden diese - obwohl wesentliche Tatbestandsmerkmale - in der "Aufforderung zur Rechtfertigung" vom 17.7.1998 nicht vorgehalten und nunmehr im angefochtenen Straferkenntnis nicht vorgeworfen.

Damit aber sind die oben unter 4.2. notwendigen Tatbestandsmerkmale zur Konkretisierung der Tat nicht in das Straferkenntnis aufgenommen worden. Eine nachträgliche Einfügung dieser Tatbestandsmerkmale kam wegen der zwischenzeitig eingetretenen Verfolgungsverjährung (§ 31 Abs.1 VStG) nicht mehr in Betracht.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu II.:

Wird ein Strafverfahren eingestellt, so sind gemäß § 66 Abs.1 VStG die Kosten des Verfahrens von der Behörde zu tragen.

Damit war der Verfahrenskostenausspruch der belangten Behörde aufzuheben.

Die Kosten des Berufungsverfahrens sind gemäß § 65 VStG dem Berufungswerber nicht aufzuerlegen, wenn der Berufung auch nur teilweise Folge gegeben wurde.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht 181,68 €) zu entrichten.

Dr. L e i t g e b

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