Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-106777/2/WEI/Bk

Linz, 16.01.2001

VwSen-106777/2/WEI/Bk Linz, am 16. Jänner 2001

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß über die Strafberufung des R, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 17. Dezember 1999, Zl. VerkR 96-3452-1999-OJ/HA, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem § 37 Abs 1 iVm § 1 Abs 3 und § 2 Abs 2 Z 2b Führerscheingesetz - FSG (BGBl I Nr. 120/1997 idF BGBl I Nr. 2/1998) zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, der angefochtene Strafausspruch aufgehoben und dem Berufungswerber unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens eine Ermahnung erteilt.

II. Die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens entfällt.

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs 4 AVG 1991 iVm § 24 VStG 1991; § 66 Abs 1 VStG 1991.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde der Berufungswerber (Bw) wie folgt schuldig erkannt und bestraft:

"Sie haben am 28.07.1999 gegen 17.30 Uhr den Kombi mit Anhänger, Kennzeichen und , in W. auf der Ebenhoch Landesstraße bei Str.km 7,0 in Richtung Eferding ohne gültige Lenkberechtigung der Klasse E gelenkt, da Sie einen schweren Anhänger zogen, wobei die Summe der höchsten zulässigen Gesamtmassen beider Fahrzeuge 3.500 kg überstieg."

Dadurch erachtete die belangte Behörde den § 37 Abs 1 iVm § 1 Abs 3 und § 2 Abs 2 Z 2b FSG als verletzte Rechtsvorschriften und verhängte wegen dieser Verwaltungsübertretung "gemäß § 37/1 FSG" (gemeint: Strafrahmen des § 37 Abs 1 FSG) eine Geldstrafe von S 500,-- und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 12 Stunden. Als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens wurden S 50,-- vorgeschrieben.

In tatsächlicher Hinsicht verweist die Strafbehörde auf eine Verkehrskontrolle durch Gendarmeriebeamte, bei der - offenbar durch Einsichtnahme in die Zulassungsscheine - festgestellt worden wäre, dass der gelenkte Kombi ein höchstzulässiges Gesamtgewicht von 2.525 kg und der Anhänger ein höchstzulässiges Gesamtgewicht von 1.000 kg aufwies. Die Summe der höchstzulässigen Gesamtgewichte betrug daher 3.525 kg.

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis, das dem Bw nach dem aktenkundigen Rückschein zu Handen seiner Rechtsvertreter am 20. Dezember 1999 zugestellt wurde, richtet sich die am 3. Jänner 2000 rechtzeitig zur Post gegebene Berufung gleichen Datums, die am 4. Jänner 2000 bei der belangten Behörde einlangte und mit der ein Absehen von der Verhängung einer Strafe nach § 21 VStG angestrebt wird.

1.3. Die belangte Behörde hat ihren Verwaltungsstrafakt zur Berufungsentscheidung vorgelegt, ohne eine Gegenschrift zu erstatten.

2. Die Berufung bekämpft den dem Schuldspruch zugrunde liegenden Sachverhalt nicht. Unter dem Berufungsgrund "Rechtswidrigkeit des Bescheidinhalts" wird vorgebracht, dass das höchstzulässige Gesamtgewicht um lediglich 25 kg überschritten wurde und der Bw sein Fehlverhalten, das auf einem minderen Grad des Versehens beruhte und auch einmal einem gewissenhaften Kraftfahrer passieren könnte, eingesehen hätte. Die Voraussetzungen des § 21 VStG wären daher vorgelegen und die Strafbehörde hätte eine Ermahnung aussprechen müssen. Die von der belangten Behörde geforderte Überprüfung der Zulassungsscheine könnte in jedem Fall gegen die Anwendung des § 21 VStG ins Treffen geführt werden.

Die tatsächliche Gesamtmasse hätte das höchstzulässige Gesamtgewicht nicht überschritten. Erst bei einer Überschreitung um mehr als 10 % könne nach der Rechtsprechung nicht mehr von geringfügigem Verschulden gesprochen werden (Hinweis auf VwGH 15.06.1994, 93/03/0299 und 93/03/0062). Der Bw habe die zulässigen Gesamtgewichte lediglich um 0,71 % überschritten. Deshalb wäre von geringfügigem Verschulden auszugehen und da auch keine Folgen aus der Übertretung entstanden, läge ein klassischer Fall für die Anwendbarkeit des § 21 VStG vor.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat nach Einsicht in die vorgelegten Verwaltungsakten festgestellt, dass der wesentliche Sachverhalt unbestritten feststeht und im Berufungsverfahren nur die strittige Rechtsfrage der Anwendung des § 21 VStG zu beurteilen ist.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Da die Schuldfrage dem Grunde nach nicht bestritten worden ist, geht es im Berufungsverfahren nur mehr um den Strafausspruch. Der Schuldspruch ist demnach in Rechtskraft erwachsen, weshalb davon auszugehen ist, dass der Bw die Verwaltungsübertretung nach § 37 Abs 1 iVm § 2 Abs 2 Z 2 lit b) FSG begangen hat.

Die belangte Strafbehörde sah das Verschulden des Bw als nicht geringfügig an, weil er die Zulassungsscheine leicht kontrollieren und damit feststellen hätte können, dass er mit seiner Lenkberechtigung nicht hätte fahren dürfen. Mildernd wertete sie das geringfügige Überschreiten der höchstzulässigen Gesamtmasse und verhängte nur die nach § 37 Abs 1 FSG vorgesehene Mindeststrafe.

4.2. Gemäß § 21 Abs 1 VStG kann die Behörde von der Strafe absehen, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind. Sie kann den Beschuldigten gleichzeitig unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid ermahnen, sofern dies erforderlich ist, um ihn von weiteren strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten.

Nach hM liegt geringes Verschulden des Täters vor, wenn das tatbildmäßige Verhalten hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt erheblich zurückbleibt (vgl Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens5, 1996, 862 ff, E 6 ff zu § 21 VStG; Leukauf/Steininger, Kommentar zum StGB3, 1992, Rz 14 zu § 42 StGB). Nach der strafrechtlichen Judikatur zum vergleichbaren § 42 StGB in der Fassung vor dem StRÄG 1987 (BGBl Nr. 605/1987) muss die Schuld absolut und im Vergleich zu den typischen Fällen der Deliktsverwirklichung geringfügig sein (vgl ua EvBl 1989/189 = JBl 1990, 124, SSt 55/59; SSt 53/15; SSt 51/21). Maßgebend sind der das Unrecht bestimmende Handlungsunwert und der Gesinnungsunwert, der das Ausmaß der deliktstypischen Strafzumessungsschuld ebenso entscheidend prägt (vgl mwN Leukauf/Steininger, StGB3, Rz 14 f zu § 42 StGB). Der Erfolgsunwert wurde im Merkmal "unbedeutende Folgen der Übertretung" verselbständigt.

4.3. Im vorliegenden Fall wurde die höchstzulässige Gesamtmasse um 25 kg überschritten, was durch Überprüfung der Zulassungsscheine vor Fahrtantritt aufklärbar gewesen wäre. Mangels gegenteiliger Anhaltspunkte im Akt ist davon auszugehen, dass die Behauptung des Bw, wonach das tatsächliche Gesamtgewicht des Gespanns jedenfalls unter 3.500 kg lag, zutrifft. Die Überschreitung der höchstzulässigen Gesamtmasse lag deutlich unter 1 %. Bei einem bloßen Überhang von 25 kg erscheint das Unrecht der gegenständlichen Verwaltungsübertretung auch nach Ansicht des erkennenden Verwaltungssenates derart vermindert, dass man nur von atypischer Geringfügigkeit sprechen kann. Nachteilige Folgen der Tat sind bei der gegebenen Sachlage nicht denkbar. Der Verwaltungsgerichtshof hat ein geringfügiges Verschulden und damit die Anwendung des § 21 VStG erst bei Überschreitung der Summe der höchstzulässigen Gesamtgewichte um mehr als 10 % abgelehnt (vgl Hauer/Leukauf, Handbuch5, E 12 zu § 21 VStG).

Ist der maßgebende Unrechtsgehalt zu vernachlässigen, kann idR auch der Schuldgehalt der Tat nicht bedeutend sein, zumal strafrechtliche Schuld Vorwerfbarkeit des begangenen Unrechts bedeutet. Die Schuld wird als Tatschuld und als Täterschuld, soweit der Charaktermangel in der einzelnen Tat zum Ausdruck kommt, aufgefasst (vgl Leukauf/Steininger, StGB3, Rz 4 zu § 4 StGB). Die Tatschuld kann wegen des geringfügigen Unrechtsgehalts der Übertretung ebenfalls nur gering sein. Lediglich eine atypisch ins Gewicht fallende Täterschuldkomponente könnte das Verschulden dennoch als nicht so geringfügig erscheinen lassen. Für eine solche Annahme bietet der vorgelegte Verwaltungsakt aber keine Anhaltspunkte. Das Argument der belangten Strafbehörde, dass der Bw leicht die Zulassungsscheine überprüfen hätte können, vermag die Annahme einer nicht bloß geringen Schuld nicht zu stützen. Denn der Berufung ist zuzubilligen, dass nach dem Verständnis der belangten Behörde bei Überschreitung der höchstzulässigen Gesamtmassen geringe Schuld regelmäßig ausgeschlossen wäre, wenn sie die Einsichtnahme in die Zulassungsscheine als unabdingbar voraussetzt. Ein derart strenger Maßstab widerspricht aber dem Sinn und Zweck des § 21 VStG. Es ist durchaus vorstellbar, dass auch ein an sich sorgfältiger Mensch die genaue Überprüfung des höchstzulässigen Gesamtgewichts durch Einsicht in die Zulassungsscheine unterlässt. Dies gilt umso mehr, wenn er von vornherein eher nicht mit einer Überschreitung der zulässigen Gesamtmassen rechnet, was bei dem geringfügigen Mehrbetrag von 25 kg durchaus plausibel wäre.

Da sich der Bw auch schon im strafbehördlichen Verfahren geständig und einsichtig gezeigt hat, sieht der Oö. Verwaltungssenat keinen Grund, ihm die Rechtswohltat des § 21 VStG nicht zu gewähren, zumal im Hinblick auf spezialpräventive Belange auch eine Ermahnung ausgesprochen werden kann, um ihm vor Augen zu führen, dass er in Hinkunft besser aufzupassen hat. Deshalb war der Berufung Folge zu geben und spruchgemäß zu entscheiden.

5. Bei diesem Ergebnis entfällt gemäß § 66 Abs 1 VStG die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von S 2.500,-- (entspricht 181, 68 Euro) zu entrichten.

Dr. W e i ß

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