Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-106785/2/BI/FB

Linz, 17.01.2000

VwSen-106785/2/BI/FB Linz, am 17. Jänner 2000

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn L S, S, N, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. M L, Z, F, vom 23. Dezember 1999 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 13. Dezember 1999, VerkR96-3281-1997-Br, wegen Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren ohne Verpflichtung zur Leistung von Verfahrenskostenbeiträgen eingestellt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 45 Abs.1 Z1 und 66 VStG, §§ 9 Abs.2 iVm 99 Abs.3 lit.a StVO 1960

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Freistadt hat mit dem oben genannten Straferkenntnis über den Beschuldigten wegen der Verwaltungsübertretung gemäß §§ 9 Abs.2 iVm 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 eine Geldstrafe von 800 S (19 Stunden EFS) verhängt, weil er am 1. September 1997 um 14.05 Uhr als Lenker des Kombi in L auf dem B bei der Ausfahrt B, Fahrtrichtung W, zwei Fußgängern, die einen Schutzweg erkennbar benutzen wollten, das ungehinderte und ungefährdete Überqueren der Fahrbahn nicht ermöglicht habe.

Gleichzeitig wurde ihm ein Verfahrenskostenbeitrag von 80 S auferlegt.

2. Dagegen hat der Rechtsmittelwerber fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erübrigte sich (§ 51e Abs.2 Z1VStG).

3. Der Rechtsmittelwerber (Bw) bemängelt, es sei nicht festgestellt worden, inwiefern die beiden Passanten ihren Willen zum Überqueren der Fahrbahn ihm gegenüber erkennbar gemacht hätten bzw auf Grund welchen Verhaltens er dieses erkennen hätte sollen. Diesbezüglich sei der Schuldspruch mangelhaft und auf Grund der fehlenden Feststellungen zB über seine Entfernung und die Position der Fußgänger könne nicht ohne weiteres von einem pflichtwidrigen Verhalten seinerseits ausgegangen werden.

Beide Passanten seien auf der Schutzinsel gestanden und zumindest eine Person habe ihm dabei den Rücken zugedreht und mit der anderen Person, mit der er kurz Augenkontakt gehabt habe, eine heftige Diskussion geführt. Er habe daraus den Eindruck gewonnen, dass die beiden jedenfalls nicht in absehbarer Zeit den Schutzweg zu überqueren beabsichtigten. Auch der Anzeiger habe nicht angeben können, worin die Erkennbarkeit gelegen sein sollte. Hätte er diese Personen beim Überqueren behindert, hätten wohl diese sich beim anzeigenden Organ gemeldet, was aber nicht geschehen sei. Er beantrage weiterhin, diese Passanten als Zeugen zu vernehmen. Diesem Beweisantrag sei ebenso nicht nachgekommen worden wie dem auf Durchführung eines Ortsaugenscheins.

Die Beweiswürdigung der Erstinstanz könne nicht nachvollzogen werden. Diese stütze sich allein auf die Zeugenaussage des Meldungslegers, der erklärt habe, er erstatte Anzeigen nur, wenn die Übertretung einwandfrei festgestellt worden sei; an mehr habe er sich aber nicht erinnern können. Seiner Aussage könne daher nicht unreflektiert gefolgt werden.

Er beantragt die Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit Einvernahme des Anzeigers sowie seiner eigenen unter Beiziehung eines Kfz-Sachverständigen, sodann die ersatzlose Behebung des Straferkenntnisses und Einstellung des Verfahrens, jedenfalls der Behörde den Kostenersatz für das gesamte Verfahren gemäß § 66 VStG aufzuerlegen.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz.

Daraus ergibt sich, dass BI B am 1. September 1997, 14.05 Uhr wahrgenommen habe, wie der Bw als Lenker eines Kombi den Kreisverkehr B in Richtung W verlassend zwei Passanten, die den Schutzweg überqueren hätten wollen, ignoriert habe. Er habe ihn deswegen unmittelbar nach dem Schutzweg angehalten, wo der Bw bestritten habe, dass die Passanten den Schutzweg überqueren hätten wollen. Deshalb sei eine Anzeige erfolgt.

Die Anzeige stammt zwar noch vom Vorfallstag, allerdings enthält sie keine genaueren Aussagen darüber, auf welche Weise für den Meldungsleger erkennbar geworden sein könnte, dass die Fußgänger tatsächlich den Schutzweg überqueren wollten. Es wurde lediglich festgehalten, sie seien auf der Schutzinsel auf dem Weg von der Fahrbahnmitte in Richtung Volksgarten gestanden und hätten "offensichtlich" das Anhalten der Fahrzeuglenker abgewartet.

Der Meldungsleger wurde nach dem fristgerecht gegen die Strafverfügung der Erstinstanz vom 12. September 1997 eingebrachten Einspruch sowie einer Stellungnahme des Bw vom 29. September 1998 am 27. Juli 1999, also fast zwei Jahre später, im Rechtshilfeweg zeugenschaftlich einvernommen und hatte naturgemäß keine Erinnerung mehr an den der Anzeige zugrundeliegenden Vorfall. Er betonte aber, er erstatte derartige Anzeigen nur, wenn die Übertretung einwandfrei festgestellt worden sei.

Auf diese Aussage stützt die Erstinstanz den Schuldspruch im angefochtenen Straferkenntnis, obwohl der Bw im Rahmen des Parteiengehörs die zeugenschaftliche Einvernahme der genannten Passanten zum Beweis dafür beantragt hatte, dass diese bei einer tatsächlichen Behinderung seinerseits von sich aus an Ort und Stelle Anzeige erstattet hätten. Ohne auf den Beweisantrag einzugehen, wurde die Zeugenaussage des Meldungslegers als glaubwürdig, die Verantwortung des Bw hingegen als Schutzbehauptung gewertet.

Der unabhängige Verwaltungssenat vertritt die Auffassung, dass die Aussage des Meldungslegers im gegenständlichen Fall wesentliche Inhalte vermissen lässt, ohne deren Kenntnis eine erschöpfende Beurteilung des Falles unmöglich ist. Die Anzeige war mangels ausreichender Beschreibung des dem Bw zur Last gelegten Verhaltens zu dürftig und die fast zwei Jahre später im Rechtshilfeweg veranlasste zeugenschaftliche Einvernahme des Meldungslegers vermochte noch weniger aufzuklären. Dessen grundsätzliche Aussage, er erstatte nur Anzeigen, wenn er die Übertretung einwandfrei festgestellt habe, ermöglicht keine Prüfung des Vorfalls und ist daher als Grundlage für einen Tatvorwurf gänzlich ungeeignet. Insbesondere vermochte sie der - bei genauerer Betrachtung nicht denkunmöglichen - Schilderung der Geschehnisse durch den Bw nichts entgegenzusetzen. Selbst der Hinweis auf die Wahrheitspflicht des Meldungslegers gemäß § 289 StGB vermag daran nichts zu ändern. Auch eine mündliche Verhandlung würde nach so langer Zeit die Erinnerungen des Meldungslegers nicht auffrischen, abgesehen davon, dass die Identität der damaligen Fußgänger offenbar nie festgestellt wurde, sodass deren zeugenschaftliche Einvernahme schlicht unmöglich wäre.

Der unabhängige Verwaltungssenat gelangt daher in rechtlicher Hinsicht zu der Auffassung, dass die Grundlagen für den Tatvorwurf nicht ausreichen, um dem Bw die tatsächliche Begehung der ihm zur Last gelegten Verwaltungsübertretung so lange Zeit nach dem zugrundeliegenden Vorfall nachweisen zu können. Es war daher gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG spruchgemäß zu entscheiden, wobei naturgemäß Verfahrenskostenbeiträge nicht anfallen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht 181,68 €) zu entrichten.

Mag. Bissenberger

Beschlagwortung:

Nichterweisbarkeit des Tatvorwurfs wegen dürftiger Anzeige und Nichterinnerung des Meldungslegers 2 Jahre später -> Einstellung.

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