Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-106794/2/SR/Ri

Linz, 07.02.2000

VwSen-106794/2/SR/Ri Linz, am 7. Februar 2000

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Stierschneider über die Berufung des G K, H, Gweg, vertreten durch die RAe Dr. K F Sl und Mag. G S, gegen das Straferkenntnis des Polizeidirektors der Bundespolizeidirektion L, AZ S-4420/99-3 wegen Übertretung nach der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

I. Die Berufung wird in der Schuldfrage als unbegründet abgewiesen und diesbezüglich das Straferkenntnis bestätigt.

Der Strafausspruch des angefochtenen Straferkenntnisses wird aufgehoben. Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als gemäß § 21 Abs. 1 VStG von der Verhängung einer Strafe abgesehen wird.

II. Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz BGBl.Nr. 51/1991 zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 164/1999 - AVG iVm § 24, § 45 Abs.1 Z1 und § 51e Abs.3 Z3 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl.Nr. 52/1991 zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 158/1998 - VStG

zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit oben bezeichnetem Straferkenntnis des Polizeidirektors der Bundespolizeidirektion L wurde der Berufungswerber (Bw) wie folgt schuldig erkannt und bestraft:

"Sie haben als für den Zulassungsbesitzer des Kfz, Kz S der Firma K Ladetechnik GmbH nach außen hin vertretungsbefugte und verantwortliche Person zum Zeitpunkt der Übertretung auf Verlangen der Behörde, BH L, L, Kstraße, nicht binnen zwei Wochen ab Zustellung der schriftlichen Aufforderung - zugestellt am 19.11.1998 bis zum 3.12.1998 - Auskunft darüber erteilt, wer dieses Kfz am 16.10.1998 um 13.14 Uhr gelenkt hat."

Dadurch erachtete die Behörde erster Instanz den § 9 Abs. 1 VStG iVm. § 103 Abs. 2 KFG als verletzte Rechtsvorschrift und verhängte wegen dieser Verwaltungsübertretung gemäß § 134 Abs. 1 KFG eine Geldstrafe von 1.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe 36 Stunden ). Als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens wurde 100 S vorgeschrieben.

2. Gegen dieses am 9. Dezember 1999 zu eigenen Handen zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 23. Dezember 1999 - und damit rechtzeitig - bei der Behörde erster Instanz eingebrachte Berufung.

2.1. Im angeführten Straferkenntnis führt die Behörde erster Instanz im Wesentlichen begründend aus, dass die Auskunftspflicht nur dann erfüllt sei, wenn die geschuldete Auskunft bei der Behörde tatsächlich einlangt. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes würde der Absender die Gefahr des Verlustes einer zur Post gegebenen Eingabe tragen. Da die Auskunft bei der Behörde nicht eingelangt sei, hätte der Berufungswerber (Bw) tatbestandsmäßig, rechtswidrig und schuldhaft gehandelt.

2.2. Dagegen wendet der Bw ein, dass ihn kein Verschulden im Sinne des § 5 Abs. 1 VStG treffen würde, da er glaubhaft gemacht habe, dass er die notwendigen Maßnahmen getroffen und wirksame Kontrollen gesetzt hätte. Auf Grund seiner vielschichtigen Aufgabenbereiche hätte er Mitarbeiter mit bestimmten Aufgaben betraut (zB. Bearbeitung und Erledigung der Lenkererhebungen) und die Agenden seiner Angestellten "soweit es tatsächlich möglich ist" kontrolliert.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich ist in diesem Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 51 Abs.1 VStG als Berufungsbehörde zuständig und entscheidet gemäß § 51c durch eines seiner Mitglieder, weil keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde.

Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der Bundespolizeidirektion Linz, AZ; da sich bereits aus diesem der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ und mit dem angefochtenen Straferkenntnis lediglich eine 3.000 S nicht übersteigende Geldstrafe verhängt sowie ein entsprechender Antrag von den Verwaltungsparteien nicht gestellt wurde, konnte im Übrigen gemäß § 51e Abs. 3 Z3 VStG von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Gemäß § 103 Abs. 2 KFG kann die Behörde Auskünfte darüber verlangen, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt hat. Diese Auskünfte, welche den Namen und die Anschrift der betreffenden Person enthalten müssen, hat der Zulassungsbesitzer, im Falle einer juristischen Person der Verantwortliche gemäß § 9 VStG zu erteilen. Kann er diese Auskunft nicht erteilen, so hat er die Person zu benennen, die die Auskunft erteilen kann; diese trifft dann die Auskunftspflicht. Die Auskunft ist unverzüglich, im Falle einer schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung zu erteilen; wenn eine solche Auskunft ohne entsprechende Aufzeichnungen nicht gegeben werden könnte, sind diese Aufzeichnungen zu führen.

Gemäß § 134 Abs. 1 KFG begeht eine Verwaltungsübertretung, wer diesem Bundesgesetz zuwiderhandelt und ist mit einer Geldstrafe bis zu 30.000 S, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu 6 Wochen zu bestrafen.

Unstrittig steht auf Grund der Aktenlage fest, dass die Auskunft zur Bekanntgabe des Lenkers entsprechend der schriftlichen Aufforderung nicht binnen zwei Wochen nach Zustellung erteilt wurde. Der Bw hat im Sinne des § 103 Abs. 2 KFG tatbestandsmäßig gehandelt.

4.2. Gemäß § 5 Abs. 1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Gebot dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Unbestritten steht fest, dass der Bw der schriftlichen Aufforderung, Auskunft zu erteilen wer das oben bezeichnete Fahrzeug am Tatort zum Tatzeitpunkt gelenkt hat, nicht nachgekommen ist und dadurch die objektive Tatseite erfüllt hat. Darüber hinaus ist von der Rechtswidrigkeit auszugehen, da im Verfahren keine Rechtfertigungsgründe hervorgekommen sind.

Im Gegensatz zur Ansicht der Behörde erster Instanz (Seite 3 des Straferkenntnisses) ist der Rückschluss auf die Schuld des Bw nicht unwiderleglich zulässig, weil dieser durch die Nichterteilung der Lenkerauskunft tatbestandsmäßig und rechtswidrig gehandelt hat. Durch § 5 Abs. 1 leg. cit. wird das Verschulden nur widerleglich vermutet.

Der Bw rügt berechtigterweise, dass seine Ausführungen zur Glaubhaftmachung seiner Schuldlosigkeit und zur Widerlegung der Schuldvermutung weder im Verfahren zur Kenntnis genommen noch im Straferkenntnis der Behörde erster Instanz gewürdigt worden sind.

4.3. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Bw initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachenvorbringen und durch die Beibringung von Beweismitteln bzw. die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die "Glaubhaftmachung" nicht aus (VwGH 24.5.1989, 89/02/0017, 24.2.1993, 92/03/0011, siehe auch Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage, Seite 759).

Auf Grund der schriftlichen Eingaben und der Aktenlage steht fest, dass der Bw nicht ausschließlich für die K Ladetechnik GmbH tätig ist, daher nicht sämtliche Alltagsgeschäfte einzeln kontrollieren konnte und deshalb persönlich eingewiesene Mitarbeiter eingesetzt hat. Beispielsweise hat der Bw bei der K Ladetechnik GmbH vom Leiter der Buchhaltung (als Handlungsbevollmächtigten) die Beantwortungen der Lenkererhebungen vornehmen lassen.

Dh der Bw hat im Wissen, dass er der gesetzlich auferlegten Verpflichtung - Verantwortung für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften - nicht im erforderlichen Ausmaß nachkommen kann, Mitarbeiter mit der Erledigung bestimmter Aufgaben (zB. Beantwortung der Lenkererhebungen) beauftragt. Diese Mitarbeiter sind mangels Namhaftmachung gegenüber der Behörde keine verantwortlichen Beauftragten im Sinne des § 9 VStG. Eine gesetzliche Verpflichtung zur Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten ist hier nicht vorgesehen.

Der Bw ist somit als zur Vertretung nach außen berufene Person für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften zuständig und sein Verschulden zu prüfen.

Dazu führt der Bw an, dass entsprechend der Judikatur des Verwaltungs-gerichtshofes eine wirksame Kontrolle der erteilten Weisungen erfolgt sei.

Im Gegensatz zum allgemeinen Hinweis, dass die "Voraussetzungen der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes" vorliegen würden, hat der Bw des Weiteren ausgeführt, dass er "selbstverständlich die Agenden der Angestellten, so auch die von Herrn H, soweit es ihm tatsächlich möglich war", kontrolliert habe.

Diesen Ausführungen ist im Zusammenhang mit dem weiten Betätigungsfeld des Bw zu entnehmen, dass die erforderliche wirksame Kontrolle nicht im geforderten Umfang möglich war und auch nicht entsprechend stattgefunden hat. Der Verwaltungsgerichtshof hat beispielsweise die im Einzelfall nicht stattgefundene Kontrolle der eigenen Sekretärin, die den Auftrag zur unverzüglichen Absendung einer Lenkerauskunft erhalten hat, als Unterlassung der zumutbaren und nach der Sachlage gebotenen Überwachungspflicht, qualifiziert (VwGH 27.4.1981, 81/17/0051, 0056).

Bei Gesamtbetrachtung der Eingaben des Bw kann nicht von einer Glaubhaftmachung des fehlenden Verschuldens ausgegangen werden.

4.4. Gemäß § 21 Abs. 1 VStG kann die Behörde ohne weiteres Verfahren von der Verhängung einer Strafe absehen, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind.

Dem Verwaltungsakt sind keine einschlägigen Verwaltungsstrafen des Bw zu entnehmen. Trotz der nicht lückenlosen Überwachung des "beauftragten Mitarbeiters" wurden offensichtlich die Weisungen im Zusammenhang mit der Erteilung der Lenkerauskünfte grundsätzlich befolgt. Auf Grund der ständigen Kontrollen und mangels tatsächlicher Fehlleistungen im Bereich der zahlreichen Erteilungen der Lenkerauskünfte hat sich der Bw trotz des ihm anzulastenden Verschuldens zu keiner Änderung seiner Kontrolltätigkeit veranlasst gefühlt.

Der Verwaltungssenat geht daher bei der Betrachtung der besonderen Umstände dieses Sachverhaltes von einem geringfügigen Verschulden aus.

Aus dem Verwaltungsakt ist weiter zu ersehen, dass der Bw ab Kenntnis der mangelhaft erteilten Lenkerauskunft (innerhalb der Verjährungsfrist des Grunddeliktes) unverzüglich der Behörde den Lenker bekannt gegeben hat.

§ 103 Abs. 2 KFG dient grundsätzlich, wenn auch nicht ausschließlich, der Feststellung eines etwaigen einer Verwaltungsübertretung schuldigen Lenkers. Unstrittig ist, dass § 103 Abs. 2 KFG neben dem Grunddelikt einen eigenständigen Straftatbestand darstellt und sowohl eine verwaltungsstrafrechtliche Verfolgung der Auskunftsperson als auch des Lenkers zulässig ist. Dennoch ist im gegenständlichen Verfahren auf Grund der besonderen Umstände von unbedeutenden Folgen der Übertretung auszugehen und von der Verhängung einer Strafe abzusehen.

5. Gemäß § 66 Abs. 1 VStG entfällt damit auch die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht 181,68 €) zu entrichten.

Mag. Stierschneider

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