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des Landes Oberösterreich
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VwSen-106810/7/Fra/Ka

Linz, 21.03.2000

VwSen-106810/7/Fra/Ka Linz, am 21. März 2000

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Fragner über die Berufung der Frau L, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 29.12.1999, VerkR96-1056-1999-GG, wegen Übertretung des § 23 Ab.2 StVO 1960, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 16.3.2000, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird stattgegeben. Das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt; die Berufungswerberin hat keine Verfahrenskostenbeiträge zu zahlen.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24 und 45 Abs.1 Z1 VStG; § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Freistadt hat mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis über die Berufungswerberin (Bw) wegen Übertretung des § 23 Abs.2 StVO 1960 gemäß § 99 Abs.3 lit.a leg.cit. eine Geldstrafe von 400 S (EFS 10 Stunden) verhängt, weil sie am 18.12.1998 um 10.54 Uhr als Lenkerin den PKW, Kz.: in Linz, H nächst dem Haus Nr. 23 außerhalb eines Parkplatzes nicht am Fahrbahnrand abgestellt hat, obwohl sich aus Bodenmarkierungen oder Straßenverkehrszeichen nichts anderes ergab. Sie hat das Fahrzeug in zweiter Spur abgestellt.

Ferner wurde gemäß § 64 VStG ein Kostenbeitrag in Höhe von 10 % der verhängten Geldstrafe vorgeschrieben.

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig durch den ausgewiesenen Vertreter eingebrachte Berufung. Die Bw macht als Berufungsgründe unrichtige Tatsachenfeststellung aufgrund unrichtiger Beweiswürdigung, wesentliche Verfahrensmängel und unrichtige rechtliche Beurteilung geltend.

Unter dem Aspekt der unrichtigen Tatsachenfeststellung aufgrund unrichtiger Beweiswürdigung bringt die Bw vor, dass der Tatvorwurf unrichtig sei. Die belangte Behörde könne die Feststellung, dass das Fahrzeug in zweiter Spur abgestellt wurde, auf keinerlei Verfahrensergebnisse stützen. Der Zeuge Rev.Insp. W habe in seiner Vernehmung am 19.8.1999 vor der BPD Linz eine dahingehende Aussage nicht machen können. Er habe sich lediglich zu den örtlichen Gegebenheiten geäußert. Dem stehe ihre Aussage gegenüber, wonach sie ausdrücklich und wiederholt festgehalten habe, ihren Wagen nicht in zweiter Spur abgestellt zu haben, ohne die Flüssigkeit des Verkehrs zu beeinträchtigen. Sie habe am äußersten Rand der Fahrbahn unmittelbar an die Privatparkplätze I und Dr. H angrenzend geparkt, da sie von diesen die Erlaubnis dazu hatte. Hätte sie nicht am äußersten Fahrbahnrand gestanden, hätte sie eine derartige Erlaubnis gar nicht benötigt, da dann eine weitere Benützung der Privatparkplätze von Ilse und Dr. H möglich gewesen wäre.

Unter dem Aspekt der wesentlichen Verfahrensmängel bringt die Bw vor, in der gegenständlichen Angelegenheit in der Stellungnahme vom 15.12.1999, in der Stellungnahme vom 22.11.1999, in der Stellungnahme vom 15.7.1999 die Abhaltung eines Lokalaugenscheines vor Ort an der Adresse H und die Einvernahme der Zeugen Ilse H und Dr. H, beantragt zu haben. Im Rahmen dieses Lokalaugenscheines hätten die Zeugen und sie einander gegenübergestellt werden können und hätte sich herausgestellt, dass der ihr vorgeworfene Straftatbestand von ihr tatsächlich nie verwirklicht wurde, sie vielmehr ihr Fahrzeug am äußersten Fahrbahnrand abgestellt hat.

Unter dem Aspekt der unrichtigen rechtlichen Beurteilung bringt die Bw vor, die erstinstanzliche Behörde vertrete im angefochtenen Bescheid die Auffassung, dass die Frage, wo sich bei Ausstellung des Strafmandates (?) ihr Fahrzeug befunden hätte, auf sich beruhen könne, da es ausreichend sei, den Tatort mit der Straße und der Hausnummer zu bezeichnen. Die erstinstanzliche Behörde übersehe dabei völlig, dass die Frage, wo das Fahrzeug abgestellt wurde, für die Beurteilung, ob überhaupt der Tatbestand des § 23 Abs.2 StVO 1960 verwirklicht wurde, unerlässlich ist. Komme man nämlich zum Ergebnis, dass das Fahrzeug am rechten Fahrbahnrand gestanden ist, liege der Tatbestand des § 23 Abs.2 StVO 1960 nicht vor. Komme man zum Ergebnis, das Fahrzeug wäre in zweiter Spur abgestellt worden, dann wäre der Tatbestand des § 23 Abs.2 leg.cit. erfüllt. Genau diese Frage hätte aber durch die Aussagen des Zeugen Rev.Insp. W geklärt werden müssen.

3. Aufgrund des oa Vorbringens hat der Oö. Verwaltungssenat nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 16.3.2000 in Verbindung mit einem Lokalaugenschein erwogen:

Laut Organmandat des Meldungslegers war das verfahrensgegenständliche Kraftfahrzeug "nächst H Nr.23" abgestellt. Im erstinstanzlichen Verfahren fertigte der Meldungsleger ua eine Tatortskizze sowie ein Foto an. Ein Dienstkraftfahrzeug der Polizei wurde an der verfahrensgegenständlichen Abstellfläche positioniert. Bei der Berufungsverhandlung konnte sich der Meldungsleger an den genauen Abstellort nicht mehr erinnern. Er meinte, dass dieser - wie in der Organstrafverfügung angeführt - nächst der Hausnummer 23 war. Andererseits verwies er auf das von ihm angefertigte Foto. Das auf dem Foto ersichtliche Polizeifahrzeug ist jedoch vor dem Haus H abgestellt.

Dieses Beweisergebnis reicht nicht aus, mit der für ein Verwaltungsstrafverfahren erforderlichen Sicherheit feststellen zu können, dass das verfahrensgegenständliche Kraftfahrzeug "nächst dem Haus H Nr.23" abgestellt war. Diese Tatortumschreibung wäre dann ausreichend, wenn die Nummer 23 die letzte Nummer dieser Straße wäre und das mit dieser Nummer bezeichnete Gebäude einen längeren Baukomplex darstellen würde. Existiert jedoch - wie hier - noch eine höhere Nummer, so ist die Tatörtlichkeit, insbesondere auch unter dem Aspekt, dass unter Zugrundelegung der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes gerade bei Delikten im ruhenden Verkehr an die Tatortumschreibung hohe Anforderungen zu stellen sind, auch mit dieser Nummer zu bezeichnen, sofern davon auszugehen ist, dass das Fahrzeug an dieser Stelle abgestellt war. Da die Verfolgungsverjährungsfrist bereits abgelaufen ist, war es dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich als zuständige Berufungsbehörde verwehrt, die Tatörtlichkeit auszuwechseln.

Aus den genannten Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.

Dennoch wird im Hinblick auf die hier entscheidungsrelevante Frage, wo der Fahrbahnrand anzunehmen ist, für allfällige zukünftige Verfahren rechtlich Folgendes bemerkt:

Geht man davon aus, dass das Kraftfahrzeug unmittelbar an die Privatparkplätze Ilse und Dr. H angrenzend abgestellt war, ist die Frage zu klären, wo sich der Fahrbahnrand befindet. Es handelt sich um drei Parkplätze, die auf der einen Seite an den Gehsteig auf Höhe des Hauses H angrenzen und straßenseitig etwas erhöht durch Randsteine abgegrenzt sind. Gekennzeichnet sind diese Parkplätze durch zwei Tafeln mit der Aufschrift "Privatgrund - Parken nur für Kanzlei Dr. H während der Kanzleistunden".

Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes entscheidet bei Parkplätzen für die Anwendbarkeit der StVO ausschließlich das Kriterium des öffentlichen Verkehrs, welche nur dann nicht anzunehmen ist, wenn der Parkplatz nur einem bestimmten Personenkreis zugänglich ist, also z.B. abgeschrankt und der Schranken nur mit einem, diesen bestimmten Personen zur Verfügung stehenden Schlüssel aufsperrbar ist. So hat der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) in seinem Erkenntnis vom 19.12.1990, 90/02/0164, ZVR 1992/17, ausgesprochen, dass selbst ein umzäunter Firmenparkplatz, der über eine Zufahrt von einer Nebenstraße aus erreicht werden kann und mit der Hinweistafel "Parkplatz für Kunden" gekennzeichnet ist, eine Straße mit öffentlichem Verkehr darstellt, da es jedermann möglich war, mit einem KFZ auf den Parkplatz zu gelangen, und der Kreis der Kunden nicht vornherein auf einen bestimmten Personenkreis beschränkt ist; überdies können auch Personen unter Missachtung der vom Grundeigentümer ausgesprochenen Widmung den Parkplatz benützen.

Würde man die "Privatparkplätze Dr. H" als nicht dem öffentlichen Verkehr unterliegend ansehen, würde die kuriose Situation vorliegen, dass die Huemerstraße an der genannten Örtlichkeit beim Fahrstreifen, der an die Privatparkplätze Dr. H angrenzt, endet und sich wieder beim angrenzenden Gehsteig fortsetzt. Es wären somit die "Privatparkplätze Dr. H" weder eine für den Fahrzeugverkehr bestimmte Landfläche noch eine diesem Verkehr dienende bauliche Anlage im Sinne der Begriffsbestimmung des § 2 Abs.1 Z1 StVO 1960. Dass die gegenständlichen Parkplätze für den Fahrzeugverkehr bestimmt sind, liegt auf der Hand, weshalb sie auch Teil der Fahrbahn sind (vgl. § 2 Abs.1 Z2 StVO 1960) .

Ausgehend von den vorhergehenden Überlegungen kommt somit der Oö. Verwaltungssenat zur Auffassung, dass an der verfahrensgegenständlichen Örtlichkeit der der Bw zur Last gelegte Tatbestand erfüllt werden kann.

4. Die Kostenentscheidung ist gesetzlich begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500,00 Schilling (entspricht  181,68 Euro) zu entrichten.

Dr. F r a g n e r

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