Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-106815/9/Br/Rd

Linz, 20.04.2000

VwSen - 106815/9/Br/Rd Linz, am 20. April 2000

DVR.0690392

ERKENNTNIS

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn E, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung, vom 3. Jänner 2000, AZ.: VerkR96-3210-1999-0J/KB, wegen einer Übertretung der StVO 1960, nach der am 18. April 2000 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Recht:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs.1 Z1 VStG eingestellt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, BGBl.Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 158/1998 - AVG iVm § 24, § 45 Abs.1 Z1, § 51 Abs.1, § 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 164/1999 - VStG.

II. Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung hat mit dem o.a. Straferkenntnis über den Berufungswerber wegen Übertretung nach § 11 Abs.1 iVm § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 eine Geldstrafe von 500 S und im Nichteinbringungsfall 12 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe verhängt, wobei ihm zur Last gelegt wurde, er habe am 12.5.1999 um ca. 19.10 Uhr den Pkw mit dem Kennzeichen , auf der B 127 in in Richtung O gelenkt und dabei bei Strkm 6,2 den Fahrstreifen von links nach rechts gewechselt, ohne sich überzeugt zu haben, dass dies ohne Gefährdung und Behinderung anderer Straßenbenützer möglich war, da ein Kraftfahrzeuglenker auf dem rechten Fahrstreifen zum Abbremsen und Ablenken seines Fahrzeuges genötigt worden sei.

1.1. Die Behörde erster Instanz folgte den Angaben der Insassen des zweitbeteiligten Fahrzeuges, nämlich jener der Ehegatten B, die vom Fahrzeug des Berufungswerbers etwa 100 m vor der Kreuzung überholt worden seien und folglich geschnitten wurden, sodass der Anzeiger sein Fahrzeug abbremsen und verreißen habe müssen.

2. In der dagegen fristgerecht erhobenen Berufung bestreitet der Berufungswerber die ihm zur Last gelegte Verhaltensweise und führt inhaltlich aus wie folgt:

"Es ist richtig, daß ich am 12.05.99 den PKW Toyota Camry mit Kennzeichen auf der Rohrbacher-Bundesstr. B127 von Linz kommend in Richtung Puchenau lenkte. Die B 127 weist in Höhe Str.km 6,2 zwei gleich laufende Fahrstreifen auf, welche durch eine Leitlinie bezeichnet sind. Auf beiden Fahrstreifen herrschte zum angegebenen Zeitpunkt, ein sich im Schritt Tempo bewegender Kolonnenverkehr. Ich lenkte meinen PKW ab der ersten Ampelkreuzung auf der linken Fahrspur, da mein, sich in meinem Taxifahrzeug befindlicher Fahrgast, in das Spargeschäft, in der G. zum Einkaufen wollte. Auf Höhe von Str.km 6,2 änderte mein Fahrgast jedoch sein Vorhaben des Einkaufens und ich gab bei fast stehenden Fahrzeug, rechts blinkend Zeichen, um mich auf den rechten Fahrstreifen einzuordnen. Die Behauptung des Meldungslegers, ich hätte ihn auf den rechten, bzw. auf die Rechtsabbiegespur abgedrängt ist schon deshalb unrichtig, da sich die Rechtsabbiegespur nicht bei Str.km 6,2 befindet, bzw. beginnt, sondern erst ca. 150-200 m später. Alle anderen Behauptungen des Meldungslegers entbehren sowieso jeder Kritik, da sich erstens, die durch Bodenmarkierung bezeichnete links, geradeaus, und Rechtsabbiegespur nicht wie schon erwähnt bei Str.km 6,2 befindet, sondern erst unmittelbar vor der Ampelkreuzung B 127 - Großambergstraße. Zweitens ist die Behauptung der " Familie B " (welche natürlich von den beiden abgesprochen, aber von der ha. Behörde als durchaus erwiesen u. glaubwürdig bezeichnet wird) daß Herr B sein Fahrzeug abbremsen u. verreißen mußte einfach lächerlich, da wie bereits angesprochen schrittweiser Kolonnenverkehr herrschte. Weiters führt die ha. Behörde in der Begründung wortwörtlich aus, "der Taxilenker drängte sich bei Str.km 6,2 hinter mir in die Kolonne, wobei ich mein Fahrzeug abbremsen u. verreißen mußte." Vielleicht kann mir die ha. Behörde plausibel erklären, warum Herr B sein Fahrzeug abbremsen u. verreißen muß, wenn ich mich hinter seinem Fahrzeug in die Kolonne einordne...........

Weiters beantrage ich zum Beweis meiner gemachten, und sicher plausibel erscheinenden Angaben, die Einvernahme meines damaligen Taxifahrgastes Frau D, per Adresse, L, welche meine Angaben vollinhaltlich bestätigen wird.

Sollte dies, wie ich annehme, nicht mehr erforderlich sein, so beantrage ich die Einstellung des Strafverfahrens.

GM E"

3. Die Erstbehörde hat den Akt zur Berufungsentscheidung vorgelegt; somit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben. Dieser hat, da keine 10.000 S übersteigende Strafe verhängt worden ist, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung wurde angesichts der Tatsachenbestreitung und zur Wahrung der gemäß Art. 6 EMRK gewährleisteten Rechte für erforderlich erachtet (§ 51e Abs.1 VStG).

Ein Vertreter der Erstbehörde nahm an der Berufungsverhandlung unbegründet nicht teil.

3.1. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis aufgenommen durch die Einsichtnahme in die Verwaltungsakte der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung, AZ. VerkR96-3210-1999-0J/KB und Erörterung des Akteninhaltes im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung. Ferner wurde Beweis erhoben durch die Vernehmung der Zeugen H und U und M, sowie des Berufungswerbers als Beschuldigten. Beigeschafft und im Rahmen der Zeugenvernehmung als Orientierungshilfe wurden Luftbilder aus dem System "DORIS" (digitales orografisches Rauminformationssystem) verwendet, auf welchen der Straßenverlauf und die Kilometrierung von der vorfallsbezogenen Örtlichkeit ersichtlich war.

4. Der Entscheidung liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

4.1. Der Berufungswerber beförderte zur o.a. Zeit einen Fahrgast in seinem Taxi im Ortsgebiet von P, wobei der Fahrgast im Bereich vor dem Schloss P, etwa bei Strkm 6,2 sein Fahrziel änderte, sodass der Berufungswerber folglich veranlasst war, von der linken auf die rechte "Geradeausspur" umzuspuren. Auf der rechten Fahrspur befand sich in dieser Phase eine im Schritttempo fließende Fahrzeugkolonne. Die Höhe des Schlosses befindet sich etwa bei Strkm 6,30. Im Bereich des Strkm 6,350 beginnt die Auffächerung in eine Linksabbiege-, Geradeaus- und Rechtsabbiegespur. Die Angaben des Berufungswerbers lassen sich auf den Luftbildern schlüssig nachvollziehen, während die Tatortbezeichnung mit Strkm 6,2 sowie die Anführung eines angeblichen Überholmanövers durch den Berufungswerber in der Anzeige, selbst vom Zeugen H anlässlich seiner Einvernahme in der Berufungsverhandlung nicht weiter aufrecht erhalten werden konnte. Im Tenor kann hier weder von einem Nötigen zum Abbremsen noch zu einem Auslenken die Rede sein. Der Zeuge vermeinte lediglich, der Berufungswerber hätte sich seinem Fahrzeug so bedenklich genähert, dass er sich einerseits bedrängt fühlte und insbesondere in Sorge um sein damals neues Auto nach rechts ausgewichen habe. Über Vorhalt der doch erheblich anderen Sachverhaltsschilderung in der Anzeige, vermeinte der Zeuge, er habe sich die Niederschrift nicht so genau durchgelesen. Ebenfalls vermochte der Anzeiger, der Zeuge B, nicht darzutun, ob sich der Vorfall noch auf den Geradeausspuren oder bereits im Bereich der Abbiegespuren ereignete. Wenn die Gattin des Anzeigers, die Zeugin U, vermeinte, das Taxi habe regelrecht in die Fahrspur ihres Pkws hineingedrängt, wobei die Zeugin auch die Schrittgeschwindigkeit bestätigte, so belegte selbst diese Zeugin, dass vom Berufungswerber schon rein von den Weg-Zeitabläufen von einem Nötigen zum Abbremsen und verreißen des Fahrzeuges niemals die Rede gewesen sein konnte. Frau B bezeichnete abschließend die Beschimpfung durch den Taxilenker mit einer abfälligen Bemerkung gegenüber "uns Wiener" als das "Tüpfelchen auf dem I" für das Motiv der nachfolgenden Anzeigeerstattung.

Schließlich gab auch die im Taxi mitfahrende Zeugin S an, dass der Berufungswerber sich hinter jenem Fahrzeug einreihte, dessen Fahrer das Fenster heruntergekurbelt hatte und eine Unfreundlichkeit dem Taxilenker zurief. Bei diesem Fahrzeuglenker müsste es sich laut Aussage der Zeugin S um den Anzeiger gehandelt haben. Die Zeugin S gewann subjektiv den Eindruck, dass es sich um keine auffällige Bedrängung des Anzeigers handelte.

Daraus folgt der Oö. Verwaltungssenat im Rahmen seiner Beweiswürdigung, dass hier offenbar aus Ärger über ein als "Drängen" empfundenes Fahrverhalten im Schritttempo, in Verbindung mit einer "unter Straßenkameraden" als verkehrstypische Negativerscheinung im Straßenverkehr vorkommende gegenseitige Schmähung, die Anzeige motiviert war. Dabei unterliefen Darstellungsverzerrungen die letztlich das hier zur Last gelegte Verhalten als unzutreffend erscheinen lassen.

Auch stellte es sich als unzutreffend und schon vom Ansatz her als schwer nachvollziehbar heraus, dass bei einer Fahrt im Schritttempo ein sich letztlich hinten einreihendes Fahrzeug, das Vorderfahrzeug zum plötzlichen Abbremsen und Auslenken seines Fahrzeuges veranlassen hätte können. Von einer Gefährdung konnte im Rahmen des Beweisverfahrens kein wie immer geartetes Indiz erblickt werden, während die empfundene Behinderung des Anzeigers in seiner subjektiven Einschätzung gelegen, objektiv jedoch konkret nicht substantiierbar scheint.

Der Berufungswerber ist somit mit seiner Verantwortung im Recht.

5. Nach § 11 Abs.1 und 2 StVO darf der Lenker eines Fahrzeuges die Fahrtrichtung nur ändern oder den Fahrstreifen wechseln, nachdem er sich davon überzeugt hat, dass dies ohne Gefährdung oder Behinderung anderer Straßenbenützer möglich ist.

Da ein angezeigter Fahrstreifenwechsel grundsätzlich zuzulassen ist, erweist sich hier auch aus rechtlicher Sicht der auf die obige Bestimmung gestützte Tatvorwurf als unhaltbar.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht 181,68 €) zu entrichten.

Dr. B l e i e r

Beschlagwortung:

Fahrstreifenwechsel, Schritttempo

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