Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-106834/2/Le/La

Linz, 29.03.2000

VwSen-106834/2/Le/La Linz, am 29. März 2000

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Leitgeb über die Berufung des Robert E, H, L, gegen die Spruchabschnitte 1. bis 3. des Straferkenntnisses der Bundespolizeidirektion Linz vom 18.1.2000, Zl. S 39938/99-V1S, wegen Übertretungen der Straßenverkehrsordnung 1960 zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis im bekämpften Umfang aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl.Nr. 51/1991 idgF, iVm §§ 24, 44a, 45 Abs.1 Z1, 51 Abs.1, 51c und 51e Abs.2 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, BGBl.Nr. 52/1991 idgF.

Zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1. Mit dem angefochtenen mündlich erlassenen Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz vom 18.1.2000, Zl. S 39938/99-V1S wurden über den nunmehrigen Berufungswerber wegen Übertretung des

  1. § 4 Abs.1 lit.a Straßenverkehrsordnung 1960 (im Folgenden kurz: StVO) eine Geldstrafe in Höhe von 2.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von vier Tagen),
  2. § 4 Abs.1 lit.c StVO eine Geldstrafe in Höhe von 2.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von vier Tagen) und
  3. § 4 Abs.5 StVO eine Geldstrafe in Höhe von 1.500 S (Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von zwei Tagen)

verhängt; gleichzeitig wurde er zum Ersatz der Verfahrenskosten in Höhe von 10 % der verhängten Strafen verpflichtet.

Im Einzelnen wurde ihm vorgeworfen, er habe am 12.11.1999 um 21.15 Uhr in L, in der H den PKW mit dem Kennzeichen L gelenkt und habe

1. es als Lenker dieses KFZ unterlassen, nach einem Verkehrsunfall, mit dem sein Verhalten am Unfallort in ursächlichem Zusammenhang stand, sein Fahrzeug sofort anzuhalten;

2. es unterlassen, nach einem Verkehrsunfall, mit dem sein Verhalten am Unfallort in ursächlichem Zusammenhang stand, an der Feststellung des Sachverhaltes mitzuwirken, da er noch vor der polizeilichen Unfallaufnahme alkoholische Getränke konsumiert habe und

3. es als Lenker dieses KFZ unterlassen, nach einem Verkehrsunfall mit Sachschaden, mit dem sein Verhalten am Unfallort in ursächlichem Zusammenhang stand, die nächste Sicherheitsdienststelle ohne unnötigen Aufschub zu verständigen, obwohl ein gegenseitiger Nachweis von Name und Anschrift mit dem Unfallbeteiligten (Unfallgeschädigten) unterblieben sei.

(Im vierten Spruchabschnitt wurde der Berufungswerber wegen Verweigerung der Alkomatuntersuchung bestraft; da er dagegen keine Berufung erhoben hat, wurde dieser Spruchabschnitt des Straferkenntnisses rechtskräftig.)

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung vom 1.2.2000, mit der beantragt wird, das angefochtene Straferkenntnis in den Punkten 1. bis 3. zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren diesbezüglich einzustellen.

Zur Begründung verwies der Berufungswerber darauf, dass durch den Anstoß seines Fahrzeuges am Fahrzeug des Herrn Jan S nur ein derart minimaler Schaden an der Halterung der Kennzeichentafel entstanden sei, dass dies, wie der Zeuge selbst angebe, für diesen keine wie immer geartete Kostenbelastung nach sich gezogen hätte, sodass er an ihn auch keine Forderung gestellt hätte. Aus diesem Grunde fehle ein für einen Verkehrsunfall unabdingbares Merkmal, nämlich das Vorhandensein eines Schadens, weshalb die gegen ihn erhobenen Vorwürfe jeglicher Basis entbehren würden.

Überdies fehle ein weiteres wesentliches Tatbestandsmerkmal: Der Anstoß am gegnerischen Fahrzeug wäre derart minimal gewesen, dass es ihm überhaupt nicht möglich gewesen wäre, diesen Anstoß festzustellen. Es läge somit das von ständiger Rechtsprechung geforderte Wissen um die Entstehung eines Verkehrsunfalles mit Sachschaden nicht vor. Die Erstbehörde hätte es unterlassen, zur Klärung dieser Frage allenfalls das Gutachten eines Sachverständigen zum Beweis dafür einzuholen, ob die Verursachung dieses Minimalschadens überhaupt hätte bemerkt werden müssen.

3. Die Bundespolizeidirektion Linz hat die Berufung und den zu Grunde liegenden Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt; eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen.

Da aus dem vorgelegten Verwaltungsakt ein für die spruchgemäße Entscheidung ausreichend ermittelter Sachverhalt hervorgeht, konnte von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

4. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Im Verwaltungsstrafverfahren steht den Parteien gemäß § 51 Abs.1 VStG das Recht der Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat.

Daraus ergibt sich die Zuständigkeit des Oö. Verwaltungssenates.

Die Unabhängigen Verwaltungssenate entscheiden gemäß § 51c VStG über Berufungen durch Kammern, die aus drei Mitgliedern bestehen, wenn aber im angefochtenen Bescheid weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch eines ihrer Mitglieder.

Da im vorliegenden Verfahren der Berufungswerber mit Geldstrafen in Höhe von je nicht mehr als 10.000 S bestraft wurde, war zur Durchführung des Verfahrens das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied berufen.

4.2. Dem Berufungswerber wurde die Übertretung des § 4 Abs.1 lit.a, des § 4 Abs.1 lit.c und des § 4 Abs.5 StVO angelastet. Auslösendes Ereignis dafür war ein von der Erstbehörde angenommener Verkehrsunfall, der am 12.11.1999 um 21.15 Uhr in L vor dem Hause H stattgefunden hätte. Zu diesem Zeitpunkt hätte eine unbeteiligte Person beobachtet, wie der nunmehrige Berufungswerber mit seinem PKW vor diesem Hause einparkte und dabei an den hinter ihm abgestellten PKW Marke VW-P anfuhr. Die beobachtende Person verständigte die Polizei, welche zur Unfallstelle fuhr und die Spuren des Verkehrsunfalls sicherte. Dabei stellten die Polizisten am Mazda des Berufungswerbers keine Beschädigungen fest; am weiteren beteiligten KFZ, dem VW-P, wurde festgestellt, dass die Kennzeichenhalterung insofern beschädigt war, als Teile davon am Boden lagen. Weitere Beschädigungen wurden laut Anzeige am P nicht festgestellt.

Hinsichtlich des Ausmaßes der Beschädigung an der Kennzeichenhalterung wurde vom amtshandelnden Polizisten nichts näher ausgeführt; er beschrieb die Beschädigung lediglich derart, dass Teile der Halterung vor dem abgestellten PKW am Boden lagen; dass auch das Kennzeichen am Boden gelegen wäre, hat der Polizeibeamte nicht erwähnt, weshalb davon auszugehen ist, dass sich das Kennzeichen noch in der vorgesehenen Halterung am Auto befand.

Der Berufungswerber brachte in seiner Berufung weiters vor, dass der Geschädigte Jan S selbst angegeben hätte, dass für ihn keine Kostenbelastung entstanden wäre, weshalb dieser auch keine Forderung an den Berufungswerber gestellt hätte.

Unter Berücksichtigung dieser Umstände ist im vorliegenden Fall davon auszugehen, dass nur ein minimaler Schaden am gegnerischen Fahrzeug eingetreten war, der im Bagatellbereich anzusiedeln ist. Dieser Bagatellschaden kann somit nicht als Sachschaden eingestuft werden, weil dadurch der betroffene KFZ-Halter Jan S in seinem Vermögen nicht geschädigt worden ist, und der Vorfall somit nicht als "Verkehrsunfall" im Sinne des § 4 StVO.

Von ihrem Zweck her betrachtet soll die Bestimmung des § 4 Abs.1 lit.a und Abs.5 StVO den am Unfall beteiligten Fahrzeuglenkern die Möglichkeit geben, ohne unnötigen Aufwand und Schwierigkeiten klarstellen zu können, mit wem man sich hinsichtlich der Schadensregelung in der Folge auseinander zu setzen haben wird (siehe hiezu etwa VwGH vom 16.3.1978, ZfVB 1978/4/1522; 8.4.1981, ZfVB 1982/4/1347 ua.).

Wenn aber - wie im vorliegenden Fall - lediglich ein so minimaler Schaden eingetreten ist, dass dieser die Bagatellgrenze nicht erreicht, weil er den vermeintlich Geschädigten in seinem Vermögen tatsächlich nicht schädigt, kann von einem die Pflichten des § 4 Abs.1 lit.a und lit.c sowie Abs.5 auslösenden Verkehrsunfall nicht gesprochen werden.

Das Fehlen eines solchen Verkehrsunfalls bewirkt jedoch, dass die in § 4 StVO normierten Pflichten nicht eintreten.

Im vorliegenden Fall hat der Berufungswerber somit mangels Vorliegens eines Verkehrsunfalles iSd § 4 Abs.1 StVO die ihm angelasteten Verwaltungsübertre-tungen nicht begangen, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.

Zu II.:

Wird ein Strafverfahren eingestellt, so sind gemäß § 66 Abs.1 VStG die Kosten des Verfahrens von der Behörde zu tragen.

Damit war der Verfahrenskostenausspruch der belangten Behörde aufzuheben.

Die Kosten des Berufungsverfahrens sind gemäß § 65 VStG dem Berufungswerber nicht aufzuerlegen, weil der Berufung (zumindest teilweise) Folge gegeben wurde.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht 181,68 €) zu entrichten.

Dr. L e i t g e b

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